Zum Transparenzvorbehalt für Verbände in den Geschäftsordnungen des Bundestages und der Bundesregierung - Ausarbeitung - © 2008 Deutscher Bundestag WD 3 – 3000 - 184/08 Wissenschaftliche Dienste des Deutschen Bundestages Verfasser/in: Zum Transparenzvorbehalt für Verbände in den Geschäftsordnungen des Bundestages und der Bundesregierung Ausarbeitung WD 3 - 3000 – 184/08 Abschluss der Arbeit: 21. Mai 2008 Fachbereich WD 3: Verfassung und Verwaltung Telefon: Ausarbeitungen und andere Informationsangebote der Wissenschaftlichen Dienste geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagesverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Die Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste sind dazu bestimmt, Mitglieder des Deutschen Bundestages bei der Wahrnehmung des Mandats zu unterstützen. Der Deutsche Bundestag behält sich die Rechte der Veröffentlichung und Verbreitung vor. Beides bedarf der Zustimmung der Leitung der Abteilung W. - 3 - Der geplante Antrag „Transparenz von Verbänden erhöhen – Transparenzvorbehalt in den Geschäftsordnungen des Deutschen Bundestages und der Bundesregierung verankern “ sieht folgenden neuen Unterpunkt zu Abs. 2 von Anlage 2 der Geschäftsordnung des Deutschen Bundestages (GO-BT) vor: „Herkunft und Höhe finanzieller und sonstiger Zuwendungen sowie deren jeweiliger Anteile am Jahresbudget des Verbandes“ (siehe unten Nr. 1-5) Ferner sieht der Antrag weitere Regelungen vor zu folgenden Stichpunkten: - Prüfungskompetenz des Bundesrechnungshofes (siehe unten Nr. 6) - Kostenrahmen (siehe unten Nr. 7) - Freiwillige Angaben (siehe unten Nr. 8) - Sanktionen (siehe unten Nr. 9). Der Antrag schließt hinsichtlich des Bundestages mit einem Beschluss zu der bislang schon in der GO-BT enthaltenen Regelung (siehe unten Nr. 10). Zur Gemeinsamen Geschäftsordnung der Bundesregierung siehe unten Nr. 11. Der in dem Antrag enthaltene Regelungsvorschlag führt zu folgenden Anmerkungen, die bei der Gesamtredaktion eines etwaigen neuen Regelungsvorschlags berücksichtigt werden könnten: 1. Finanzielle und sonstige „Zuwendungen“ Der Begriff der Zuwendungen ist juristisch nicht ganz eindeutig definiert. Nach § 23 Bundeshaushaltsordnung (BHO) fallen hierunter freiwillige Leistungen des Bundes an Stellen außerhalb der Bundesverwaltung. Im bürgerlichen Recht fallen hierunter nicht nur „freiwillige“, also gewissermaßen unentgeltliche, sondern auch entgeltliche Zahlungen .1 Ferner sagt der Begriff der Zuwendung nichts darüber aus, ob die Zahlung oder Eigentumsübertragung den Verband finanziert, oder nicht (Mitgliedsbeiträge z. B. finanzieren den Verband, nicht aber z. B. reine Durchlaufposten). Folgende Präzisierung im Sinne von unentgeltlichen Zuwendungen würde diese Unschärfe vermeiden: 1 Vgl. die Definition der Schenkung in § 516 Abs. 1 BGB: „Eine Zuwendung, durch die jemand aus seinem Vermögen einen anderen bereichert, ist Schenkung, wenn beide Teile darüber einig sind, dass die Zuwendung unentgeltlich erfolgt.“; Heinrichs in: Palandt, BGB, 63. Aufl., 2004, Überblick vor § 104 Rn. 19. - 4 - „Herkunft und Höhe der Spenden und sonstigen unentgeltlichen Zuwendungen “. Nicht unter diese Formulierung fielen entgeltliche Zuwendungen wie Honorare für wirtschaftliche Leistungen des Verbandes (z. B. Beratung). Möglicherweise besteht auch an der Offenlegung dieser Einnahmequelle ein Interesse. In diesem Fall wäre folgende Formulierung zu wählen: „Herkunft und Höhe der Spenden, der sonstigen unentgeltlichen Zuwendungen und der Einnahmen aus Veranstaltungen, Vertrieb von Druckschriften und Veröffentlichungen und sonstigen mit Einnahmen verbundenen Tätigkeiten“. Sollte eine Veröffentlichung der gesamten Einnahmen gewünscht sein, empfiehlt sich die Vorgabe eines Rasters, um die Vergleichbarkeit der Angaben zu gewährleisten. Unter den Begriff der Einnahme fällt betriebswirtschaftlich gesehen nur eine Mehrung des Geldvermögens2, steuerrechtlich gesehen aber auch ein geldwertes Gut3, wie z. B. eine Sachspende.4 Mithin wäre der Begriff der Einnahme im steuerlichen Sinne zu präzisieren . Dies hat den Vorteil, dass die Verbände auf bestehende, zu Steuerzwecken erstellte Einnahme-/Überschussrechnungen zurückgreifen können. In Anlehnung an § 24 Abs. 2 Parteiengesetz käme folgende Einnahmerechnung in Betracht: „Herkunft und Höhe der steuerlichen Einnahmen, gegliedert nach folgenden Positionen: a) Mitgliedsbeiträge und ähnliche regelmäßige Beiträge, b) Spenden und sonstige unentgeltliche Zuwendungen von natürlichen Personen, c) Spenden und sonstige unentgeltliche Zuwendungen von juristischen Personen, d) Einnahmen aus Vermögen, e) Einnahmen aus Veranstaltungen, Vertrieb von Druckschriften und Veröffentlichungen und sonstiger mit Einnahmen verbundener Tätigkeit, f) staatliche Mittel, g) sonstige Einnahmen, 2 http://www.brockhaus-enzyklopaedie.de, Stichwort „Einnahme“. 3 § 8 Abs. 2 Satz 1 Einkommensteuergesetz. 4 http://www.brockhaus-enzyklopaedie.de, Stichwort „Einnahme“. - 5 - h) Zuschüsse von Gliederungen und i) Gesamteinnahmen nach den Buchstaben a bis h.“ Hier wäre zu beachten, dass Spenden „verschleiert“ werden könnten, indem sie zunächst den Gliederungen und dann als Zuschuss dem Bundesverband zugehen. Daher könnte noch folgende Ergänzung angefügt werden: „Übersteigen die Zuschüsse von Gliederungen einen Anteil von [z. B. 5] Prozent der Gesamteinnahmen des Verbandes, so müssen auch die Einnahmen der Zuschüsse leistenden Gliederungen nach vorstehender Rechnung offen gelegt werden.“ 2. Anteil am „Jahresbudget“ des Verbandes (Teil-)Einnahmen wie Spenden müssen sinnvoller Weise in Relation zu den Gesamteinnahmen gesetzt werden. Der in dem Antrag verwendete Begriff „Jahresbudget“ bezeichnet aber die geplanten Ausgaben.5 Daher bietet es sich an, stattdessen den Begriff der Gesamteinnahme einzusetzen zumal die „Einnahme“ im Unterschied zum „Jahresbudget “ ein juristisch6 und kaufmännisch7 definierter Begriff ist. Über ihre Einnahmen müssen Verbände informiert sein. Verbände sind zumeist in der Rechtsform von eingetragenen Vereinen organisiert. Im Rahmen ihrer Steuererklärung müssen sie dem Finanzamt zumindest eine Einnahmen/Überschuss-Rechnung vorlegen .8 Verfügen Verbände zudem über eine kaufmännische Buchhaltung, können sie ebenfalls jederzeit über ihre Einnahmen Auskunft geben. Mithin ergibt sich folgende Formulierung: „Herkunft und Höhe der steuerlichen Einnahmen sowie deren jeweiliger Anteil an den im vergangenen Kalenderjahr erzielten steuerlichen Einnahmen des Verbandes“. Sind nach der künftigen Regelung sämtliche Einnahmen offenzulegen (siehe oben Nr. 1 am Ende), entfällt vorgenannte Klausel, da der Anteil dann 100 % beträgt. 5 http://www.brockhaus-enzyklopaedie.de, Stichwort „Budget“. 6 § 4 Abs. 3 S. 1 Einkommensteuergesetz. 7 http://www.brockhaus-enzyklopaedie.de, Stichwort „Budget“. 8 § 4 Abs. 3 S. 1 Einkommensteuergesetz. - 6 - 3. Bagatellklausel Nach der in dem Antrag verwendeten Formulierung fiele jede Sachzuwendung unabhängig von ihrem Wert unter den Transparenzvorbehalt, so z. B. auch jeder Kugelschreiber , der dem Verband überreicht wird. Daher empfiehlt es sich, eine Bagatellklausel anzufügen: „Bei geldwerten Gütern bis zu einem Wert von [Wert in €, z. B. 100 €] je Zuwender , kann von einer Angabe abgesehen werden.“ 4. Aktualität der Daten Die Daten müssten regelmäßig aktualisiert werden. Als Stichtag bietet sich der 30. April eines jeden Jahres an, damit die Verbände ausreichend Zeit haben, die Buchhaltung des Vorjahres abzuschließen. Mithin ergibt sich z. B. folgende Formulierung: „Die Angaben zu den Einnahmen des Verbandes sind für jedes Kalenderjahr bis zum 30. April des Folgejahres zu aktualisieren. Ist die Frist fruchtlos verstrichen , kann der Verband nicht angehört werden, bis die aktualisierten Daten eingetragen sind.“ 5. Datenschutz privater Personen Aus Datenschutzgründen sollte die Möglichkeit eröffnet werden, die Namen privater Spender mit Initialen abzukürzen oder die Privatspenden ohne Herkunftsangabe in Summe auszuweisen: „Die Namen von Privatpersonen können durch Initialen abgekürzt werden; alternativ können Spenden von Privatpersonen ohne Herkunftsangabe in Summe ausgewiesen werden.“ 6. Bundesrechnungshof Für eine Regelung betreffend eine Prüfungspflicht des Bundesrechnungshofs ist die Geschäftsordnung des Bundestages nicht geeignet, da sie sich als parlamentsinternes Recht nicht an den Bundesrechnungshof richtet. Ferner ist der Bundesrechnungshof als unabhängiges Organ der staatlichen Finanzkontrolle nur dem Gesetz unterworfen.9 Kein anderes Staatsorgan kann ihn mit einer Prüfung beauftragen. 9 § 1 S. 1 Bundesrechnungshofgesetz vom 11.07.1985, BGBl. I S. 1445, in der Fassung des Gesetzes vom 09.07.2001, BGBl. I S. 1510. - 7 - Ferner hat der Bundesrechnungshof auch keine Prüfungskompetenz gegenüber Verbänden , da juristische Personen des privaten Rechts nur unter besonderen Voraussetzungen der Prüfung des Bundesrechnungshof unterliegen (§ 104 BHO). Ohne gesetzliche Änderungen dürfte hier keine Prüfung durch den Bundesrechnungshof zu realisieren sein. Eine Prüfung durch den Bundesrechnungshof ist aber möglicherweise entbehrlich: Die Angaben der Verbände können auf der Netzseite des Bundestags von den Finanzämtern eingesehen werden. Falsche Angaben bringen daher regelmäßig die Gefahr mit sich, den Tatbestand der Steuerhinterziehung zu erfüllen. Insoweit dürfte auch ohne eine Prüfung des Bundesrechnungshofs ein ausreichender Anreiz zu wahrheitsgemäßen Angaben bestehen. Hinzu käme die abschreckende Wirkung, bei Falschangaben von der Verbändeliste gestrichen zu werden (siehe hierzu unten Nr. 9). 7. „Kostenrahmen“ Der Begriff „Kostenrahmen“ betrifft die Ausgabenseite10 und ist daher für eine Regelung betreffend die Einnahmenseite eher unpassend. Alternativ könnte folgende Formulierung greifen: „Die Angaben können auf volle, durch 10 T€ teilbare Beträge kaufmännisch gerundet werden.“ Eine solche Rundungsregelung würde es aber erschweren, dass Angaben der Vereine in ihrer Steuererklärung mit den Angaben auf der Verbändeliste abgeglichen werden können . Ferner besteht für eine Rundungsregelung auch keine Notwendigkeit, da den Verbänden im Rahmen ihrer Buchführung die genauen Zahlen ohnehin zur Verfügung stehen . Im Übrigen könnten bei dieser Rundungsregelung Beträge unter 5 T€ auf 0 abgerundet werden. 8. Stellungnahme der Verbände Das Recht weiterführender Angaben sollte klarstellungshalber in die Anlage 2 der GO- BT mit aufgenommen werden: „Die Verbände können freiwillige weiterführende Angaben zu ihren Einnahmen und Ausgaben machen.“ 10 Vgl. Kostenrahmen im Bauwesen, DIN 276-1:2006-11, http://www.din276.info/downloads/Kostenermittlungen _blanko_ohne_Risikobewertung.xls. - 8 - 9. Sanktionen Der Antrag sieht folgende Formulierung vor: „Im Falle falscher oder unvollständiger Angaben werden die betroffenen Verbände für zwei Jahre von der Verbändeliste gestrichen .“ Redaktionell empfiehlt sich folgende Formulierung: „Im Falle falscher oder unvollständiger Angaben wird ein Verband für den Zeitraum von zwei Jahren ab dem Zeitpunkt des Bekanntwerdens von der Verbändeliste gestrichen. Nach Ablauf der Sperrfrist kann sich der Verband erneut eintragen.“ 10. Beschluss zur GO-BT Der im Antrag vorgesehene Beschluss des Plenums zur Auslegung der GO-BT würde der Entscheidung des Ausschusses für Wahlprüfung, Immunität und Geschäftsordnung vorgehen (vgl. auch § 127 Abs. 1 Satz 2, 2. Halbsatz GO-BT). 11. Gemeinsame Geschäftsordnung der Bundesregierung Zum Transparenzvorbehalt in der Gemeinsamen Geschäftsordnung der Bundesregierung gelten die obigen Ausführungen Nr. 1-5 entsprechend. Da es Sache der Bundesregierung ist, die Gemeinsame Geschäftsordnung der Bundesregierung zu formulieren, könnte statt eines konkreten Formulierungsvorschlags die Forderung aufgenommen werden, „zu § 47 einen neuen Absatz 5 anzufügen mit einer Regelung entsprechend dem künftigen Absatz 2 der Anlage 2 zur Geschäftsordnung des Deutschen Bundestages .“