Deutscher Bundestag Verfassungsrechtliche Zulässigkeit der Privatisierung von Schleusen im Bereich der Bundeswasserstraßen Ausarbeitung Wissenschaftliche Dienste © 2013 Deutscher Bundestag WD 3 – 3000 – 171/13 Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 – 3000 – 171/13 Seite 2 Verfassungsrechtliche Zulässigkeit der Privatisierung von Schleusen im Bereich der Bundeswasserstraßen Verfasser/in: Aktenzeichen: WD 3 – 3000 – 171/13 Abschluss der Arbeit: 04. Oktober 2013 Fachbereich: WD 3: Verfassung und Verwaltung Telefon: Ausarbeitungen und andere Informationsangebote der Wissenschaftlichen Dienste geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Der Deutsche Bundestag behält sich die Rechte der Veröffentlichung und Verbreitung vor. Beides bedarf der Zustimmung der Leitung der Abteilung W, Platz der Republik 1, 11011 Berlin. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 – 3000 – 171/13 Seite 3 Inhaltsverzeichnis 1. Einleitung 4 2. Verwaltungskompetenz des Bundes für Schleusen in Bundeswasserstraßen gemäß Art. 87 Abs. 1, Art. 89 Abs. 2 GG 4 3. Zulässigkeit und Grenzen der Privatisierung im Bereich der Bundeswasserstraßenverwaltung 5 3.1. Materielle Privatisierung 6 3.2. Formelle Privatisierung 6 3.3. Funktionale Privatisierung 7 4. Fazit und Schlussfolgerungen in Bezug auf die Privatisierung von Schleusen 8 Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 – 3000 – 171/13 Seite 4 1. Einleitung Gemäß Art. 30, Art. 83 ff. GG werden die Bundesgesetze grundsätzlich durch die Länder als eigene Angelegenheiten ausgeführt (Allzuständigkeit der Länder). Dies gilt nur, soweit das Grundgesetz nichts anderes bestimmt. Eine solche abweichende Bestimmung findet sich mit Art. 87 Abs. 1, Art. 89 Abs. 2 GG für den Bereich der Verwaltung der Bundeswasserstraßen. Diese wird gemäß Art. 87 Abs. 1 Satz 1 GG nach Maßgabe des Art. 89 GG in bundeseigener Verwaltung mit eigenem Verwaltungsunterbau geführt. Art. 89 Abs. 2 Satz 1 GG bestimmt, dass der Bund die Bundeswasserstraßen durch eigene Behörden verwaltet. Für den Bereich der Verwaltung der Bundeswasserstraßen schreiben somit Art. 87 Abs. 1, Art. 89 Abs. 2 GG die sog. unmittelbare Bundesverwaltung (oder bundesunmittelbare Verwaltung) zwingend vor.1 Dies meint die Verwaltung durch eigene Staatsbehörden ohne selbständige Rechtspersönlichkeit . Diese sind somit nicht selbst Träger von Rechten und Pflichten. Rechtsträger ist der Bund selbst.2 Diesem Erfordernis kam der Bund durch die Errichtung der Wasser- und Schifffahrtsverwaltung (WSV) nach. Die nachfolgende Ausarbeitung befasst sich mit der Frage, ob angesichts der beschriebenen Vorgaben des Grundgesetzes zur Organisation der Wasser- und Schifffahrtsverwaltung eine Privatisierung von Schleusen in Bundeswasserstraßen verfassungsrechtlich zulässig ist. 2. Verwaltungskompetenz des Bundes für Schleusen in Bundeswasserstraßen gemäß Art. 87 Abs. 1, Art. 89 Abs. 2 GG Zunächst ist zu klären, ob Schleusen in Bundeswasserstraßen von der soeben beschriebenen Verwaltungskompetenz des Bundes für die Bundeswasserstraßen im Sinne der Art. 87 Abs. 1, Art. 89 Abs. 2 GG umfasst sind und insoweit das Erfordernis unmittelbarer Bundesverwaltung besteht. Zum Geltungsbereich des Art. 89 Abs. 2 S. 1 GG werden unterschiedliche Auffassungen vertreten . Die Vertreter der (wohl herrschenden) engen Auslegung gehen davon aus, dass die Verwaltungskompetenz durch die Gesetzgebungszuständigkeit aus Art. 74 Abs. 1 Nr. 21 GG begrenzt werde. Die Gesetzgebungskompetenz ist auf die Seewasserstraßen und die dem allgemeinen Verkehr dienenden Binnenwasserstraßen begrenzt. Da der Begriff der „Wasserstraße“ im Grundgesetz weiter nicht definiert sei, bleibe die nähere Regelung dem einfachen Gesetzgeber überlassen .3 Auf der Grundlage des Art. 74 Abs. 1 Nr. 21 GG wurde das Bundeswasserstraßengesetz (WaStrG)4 erlassen. Bundeswasserstraßen sind danach die Binnenwasserstraßen des Bundes, die 1 Broß/Mayer, in: von Münch/Kunig, Grundgesetz Kommentar, Bd. 2, 6. Auflage 2012, Art. 87 Rn. 2. 2 Ibler, in: Maunz-Dürig, Grundgesetz-Kommentar, 65. Ergänzungslieferung 2012, Art. 87 Rn. 49; Sachs, in: Sachs, Grundgesetz Kommentar, 6. Auflage 2011, Art. 87 Rn. 13. 3 Gröpl, in: Maunz-Dürig, Fn. 2, Art. 89 Rn. 47 (Stand: Juni 2007) 4 Bundeswasserstraßengesetz, WaStrG, BGBl I 2007, 962; 2008, 1980, zuletzt geändert durch Art. 4 G v. 6.10.2011 BGBl I 1986. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 – 3000 – 171/13 Seite 5 dem allgemeinen Verkehr dienen und die Seewasserstraßen (§ 1 Abs. 1 Nr. 2 WaStrG). Die dem allgemeinen Verkehr dienenden Binnenwasserstraßen sind in der Anlage 1 zum WaStrG aufgeführt . Die Gesetzgebungs- und somit auch die Verwaltungskompetenz nach Art. 89 Abs. 2 GG beziehe sich nicht auf alle denkbaren Aspekte im Zusammenhang mit Bundeswasserstraßen, sondern lediglich auf deren Funktion als Verkehrswege.5 Sinn und Zweck der Verwaltungskompetenz des Bundes sei die Gewährleistung einer leistungsfähigen Verkehrsinfrastruktur. Maßnahmen der Verwaltung müssten daher stets die Verkehrsfunktion der Gewässer betreffen.6 Problematisch ist vor diesem Hintergrund, ob auch ausschließlich touristisch genutzte Binnenwasserstraßen dem allgemeinen Verkehr dienen und damit von der Verwaltungskompetenz erfasst sind.7 Unstreitig dürfte aber sein, dass der Bund eine Annexkompetenz zur Gesetzgebungszuständigkeit nach Art. 74 Abs. 1 Nr. 21 GG auch für gesetzliche Regelungen zum „Zubehör“ der dort genannten Wasserstraßen (Seewasserstraßen und dem allgemeinen Verkehr dienende Binnenwasserstraßen ) besitzt, wozu auch die Schleusen zählen.8 Dementsprechend stellt § 1 Abs. 4 Nr. 1 WaStrG klar, dass „bundeseigene Schifffahrtsanlagen, besonders Schleusen…“ zu den Bundeswasserstraßen gehören. Es ist weiter festzuhalten, dass für Schleusen in Bundeswasserstraßen auch die Verwaltungskompetenz des Bundes wie für die Bundeswasserstraßen selbst nach Art. 87 Abs. 1, Art. 89 Abs. 2 GG besteht.9 3. Zulässigkeit und Grenzen der Privatisierung im Bereich der Bundeswasserstraßenverwaltung Art. 89 Abs. 2 S. 1 GG i. V. m. Art. 87 Abs. 1 S. 1 GG fordert für Bundeswasserstraßen bundeseigene Verwaltung mit eigenem Verwaltungsunterbau, d.h. bundeseigene Behörden. Es ist daher fraglich, ob im Rahmen der unmittelbaren Bundesverwaltung nach Art. 89 Abs. 2 S. 1 GG alternative Verwaltungsformen zulässig sind. Es werden unterschiedliche Ansichten vertreten. Dabei werden als mögliche alternative Betriebsformen die mittelbare Bundesverwaltung, die Belei- 5 Remmert, in: Beck’scher Online Kommentar GG, Stand 15.05.2013, Art. 89 Rn. 9; Friesecke, Bundeswasserstraßengesetz Kommentar, 6. Auflage 2009, Einl. Rn. 8; Gröpl, in: Maunz-Dürig, Fn. 2, Art. 89 Rn. 69. 6 Friesecke, Fn. 5, Einl. Rn. 8; Bundesamt für zentrale Dienste und offene Vermögensfragen, Abschlussbericht- 1.Band, BMVBS, Untersuchung der organisatorischen, personellen und finanziellen Voraussetzungen zur Verbesserung der wassertouristischen Infrastruktur, S. 13. 7 Siehe zum Streitstand: Zulässigkeit alternativer Betriebsformen bei der Verwaltung der Bundeswasserstraßen mit überwiegend touristischer Nutzung, Deutscher Bundestag, Wissenschaftliche Dienste, Ausarbeitung WD 3 – 3000 – 250/12. 8 Gröpl, in: Maunz-Dürig, Fn. 2, Art. 89 Rn. 43. 9 So explizit auch: Gröpl, in: Maunz-Dürig, Fn. 2, Art. 89 Rn. 52. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 – 3000 – 171/13 Seite 6 hung, die Kooperation mit den Ländern und auch die hier zu erörternde Privatisierung10 diskutiert .11 In Bezug auf den Begriff „Privatisierung“ ist zwischen verfassungsrechtlich differenziert zu betrachtenden Sachverhalten zu unterscheiden. In der Literatur haben sich drei Hauptfallgruppen herausgebildet: materielle, formelle und funktionale Privatisierung. 3.1. Materielle Privatisierung Die weitreichendste Form der Privatisierung bildet die materielle Privatisierung (Aufgabenprivatisierung ). Hier hört der Staat auf, eine von ihm bislang in Anspruch genommene Kompetenz wahrzunehmen.12 Aus der Formulierung „verwaltet“ in Art. 89 Abs. 2 S. 1 GG folgt, dass sich der Staat seiner verfassungsrechtlich auferlegten Erfüllungsverantwortung, nicht entledigen kann. Er besitzt eine Infrastrukturverantwortung für die Bundeswasserstraßen. Eine vollständige Verlagerung von Planung, Ausbau, Unterhalt sowie Finanzierung des Bundeswasserstraßennetzes und der damit verbundenen Verantwortung auf Private wäre daher nach geltendem Verfassungsrecht unzulässig.13 3.2. Formelle Privatisierung Diese Form der Privatisierung wird auch Organisationsprivatisierung genannt, da bei ihr ein Verwaltungsträger eine ihm obliegende öffentlich-rechtliche Aufgabe in privatrechtlicher Form wahrnimmt .14 Die jeweilige Aufgabe wird weiterhin vom Staat erfüllt, wenn auch in anderer, nämlich privatrechtlicher Organisationsform (insbesondere AG oder GmbH). Im Hinblick auf die Überlegung , dass der Staat dem Bürger gegenüber für die Aufgabenerfüllung verantwortlich bleibe und die Eigengesellschaft dem Staat untergeordnet sei, wird vereinzelt vertreten, dass die Verwaltung der Bundeswasserstraßen in privatrechtlicher Form mit dem Grundgesetz vereinbar sei.15 Eine Auslegung dahingehend, dass Bundeseigenverwaltung auch durch privatrechtliche Rechtssubjekte möglich sei, würde den Wortlaut von Art. 89 Abs. 2 S. 1 GG i. V. m. Art. 87 Abs. 1 S. 1 Var. 3 GG allerdings überdehnen.16 Die Gründung rechtlich selbstständiger juristischer Personen des Privatrechts - wenn auch mit Mehrheitsbeteiligung des Bundes - und deren Betrauung mit Auf- 10 Die nachfolgenden Ausführungen zu den Privatisierungsformen sind im Wesentlichen entnommen aus: Fn. 7. 11 BMVBS, Machbarkeitsstudie- veröffentlichte Fassung, Untersuchung der organisatorischen, personellen und finanziellen Voraussetzungen zur Verbesserung der wassertouristischen Infrastruktur, S. 21. 12 Gröpl, in: Maunz/Dürig, Fn. 2, Art. 89 Rn. 89; BMVBS, Machbarkeitsstudie- veröffentlichte Fassung, Fn. 11, S. 22. 13 Gröpl, in: Maunz/Dürig, Fn. 2, Art. 89 Rn. 89. 14 Gröpl, in: Maunz/Dürig, Fn. 2, Art. 89 Rn. 91; BMVBS, Machbarkeitsstudie- veröffentlichte Fassung, Fn. 11, S. 22. 15 Ibler, in: von Mangoldt/Klein/Starck, Kommentar zum Grundgesetz, 6. Auflage, 2011, Art. 89 Rdnr. 46 . 16 Ibler, in: von Mangoldt/Klein/Starck, Fn. 15, Art. 89 Rn. 46. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 – 3000 – 171/13 Seite 7 gaben der Bundeswasserstraßenverwaltung wäre daher nach h. M. aus verfassungsrechtlicher Sicht problematisch.17 3.3. Funktionale Privatisierung Die funktionale Privatisierung (Erfüllungsprivatisierung) ist ein Oberbegriff für die Einbindung von Privaten in die Erfüllung öffentlich-rechtlich organisierter Aufgaben.18 Kennzeichen ist, dass die Aufgabenzuständigkeit und -verantwortung bei dem Träger der öffentlichen Verwaltung bleibt, die Planung, der Vollzug (hier: Bau und Unterhaltung) oder die Finanzierung der Aufgabe ganz oder teilweise einem Privaten übertragen wird. Anwendungsfall ist die öffentlich-private Partnerschaft (kurz: ÖPP oder englisch: Public Private Partnership, kurz: PPP). Als Grundtypen der funktionalen Privatisierung lassen sich Betreibermodelle und das Konzessionsmodell (sowie eine Kombinationen dieser Modelle) identifizieren:19 Beim Betreibermodell wird ein privates Unternehmen beispielsweise mit dem Aus- oder Neubau und der Unterhaltung einer Bundeswasserstraße sowie dem Betrieb der damit verbundenen bundeseigenen Schifffahrtsanlagen beauftragt. Die entsprechenden Abschnitte der Bundeswasserstraße stehen im Eigentum des Bundes und sind Teil des öffentlich gewidmeten Wasserstraßennetzes . Allerdings darf der private Investor für seine Refinanzierung unmittelbar von den Benutzern der Wasserstraße ein leistungsabhängiges Entgelt erheben, wobei das Rechtsverhältnis zu den Benutzern privatrechtlich oder öffentlich-rechtlich ausgestaltet sein könnte („Mautmodell“). Auch beim Konzessionsmodell finanziert und führt ein privates Unternehmen z.B. den Aus- oder Neubau einer behördlich geplanten Bundeswasserstraße oder einer Schifffahrtsanlage aus. Der Bund bleibt Eigentümer, für seine Tätigkeit erhält der Private aber das Recht (die Konzession), die Bundeswasserstraße für einen bestimmten Zeitraum zu nutzen. Nach Fertigstellung des Ausoder Neubaus erhält der Bund die Nutzungsbefugnis zurück. Für die Dauer der Konzession muss der Bund ein Nutzungsentgelt an den Privaten entrichten. Auf diese Weise tilgt und verzinst die öffentliche Hand die Bau- und Finanzierungskosten des privaten Investors. Letztlich werden so privat Kosten vorfinanziert, die den Staat in der Gestalt des Nutzungsentgelts treffen. Fraglich ist, ob die verschiedenen Formen der funktionalen Privatisierung verfassungsrechtlich zulässig sind: Art. 89 Abs. 1 GG steht dieser Art von Privatisierung nicht entgegen.20 Dem Bund stünde es demnach frei, sein Eigentum an den ehemaligen Reichswasserstraßen zu belasten oder auch zu veräußern.21 17 Vgl. Dittmann, Die Bundesverwaltung, 1983, S. 193 Anm. 48; Isensee/Kirchhof, Handbuch des Staatsrechts, 3. Auflage, 2006, Bd. IV, § 89 Rn. 53; Gröpl, in: Maunz/Dürig, Fn. 2, Art. 89 Rn. 91. 18 Abschlussbericht des Bundesamtes für zentrale Dienste und offene Vermögensfragen, vom 06. Juni 2011, Rn. 36; BMVBS, Machbarkeitsstudie- veröffentlichte Fassung, Fn. 11, S. 22. 19 Zu den beiden Modellen: Gröpl, in: Maunz/Dürig, Fn. 2, Art. 89 Rn. 93 ff.; BMVBS, Machbarkeitsstudie- veröffentlichte Fassung, Fn. 11, S. 22. 20 Gröpl, in: Maunz/Dürig, Fn. 2, Art. 89 Rn. 96. 21 Gröpl, in: Maunz/Dürig, Fn. 2, Art. 89 Rn. 96. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 – 3000 – 171/13 Seite 8 Darüber hinaus müsste sich eine funktionale Privatisierung am Maßstab von Art. 89 Abs. 2 GG, der festschreibt, dass der Bund die Bundeswasserstraßen durch eigene Behörden verwaltet, messen lassen. Problematisch wäre es, privaten Betreibern im Außenverhältnis zu den Wasserstraßenbenutzern die mit dem Betrieb von Schifffahrtsanlagen zusammenhängenden Aufgaben und sonstigen Vollzugsmaßnahmen in Gänze zu übertragen.22 In diesen Fällen träte der Private in der Sache an die Stelle des Bundes. Eine solche Art der funktionalen Privatisierung wäre mit dem verfassungsrechtlich festgeschriebenen Typus der Bundeseigenverwaltung im Sinne von Art. 89 Abs. 2 S. 1 GG i. V. m. Art. 87 Abs. 1 S. 1 Var. 3 GG wohl schwer vereinbar.23 Funktionale Privatisierung der Bundeswasserstraßenverwaltung ist demgemäß vor dem Hintergrund von Art. 89 Abs. 2 S. 1 GG nur zulässig, wenn und soweit der Bund nach außen hin „das Heft in der Hand behält“.24 Dies schließt es allerdings nicht aus, dass einzelne Baumaßnahmen an Bundeswasserstraßen von privaten Investoren ausgeführt werden, dass bestimmte Streckenabschnitte von Bundeswasserstraßen von Privaten unterhalten oder bestimmte Schifffahrtsanlagen des Bundes von Privaten betrieben werden.25 Dementsprechend sehen § 7 Abs. 2 und § 12 Abs. 5 WaStrG vor, dass die Unterhaltung der Bundeswasserstraßen und der Betrieb bundeseigener Schifffahrtsanlagen sowie deren Aus- oder Neubau im Einzelfall Dritten zur Ausführung übertragen werden können. Vor diesem Hintergrund muss der Bund seine einmal übernommenen Aufgaben im Bereich der Verwaltung der Bundeswasserstraßen nicht stets und vollständig bzw. unverändert durch Stellen bundesunmittelbarer Verwaltung wahrnehmen.26 Er kann unter Wahrung der Kernbereiche in Randgebieten seine Erfüllungs- in eine Gewährleistungsverantwortung umwandeln und insoweit Private mit der Erfüllung einzelner Aufgaben betrauen.27 Inwieweit der Bund im Rahmen der vorab skizzierten Möglichkeiten von den Regelaussagen des Art. 89 Abs. 2 S. 1 GG abweicht, steht in seinem Ermessen. Entscheidungsmaßstab hat – wie bei jeder staatlichen Organisationsentscheidung – die bestmögliche Aufgabenwahrnehmung zu sein, die allerdings den verfassungsrechtlichen Vorgaben des GG gerecht werden muss.28 4. Fazit und Schlussfolgerungen in Bezug auf die Privatisierung von Schleusen Bundeseigene Verwaltung der Bundeswasserstraßen gemäß Art. 89 Abs. 1 S. 2 GG bedeutet nicht, dass der Bund seine einmal übernommenen Aufgaben stets und vollständig bzw. unverändert durch Stellen bundesunmittelbarer Verwaltung wahrnehmen muss. Dies gilt nur für die Kernbereiche der Verwaltungsaufgabe; in Randgebieten darf er Private mit der Erfüllung einzelner Aufgaben 22 Gröpl, in: Maunz/Dürig, Fn. 2, Art. 89 Rn. 98. 23 Gröpl, in: Maunz/Dürig, Fn. 2, Art. 89 Rn. 98. 24 Gröpl, in: Maunz/Dürig, Fn. 2, Art. 89 Rn. 99. 25 Gröpl, in: Maunz/Dürig, Fn. 2, Art. 89 Rn. 99. 26 Remmert, Beck’scher Online-Kommentar GG, Fn. 5, Art. 89 Rn. 15. 27 Remmert, Beck’scher Online-Kommentar GG, Fn. 5, Art. 89 Rn. 15. 28 Remmert, Beck’scher Online-Kommentar GG, Fn. 5. Art. 89 Rn. 16. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 – 3000 – 171/13 Seite 9 betrauen.29 Danach können einzelne Baumaßnahmen an Bundeswasserstraßen von privaten Investoren ausgeführt werden, bestimmte Streckenabschnitte von Bundeswasserstraßen von Privaten unterhalten oder bestimmte Schifffahrtsanlagen des Bundes von Privaten betrieben werden. Dies dürfte auch für Schleusen gelten. Folgt man der unter 3. dargelegten Ansicht, dann ist allerdings die Privatisierung allein im Wege der funktionalen Privatisierung oder Erfüllungsprivatisierung mit Art. 89 Abs. 2 S. 1 GG möglich. Hier bleibt die Aufgabenzuständigkeit und -verantwortung bei dem Träger der öffentlichen Verwaltung . Der Bund behält „das Heft in der Hand“. 29 Remmert, Beck’scher Online-Kommentar GG, Fn. 5, Art. 89 Rn. 15.