© 2017 Deutscher Bundestag WD 3 - 3000 - 173/17 Rechtsschutz gegen ablehnende Entscheidungen von Behörden über Informationszugangsbegehren Sachstand Wissenschaftliche Dienste Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab dem jeweiligen Fachbereich anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 3 - 3000 - 173/17 Seite 2 Rechtsschutz gegen ablehnende Entscheidungen von Behörden über Informationszugangsbegehren Aktenzeichen: WD 3 - 3000 - 173/17 Abschluss der Arbeit: 21. September 2017 Fachbereich: WD 3: Verfassung und Verwaltung Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 3 - 3000 - 173/17 Seite 3 1. Fragestellung Gefragt wird nach dem Rechtsschutz gegen ablehnende Entscheidungen von Behörden über Informationszugangsbegehren . Diese Frage betrifft in erster Linie das Informationsverwaltungsrecht. Im Folgenden sollen die Rechtsschutzmöglichkeiten anhand des Beispiels des Informationsfreiheitsgesetzes des Bundes1 (IFG) erläutert werden, das einen allgemeinen und voraussetzungslosen Informationsanspruch gegenüber Behörden des Bundes gewährt.2 2. Entscheidung der Behörde über das Informationsbegehren Über ein auf das IFG gestütztes Informationsbegehren entscheidet nach § 7 Abs. 1 IFG die Behörde, welche die Verfügungsbefugnis über die begehrten Informationen besitzt. Dabei hat die Behörde insbesondere zu prüfen, inwieweit öffentliche Belange oder private Interessen einer Informationsgewährung entgegenstehen. Maßgeblich sind insoweit in erster Linie die in §§ 3-6 IFG normierten Ausnahmetatbestände. Sind Interessen eines privaten Dritten betroffen bindet die Behörde diesen im Rahmen eines sog. Drittbeteiligungsverfahrens nach § 8 IFG ein. Kommt die Behörde bei ihrer Prüfung zu dem Ergebnis, dass öffentliche und/oder private Belange einer (uneingeschränkten) Informationsgewährung entgegenstehen, lehnt sie das Informationsbegehren gemäß § 9 IFG ganz oder teilweise ab. Der Rechtsform nach stellt die behördliche Ablehnungsentscheidung einen Verwaltungsakt dar.3 3. Rechtsschutzmöglichkeiten des Informationsbegehrenden Aufgrund des Charakters der behördlichen Ablehnungsentscheidung als Verwaltungsakt und gemäß § 9 Abs. 4 S. 1 IFG sind gegen die ablehnende Entscheidung Widerspruch (hierzu unter 3.1.) und Verpflichtungsklage (hierzu unter 3.2.) zulässig. Der Vollständigkeit halber soll abschließend auf die Möglichkeit, den Bundesbeauftragten für die Informationsfreiheit anzurufen, eingegangen werden (hierzu unter 3.3.). 3.1. Widerspruchsverfahren als Verwaltungsverfahren Der von der behördlichen Ablehnungsentscheidung Betroffene kann diese Entscheidung grundsätzlich im Rahmen eines behördlichen Widerspruchsverfahrens gemäß §§ 68 ff. Verwaltungsgerichtsordnung 4 (VwGO) überprüfen lassen. Grundsätzlich prüft dabei zunächst die Behörde, die die Ablehnungsentscheidung getroffen hat, nochmals die Zweck- und Rechtmäßigkeit dieser Entscheidung. Entweder sie erlässt einen Abhilfebescheid (d.h. sie hebt ihre Entscheidung auf) oder sie hält an ihrer Entscheidung fest und legt den Widerspruch der nächsthöheren Behörde 1 Der Gesetzestext kann abgerufen werden unter https://www.gesetze-im-internet.de/englisch_ifg/englisch _ifg.html (zuletzt abgerufen am 20. September 2017). 2 Zum Informationsverwaltungsrecht des Bundes zählen daneben insbesondere das Umweltinformationsgesetz, das Verbraucherinformationsgesetz, das Bundesarchivgesetz und das Geodatenzugangsgesetz. 3 Schoch, Informationsfreiheitsgesetz, Kommentar, 2. Aufl. 2016, § 9 Rn. 9. 4 Der Gesetzestext kann abgerufen werden unter https://www.gesetze-im-internet.de/englisch_vwgo/index.html (zuletzt abgerufen am 20. September 2017). Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 3 - 3000 - 173/17 Seite 4 zur Prüfung vor, die dann einen Widerspruchsbescheid erlässt und dem Widerspruch gegebenenfalls abhilft. Zu den formellen Sachentscheidungsvoraussetzungen gehören insbesondere die Widerspruchsbefugnis und die Widerspruchsfrist. § 70 Abs. 1 S. 1 VwGO setzt voraus, dass der Widerspruchsführer durch den Verwaltungsakt, den er angreift, beschwert ist. Hieraus wird das Erfordernis der Widerspruchsbefugnis abgeleitet. Für die vorliegende Konstellation bedeutet dies, dass der Betroffene möglicherweise einen Anspruch auf Erlass des abgelehnten Verwaltungsakts haben muss. Für die Widerspruchseinlegung gilt nach § 70 Abs. 1 VwGO grundsätzlich eine Monatsfrist, die mit Bekanntgabe des Verwaltungsakts beginnt. 3.2. Verpflichtungsklage vor dem Verwaltungsgericht Wird der Widerspruch des Betroffenen gegen die ablehnende Behördenentscheidung abgewiesen, so kommt eine Verpflichtungsklage des Betroffenen vor dem Verwaltungsgericht gemäß § 42 Abs. 1 2. Alt. VwGO in Betracht. Diese Klage ist auf den Erlass eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts gerichtet. Klagebefugnis, Widerspruchsverfahren und Klagefrist bilden bei einer Verpflichtungsklage die wichtigsten formellen Sachentscheidungsvoraussetzungen. Nach § 42 Abs. 2 VwGO ist eine solche Klage nur zulässig, wenn der Kläger substantiiert geltend macht, durch die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakt in seinen Rechten verletzt zu sein. Weiter kann nach § 68 Abs. 2 VwGO eine Verpflichtungsklage grundsätzlich erst nach erfolgloser Durchführung eines Widerspruchsverfahrens erhoben werden (siehe hierzu oben unter 3.1.). Außerdem ist nach § 74 Abs. 2 VwGO grundsätzlich eine Klagefrist von einem Monat einzuhalten, die mit der Bekanntgabe des Widerspruchsbescheids zu laufen beginnt. Anders als im Widerspruchsverfahren prüft das Verwaltungsgericht nur die Rechtsmäßigkeit der behördlichen Entscheidung und nicht deren Zweckmäßigkeit. Ist die Verpflichtungsklage begründet und hat der Kläger Anspruch auf Erlass eines Verwaltungsaktes mit einem ganz bestimmten Inhalt (hier auf positive Entscheidung über den Informationszugang), so verurteilt das Gericht die zuständige Behörde zum Erlass des Verwaltungsakts. Besitzt die Behörde hingegen einen Ermessensoder Beurteilungsspielraum und wurde dieser bislang von der Behörde nicht fehlerfrei genutzt, verurteilt das Gericht die Behörde zur nochmaligen Bescheidung des Klägers unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung des Gerichts. 3.3. Anrufung des Bundesbeauftragten für die Informationsfreiheit Nach § 12 Abs. 1 IFG kann jeder den Bundesbeauftragten für die Informationsfreiheit anrufen, wenn er sein Recht auf Informationszugang nach dem IFG als verletzt ansieht. Normiert ist damit ein subjektives Recht auf Anrufung des Bundesbeauftragten. Die Regelung gibt dem Betroffenen die Möglichkeit, zu versuchen, mittels eines nichtförmlichen Rechtsbehelfs seine Rechte nach dem IFG durchzusetzen. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 3 - 3000 - 173/17 Seite 5 Die Anrufung nach § 12 Abs. 1 IFG setzt voraus, dass der Betroffene sein Recht auf Informationszugang nach dem IFG „als verletzt ansieht“.5 Hieraus folgt eine Behauptungslast für den Betroffenen, die wiederum eine konkrete Betroffenheit voraussetzt. Die Klärung von abstrakten Rechtsfragen oder die Lösung hypothetischer Konflikte ist daher auf diesem Wege nicht möglich. Form- oder Fristerfordernisse bestehen bei der Anrufung nicht. Der Bundesbeauftragte für die Informationsfreiheit muss nach den allgemeinen Grundsätzen des Petitionsrechts, die insoweit herangezogen werden, das Anrufungsbegehren entgegennehmen, sachlich prüfen und bescheiden.6 Inhalt der Bescheidung ist die Feststellung der Verletzung oder Nichtverletzung des geltend gemachten Rechts. Die Bescheidung entfaltet jedoch keine unmittelbaren Rechtswirkungen. *** 5 Schoch, Informationsfreiheitsgesetz, Kommentar, 2. Aufl. 2016, § 12 Rn. 23 ff., dort zum Folgenden. 6 Schoch, Informationsfreiheitsgesetz, Kommentar, 2. Aufl. 2016, § 12 Rn. 37 ff., dort zum Folgenden.