WD 3 - 3000 - 179/20 (29. Juli 2020) © 2020 Deutscher Bundestag Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab dem jeweiligen Fachbereich anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen. § 18 Abs. 1 Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG) sieht die Möglichkeit vor, dass die Bundesregierung durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates bestimmt, „welche Maßnahmen der Arbeitgeber und die sonstigen verantwortlichen Personen zu treffen haben und wie sich die Beschäftigten zu verhalten haben, um ihre jeweiligen Pflichten, die sich aus [dem ArbSchG] ergeben, zu erfüllen“. Ein aktueller Referentenentwurf des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales für ein „Gesetz zur Verbesserung des Vollzugs im Arbeitsschutz (Arbeitsschutzkontrollgesetz)“ sieht die Einführung eines dritten Absatzes in § 18 ArbSchG (nachfolgend: § 18 Abs. 3 ArbSchG-E) mit folgendem Inhalt vor: „In außergewöhnlichen Notfällen mit bundesweiten Auswirkungen, insbesondere in epidemischen Lagen von nationaler Tragweite nach § 5 Absatz 1 des Infektionsschutzgesetzes, kann das Bundesministerium für Arbeit und Soziales ohne Zustimmung des Bundesrates Rechtsverordnungen nach Absatz 1 für einen befristeten Zeitraum erlassen.“1 Es wird gefragt, ob dieser Zusatz mit Art. 80 GG vereinbar ist. Die Verfassungsmäßigkeit der bisherigen Verordnungsermächtigung nach § 18 Abs. 1 ArbSchG wird – soweit ersichtlich – nicht angezweifelt.2 Geprüft werden daher nur die Abweichungen, die sich aus § 18 Abs. 3 ArbSchG-E ergeben. § 18 Abs. 3 ArbSchG-E enthält eine von § 18 Abs. 1 ArbSchG abweichende Ermächtigung des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales. Art. 80 Abs. 1 GG bestimmt, dass durch Bundesgesetz „die Bundesregierung, ein Bundesminister oder die Landesregierungen“ zum Erlass von Rechtsverordnungen ermächtigt werden können. Die Ermächtigung des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales ist demnach zulässig. Zudem sieht § 18 Abs. 3 ArbSchG-E den Erlass der entsprechenden Rechtsverordnung ohne Zustimmung des Bundesrates vor. Art. 80 Abs. 2 GG bestimmt diejenigen Rechtsverordnungen, die 1 S. 8 des Entwurfs. 2 Vgl. etwa Doerfert, in: Kollmer/Klindt/Schucht, Arbeitsschutzgesetz, 3. Aufl. 2016, § 18 Rn. 1 ff. Wissenschaftliche Dienste Kurzinformation Erlass einer Rechtsverordnung ohne Zustimmung des Bundesrates Kurzinformation Erlass einer Rechtsverordnung ohne Zustimmung des Bundesrates Fachbereich WD 3 (Verfassung und Verwaltung) Wissenschaftliche Dienste Seite 2 einer Zustimmung des Bundesrates bedürfen. Dies sind unter anderem Rechtsverordnungen, die aufgrund von Gesetzen ergehen, die von den Ländern als eigene Angelegenheiten ausgeführt werden. Das ArbSchG ist ein solches Gesetz.3 Rechtsverordnungen, die aufgrund einer Ermächtigungsgrundlage im ArbSchG ergehen, bedürfen somit grundsätzlich der Zustimmung des Bundesrates. Das Erfordernis der Zustimmung durch den Bundesrat gilt nach Art. 80 Abs. 2 GG allerdings nur „vorbehaltlich anderweitiger bundesgesetzlicher Regelung“. Durch Bundesgesetz darf folglich die Zustimmungsbedürftigkeit ausgeschlossen werden. Für den Ausschluss der Zustimmungsbedürftigkeit ist kein besonderer sachlicher Grund erforderlich.4 Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts darf der gesetzliche Ausschluss des Zustimmungserfordernisses nicht ohne Zustimmung des Bundesrates ergehen.5 Der Referentenentwurf sieht eine Zustimmung des Bundesrates zum Gesetz vor.6 Durch eine solche Zustimmung würde der Bundesrat also ausdrücklich auf das Recht zur Zustimmung zu einer später erlassenen Rechtsverordnung verzichten. Der Bundesrat bliebe damit Herr seiner Kompetenzen aus Art. 80 Abs. 2 GG. Der Ausschluss der Zustimmungsbedürftigkeit in § 18 Abs. 3 ArbSchG-E ist daher zulässig. *** 3 Vgl. Doerfert, in: Kollmer/Klindt/Schucht, Arbeitsschutzgesetz, 3. Aufl. 2016, § 18 Rn. 12. 4 BVerfGE 136, 69 (103). 5 BVerfGE 136, 69 (103). 6 S. 8 des Entwurfs.