© 2014 Deutscher Bundestag WD 3 - 3000 - 175/14 Fragen zur Verfassungsmäßigkeit von Ausnahmebestimmungen zur geplanten PKW-Maut Ausarbeitung Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitungen und andere Informationsangebote der Wissenschaftlichen Dienste geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Der Deutsche Bundestag behält sich die Rechte der Veröffentlichung und Verbreitung vor. Beides bedarf der Zustimmung der Leitung der Abteilung W, Platz der Republik 1, 11011 Berlin. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 175/14 Seite 2 Fragen zur Verfassungsmäßigkeit von Ausnahmebestimmungen zur geplanten PKW-Maut Verfasser/in: Aktenzeichen: WD 3 - 3000 - 175/14 Abschluss der Arbeit: 22. August 2014 Fachbereich: WD 3: Verfassung und Verwaltung Telefon: Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 175/14 Seite 3 1. Fragestellungen Im Zusammenhang mit dem vom Bundesminister für Verkehr und digitale Infrastruktur vorgestellten Konzept zur Einführung einer PKW-Maut1 wurden die folgenden zwei Fragen gestellt: 1. Ist eine Straßennutzungsgebühr mit Ausnahmeregelungen für grenznahe Wahlkreise zulässig und insbesondere mit dem Gleichheitsgrundsatz und dem Diskriminierungsverbot vereinbar (dazu unten Ziff. 2)? 2. Ist eine Straßennutzungsgebühr, die eine Befreiung von Kraftwagen mit einem Gewicht von 3,5 – 7,5 Tonnen vorsieht, mit dem Gleichheitsgrundsatz und dem Diskriminierungsverbot vereinbar (dazu unten Ziff. 3.)? Soweit sich diese Fragen auf unionsrechtliche Vorgaben beziehen, werden diese Aspekte in dem Gutachten des Fachbereichs Europa vom 13. August 20142 behandelt. Der vorliegende Sachstand bezieht sich allein auf die Vereinbarkeit der in den Fragen dargestellten Sachverhalte mit dem Gleichheitsgrundsatz des Grundgesetzes der Bundesrepublik Deutschland (Art. 3 GG). In dem Gutachten des Fachbereichs Europa wird zu Recht darauf hingewiesen, dass die Fragen theoretische Fälle betreffen, die in dem aktuellen PKW-Maut-Konzept des Bundesverkehrsministeriums nicht erwähnt sind.3 Auch ein Gesetzentwurf zu diesem Vorhaben liegt noch nicht vor. Daher können auch die verfassungsrechtlichen Ausführungen nur auf Basis der hypothetischen Natur der Fragen erfolgen. 2. Ausnahmeregelungen für grenznahe Wahlkreise Nach den bisherigen Plänen zur Einführung einer PKW-Maut sollen alle Halter von im In- oder Ausland zugelassenen Fahrzeugen mit einem zulässigen Gesamtgewicht von bis zu 3,5 t erfasst werden.4 Eine Ausnahme für grenznahe Wahlkreise ist darin nicht erwähnt. Das Motiv für eine solche Ausnahmeregelung läge wohl darin, den grenznahen Wirtschaftsverkehr durch die PKW- Maut nicht zu belasten.5 1 Pressemitteilung vom 07.07.2014, 53/2014, abrufbar unter: http://www.bmvi.de/SharedDocs/DE/Pressemitteilungen/2014/053-dobrindt-pkw-maut.html. 2 , Fragen zur Vereinbarkeit des Vorschlags für eine PKW-Maut bzw. Infrastrukturabgabe mit dem Unionsrecht , Ausarbeitung vom 13.08.2014, PE 6 - 3000 - 144/14. 3 , Fn. 2, S. 5 f. 4 Infopapier zur PKW-Maut/Infrastrukturabgabe, im Internet abrufbar unter: http://www.bmvi.de/SharedDocs/DE/Anlage/VerkehrUndMobilitaet/Strasse/pkw-maut-infrastrukturabgabeinfopapier .pdf?__blob=publicationFile. 5 Vgl. dazu etwa die Forderungen der rheinland-pfälzischen CDU-Vorsitzenden Julia Klöckner: http://www.swr.de/landesschau-aktuell/rp/trier/kritik-nach-treffen-in-luxemburg-cdu-will-maut-ausnahmenfuer -grenzregion/-/id=1672/nid=1672/did=13947192/zxcay6/index.html Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 175/14 Seite 4 Nach dem Gleichheitssatz des Grundgesetzes (Art. 3 Abs. 1 GG) muss der Gesetzgeber – grob zusammengefasst – gleiche Sachverhalte gleich und ungleiche Sachverhalte ungleich behandeln.6 Dies gilt sowohl für ungleiche Belastungen, als auch für ungleiche Begünstigungen.7 Soweit Ausländer der deutschen Rechtsordnung unterworfen sind und von ihr unterschiedlich behandelt werden, gilt der Schutz des Gleichheitssatzes auch für sie.8 In Abhängigkeit von dem Regelungsgegenstand und den Merkmalen, an die die Ungleichbehandlung anknüpft, ergeben sich unterschiedliche Grenzen für den Gesetzgeber, die von gelockerten auf das Willkürverbot beschränkten Bindungen bis hin zu strengen Verhältnismäßigkeitserfordernissen reichen können.9 Somit ist der Maßstab, der für die Rechtfertigung einer Ungleichbehandlung anzusetzen ist, nur anhand des jeweiligen Sachverhalts näher bestimmbar.10 Es stellt sich daher zunächst die Frage, ob es bei einer solchen Ausnahmeregel zu einer Ungleichbehandlung von gleichen Sachverhalten kommen könnte (dazu unten Ziff. 2.1.). Ist dies der Fall, fragt sich weiter, ob die Ungleichbehandlung nach den Regeln des Gleichheitssatzes gerechtfertigt wäre (dazu unten Ziff. 2.2.). 2.1. Ungleichbehandlung Nach den Darstellungen des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur sollen die Halter von in Deutschland Kfz-steuerpflichtigen PKW11 durch die PKW-Maut faktisch nicht belastet werden, da die Kosten der Maut über die Kfz-Steuer kompensiert werden sollen: „Die Kompensation für Halter von in Deutschland Kfz-steuerpflichtigen Pkw erfolgt über einen Freibetrag in der Kfz-Steuer, mit der die Ausgaben für die Infrastrukturabgabe vollständig und unbürokratisch kompensiert werden.“12 Soweit inländische PKW-Halter tatsächlich durch die PKW-Maut nicht finanziell belastet werden und für bestimmte grenznahe Wahlkreise Ausnahmen von der PKW-Maut für ausländische PKW-Fahrer gelten sollen, werden diese beiden Vergleichsgruppen, d.h. inländische PKW-Halter und ausländische PKW-Fahrer, die nur Straßen in diesen grenznahen mautfreien Wahlkreisen nutzen, finanziell nicht unter- 6 BVerfGE 3, 58, 135 f. – Fortgeltung von Beamtenverhältnissen. 7 BVerfGE 129, 49, 67 – Mediziner-BAföG. 8 Heun, in: Dreier, Grundgesetz Kommentar, Band 1, 3. Auflage 2013, Art. 3 Rdnr. 44; Dürig/Scholz, in: Maunz/Dürig, Grundgesetz-Kommentar, Loseblattsammlung, Grundwerk, Art. 3 Rdnr. 265 ff. 9 Siehe statt aller Entscheidungen die Zusammenfassung der Rechtsprechung bei: Britz, Der allgemeine Gleichheitssatz in der Rechtsprechung des BVerfG, NJW 2014, 346. 10 Zum Ganzen: BVerfGE 129, 49, 67 f., m.w.N. aus der ständigen Rechtsprechung – Mediziner-BAföG. 11 Im Weiteren werden die „in Deutschland Kfz-steuerpflichtigen PKW-Halter“ zur Entlastung des Textes als „inländische PKW-Halter“ bezeichnet. Die nicht in Deutschland Kfz-steuerpflichtigen PKW-Halter, also insbesondere Fahrer von im Ausland registrierten PKW, die mit diesen PKW die mautpflichtigen Straßen in Deutschland nutzen, werden als „ausländische PKW-Fahrer“ bezeichnet. 12 Infopapier zur PKW-Maut/Infrastrukturabgabe, S. 2, im Internet abrufbar unter: http://www.bmvi.de/SharedDocs/DE/Anlage/VerkehrUndMobilitaet/Strasse/pkw-maut-infrastrukturabgabeinfopapier .pdf?__blob=publicationFile. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 175/14 Seite 5 schiedlich behandelt. Zu einer Ungleichbehandlung käme es auf der Basis des derzeit bekannten PKW-Maut-Konzepts in diesem Verhältnis somit nicht. Zu einer unterschiedlichen Behandlung könnte es in zwei anderen Konstellationen kommen: Die erste Ungleichbehandlung würde sich in der Vergleichsgruppe von ausländischen PKW- Fahrern je nach Reichweite ihrer Fahrt in Deutschland ergeben. Ausländische PKW-Fahrer, die nur in die Wahlkreise mit der Ausnahmeregelung fahren, müssten keine PKW-Maut entrichten . Ausländische PKW-Fahrer, die hingegen auch in die sonstigen Wahlkreise, d.h. tiefer ins Land, fahren, würden der Mautpflicht und damit der entsprechenden Kostenbelastung unterliegen. Daneben könnte eine Ungleichbehandlung auch darin liegen, dass Betriebe, die in grenznahen Wahlkreisen niedergelassen sind, durch die Ausnahme von der PKW-Maut ihrer ausländische Kunden besser gestellt sind als Betriebe in Wahlkreisen, die der Maut unterliegen. Bei den zuletzt genannten Betrieben könnten die ausländische Kunden aufgrund der zusätzlichen Kosten der PKW-Maut zukünftig ausbleiben. 2.2. Rechtfertigung der Ungleichbehandlung Wie dargestellt, richtet sich Rechtfertigungsmaßstab für eine Ungleichbehandlung nach dem Regelungsgegenstand sowie den Merkmalen für die Ungleichbehandlung und damit auch nach der jeweiligen Art und Tiefe des Eingriffs in den Gleichheitssatz.13 Bei der Ungleichbehandlung der ausländischen PKW-Fahrer untereinander geht es um eine Gebührenbelastung , die mit der Abgabengerechtigkeit, die ebenfalls aus dem Gleichheitssatz abgeleitet wird,14 in Widerspruch stehen könnte. Aus der Abgabengerechtigkeit folgt, dass eine unterschiedliche Belastung mit Gebühren durch hinreichend gewichtige sachliche Gründe gerechtfertigt sein muss.15 Bei den Auswirkungen der unterschiedlichen Belastung von Betrieben, bei denen die einen in Wahlkreisen mit und die anderen ohne PKW-Mautbelastung angesiedelt sind, ist für den Rechtfertigungsmaßstab von Bedeutung, ob dadurch neben dem Gleichheitssatz auch ihre Berufsfreiheit (Art. 12 Abs. 1 GG) betroffen sein kann.16 Allerdings wäre diese Kostenbelastung für die Kunden 13 Siehe oben S. 3 f. 14 BVerfGE 97, 332, 344 f. – Kindergartenbeiträge. 15 BVerfGE 97, 332, 347 – Kindergartenbeiträge. 16 Denkbar ist hier z.B ein großes Einkaufs- oder Gewerbezentrum in Deutschland, das zwar nicht besonders nah an einer Grenze liegt, aber für die Einwohner einer größeren Stadt im Ausland etwas günstiger und schneller zu erreichen ist als ein vergleichbares Zentrum, das nahe an einer Grenze liegt und für das deshalb gegebenenfalls die geplante PKW-Maut entfallen könnte. Das aus Sicht der ausländischen Stadt nähere Zentrum könnte seine Kunden aus dieser Stadt verlieren, wenn sich diese wegen der Mautkosten entscheiden, in das entferntere Zentrum zu fahren, weil die zusätzlichen Fahrtkosten hinter den Mautkosten zurückbleiben. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 175/14 Seite 6 dieser Betriebe keine zielgerichtete Regelung der Berufsfreiheit der Betriebe selbst. Der Schutzbereich der Berufsfreiheit umfasst zwar auch mittelbare Einwirkungen, wenn diese spürbare tatsächliche Auswirkungen auf die berufliche Tätigkeit haben.17 Dies ist bei den Wirkungen abgabenrechtlicher Regelungen jedoch in der Regel nur der Fall, wenn die Belastung ein erhebliches Ausmaß im Sinne einer „erdrosselnden Wirkung“ erreicht.18 Vor dem Hintergrund der tatsächlichen Kostenbelastung durch die Maut erscheint die Ungleichbehandlung nicht unbedingt gravierend, auch wenn die tatsächlichen Auswirkungen gerade auf die Betriebe in nicht begünstigen Regionen an dieser Stelle letztlich nicht beurteilt werden können . Daher dürfte wohl nicht der strengste Maßstab an die Rechtfertigung dieser Ausnahmeregelungen geknüpft werden, sofern ausreichend gewichtige sachliche Gründe dafür bestehen. Die Gründe, die die Ausnahme bestimmter grenznaher Wahlkreise von der PKW-Maut rechtfertigen sollen, und die tatsächlichen (bzw. prognostizierten) Auswirkungen dieser Ausnahmeregelung für bestimmte Wahlkreise, sind der Verfasserin nicht bekannt. Eine abschließende grundrechtliche Bewertung dieser Ausnahmen kann daher an dieser Stelle nicht erfolgen. Allerdings erscheint es in keinem Fall sachgerecht, die unterschiedliche Belastung an das Gebiet grenznaher Wahlkreise und nicht an bestimmte Grenzregionen zu knüpfen.19 Will der Gesetzgeber diese Ausnahmeregelung für die PKW-Maut einführen, müssen die ausreichend gewichtigen sachlichen Gründe, die die damit verbundene Ungleichbehandlung aus Sicht des Gesetzgebers rechtfertigen, in der Gesetzesbegründung dargestellt werden. Zwar kennt das Grundgesetz keine explizite Verpflichtung, dass Gesetze begründet werden müssen.20 Allerdings kann eine (umfassende) Gesetzesbegründung dann erforderlich sein, wenn sich daraus für den Bürger die politischen Abwägungen und Prognoseentscheidungen ergeben, aufgrund der die jeweilige gesetzliche Regelung getroffen wurde.21 Soweit der Gesetzgeber bestimmte Ausnahmen auf den Schutz des grenznahen Wirtschaftverkehrs stützen will, würde dies auf der Prognose basieren, dass der Wirtschaftsverkehr aufgrund der PKW-Maut übermäßig belastet würde und diese Belastung in einer Abwägung der möglichen wirtschaftlichen Benachteiligung von Unternehmen in anderen Gebieten überwiegt. Eine solche Prognoseentscheidung kann unter dem Regime des Gleichheitssatzes durchaus zulässig sein,22 sollte dann aber umfassend begründet werden.23 17 Mann, in: Sachs, Grundgesetz Kommentar, 5. Auflage 2009, Art. 3 Rdnr. 94 mit umfangreichen Nachweisen aus der Rechtsprechung. 18 Wieland, in: Dreier, Grundgesetz Kommentar, Band 1, 3. Auflage 2013, Art. 3 Rdnr. 71 ebenfalls mit weiteren Nachweisen. 19 Darauf weist auch zu Recht hin, Fn. 2, S. 4. 20 Redeker/Karpenstein: Über Nutzen und Notwendigkeiten, Gesetze zu begründen, NJW 2001, 2825, 2827; Hebeler, Ist der Gesetzgeber verfassungsrechtlich verpflichtet, Gesetze zu begründen?, DÖV 2010, 754, 755. 21 Die Fallgruppen, in denen die Rechtsprechung eine Begründungspflicht bejaht hat, sind zusammenfassend dargestellt bei Hebeler, Ist der Gesetzgeber verfassungsrechtlich verpflichtet, Gesetze zu begründen?, DÖV 2010, 754, 756. 22 „Erheblicher Gestaltungs- und Einschätzungsspielraum“ des Gesetzgebers, vgl. Heun, in: Dreier, Grundgesetz Kommentar, 3. Auflage 2013, Band I, Art. 3 Rdnr. 52 m.w. N. aus der Rechtsprechung. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 175/14 Seite 7 3. Beschränkung der PKW-Maut auf ein zulässiges Gesamtgewicht von 3,5 Tonnen Die PKW-Maut soll für die Nutzung des öffentlichen Straßennetzes in Deutschland durch Fahrzeuge mit einem zulässigen Gesamtgewicht von bis zu 3,5 t zu entrichten sein.24 Darüber hinaus ist geplant, die bereits bestehende Straßenbenutzungsgebühr für den gewerblichen Güterverkehr (LKW-Maut) auf LKW ab einem zulässigen Gesamtgewicht von 7,5 t auszuweiten (bisher 12 t).25 Dies bedeutet, dass leichte LKW mit einem zulässigen Gesamtgewicht von mehr als 3,5 t aber weniger als 7,5 t (bzw. derzeit noch 12 t) von der Maut und der Straßenbenutzungsgebühr gänzlich ausgenommen wären. In der Befreiung der Gewichtsklasse von 3,5 t bis 7,5 t bzw. 12 t liegt eine ungleiche Behandlung gegenüber den anderen Kraftfahrzeuggewichtsklassen. Welcher Maßstab für diese Ungleichbehandlung anzusetzen ist, kann auch in diesem Zusammenhang nicht festgestellt werden, da dies auch hier im Wesentlichen von tatsächlichen Feststellungen und Prognosen abhängig ist, die der Verfasserin nicht vorliegen. Dementsprechend kann an dieser Stelle auch nicht geprüft werden, ob die entstehende Gebührenlücke nach dem Gleichheitssatz gerechtfertigt sein könnte. Möglich wäre es, dass sich die unterschiedliche Behandlung zwischen Kraftfahrzeugen von unter und über 3,5 t Gesamtgewicht auf den unterschiedlichen Zweck der Straßennutzung (Individualverkehr und Güterverkehr) stützt und dies auch die Ungleichbehandlung rechtfertigen könnte. Allerdings verbliebe es dann bei einer unterschiedliche Behandlung der LKW-Gewichtsklassen von unter und über 7,5 t bzw. 12 t Gesamtgewicht, die im Rahmen des Regelungssystems der LKW- Maut zu prüfen wäre. Als Rechtfertigung für die Ungleichbehandlung gestattet der Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG, als nationale verfassungsrechtliche Regelung, allerdings nicht den schlichten Verweis auf sekundärrechtliche Vorgaben26 der Europäischen Union. Das sekundäre Unionsrecht macht nur für den Bereich des Individualverkehrs mit Kraftfahrzeugen mit einem Gesamtgewicht von bis zu 3,5 t keine Vorgaben. Der Güterverkehr mit höheren Gewichtsklassen unterfällt der Eurovignetten- 23 Scholz sieht in Bezug auf die Rechtfertigung einer Ungleichbehandlung durch eine gesetzliche Regelung stets ein „Begründungsgebot“ des Gesetzgebers, das aus Art. 3 Abs. 1 GG folge: Scholz, in: Maunz/Dürig, Grundgesetz -Kommentar, Loseblattsammlung, Grundwerk, Art. 3 Rdnr. 316 ff., ähnlich auch Osterloh, in: Sachs, Grundgesetz Kommentar, 5. Auflage 2009, Art. 3 Rdnr. 103. 24 Infopapier zur PKW-Maut/Infrastrukturabgabe, S. 1, im Internet abrufbar unter: http://www.bmvi.de/SharedDocs/DE/Anlage/VerkehrUndMobilitaet/Strasse/pkw-maut-infrastrukturabgabeinfopapier .pdf?__blob=publicationFile. 25 Pressemitteilung des Bundesverkehrsministeriums vom 27.06.2014, im Internet aufrufbar unter: http://www.bmvi.de/SharedDocs/DE/Pressemitteilungen/2014/050-dobrindt-haushalt.html. 26 Vgl. dazu ausführlich , Fn. 2, S. 8 ff. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 175/14 Seite 8 richtlinie27. Möchte der deutsche Gesetzgeber in dem Bereich bis 3,5 t eine Maut einführen, muss diese unter Berücksichtigung der bestehenden nationalen und europarechtlichen Vorschriften ausgestaltet werden, ohne dass die Grundrechte der Betroffenen unzulässig eingeschränkt werden . Hält der deutsche Gesetzgeber die sekundärrechtlichen Vorgaben für unzulässig, müsste er bzw. die Bundesrepublik Deutschland gegen diese Vorgaben europarechtlich, z.B. über eine Nichtigkeitsklage vor dem Europäischen Gerichtshof (Art. 263 AEUV f.), vorgehen. 27 Richtlinie 1999/62/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. Juni 1999 über die Erhebung von Gebühren für die Benutzung bestimmter Verkehrswege durch schwere Nutzfahrzeuge, ABl. L 187/42 vom 20.7.1999, zuletzt geändert durch Richtlinie 2006/38/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. Mai 2006 zur Änderung der Richtlinie 1999/62/EG über die Erhebung von Gebühren für die Benutzung bestimmter Verkehrswege durch schwere Nutzfahrzeuge, ABl. L 157/8, und die Richtlinie 2011/76/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. September 2011 zur Änderung der Richtlinie 1999/62/EG über die Erhebung von Gebühren für die Benutzung bestimmter Verkehrswege durch schwere Nutzfahrzeuge, ABl. L 269/1.