© 2020 Deutscher Bundestag WD 3 - 3000 - 182/20 Befangenheit von Richtern in der Verwaltungs- und der Verfassungsgerichtsbarkeit Sachstand Wissenschaftliche Dienste Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab dem jeweiligen Fachbereich anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 3 - 3000 - 182/20 Seite 2 Befangenheit von Richtern in der Verwaltungs- und der Verfassungsgerichtsbarkeit Aktenzeichen: WD 3 - 3000 - 182/20 Abschluss der Arbeit: 3. August 2020 Fachbereich: WD 3: Verfassung und Verwaltung Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 3 - 3000 - 182/20 Seite 3 1. Fragestellung Der Sachstand stellt die Voraussetzungen der Annahme einer Befangenheit von Richtern in der Verwaltungsgerichtsbarkeit und beim Bundesverfassungsgericht dar. Neben der durch Verfahrensbeteiligte bewirkten Ablehnung eines Richters wegen der Besorgnis der Befangenheit werden auch die Regelungen für den gesetzlichen Ausschluss von Richtern dargestellt. Zudem wird die Frage behandelt, ob Privateigentum an Immobilien durch Richter des Bundesverfassungsgerichts einen Ausschluss oder eine Ablehnung wegen Befangenheit in einem Verfahren über wohnungs- und eigentumspolitische Fragen rechtfertigen kann. 2. Verwaltungsgerichtsordnung 2.1. § 54 Abs. 1 und Abs. 3 VwGO Die VwGO verweist in § 54 Abs. 1 für die Ausschließung und Ablehnung von Richtern auf die Regelungen der Zivilprozessordnung (ZPO), die entsprechende Anwendung finden.1 Nach § 54 Abs. 3 VwGO ist das Besorgnis der Befangenheit gemäß § 42 ZPO stets dann begründet, wenn der Richter oder ehrenamtliche Richter der Vertretung einer Körperschaft angehört, deren Interessen durch das Verfahren berührt werden. Die Vorschrift betrifft insbesondere Angehörige der Kommunalvertretungen .2 2.2. § 54 Abs. 2 VwGO Als Besonderheit der Verwaltungsgerichtsbarkeit ist gem. § 54 Abs. 2 VwGO von der Ausübung des Amtes als Richter oder ehrenamtlicher Richter im Verwaltungsprozess kraft Gesetzes ausgeschlossen , wer bei dem vorausgegangenen Verwaltungsverfahren mitgewirkt hat. Das Verwaltungsverfahren meint das dem gerichtlichen Verfahren vorgehende behördliche Verfahren, dessen behördliche Endentscheidung im jeweiligen Prozess auf ihre Rechtmäßigkeit geprüft wird.3 Für ein Mitwirken an diesem Verwaltungsverfahren genügt, dass der Auszuschließende in irgendeiner Weise mit dem Verfahren amtlich befasst war, sofern seine Handlung auf das Verwaltungsverfahren Einfluss genommen hat.4 Diese Vorschrift soll davor schützen, dass an der Entscheidung ein Richter mitwirkt, an dessen objektiver Einstellung und Unvoreingenommenheit deshalb Zweifel bestehen, weil er sich aufgrund seiner Vorbefassung mit derselben Sache bereits in seiner Entscheidung festgelegt haben könnte.5 1 Insoweit wird verwiesen auf die Kurzinformation der Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages, Befangenheit von Richtern in der ordentlichen Gerichtsbarkeit, WD 7 - 3000 - 089/20. 2 Redeker, in: Redeker/von Oertzen, VwGO, 16. Aufl. 2014, § 54 Rn. 12; Meissner/Schenk, in: Schoch/Schneider /Bier, VwGO, 37. EL Juli 2019, § 54 Rn. 30a. 3 Meissner/Schenk, in: Schoch/Schneider/Bier, VwGO, 37. EL Juli 2019, § 54 Rn. 24. 4 Redeker, in: Redeker/von Oertzen, VwGO, 16. Aufl. 2014, § 54 Rn. 8. 5 Meissner/Schenk, in: Schoch/Schneider/Bier, VwGO, 37. EL Juli 2019, § 54 Rn. 24. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 3 - 3000 - 182/20 Seite 4 3. Bundesverfassungsgerichtsgesetz Die für die Richter des Bundesverfassungsgerichts einschlägigen Vorschriften zum gesetzlichen Ausschluss und zur Ablehnung wegen Befangenheit finden sich in den §§ 18, 19 Bundesverfassungsgerichtsgesetz (BVerfGG) und sollen die Neutralität und Distanz der Richter im Sinne einer Unabhängigkeit von persönlichen oder sachlichen Einflüssen gewährleisten.6 Während § 18 BVerf GG objektivierbare Tatsachen als Grund für den Ausschluss eines Richters kraft Gesetzes berücksichtigt , ermöglicht die Norm des § 19 BVerfGG bei der Frage der Ablehnung wegen Befangenheit eine umfangreiche Betrachtung des Einzelfalles unter Einbeziehung auch subjektiver Elemente.7 3.1. Ausschluss kraft Gesetzes Nach § 18 Abs. 1 BVerfGG ist ein Richter des Bundesverfassungsgerichts von der Ausübung seines Richteramtes kraft Gesetzes ausgeschlossen, wenn er an der Sache beteiligt oder mit einem Beteiligten verheiratet, in einem bestimmten Grad verwandt bzw. verschwägert ist oder in derselben Sache bereits von Amts oder Berufs wegen tätig war. § 18 Abs. 1 BVerfGG stellt eine abschließende Sonderregelung dar; Vorschriften aus anderen Verfahrensordnungen sind nicht heranzuziehen.8 Unter derselben „Sache“ im Sinne des § 18 Abs. 1 BVerfGG ist das verfassungsgerichtliche Verfahren selbst, sowie das diesem unmittelbar vorausgehende und sachlich zugeordnete Ausgangsverfahren zu verstehen.9 Dies umfasst somit den gesamten Sachverhalt, d.h. die innerlich zusammengehörende Summe der Tatsachen, die Gegenstand der Würdigung des Bundesverfassungsgerichts im anhängigen Verfahren ist.10 „Beteiligt“ an einer Sache ist ein Richter oder die mit ihm in einer persönlichen Beziehung stehende Person jedenfalls, wenn er oder die andere Person Verfahrensbeteiligter des verfassungsgerichtlichen Verfahrens oder des Ausgangsverfahrens ist.11 Beteiligt ist auch, wer von der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts unmittelbar betroffen wird, also ein unmittelbares rechtliches Interesse an der Sache hat.12 Hierunter fällt jedoch nur eine konkrete, enge Beziehung zur Sache.13 Abzugrenzen ist dies von dem nach § 18 Abs. 2 BVerfGG irrelevanten Interesse am Ausgang des 6 Sauer, in: Walter/Grünewald, BeckOK BVerfGG, 9. Edition 1.7.2020, BVerfGG § 18 Rn. 1 f. 7 Lechner/Zuck, in: dieselben, BVerfGG, 8. Aufl. 2019, § 18 Rn. 2; Sauer, in: Walter/Grünewald, BeckOK BVerfGG, 9. Edition 1.7.2020, § 18 Rn. 5. 8 Sauer, in: Walter/Grünewald, BeckOK BVerfGG, 9. Edition 1.7.2020, § 18 Rn. 7; Lechner/Zuck, in: dieselben, BVerfGG, 8. Aufl. 2019, § 18 Rn. 3. 9 BVerfGE 47, 105 (108); Sauer, in: Walter/Grünewald, BeckOK BVerfGG, 9. Edition 1.7.2020, § 18 Rn. 8; Klein, in: Maunz/Schmidt-Bleibtreu/Klein/Bethge, BVerfGG, 58. EL Januar 2020, § 18 Rn. 3. 10 Klein, in: Maunz/Schmidt-Bleibtreu/Klein/Bethge, BVerfGG, 58. EL Januar 2020, § 18 Rn. 3. 11 Sauer, in: Walter/Grünewald, BeckOK BVerfGG, 9. Edition 1.7.2020, § 18 Rn. 10. 12 Sauer, in: Walter/Grünewald, BeckOK BVerfGG, 9. Edition 1.7.2020, § 18 Rn. 11. 13 BVerfGE 47, 105 (108). Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 3 - 3000 - 182/20 Seite 5 Verfahrens aufgrund allgemeiner Gesichtspunkte. Danach ist für den Ausschluss kraft Gesetzes nicht relevant, dass die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts – wie im Regelfall – rechtliche Bedeutung für die Allgemeinheit oder für größere oder kleinere Gemeinschaften oder Bevölkerungskreise hat und der Richter zu einer solchen Gemeinschaft oder zu einem solchen Bevölkerungskreis gehört.14 Der Richter hat in einem solchen Fall kein Interesse am Ausgang des Verfahrens , welches über das eines jeden vergleichbaren Bürgers hinausgeht,15 sodass grundsätzlich erwartet wird, dass er sich pflichtgemäß verhält und sich nicht von eigenen Interessen beeinflussen lässt.16 In der Literatur wird dazu ausgeführt: „So wird z. B. durch die Entscheidung über eine Steuer potentiell jeder Steuerpflichtige betroffen. Würde [...] bereits eine unmittelbare Auswirkung der Entscheidung auf die Steuerpflicht des einzelnen Richters eine Beteiligung bewirken, wären wesentliche Fragen des Einkommensteuerrechts durch das Bundesverfassungsgericht nicht zu entscheiden , weil alle Richter wegen ihrer Einkommensteuerpflicht beteiligt wären.“17 Eine Beteiligung im Sinne des § 18 Abs. 1 BVerfGG ist grundsätzlich auch dann ausgeschlossen, wenn ein Richter Aktionär einer an der Sache beteiligten Aktiengesellschaft ist. Die Eigenschaft als Aktionär kann allerdings dann relevant sein, wenn der Richter „aufgrund der Höhe seiner aktienrechtlichen Beteiligung maßgeblichen Einfluß auf die Willensbildung der Aktiengesellschaft nehmen kann“.18 Als eine den Ausschluss eines Richters kraft Gesetzes bewirkende „Tätigkeit“ in derselben Sache gilt nach § 18 Abs. 3 BVerfGG weder die Mitwirkung am jeweiligen Gesetzgebungsverfahren noch die Äußerung einer wissenschaftlichen Meinung zu einer für das Verfahren möglicherweise relevanten Rechtsfrage. 3.2. Besorgnis der Befangenheit Nach § 19 Abs. 1 BVerfGG kann ein Richter des Bundesverfassungsgericht wegen Besorgnis der Befangenheit auf Antrag abgelehnt werden. Ein Richter kann sich außerdem nach § 19 Abs. 3 BVerfGG selbst für befangen erklären. Die Frage nach der Besorgnis der Befangenheit ist, anders als die gesetzlichen Ausschlussgründe des § 18 BVerfGG, stark einzelfallabhängig.19 Die Besorgnis der Befangenheit setzt einen Grund voraus, der geeignet ist, aus objektiver Sicht und aufgrund vernünftiger Erwägungen Zweifel an der Unparteilichkeit zu rechtfertigen.20 Es kommt dabei nicht darauf an, ob der Richter tatsächlich befangen ist oder ob er sich selbst für befangen hält.21 Es soll 14 Lechner/Zuck, in: dieselben, BVerfGG, 8. Aufl. 2019, § 18 Rn. 9. 15 Klein, in: Maunz/Schmidt-Bleibtreu/Klein/Bethge, BVerfGG, 58. EL Januar 2020, § 18 Rn. 2. 16 Graßhof, Nachschlagewerk der Rechtsprechung des BVerfG, 209. EL September 2019, § 18 BVerfGG Nr. 14. 17 Klein, in: Maunz/Schmidt-Bleibtreu/Klein/Bethge, BVerfGG, 58. EL Januar 2020, § 18 Rn. 8. 18 Klein, in: Maunz/Schmidt-Bleibtreu/Klein/Bethge, BVerfGG, 58. EL Januar 2020, § 18 Rn. 2. 19 Sauer, in: Walter/Grünewald, BeckOK BVerfGG, 9. Edition 1.7.2020, § 19 Rn. 1. 20 Klein, in: Maunz/Schmidt-Bleibtreu/Klein/Bethge, BVerfGG, 58. EL Januar 2020, § 19 Rn. 2. 21 Lechner/Zuck, in: dieselben, BVerfGG, 8. Aufl. 2019, § 19 Rn. 4; Klein, in: Maunz/Schmidt-Bleibtreu/ Klein/Bethge, BVerfGG, 58. EL Januar 2020, § 19, Rn. 2. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 3 - 3000 - 182/20 Seite 6 vielmehr bereits der „böse Schein“ einer möglicherweise fehlenden Unvoreingenommenheit vermieden werden.22 Es ist daher allein danach zu fragen, ob ein Verfahrensbeteiligter bei vernünftiger Würdigung aller Umstände des Einzelfalls Anlass hat, an der Unvoreingenommenheit und objektiven Einstellung des Richters zu zweifeln, wobei dies in Verfahren vor dem Bundesverfassungsgericht nach einem strengen, die Besonderheiten des verfassungsgerichtlichen Verfahrens berücksichtigenden Maßstab zu beurteilen ist.23 Das Bundesverfassungsgericht begründet seine Ansicht, dass die Annahme der Befangenheit nicht allzu leichtfertig zu treffen sei, damit, dass die Richter des Bundesverfassungsgerichts aufgrund ihres Ranges und des besonderen Auswahlverfahrens innere Unabhängigkeit und Distanz zu den rechtssuchenden Parteien besäßen und somit auch in politisch heiß umstrittenen Verfahren in Unvoreingenommenheit und Objektivität entscheiden könnten.24 Die juristische Literatur setzt sich mit dieser Auffassung kritisch auseinander.25 Es herrscht weitgehend Einigkeit darüber, dass eine Ablehnung wegen Befangenheit nicht ausschließlich auf Gründe gestützt werden kann, die nach § 18 Abs. 2, Abs. 3 BVerfGG unbeachtlich für einen gesetzlichen Ausschluss sind. Könnte ein Sachverhalt, der für einen gesetzlichen Ausschluss nicht genügt, eine Ablehnung wegen Befangenheit ermöglichen, so würde dies zu einem Wertungswiderspruch zwischen § 18 und § 19 BVerfGG führen.26 Zur Begründung der Besorgnis der Befangenheit ist daher ein „zusätzliches besorgniserregendes Moment“ in der Person des Verfassungsrichters erforderlich, „das sich vor allem aus den Umständen des Einzelfalls ergeben kann [...] und das bei lebensnaher Betrachtungsweise die Sorge verständlich erscheinen lässt, dass der Richter die streitige Rechtsfrage nicht mehr offen und unbefangen beurteilen wird“.27 Aufgrund der hohen Anforderungen sind erfolgreiche Befangenheitsanträge selten.28 3.3. Verhaltensleitlinien des Bundesverfassungsgerichts Ende 2017 hat das Bundesverfassungsgericht sich eigene Verhaltensleitlinien gegeben.29 Diese sehen unter anderem die folgenden Grundsätze, die die Unabhängigkeit der Richter betreffen, vor: 22 BVerfGE 108, 122 (129). 23 Klein, in: Maunz/Schmidt-Bleibtreu/Klein/Bethge, BVerfGG, 58. EL Januar 2020, § 19 Rn. 1 f. 24 BVerfGE 35, 171 (173 f.). 25 Vgl. insb. Klein, in: Maunz/Schmidt-Bleibtreu/Klein/Bethge, BVerfGG, 58. EL Januar 2020, § 18 Rn. 1, § 19 Rn. 1; Sauer, in: Walter/Grünewald, BeckOK BVerfGG, 9. Edition 1.7.2020, § 18 Rn. 4 m.w.N.; Schlaich/Korioth, Das Bundesverfassungsgericht, 11. Aufl. 2018, 3. Teil Rn. 74a. 26 Sauer, in: Walter/Grünewald, BeckOK BVerfGG, 9. Edition 1.7.2020, § 19 Rn. 8 f. 27 Sauer, in: Walter/Grünewald, BeckOK BVerfGG, 9. Edition 1.7.2020, § 19 Rn. 9. 28 Vgl. die Auflistung bei Lechner/Zuck, in: dieselben, BVerfGG, 8. Aufl. 2019, § 19 Rn. 5. 29 Diese sind nachzulesen unter https://www.bundesverfassungsgericht.de/DE/Richter/Verhaltensleitlinie/Verhaltensleitlinien _node.html (Stand: 3. August 2020). Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 3 - 3000 - 182/20 Seite 7 „1. Die Richterinnen und Richter des Bundesverfassungsgerichts verhalten sich innerhalb und außerhalb ihres Amtes so, dass das Ansehen des Gerichts, die Würde des Amtes und das Vertrauen in ihre Unabhängigkeit, Unparteilichkeit, Neutralität und Integrität nicht beeinträchtigt werden.“ „3. Die Mitglieder des Gerichts üben ihr Amt in Unabhängigkeit und Unparteilichkeit aus, ohne Voreingenommenheit im Hinblick auf persönliche, gesellschaftliche oder politische Interessen oder Beziehungen. Sie achten in ihrem gesamten Verhalten darauf, dass kein Zweifel an der Neutralität ihrer Amtsführung gegenüber gesellschaftlichen, politischen, religiösen oder weltanschaulichen Gruppierungen entsteht. Dies schließt die Zugehörigkeit zu solchen Gruppierungen und bei angemessener Zurückhaltung ein Engagement in ihnen sowie die sonstige Mitwirkung am gesamtgesellschaftlichen Diskurs nicht aus.“ „7. Die Richterinnen und Richter des Bundesverfassungsgerichts nehmen Geschenke und Zuwendungen jeglicher Art nur in sozialen Zusammenhängen und in einem Umfang entgegen, die keine Zweifel an ihrer persönlichen Integrität und Unabhängigkeit entstehen lassen können .“ „9. Die Richterinnen und Richter des Bundesverfassungsgerichts können für Vorträge, für die Mitwirkung an Veranstaltungen und für Publikationen eine Vergütung nur und nur insoweit entgegennehmen, als dies das Ansehen des Gerichts nicht beeinträchtigen und keine Zweifel an der Unabhängigkeit, Unparteilichkeit, Neutralität und Integrität seiner Mitglieder begründen kann. Dadurch erzielte Einkünfte legen sie offen. Die Übernahme der Kosten für Anreise, Unterkunft und Verpflegung durch den Veranstalter in angemessenem Umfang ist unbedenklich .“ „11. Gutachten zu verfassungsrechtlichen Fragen werden von den Richterinnen und Richtern ebenso wenig abgegeben wie Prognosen zum Ausgang bei Gericht anhängiger oder absehbar zu entscheidender Verfahren.“ „14. Die Richterinnen und Richter des Bundesverfassungsgerichts werden nach dem Ende ihrer Amtszeit nicht in Rechtssachen tätig, die während ihrer Amtszeit beim Bundesverfassungsgericht anhängig waren oder die in unmittelbarem Zusammenhang mit solchen stehen. In diesen Rechtssachen erstatten sie keine Gutachten, übernehmen keine Anwalts- oder Beistandsverpflichtungen und treten nicht vor Gericht auf.“ Die Leitlinien sind allerdings reine Selbstverpflichtungen und haben keine rechtliche Bindungswirkung .30 3.4. Eigentum an Immobilien Im Lichte dieser Ausführungen dürfte das Privateigentum an Immobilien für sich genommen nicht ausreichen, einen Ausschluss nach § 18 Abs. 1 BVerfGG in einem Verfahren, das wohnungs- und eigentumspolitische Fragen zum Gegenstand hat, zu rechtfertigen, da eine „Beteiligung“ im Sinne 30 Lechner/Zuck, in: dieselben, BVerfGG, 8. Aufl. 2019, § 1 Rn. 7e; Korioth, in: Schlaich/Korioth, Das Bundesverfassungsgericht , 11. Aufl. 2018, 2. Teil Rn. 28. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 3 - 3000 - 182/20 Seite 8 der Norm nicht vorliegen dürfte. Vielmehr hätte der entsprechende Richter aufgrund des Eigentums nur ein allgemeines Interesse am Ausgang des Verfahrens, das dem Interesse von weiten Teilen der Bevölkerung entspricht. Auch die einfache Beteiligung an einer Immobiliengesellschaft genügt – wie oben dargestellt – nicht, um eine Beteiligung anzunehmen, sofern der Richter nicht aufgrund seines Anteils maßgeblichen Einfluss auf die Willensbildung der Gesellschaft nehmen kann. Da die entsprechenden Eigentumsverhältnisse grundsätzlich nicht genügen, um einen Ausschluss nach § 18 Abs. 1 BVerfGG zu rechtfertigen, dürften sie für sich allein genommen auch nicht ausreichen , um eine Befangenheit nach § 19 Abs. 1 BVerfGG anzunehmen. Ob zusätzliche Umstände die Besorgnis der Befangenheit begründen könnten, bleibt eine Frage des Einzelfalls.31 Wie oben ausgeführt, sind die Anforderungen an die Ablehnung wegen Befangenheit allerdings hoch. *** 31 So führten etwa öffentliche Äußerungen eines Richters zum Verfahrensgegenstand in einigen Fällen zu einer erfolgreichen Ablehnung wegen Befangenheit, während ein entsprechender Antrag in anderen Fällen abgelehnt wurde. Eine nach Gründen geordnete Auflistung von Entscheidungen über Befangenheitsanträge mit dem jeweiligen Ergebnis findet sich bei Lechner/Zuck, in: dieselben, BVerfGG, 8. Aufl. 2019, § 19 Rn. 5.