© 2019 Deutscher Bundestag WD 3 - 3000 - 172/19 Aufstellung von Landeslisten Sachstand Wissenschaftliche Dienste Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab dem jeweiligen Fachbereich anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 3 - 3000 - 172/19 Seite 2 Aufstellung von Landeslisten Aktenzeichen: WD 3 - 3000 - 172/19 Abschluss der Arbeit: 03.07.2019 Fachbereich: WD 3: Verfassung und Verwaltung Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 3 - 3000 - 172/19 Seite 3 1. Fragestellung Es stellt sich die Frage nach den Grundzügen des Verfahrens, nach dem Parteien Landeslisten aufstellen. 2. Überblick: Funktion der Landesliste Von den mindestens 598 Bundestagsmandaten werden 299 über sogenannte Landeslisten vergeben (§ 1 Abs. 2 Bundeswahlgesetz – BWahlG). Die Landeslisten bestimmen die Reihenfolge, in der die Kandidaten die Bundestagssitze besetzen, die ihrer Partei in einem Bundesland zustehen.1 3. Voraussetzungen Für die Aufstellung einer Landesliste gelten insbesondere die folgenden Voraussetzungen (Hervorhebung in Gesetzestexten im Folgenden durch Autor): – Antragsberechtigung: „Landeslisten können nur von Parteien eingereicht werden“ (§ 27 Abs. 1 S. 1 BWahlG). – Bezeichnung: „Landeslisten müssen den Namen der einreichenden Partei und, sofern sie eine Kurzbezeichnung verwendet, auch diese enthalten“ (§ 27 Abs. 2 BWahlG). – Bewerberreihenfolge: „Die Namen der Bewerber müssen in erkennbarer Reihenfolge aufgeführt sein“ (§ 27 Abs. 2 BWahlG). – Verbot der Mehrfachkandidatur: „Ein Bewerber kann nur in einem Land und hier nur in einer Landesliste vorgeschlagen werden“ (§ 27 Abs. 4 S. 1 BWahlG). – Zustimmung: „In einer Landesliste kann nur benannt werden, wer seine Zustimmung dazu schriftlich erklärt hat; die Zustimmung ist unwiderruflich“ (§ 27 Abs. 4 S. 2 BWahlG). – Unterschrift: Üblicherweise unterzeichnet der Vorstand des Landesverbandes die Landesliste (vgl. § 27 Abs. 1 S. 2 BWahlG). Landeslisten von Parteien, die nicht im Deutschen Bundestag oder einem Landtag seit der letzten Wahl ununterbrochen vertreten waren, müssen von 0,1 Prozent der Wahlberechtigten des Landes persönlich unterschrieben sein, jedoch höchstens von 2.000 Wahlberechtigten (§ 27 Abs. 1 S. 2 BWahlG).2 1 https://www.bundestag.de/services/glossar/glossar/L/landeslisten-245484. 2 https://www.bmi.bund.de/DE/themen/verfassung/parteienrecht/teilnahme-parteien-wahlen/teilnahme-parteienwahlen -node.html. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 3 - 3000 - 172/19 Seite 4 4. Verfahren Das Verfahren der Aufstellung von Landeslisten folgt im Grundsatz dem Verfahren der Kreiswahlvorschläge (Kandidaten für Direktmandate). § 27 Abs. 5 BWahlG verweist hierzu auf das Verfahren für Kreiswahlvorschläge. 4.1. Bewerberaufstellung Üblicherweise erarbeitet ein parteiinternes Vorbereitungsorgan (z. B. Parteivorstand oder Wahlvorschlagsausschuss ) einen Listenvorschlag.3 Über den Listenvorschlag entscheidet eine Landesmitgliederversammlung oder – wie in der Praxis üblich4 – eine Landesvertreterversammlung der Partei (§ 21 Abs. 1 BWahlG). Jedem stimmberechtigten Mitglied steht das Recht zu, Vorschläge zur Gestaltung der Landesliste einzubringen (§ 27 Abs. 5, § 21 Abs. 3 S. 2 BWahlG).5 Die Entscheidung über die Liste erfolgt zumindest mit einfacher Mehrheit. Die Parteien können in ihren Satzungen oder durch Beschluss andere Mehrheiten vorsehen.6 Sowohl die Wahl der Kandidaten als auch die Festlegung der Reihenfolge ist in geheimer Abstimmung durchzuführen (§ 27 Abs. 5 BWahlG). Hierfür genügt die verdeckte Kennzeichnung von Stimmzetteln. Wahlkabinen oder -urnen sind nicht erforderlich.7 Das BWahlG enthält keine näheren Regelungen zum Abstimmungsverfahren. Die Modalitäten richten sich daher nach den Parteistatuten. Grundsätzlich zulässig ist eine Einzelwahl, also eine Entscheidung über jeden Listenplatz. Gleiches gilt für eine Block- oder Sammelwahl mit einer Entscheidung über die gesamte Liste. Ebenfalls zulässig sind Kombinationen, also z. B. eine Einzelwahl über die Spitzenplätze auf der Liste und eine Blockwahl über die verbleibenden Plätze.8 Frist zur Einreichung beim Landeswahlleiter für die von der Landesvertreterversammlung beschlossene Landesliste ist der 69. Tag vor der Wahl, 18 Uhr (§ 19 BWahlG). 3 Hahlen, in: Schreiber, BWahlG, 10. Aufl. 2017, § 21 Rn. 3. 4 Hahlen, in: Schreiber, BWahlG, 10. Aufl. 2017, § 27 Rn. 21. 5 Hahlen, in: Schreiber, BWahlG, 10. Aufl. 2017, § 27 Rn. 22. 6 Hahlen, in: Schreiber, BWahlG, 10. Aufl. 2017, § 27 Rn. 21a. 7 Hahlen, in: Schreiber, BWahlG, 10. Aufl. 2017, § 27 Rn. 22a. 8 Hahlen, in: Schreiber, BWahlG, 10. Aufl. 2017, § 27 Rn. 21b. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 3 - 3000 - 172/19 Seite 5 4.2. Zurücknahme der Landesliste Eine Landesliste kann nur durch gemeinsame schriftliche Erklärung der Vertrauenspersonen9 zurückgenommen werden, solange nicht über die Zulassung der Landesliste entschieden ist (§ 23, § 27 Abs. 5 BWahlG). 4.3. Änderung der Landesliste Landeslisten können bis zum Ablauf der Einreichungsfrist jederzeit und aus jedem Grund durch gemeinsame schriftliche Erklärung der Vertrauensleute gegenüber dem Landeswahlleiter geändert werden. Eine Bewerberauswechslung und eine Änderung der Bewerberreihenfolge sind nur über ein neues Verfahren zur Bewerberaufstellung möglich.10 Dessen ungeachtet sind Änderungen möglich, wenn ein Bewerber verstorben ist oder die Wählbarkeit verloren hat (§ 27 Abs. 5, § 24 S. 1 BWahlG). 4.4. Mängelbeseitigung Der Landeswahlleiter ist verpflichtet, die ihm nach § 19 BWahlG zugehenden Landeslisten unverzüglich zu überprüfen. Stellt er Mängel fest, hat er die Vertrauensperson der Landesliste zu benachrichtigen und zur Beseitigung behebbarer Mängel aufzufordern (§ 27 Abs. 5, § 25 BWahlG). *** 9 Siehe hierzu näher WD 3 - 3000 - 104/17, Die Rolle von Vertrauenspersonen bei Bundestagswahlen, https://www.bundestag.de/resource/blob/514846/bda71e28250af2e65ba771d4305fff77/WD-3-104-17-pdf-data.pdf. 10 Hahlen, in: Schreiber, BWahlG, 10. Aufl. 2017, § 27 Rn. 28.