© 2020 Deutscher Bundestag WD 3 - 3000 - 185/20 Zustimmungsgesetz zum Eigenmittelbeschluss der EU Zum Erfordernis eines qualifizierten Mehrheitsbeschlusses des Bundestages aufgrund der Einführung einer EU-Plastikabgabe Ausarbeitung Wissenschaftliche Dienste Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. 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Eigenmittelbeschlusses zur Finanzierung künftiger und gegenwärtiger Aufgaben der Europäischen Union. Neben einer Erhöhung der bestehenden Eigenmittelobergrenze plant der Rat die Erschließung neuer Eigenmittelquellen.1 Vorgesehen ist u.a. eine EU-Plastikabgabe.2 In Artikel 2 der aktuellen Fassung des Beschlussvorschlages zum Eigenmittelsystem der EU heißt es hierzu:3 „Artikel 2 Eigenmittelkategorien (1) Folgende Einnahmen stellen in den Haushaltsplan der Union einzusetzende Eigenmittel dar: […] c) Einnahmen, die sich aus der Anwendung eines einheitlichen Abrufsatzes auf das Gewicht der in dem jeweiligen Mitgliedstaat angefallenen nicht wiederverwerteten Verpackungsabfälle aus Kunststoff ergeben. Der Abrufsatz beträgt 0,80 EUR pro Kilogramm. […].“ Der Eigenmittelbeschluss muss gemäß Art. 311 Abs. 3 S. 1 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) nach Anhörung des Europäischen Parlaments einstimmig vom Rat gefasst werden. Er tritt gemäß Art. 311 Abs. 3 S. 3 AEUV in Kraft, wenn alle Mitgliedstaaten im Einklang mit ihren jeweiligen verfassungsrechtlichen Vorschriften zugestimmt haben. Gefragt wird, ob die geplante Plastikabgabe dazu führt, dass das Zustimmungsgesetz mit einer qualifizierten Mehrheit von zwei Dritteln der Mitglieder des Deutschen Bundestages beschlossen werden müsste (Art. 23 Abs. 1 S. 3 i.V.m. Art. 79 Abs. 2, 3 Grundgesetz - GG) oder ob eine einfache Mehrheit genügt (Art. 23 Abs. 1 S. 2 GG). 2. Zustimmung des Bundestages mit qualifizierter Mehrheit? Art. 23 Abs. 1 GG enthält die Staatszielbestimmung, an der Verwirklichung eines vereinten Europas mitzuwirken. Um diese verfassungsrechtliche Verpflichtung zu erfüllen, ermöglicht Art. 23 Abs. 1 S. 2 GG die Übertragung von Hoheitsrechten durch Bundesgesetz mit Zustimmung des Bundesrates. Durch den Eigenmittelbeschluss des Rates wird die sog. Evolutivklausel4 des 1 Zu weiteren Inhalten des Vorschlages für den Eigenmittelbeschluss für die Jahre 2021 bis 2027 vgl. schon den Sachstand der Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages vom 16. Juni 2020, Zum Erfordernis eines qualifizierten Mehrheitsbeschlusses des Bundestages hinsichtlich des Zustimmungsgesetzes zum Eigenmittelbeschluss der EU, WD 4 - 3000 - 055/20, S. 4. 2 Europäischer Rat, Schlussfolgerungen der außerordentlichen Tagung vom 17. bis 21. Juli 2020, EUCO 10/20, S. 64 (Nr. 146). 3 Rat der Europäischen Union, Kompromissvorschlag der EU Ratspräsidentschaft vom 29. Juli 2020, ST 10025 2020 INIT, S. 10. 4 Näher zur Begrifflichkeit Uerpmann-Wittzack, in: Münch/Kunig, Grundgesetz-Kommentar, 6. Auflage, 2012, Art. 23, Rn. 48; Streinz, in: Sachs, Grundgesetz, 8. Auflage, 2018, Art. 23 Rn. 84. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 185/20 Seite 4 Art. 311 Abs. 3 AEUV in Anspruch genommen und das primäre Unionsrecht durch einen einstimmigen Ratsbeschluss ergänzt. Nach dem Bundesverfassungsgericht unterfallen alle Primärrechtsänderungen dem Erfordernis eines Zustimmungsgesetzes nach Art. 23 Abs. 1 GG.5 Hierzu zählen auch Ergänzungen des Primärrechts durch die Inanspruchnahme von Evolutivklauseln.6 Dies ist auch in § 3 Abs. 1 Integrationsverantwortungsgesetz (IntVG) einfachgesetzlich normiert. Ob das Zustimmungsgesetz mit einfacher Mehrheit beschlossen werden kann oder eine Zweidrittelmehrheit erfordert, richtet sich nach Art. 23 Abs. 1 S. 2 und 3 GG. Für (einfache) Zustimmungsgesetze nach Art. 23 Abs. 1 S. 2 GG genügt grundsätzlich ein Beschluss des Bundestages mit einfacher Mehrheit der abgegeben Stimmen (Art. 42 Abs. 2 S. 1 GG). Zustimmungsgesetze zur Begründung der Europäischen Union sowie zu Änderungen ihrer vertraglichen Grundlagen und vergleichbaren Regelungen, durch die das Grundgesetz seinem Inhalt nach geändert oder ergänzt wird oder solche Änderungen oder Ergänzungen ermöglicht werden, müssen indes gemäß Art. 23 Abs. 1 S. 3 i.V.m. Art. 79 Abs. 3 GG mit der qualifizierten Mehrheit von zwei Dritteln der Mitglieder des Bundestages und zwei Dritteln der Stimmen des Bundesrates beschlossen werden. Art. 23 Abs. 1 S. 3 GG verschärft angesichts des bereits erreichten Integrationsumfangs die Anforderungen , die an verfassungsändernde Hoheitsrechtsübertragungen zu stellen sind und wird daher auch als Verfassungsbestandsklausel bezeichnet.7 2.1. Tatbestand von Art. 21 Abs. 1 S. 3 GG Im Schrifttum besteht Einigkeit darüber, dass es sich bei Zustimmungsgesetzen zu EU-Eigenmittelbeschlüssen nach Art. 311 Abs. 3 AEUV um vergleichbare Regelungen im Sinne von Art. 23 Abs. 1 S. 3 GG handeln kann, wenn diesen eine verfassungsändernde oder -ergänzende Wirkung zukommt.8 Auch das Bundesverfassungsgericht erwähnt Zustimmungsgesetze zu Eigenmittelbeschlüssen nach Art. 311 Abs. 3 AEUV als Fälle, in denen gegebenenfalls die Anforderungen von Art. 23 Abs. 1 S. 3 GG greifen können.9 Entscheidend ist damit, ob dem Zustimmungsgesetz zum Eigenmittelbeschluss eine „verfassungsändernde oder ergänzende Wirkung“ im Sinne von Art. 23 Abs. 1 S. 3 GG zukommt. Welche Kriterien an die Annahme einer erforderlichen Verfassungsänderung oder -ergänzung zu stellen sind, wurde durch das Bundesverfassungsgericht in seinem Beschluss vom 13. Februar 2020 zur Nichtigkeit des Gesetzes zum Abkommen über ein Einheitliches Patentgericht erstmals näher konkretisiert:10 5 BVerfGE 123, 267 (355). 6 BVerfGE 123, 267 (434 f.); vgl. auch Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 13. Februar 2020, Az.: 2 BvR 739/17, GRUR 2020, S. 506 (512 Rn. 121). 7 Erstmalig Breuer, Die Sackgasse des neuen Europaartikels (Art. 23 GG), NVwZ 1994, S. 417 (422). 8 Zur Einordnung als „vergleichbare Regelung“: Wollenschläger, in: Dreier, Grundgesetz-Kommentar, 3. Auflage, 2015, Art. 23, Rn. 53; Uerpmann-Wittzack, (Fn. 4), Rn. 48; Scholz, in: Maunz/Düring, Grundgesetz-Kommentar, Stand: 90. EL, Februar 2020, Art. 23, Rn. 120; Classen, in: von Mangoldt/Klein/Starck, GG, 7. Aufl., 2018, Art. 23, Rn. 14. 9 BVerfGE 123, 267 (434). 10 Bundesverfassungsgericht, (Fn. 6), (512 Rn. 121 ff.). Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 185/20 Seite 5 Art. 23 Abs. 1 S. 3 GG erfasse materielle Änderungen des Inhalts des Grundgesetzes auch ohne Änderungen des Verfassungstexts. Dass auch „Ergänzungen“ und die bloße „Ermöglichung “ von Änderungen und Ergänzungen des Grundgesetzes erfasst seien, spreche ebenfalls für ein weites Verständnis der „Verfassungsrelevanz“. Unter systematisch-teleologischen Aspekten komme hinzu, dass die Bestimmung den Integrationsgesetzgeber stärker als Art. 24 Abs. 1 GG prozedural und materiell einhegen solle. Das Grundgesetz werde nicht durch jede Hoheitsrechtsübertragung auf die Europäische Union inhaltlich geändert oder ergänzt. Gleiches gelte für die Möglichkeit der Änderung oder Ergänzung. Eine erneute materielle Änderung des Grundgesetzes sei nicht gegeben, wenn es um im Integrationsprogramm hinreichend bestimmt angelegte und daher bereits mit einer Zweidrittelmehrheit gebilligte Übertragungen gehe. In diesem Fall sei ausschließlich Art. 23 Abs. 1 S. 2 GG anwendbar. Die Übertragung neuer Zuständigkeiten auf die Europäische Union führe regelmäßig zu einer „Ermöglichung“ von Änderungen des Grundgesetzes im Sinne des Art. 23 Abs. 1 S. 3 GG. Dies sei vor allem dann der Fall, wenn das Integrationsgesetz, als innerstaatliches Recht konzipiert, eine ausschließliche Zuständigkeit der Europäischen Union begründe. Zudem dann, wenn in das grundgesetzliche Kompetenzgefüge zwischen Ländern und Bund eingegriffen würde. Die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts steht damit in einer Linie zu der in der Literatur vorherrschenden Auslegung des Art. 23 Abs. 1 S. 3 GG.11 Sie hält zudem die vom Bundesverfassungsgericht in seinem Urteil über Regelungen zur Europäischen Bankenunion vom 30. Juli 2019 skizzierten Merkmale einer Verfassungsänderung aufrecht und konkretisiert diese.12 2.2. Verfassungsrelevanz des Eigenmittelbeschluss im Sinne von Art. 23 Abs. 1 S. 3 GG Historisch wurden Zustimmungsgesetze zu Eigenmittelbeschlüssen des Europäischen Rates immer mit einfacher Mehrheit gefasst. So auch der Eigenmittelbeschluss des Rates vom 31. Juli 1994, welcher das Mehrwertsteuer-Eigenmittel modifizierte. Die Bundesregierung führte aus, dass es an der für Art. 23 Abs. 1 S. 3 GG erforderlichen qualifizierten Verfassungsbedeutung fehle.13 Hierzu hatte sie bereits 1992 erklärt, dass eine Vertragsänderung von ihrem Gewicht her mit der Gründung der Europäischen Union vergleichbar sein und die Geschäftsgrundlage der Verträge berühren müsse. 14 Eine Zweidrittelmehrheit sei nur von Nöten, wenn mit der Hoheitsrechtsübertragung über vorhandene Ermächtigungen hinausgegangen werde; jedoch nicht, wenn nur bereits begründete Kompetenzen in ihren Ausführungsmodalitäten geändert und abgerundet 11 Scholz, (Fn. 8), Rn. 119; Vergleichbar für Evolutivklauseln argumentierend: Streinz, (Fn. 4), Rn. 85; Uerpmann- Wittzack, (Fn. 4), Rn. 48; Ähnlich: Wollenschläger, (Fn. 8), Rn. 57; Insofern mit gleicher Argumentation schon die „Vergleichbarkeit“ ablehnend: Jarass, in: Jarass/Pieroth, Grundgesetz, 16. Aufl., 2020, Art. 23, Rn. 32. 12 BVerfGE 151, 202, (juris Rn. 303 ff.). 13 Entwurf der Bundesregierung vom 2. Februar 1995, BT Drs. 13/382, S. 20. 14 Entwurf der Bundesregierung vom 2. Oktober 1992, BT Drs. 12/3338, S. 7. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 185/20 Seite 6 würden.15 Der Bundesrat vertrat die Auffassung, es bedürfe einer Zweidrittelmehrheit, da Hoheitsrechte übertragen würden, was zwangsläufig zu einer Änderung der Zuständigkeitsordnung des Grundgesetzes führe.16 Ähnlich wird in der Literatur formuliert, wenn bei der Frage nach verfassungsändernder Qualität einer Evolutivklausel, zu denen auch Art. 311 Abs. 3 S. 2 AEUV gehört, die Vorhersehbarkeit als entscheidendes Kriterium identifiziert wird. Vorhersehbar sei eine Hoheitsrechtsübertragung, die bereits im Vertragswerk der Europäischen Union angelegt, also vertragsimmanent, war. Im Falle der Vorhersehbarkeit der Verfassungsrelevanz sei die Ermächtigung bereits im Erlass der Evolutivklausel , also im Art. 311 Abs. 3 S. 2 AEUV, selbst zu sehen.17 Für eine vorläufige Bewertung der EU-Plastikabgabe ist daher zunächst der Aussagegehalt des Eigenmittelbeschlussvorschlags zu ermitteln. Aus dem Wortlaut des Art. 2 Buchst. c) lässt sich keine Pflicht der Mitgliedstaaten zur Einführung einer nationalen Plastiksteuer ableiten. Eine derartige Pflicht ergibt sich ferner nicht aus dem Willen des beschlussfassenden Rates. Die EU macht den Mitgliedstaaten keine Vorgaben zur Einführung einer irgendwie gearteten nationalen Plastikabgabe. Nach dem Rat der Europäischen Union könne der Unionshaushalt im Einklang mit der europäischen Strategie für Kunststoffe dazu beitragen, Umweltbelastungen aus Kunststoffverpackungsabfällen zu reduzieren. Die neue Eigenmittelkategorie setze einen Anreiz zur Verringerung des Verbrauchs von Einwegkunststoffen. Aber es „steh[e] den Mitgliedstaaten […] frei, die am besten geeigneten Maßnahmen zu ergreifen, um diese Ziele zu erreichen“.18 Sinn und Zweck der Regelung ist es primär zum langfristigen EU-Haushalt beizutragen und die durch COVID-19 entstandenen Mehrausgaben abzudecken.19 Die umweltpolitischen Motive treten als sekundäre Zielsetzung hinzu. Dies ergibt sich bereits aus der in Artikel 4 des aktuellen Kompromissvorschlags vorgesehenen Verwendung der Eigenmittel: „Die in Art. 2 genannten Einnahmen dienen unterschiedslos der Finanzierung aller im Jahreshaushaltsplan der Union ausgewiesenen Ausgaben “. Der Zweck der Regelung, die erhöhte Einnahmeerzielung der EU durch Schaffung eines neuen Finanzierungsinstruments, könnte folglich auch dadurch erreicht werden, dass die Mitgliedstaaten die an die EU abzuführende Plastikabgabe in Höhe von 0,80 Euro je nicht recyceltem Kilogramm Kunststoffabfalls aus ihrem eigenen Haushalt abführen, ohne dafür ihre Bürger höher zu belasten. Gleichwohl stünde es ihnen frei, diese Mehrabgaben durch eine selbst festzulegende Mehrbelastung der Bürger zu refinanzieren. Dabei könnte diese Refinanzierung auch auf Basis einer Lenkungssteuer im Bereich der Plastikvermeidung erfolgen; sie müsste es aber nicht. Dieses Verständnis des vorläufigen Beschlussvorschlages zum System der Eigenmittel der Europäischen Union zugrunde gelegt, wäre eine einfache Mehrheit ausreichend. Die Finanzierung der EU durch, der Höhe nach schwankende, Beiträge ihrer Mitgliedstaaten ist nach obigen Maßstäben 15 Entwurf der Bundesregierung, (Fn. 13), S. 20. 16 Entwurf der Bundesregierung, (Fn. 13), S. 19. 17 Scholz, (Fn. 8), Rn. 119 f. 18 Rat der Europäischen Union, (Fn. 3), Erwägungsgrund 7, S. 4 – Hervorhebung nur hier. 19 Europäischer Rat, (Fn. 2), S. 64 Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 185/20 Seite 7 bereits hinreichend im Integrationsprogramm der Union angelegt. Die Erhöhung der Beiträge, auch durch Einführung weiterer Eigenmittel, war nach obigem Verständnis vorhersehbar. Sollte der Eigenmittelbeschluss entgegen dieser vorläufigen Einschätzung eine Pflicht der Mitgliedstaaten begründen, eine nationale Plastikabgabe einführen zu müssen, so läge hingegen ein Zweidrittelmehrheitserfordernis nahe. Insbesondere dann, wenn über eine Einführungspflicht hinaus von Seiten der EU präzise Ausgestaltungsvorgaben aufgegeben würden oder sogar Durchgriffsrechte zugunsten der Union vorgesehen wären (zum Beispiel Kontroll- und Interventionsrechte ). Hierfür spräche der damit verbundene Eingriff in das grundgesetzliche Kompetenzgefüge . Die Bundesrepublik wäre nicht mehr frei den Bereich der Kunststoffvermeidung durch eine eigene Abgabe zu gestalten. Entscheidend für diese Beurteilung dürfte sein, wie der Rat am Ende von seiner in Art. 7 des Kompromissvorschlags unter Buchstabe b) vorgesehene Ermächtigung zum Erlass von Durchführungsmaßnahmen Gebrauch macht. Die äußerste Grenze zu Art. 23 Abs. 1 S. 3, Art. 79 Abs. 2 GG wäre jedenfalls dann überschritten, wenn der Eigenmittelbeschluss eine grundlegende Änderung des Eigenmittelsystems vorsähe, durch die der Union eine autonome Finanzierungsmöglichkeit zustünde.20 3. Ausblick Die Beantwortung der aufgeworfenen Frage hängt von dem Aussagegehalt des Eigenmittelbeschlusses und von etwaigen Durchführungsmaßnahmen des Rates ab. Daher kann eine abschließende Bewertung der Zustimmungserfordernisse frühestens ab Vorlage des einstimmig vom Rat beschlossenen Eigenmittelbeschlusses, samt seiner weiteren Regelungstatbestände, oder besser noch, ab Vorlage eines nationalen Umsetzungsgesetzesentwurfs erfolgen. *** 20 Rathke, in: Arnauld/Hufeld, Systematischer Kommentar zu den Lissabon-Begleitgesetzen, 2. Auflage, 2018, Zweiter Teil, § 7, Rn. 106.