© 2017 Deutscher Bundestag WD 3 - 3000 - 172/17 Besetzung der Ausschussvorsitze Sachstand Wissenschaftliche Dienste Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab dem jeweiligen Fachbereich anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 3 - 3000 - 172/17 Seite 2 Besetzung der Ausschussvorsitze Aktenzeichen: WD 3 - 3000 - 172/17 Abschluss der Arbeit: 13.09.2017 Fachbereich: WD 3: Verfassung und Verwaltung Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 3 - 3000 - 172/17 Seite 3 1. Fragestellung Der Sachstand thematisiert das Verfahren zur Besetzung der Stellen der Ausschussvorsitzenden im Deutschen Bundestag. Hierbei wird im Besonderen auch auf die Auswahl des Vorsitzes im Haushaltsausschuss eingegangen. 2. Besetzung der Ausschussvorsitze Vorgaben für das Besetzungsverfahren der Ausschussvorsitzenden finden sich insbesondere in den §§ 6 Abs. 2 und 58 der Geschäftsordnung des Deutschen Bundestages (GOBT). Nach § 6 Abs. 2 GOBT führt zunächst der Ältestenrat eine Verständigung zwischen den Fraktionen über die Besetzung der Stellen der Ausschussvorsitzenden und ihrer Stellvertreter herbei. Eine solche einvernehmliche Verständigung zwischen den Fraktionen stellt dabei den Regelfall in der parlamentarischen Praxis dar.1 Kommt eine Verständigung zwischen den Fraktionen nicht zustande, findet das sogenannte Zugreifverfahren Anwendung. Dieses Verfahren ist seit dem Jahr 1912 bekannt und auch vereinzelt angewandt worden. Nach diesem Prozedere erhalten die Fraktionen in der Reihenfolge, die sich nach dem Höchstzahlverfahren ergibt, Zugriff auf die jeweiligen Vorsitze.2 Jeder Fraktion wird dazu zunächst die Zahl der ihr zukommenden Vorsitze zugewiesen. Danach erhält die größte Fraktion den Zugriff auf einen aus ihrer Sicht relevanten Ausschuss. Dem folgen die anderen Fraktionen in der Reihenfolge ihrer jeweiligen Größe. Das Verfahren wird dann solange fortgesetzt , bis sämtliche Ausschussvorsitze verteilt sind.3 Nach Zuteilung der Vorsitze an die Fraktionen entscheidet jede Fraktion über die personelle Besetzung des Vorsitzes. Im Anschluss an diese Personalentscheidung der Fraktionen bestimmen nach § 58 GOBT die Ausschüsse dann ihre Vorsitzenden und deren Stellvertreter nach den Vereinbarungen im Ältestenrat. In § 58 GOBT wird ausdrücklich ein „Bestimmen“ und keine Wahl angeordnet. Die konkrete Form für die abschließende Personalauswahl durch den Ausschuss wird daher von der Geschäftsordnung ebenso offengelassen wie die Frage nach der Möglichkeit einer Ablehnung des Personalvorschlags.4 1 Winkelmann, in: Morlok/Schliesky/Wiefelspütz, Parlamentsrecht, 1. Aufl. 2016, § 23 Rn. 37. 2 Ritzel/Bücker/Schreiner, Handbuch der Parlamentarischen Praxis, Stand 2013, § 6 GOBT, II, 2., a); Winkelmann , in: Morlok/Schliesky/Wiefelspütz, 1. Aufl. 2016, § 23 Rn. 38. 3 Vgl. hierzu auch die umfassende Darstellung auf der Internetseite des Landtages in Nordrhein-Westfalen: https://www.landtag.nrw.de/portal/WWW/Webmaster/GB_II/II.2/Suche/Landtag_Intern/Suchergebnisse_Landtag _Intern.jsp?m=1&w=native(%27+(+ID+ph+like+%27%27LI700204%27%27++)+and+(1%3D1)%27)&order =native(%27ID(1)%2FDescend+%27)&maxRows=50&view=detail (Stand: 13.09.2017). 4 Winkelmann, in: Morlok/Schliesky/Wiefelspütz, 1. Aufl. 2016, § 23 Rn. 39 m.w.N. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 3 - 3000 - 172/17 Seite 4 3. Vorsitz des Haushaltsausschusses Traditionell erhält die stärkste Oppositionsfraktion den Vorsitz des Haushaltsausschusses.5 In der juristischen Literatur wird aber teilweise auch nur davon gesprochen, den Vorsitz einer Oppositionsfraktion oder der Opposition zuzuweisen.6 Rechtlich ausdrücklich verankert ist diese Tradition nicht. Die Literatur bezeichnet die Praxis als Parlamentsbrauch oder ordnet sie bereits dem Gewohnheitsrecht zu.7 *** 5 Hasenjäger, in: Morlok/Schliesky/Wiefelspütz, 1. Aufl. 2016, § 25 Rn. 1. 6 Vgl. etwa: Dach, in: Schneider/Zeh, Parlamentsrecht und Parlamentspraxis, 1. Aufl. 1989, § 40 Rn. 9; Butzer, in: Epping/Hillgruber, 33. Edition Stand: 01.06.2017, Art. 38 GG Rn. 17. 7 Vgl. Winkelmann, in: Morlok/Schliesky/Wiefelspütz, 1. Aufl. 2016, § 23 Rn. 37.