E-Government – Kosteneinsparungspotential und Zulässigkeit der Gebührendifferenzierung – - Ausarbeitung - © 2007 Deutscher Bundestag WD 3 - 165/07 Wissenschaftliche Dienste des Deutschen Bundestages Verfasser/in: E-Government – Kosteneinsparungspotential und Zulässigkeit der Gebührendifferenzierung – Ausarbeitung WD 3 - 165/07 Abschluss der Arbeit: 18.06.2007 Fachbereich WD 3: Verfassung und Verwaltung Telefon: Ausarbeitungen und andere Informationsangebote der Wissenschaftlichen Dienste geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Die Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste sind dazu bestimmt, Mitglieder des Deutschen Bundestages bei der Wahrnehmung des Mandats zu unterstützen. Der Deutsche Bundestag behält sich die Rechte der Veröffentlichung und Verbreitung vor. Diese bedürfen der Zustimmung des Direktors beim Deutschen Bundestag. - Zusammenfassung - Sowohl auf Bundesebene als auch auf Landes- und kommunaler Ebene werden in Studien erhebliche Kosteneinsparungspotentiale durch den Einsatz von E-Government genannt . Das Grundgesetz enthält keinen eigenständigen Gebührenbegriff, aus dem sich unmittelbar Kriterien für die Verfassungsmäßigkeit von Gebührenmaßstäben, Gebührensätzen oder Gebührenhöhen ableiten lassen. Innerhalb seiner jeweiligen Regelungskompetenzen verfügt der Gebührengesetzgeber über einen weiten Entscheidungs- und Gestaltungsspielraum . Als Bemessungsgrundlage für die Gebührenhöhe dienen die abgabenrechtlichen Grundsätze: das Kostendeckungsprinzip und das Äquivalenzprinzip. Darüber hinaus können Gebühren in begrenztem Maße auch verhaltenssteuernd erhoben werden (so genannte lenkende Gebühren). Allgemeine Grenzen für gebührenrechtliche Regelungen ergeben sich insbesondere aus dem Grundsatz der Gebührengleichheit, der als besondere Ausprägung aus dem Prinzip der Abgabengerechtigkeit aus Art. 3 Abs. 1 GG folgt und dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit . Eine Gebührendifferenzierung zwischen elektronischen und herkömmlichen Verwaltungs -Dienstleistungen ist mit den allgemeinen Gebührengrundsätzen vereinbar und grundsätzlich zulässig. Die Vereinbarkeit der Gebührendifferenzierung muss jedoch im konkreten Einzelfall anhand der zugrundeliegenden gebührenrechtlichen Regelungen geprüft werden. Inhalt 1. Einleitung 4 2. Kosteneinsparungspotential durch E-Government 4 2.1. Bundesverwaltung 4 2.2. Landesverwaltung 4 2.3. Kommunalverwaltungen 5 3. Zulässigkeit der Gebührendifferenzierung 5 3.1. Begriff und Normen 6 3.2. Entscheidungs- und Gestaltungsfreiheit 6 3.3. Grenzen der Entscheidungs- und Gestaltungsfreiheit – Gleichheitsgrundsatz (Art. 3 Abs. 1 GG) und Verhältnismäßigkeit 7 3.4. Ergebnis 10 3.5. Schlussbemerkung 10 4. Literaturverzeichnis 12 - 4 - 1. Einleitung Die Ausarbeitung stellt zunächst Studien zum Kosteneinsparungspotential von E- Government-Lösungen in den Verwaltungen vor. Anschließend wird die Frage der Zulässigkeit von Gebührendifferenzierungen erörtert. 2. Kosteneinsparungspotential durch E-Government Vorsorglich sei darauf hingewiesen, dass es sich bei den folgenden Angaben um das Kosteneinsparungspotential bzw. um geschätzte Kosteneinsparungen handelt und nicht um konkrete Kosteneinsparungen. 2.1. Bundesverwaltung Im Bereich der Bundesverwaltung hat die Bundesregierung im Jahr 2000 für den Ausbau des E-Government die „Initiative BundOnline 2005“ gegründet. Den Abschlussbericht zu der Initiative hat das Bundesministerium des Innern (BMI) am 24. Februar 2006 veröffentlicht. Die zum Ende der Initiative durchgeführte Wirtschaftlichkeitsuntersuchung hat ergeben, dass den Kosten in Höhe von ca. 650 Millionen Euro ein (mit statistischen Hochrechnungen nach betriebswirtschaftlichen Methoden ermitteltes) durchschnittliches Einsparpotential, verteilt über die gesamte Bundesverwaltung, in Höhe von 250 bis 350 Millionen Euro pro Jahr gegenüber steht.1 Konkrete Kosteneinsparungen können nach Auskunft des BMI zurzeit noch nicht genannt werden.2 Der Abschlussbericht ist auszugsweise als - Anlage 1 - beigefügt und kann vollständig im Internet unter folgendem Link abgerufen werden: http://www.kbst.bund.de/cln_006/nn_836326/SharedDocs/Publikationen/Oeffentlichkeitsarbeit/Umsetzun gsplan/abschlussbericht__2006,templateId=raw,property=publicationFile.pdf/abschlussbericht_2006.pdf. 2.2. Landesverwaltung Die Landesregierung Nordrhein-Westfalen hat für die Jahre 2003 bis 2005 ein Projekt zur Umsetzung von E-Government in den Landesverwaltungen NRW beschlossen. 1 BundOnline 2005, Abschlussbericht – Status und Ausblick, Bundesministerium des Innern, 24. Februar 2006, S. 18. 2 Telefonische Auskunft des BMI vom 24.05.2007. - 5 - Dazu wurde am 31. Januar 2003 eine E-Government-Studie NRW vorgelegt. Der Studie ist zu entnehmen, dass die Kosten für die Umsetzung des E-Government-Projekts auf ca. 176 Millionen Euro geschätzt werden. Dem steht ein geschätztes Einsparpotential von im Mittel ca. 38,1 Millionen Euro jährlich gegenüber. Die Studie ist auszugsweise beigefügt als - Anlage 2 - unter kann unter dem Link http://www.im.nrw.de/inn/doks/egov/egovstudie2003.pdf abgerufen werden. 2.3. Kommunalverwaltungen Im Bereich der Kommunalverwaltungen wurde untersucht, welche Kosteneinsparungspotentiale der Einsatz von E-Government-Lösungen (Elektronische Akte, Dokumentenmanagement , E-Payment usw.) ermöglicht. Die Kommunale Gemeinschaftsstelle für Verwaltungsmanagement (KGSt) und die Beratungsgesellschaft Bitconsult haben dazu eine Studie „Effizientes E-Government“ erstellt. Bei dem Vergleich vom Ist- zum Soll-Modell sind dabei erhebliche Einsparpotentiale von bis zu 40 Prozent durch den Wegfall oder die Automatisierung von (Arbeits-)Prozessschritten ermittelt worden. Die Studie ist zwar im Ergebnis abgeschlossen, liegt jedoch nach Auskunft der KGSt derzeit noch nicht in Form einer schriftlichen Ausarbeitung vor.3 Als Anlage wird daher die Pressemitteilung zu der Studie beigefügt. - Anlage 3 - 3. Zulässigkeit der Gebührendifferenzierung Im Folgenden wird die Frage erörtert, ob es zulässig ist, unterschiedliche Gebührensätze für dieselbe Verwaltungstätigkeit zu erheben, je nachdem, ob der Bürger das herkömmliche Verfahren oder die alternativ angebotene Möglichkeit des E-Government (Online- Verfahren) nutzt. 3 Telefonische Auskunft der KGST vom 08.05.2007 und schriftliche Mitteilung vom 15.06.2007. - 6 - 3.1. Begriff und Normen Gebühren sind eine Gegenleistung für eine Amtshandlung oder für die Inanspruchnahme einer öffentlichen Einrichtung.4 Das Bundesverfassungsgericht definiert Gebühren als „öffentlich-rechtliche Geldleistungen, die aus Anlass individuell zurechenbarer, öffentlicher Leistungen dem Gebührenschuldner durch eine öffentlich-rechtliche Norm oder sonstige hoheitliche Maßnahme auferlegt werden und dazu bestimmt sind, in Anknüpfung an diese Leistung deren Kosten ganz oder teilweise zu decken.“5 Im Gegensatz zu Steuern dienen Gebühren damit der Gegenleistung für eine konkrete staatliche Leistung. Gebührenrechtliche Regelungen finden sich in verschiedenen Gesetzen. Für die Bundesbehörden sind die Gebühren im Verwaltungskostengesetz (VwKostG)6 geregelt. Die für Landes- und Kommunalbehörden geltenden gebührenrechtlichen Regelungen finden sich in den jeweiligen Kosten- und Kommunalabgabengesetzen der Länder.7 Den Kommunen wird in den Kommunalabgabengesetzen regelmäßig die notwendige Ermächtigung zur Gebührenregelung durch Satzung gegeben.8 3.2. Entscheidungs- und Gestaltungsfreiheit Das Grundgesetz enthält keinen eigenständigen Gebührenbegriff, aus dem sich unmittelbar Kriterien für die Verfassungsmäßigkeit von Gebührenmaßstäben, Gebührensätzen oder Gebührenhöhen ableiten lassen.9 Innerhalb seiner jeweiligen Regelungskompetenzen verfügt der Gebührengesetzgeber über einen weiten Entscheidungs- und Gestaltungsspielraum .10 Als Bemessungsgrundlage für die Gebührenhöhe dienen die abgabenrechtlichen Grundsätze bzw. Gebührenzwecke. Dazu gehören das Kostendeckungsprinzip und das Äquivalenzprinzip.11 Das in vielen Gebührengesetzen angeordnete Kostendeckungsprinzip will die Höhe der Gebühr nach den Kosten der Leistungserstellung bestimmen, die beim Staat entstanden sind.12 Aufgrund des Kostendeckungsprinzips dürfen Gebühren in der Regel höchstens so bemessen sein, dass die nach betriebswirtschaftlichen 4 Starck, in: v. Mangoldt/Klein/Starck, GG I, Art. 3 Abs. 1, 2005, Rdn. 117. 5 BVerfGE 50, 217, 226. 6 Verwaltungskostengesetz (VwKostG) vom 23. Juni 1970, zuletzt geändert durch Artikel 4 Abs. 9 des Gesetzes vom 5. Mai 2004 (BGBl. I S. 718). 7 Schreiber, 2003, S. 130. 8 Kirchhof, 2001, S. 110. 9 Winterhoff, 2007, S. 321; vgl BVerfGE 50, 217, 225 f. 10 Vgl. BVerfGE 50, 217, 226 f. 11 Vg. Starck, in: v. Mangoldt/Klein/Starck, GG I, Art. 3 Abs. 1, 2005, Rdn. 117. 12 Kirchhof, 2001, C II 2 Rdn. 238. - 7 - Grundsätzen ansatzfähigen Kosten der Einrichtung gedeckt werden.13 Dem Kostendeckungsprinzip kommt vorrangig die Funktion eines Aufwandsüberschreitungsverbots zu.14 Das Äquivalenzprinzip bemisst die Gebühr nach dem Wert der Verwaltungsleistung für den Gebührenschuldner. Mit Begriffen wie Vorteil, Interesse, Nutzen, Wert, Preis und Bedeutung für den Gebührenschuldner versucht es, den Wert des staatlich angebotenen Sondervorteils für den Empfänger dieses Vorteils zu quantifizieren und mit der Gebührenerhebung finanziell wieder auszugleichen.15 Das Äquivalenzprinzip stellt die gebührenrechtliche Ausprägung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit dar. Es besagt , dass Gebühr und korrelierende Leistung derart in Beziehung zu setzen sind, dass durch die Bemessung kein Missverhältnis entsteht.16 Das Äquivalenzprinzip legt einen Gebührenrahmen fest, der nicht über- bzw. unterschritten werden darf.17 Darüber hinaus kann mit der Gebührenhöhe auch der Zweck einer begrenzten Verhaltenssteuerung verfolgt werden.18 Diese lenkende Gebühr19 „gestattet eine geeignete Festlegung der Gebührenhöhe zur Erreichung politisch erwünschter Lenkungsziele“.20 3.3. Grenzen der Entscheidungs- und Gestaltungsfreiheit – Gleichheitsgrundsatz (Art. 3 Abs. 1 GG) und Verhältnismäßigkeit Zwar hat der Gebührengesetzgeber einen weiten Entscheidungs- und Gestaltungsspielraum , jedoch sind der Entscheidungs- und Gestaltungsfreiheit verfassungsrechtliche Grenzen gesetzt. Eine Grenze ergibt sich insbesondere aus dem Grundsatz der Gebührengleichheit , der als besondere Ausprägung des Prinzips der Abgabengerechtigkeit aus dem allgemeinen Gleichheitsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 GG folgt.21 Eine weitere Grenze zieht der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit (im engeren Sinne), demzufolge die mit der Gebührenregelung verfolgten Zwecke nicht außer Verhältnis zu der dem Bürger auferlegten Gebühr stehen dürfen.22 Eine Gebührendifferenzierung 13 Schreiber, 2003, S. 122 m.w.N. 14 BSI, E-Government-Handbuch 2003-2004, S. 82. 15 Kirchhof, 2001, C II 2 Rdn. 237. 16 BSI, E-Government-Handbuch 2003-2004, S. 82. 17 Schreiber, 2003, S. 125. Das Äquivalenzprinzip findet sich beispielsweise in der bundesrechtlichen Regelung des § 3 S. 1 VwKostG. Dort ist normiert, dass die Gebührensätze so zu bemessen sind, dass „zwischen der den Verwaltungsaufwand berücksichtigenden Höhe der Gebühr einerseits und der Bedeutung, dem wirtschaftlichen Wert oder dem sonstigen Nutzen der Amtshandlung andererseits ein angemessenes Verhältnis besteht.“ 18 BVerfGE 50, 217, 226 f. 19 Kirchhof, 2001, C II 2 Rdn. 237. 20 Schreiber, 2003, S. 126. 21 Schreiber, 2003, S. 125; vgl. BVerfGe 50, 217, 227. 22 Vgl. BVerfGE 50, 217, 227. - 8 - muss sich daher insbesondere an dem Maßstab des Gleichheitsgrundsatzes und der Verhältnismäßigkeit messen lassen. Der Gleichheitsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 GG verbietet die Ungleichbehandlung von Personengruppen, wenn eine Gruppe anders behandelt wird als andere, obwohl zwischen ihnen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass eine Ungleichbehandlung gerechtfertigt werden kann.23 Maßgeblich für die Prüfung eines Verstoßes gegen den Gleichheitsgrundsatz ist damit die Frage, ob eine Personengruppe gegenüber einer anderen Personengruppe willkürlich, d. h. ohne hinreichend sachlichen Grund, unterschiedlich behandelt wird. Eine Verletzung des Gleichheitsgrundsatzes liegt daher dann vor, wenn - eine Ungleichbehandlung vorliegt und - diese verfassungsrechtlich nicht gerechtfertigt ist. In der vorliegenden Fragestellung wird eine Ungleichbehandlung angenommen, weil von zwei vergleichbaren Personengruppen – den Online-Nutzern und den Nutzern des herkömmlichen Verfahrens – verschiedene Gebührensätze für die gleiche Verwaltungsleistung erhoben werden. Das zur Vergleichbarkeit herangezogene gemeinsame Merkmal bzw. der Bezugspunkt beider Personengruppen ist hier die Gebührenpflicht als Gegenleistung für eine staatliche Leistung. Zu prüfen ist daher, ob diese Ungleichbehandlung verfassungsrechtlich gerechtfertigt ist. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts liegt ein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG vor, wenn wesentlich Gleiches willkürlich ungleich oder wesentlich Ungleiches willkürlich gleich behandelt wird.24 Willkürlichkeit liegt vor, „wenn sich für sie (…) keine vernünftige Erwägungen bzw. sachlichen Gründe finden lassen, die sich aus der Natur der Sache ergeben oder sonst wie einleuchtend sind“.25 Danach ist eine Ungleichbehandlung - zumindest von geringerer Intensität - schon dann gerechtfertigt, wenn sich nur irgendein sachlicher Grund zu ihren Gunsten anführen lässt, also keine Willkür stattgefunden hat. Mit der Frage der Zulässigkeit der Gebührendifferenzierung bei elektronischen Verfahren hat sich Schreiber 2002 im Rahmen seiner Dissertation „Elektronisches Verwalten. Zum Einsatz der elektronischen Signatur in der öffentlichen Verwaltung“ befasst. Er hat 23 Winterhoff, 2007, S. 322; vgl. BVerfGE 97, 332, 344; vgl. BVerfGE 55, 72, 88; BVerfGE 71, 146, 154 f.; BVErfGE 82, 126, 146. 24 Vgl. BVerfGE 78, 104, 121. 25 BVerfGE, 10 234, 246. - 9 - Gebührensenkungen und Gebührenerhöhungen für elektronische Verfahren unter dem Gesichtspunkt der Abgabegrundsätze (Kostendeckungs- und Äquivalenzprinzip, Lenkungsgebühren und Gleichbehandlungsgrundsatz) begutachtet. Der entsprechende Auszug aus der Dissertation ist beigefügt als - Anlage 4 -. Im Hinblick auf Gebührensenkungen für Online-Verfahren führt Schreiber aus, dass schon grundsätzlich an einer den Gleichheitssatz beeinträchtigenden Belastung desjenigen gezweifelt wird, der die relativ höheren Verwaltungsgebühren für die offline erbrachte Amtshandlung zu leisten hat. Darüber hinaus liege zumindest ein sachlicher Grund für eine ungleiche Behandlung vor: „Eine Gebührendifferenzierung bedeutet Anreiz zur Nutzung elektronischer Verwaltungsangebote und fördert dadurch die Akzeptanz der digitalen Leistungserbringung durch die Verwaltung. Auf diese Weise entstehen Erfahrungen, die zur Optimierung von Rationalisierungspotenzialen, Verwaltungsabläufen und Kostenreduktionen verwendet werden können und für diese auch notwendig sind. Ohne praktische Erkenntnisse wird es nicht möglich sein, im Interesse der Öffentlichkeit geeignete Verfahren zu ermitteln und optimale Zeit- und Kosteneinsparungen zu erzielen. Ohne praktische Verwendung werden Erfahrungen ausbleiben. Daher dient die Differenzierung dem öffentlichen Interesse an einer zügigeren Abwicklung von Verwaltungsverfahren, an der Ersparung öffentlicher Mittel und an einer grundlegenden Verwaltungsmodernisierung und kommt somit im Ergebnis der Allgemeinheit zugute.“26 Im Hinblick auf Gebührenerhöhungen für elektronische Verfahren führt Schreiber den besonderen Vorteil für den Online-Nutzer an, beispielsweise durch Ersparnis von Zeit und Aufwand.27 Unter dem Gesichtspunkt des Vorteilsausgleichs erscheint es daher sachgerecht, dem Nutzer von Online-Verfahren höhere Gebühren aufzuerlegen. „Solange die Gegenleistung einen besonderen Nutzen für den Einzelnen und somit gegenüber anderen Bürgern einen höheren Wert besitzt, liegt ein legitimer Grund vor, der eine willkürliche Abgabenbemessung ausschließt. Die Besonderheit der elektronischen Inanspruchnahme stellt einen spezifischen Nutzen für den Bürger dar, der über den finanziellen Wert der eigentlichen Leistung hinaus geht und somit eine sachliche Legitimation der quantitativ differenten Bemessung darstellt.“28 26 Schreiber, 2003, S. 127 f. 27 Schreiber, 2003, S. 128. 28 Schreiber, 2003, S. 130. - 10 - 3.4. Ergebnis Schreiber kommt zu dem Ergebnis, dass Gebührendifferenzierungen bei elektronischen Verfahren sachlich begründet und damit verfassungsrechtlich gerechtfertigt sind. Gebührendifferenzierungen sind mit den allgemeinen Gebührengrundsätzen vereinbar und grundsätzlich zulässig. Auch sei es zulässig, zugunsten einer Förderung der neuen Techniken Gebührenermäßigungen oder zur Abschöpfung des spezifischen Vorteils elektronischer Abwicklung Gebührenerhöhungen einzuführen.29 Jedoch muss zur abschließenden Beurteilung der Zulässigkeit einer Gebührendifferenzierung die Vereinbarkeit mit der konkreten zugrunde liegenden Gebührenregelung begutachtet werden.30 Insoweit kann nur anhand einer konkreten Einzelfallprüfung die Zulässigkeit einer Gebührendifferenzierung festgestellt werden. Im Übrigen müssen zumindest Gebührendifferenzierungen „höherer Intensität“ verhältnismäßig sein. Das heißt, der rechtfertigende Grund muss in einem angemessenen Verhältnis zur Ungleichbehandlung stehen. Eine durch einen sachlichen Grund gerechtfertigte Ungleichbehandlung liegt damit erst dann vor, - wenn die Ungleichbehandlung einen legitimen Zweck verfolgt, - sie zur Erreichung dieses Zwecks geeignet und erforderlich ist und - in angemessenem Verhältnis zum Wert des Zwecks steht.31 3.5. Schlussbemerkung Abschließend sei darauf hingewiesen, dass sich auch die Gerichte mit der Frage der Zulässigkeit von Gebührendifferenzierungen auseinandergesetzt haben. Zwar ist keine gerichtliche Entscheidung ersichtlich, die sich konkret mit der Frage der Gebührendifferenzierung im Zusammenhang mit E-Government befasst. Jedoch hat beispielsweise das Bundesverwaltungsgericht festgestellt, dass die satzungsrechtliche (Benutzungs -)Gebührendifferenzierung zwischen Ortsfremden und Einheimischen zulässig sei. Es hat unter anderem darauf verwiesen, dass dem Normgeber in den Grenzen des Willkürverbots weitgehende Gestaltungsfreiheit zuzugestehen sei und auch im Abgabenrecht eine Ungleichbehandlung den Gleichheitssatz nur dann verletze, wenn sie nicht auf sachgerechte Erwägungen zurückzuführen sei.32 29 Schreiber, 2003, S. 134. 30 Schreiber, 2003, S. 130. 31 Vgl. BVerfGE 98, 1,12; 91, 389, 401; 87, 234, 255; 88, 87, 97. 32 BVerwG 8. Senat, Beschluss vom 30.1.1997, AZ 8 NB 2/96. - 11 - - 12 - 4. Literaturverzeichnis Bundesamt für Sicherheit und Informationstechnik (BSI), E-Government- Handbuch, 2003-2004 (http://www.bsi.de/fachthem/egov/download/2_Recht.pdf) (zit. BSI, E-Government-Handbuch 2003-2004). Kirchhof, Ferdinand, Grundriss des Steuer- und Abgabenrechts, 2. neubearbeitete Auflage , Heidelberg, 2001 (zit. Kirchhof, 2001). Wilke, Dieter, Gebührenrecht und Grundgesetz. Ein Beitrag zum allgemeinen Abgabenrecht , München, 1973 (zit. Wilke, 1973). Winterhoff, Christian, Der gegenwärtige Stand des „Gebührenverfassungsrechts“, DÖV, April 2007, Heft 8 (zit. Winterhoff, 2007). Schreiber, Lutz, Elektronisches Verwalten. Zum Einsatz der elektronischen Signatur in der öffentlichen Verwaltung, Baden-Baden 2003 (zit. Schreiber, 2003). Starck, Christian in: v. Mangoldt, Hermann/Klein, Friedrich/Starck, Christian, Kommentar zum Grundgesetz, Band 1, München, 2005 (zit.: Starck, in: v. Mangoldt /Klein/Starck, GG I, Art. 3 Abs. 1, 2005).