© 2017 Deutscher Bundestag WD 3 - 3000 - 163/17 Internationale Zusammenarbeit bei der Prävention und der Bekämpfung von Terrorismus – Informationsaustausch zwischen den Nachrichtendiensten Sachstand Wissenschaftliche Dienste Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab dem jeweiligen Fachbereich anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 3 - 3000 - 163/17 Seite 2 Internationale Zusammenarbeit bei der Prävention und der Bekämpfung von Terrorismus – Informationsaustausch zwischen den Nachrichtendiensten Aktenzeichen: WD 3 - 3000 - 163/17 Abschluss der Arbeit: 1. September 2017 Fachbereich: WD 3: Verfassung und Verwaltung Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 3 - 3000 - 163/17 Seite 3 1. Internationaler Informationsaustausch zwischen den Nachrichtendiensten Im Rahmen der internationalen Zusammenarbeit bei der Prävention und der Bekämpfung von Terrorismus kommt dem Informationsaustausch mit ausländischen Sicherheitsbehörden und internationalen Organisationen (z.B. Interpol) eine besondere Bedeutung zu. Dabei kann der Datenaustausch durch gegenseitige Datenübermittlungen oder durch die Nutzung gemeinsamer Dateien erfolgen. Insbesondere das Ziel des internationalen Informationsaustauschs zwischen den Nachrichtendiensten haben die Staats- und Regierungschefs der G20 in ihrer jüngsten Erklärung zur Bekämpfung des Terrorismus vom 7. Juli 2017 bekräftigt. Unter Berücksichtigung der Anforderungen des Datenschutzes heißt es in der G20-Erklärung unter Nr. 5: „Wir werden einen schnellen, gezielten Informationsaustausch zwischen Nachrichtendiensten, Strafverfolgungs- und Justizbehörden zu operativen Informationen, vorbeugenden Maßnahmen und strafrechtlichen Verfolgungen erleichtern und dabei das erforderliche Gleichgewicht von Sicherheit und Aspekten des Datenschutzes im Einklang mit dem jeweiligen innerstaatlichen Recht gewährleisten.“ 2. Bundesgesetzliche Neuregelungen Die für den internationalen Informationsaustausch zwischen den Nachrichtendiensten erforderlichen bundesgesetzlichen Rechtsgrundlagen wurden durch Änderungen des Bundesverfassungsschutzgesetzes (BVerfSchG) und des Gesetzes über den Bundesnachrichtendienst (BNDG) geschaffen. Konkret geht es dabei um die Befugnis des Bundesamtes für Verfassungsschutz und des Bundesnachrichtendienstes zur Führung von und zur Teilnahme an gemeinsamen Dateien. 2.1. Änderungen des BVerfSchG Mit dem Gesetz zum besseren Informationsaustausch bei der Bekämpfung des internationalen Terrorismus vom Juli 2016 („Antiterrorpaket“) wurden in Bezug auf den Informationsaustausch zwischen dem Bundesamt für Verfassungsschutz und ausländischen Nachrichtendiensten § 22b und § 22c BVerfSchG eingeführt. Die Regelung des § 22b BVerfSchG ermöglicht die Einrichtung von gemeinsamen Dateien unter Federführung des Bundesamtes für Verfassungsschutz mit ausländischen Nachrichtendiensten. Die Dateien sind dabei auf bestimmte Ereignisse oder Personenkreise zu beschränken, auf die sich das Aufklärungsinteresse bezieht (z.B. Reisen von „Foreign Terrorist Fighters“). Die Einrichtung einer gemeinsamen Datei setzt u.a. voraus, dass ein erhebliches Sicherheitsinteresse für die Bundesrepublik und die jeweils teilnehmenden Staaten besteht und in den teilnehmenden Staaten die Einhaltung grundlegender rechtsstaatlicher Prinzipien gewährleistet ist. Die gemeinsamen Dateien sind nach § 22b Abs. 3 BVerfSchG als sog. Indexdateien ausgestaltet und ermöglichen dementsprechend die Feststellung, ob zu Personen, Objekten oder Ereignissen bei einem der beteiligten Nachrichtendienste Informationen vorhanden sind. Im Fall eines Treffers kann ein gezielter Datenaustausch außerhalb der gemeinsamen Datei mit demjenigen Nachrichtendienst erfolgen, der die Daten in die gemeinsame Datei eingegeben hat. Die Einrichtung einer gemeinsamen Datei als Volltextdatei kommt nach § 22b Abs. 4 BVerfSchG nur in Betracht, wenn dies zur Wahrung besonderer Sicherheitsinteressen erforderlich ist. In diesem Fall kann die gemeinsame Datei dem Austausch und der gemeinsamen Auswertung von Informationen und Erkenntnissen dienen (analytische Nutzung). Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 3 - 3000 - 163/17 Seite 4 Eine dem § 22b BVerfSchG weitgehend entsprechende Regelung enthält § 22c BVerfSchG für die Teilnahme des Bundesamtes für Verfassungsschutz an gemeinsamen Dateien, die unter der Federführung von ausländischen Nachrichtendiensten geführt werden. Diese Vorschrift ermöglicht z.B. die Teilnahme des Bundesamtes für Verfassungsschutz an einer operativen Plattform der Counter Terrorism Group (CTG) zum islamistischen Terrorismus. Die CTG ist ein Verbund europäischer Nachrichtendienste der EU-Mitgliedstaaten sowie Norwegens und der Schweiz. 2.2. Änderungen des BNDG Ähnliche Regelungen zur Ermöglichung von gemeinsamen Dateien von Bundesnachrichtendienst und ausländischen öffentlichen Stellen wurden mit dem Gesetz zur Ausland-Ausland-Fernmeldeaufklärung des Bundesnachrichtendienstes vom Dezember 2016 geschaffen. Gemäß den §§ 26 ff. BNDG kann der Bundesnachrichtendienst gemeinsame Dateien mit ausländischen öffentlichen Stellen führen oder sich an diesen beteiligen. Hervorzuheben ist, dass die gemeinsamen Dateien im Sinne der §§ 26 ff. BNDG nicht als Indexdateien, sondern als Volltextdateien geführt werden, die sogleich dem Austausch und der gemeinsamen Auswertung von nachrichtendienstlichen Informationen und Erkenntnissen dienen. Eine solche Zusammenarbeit unterliegt daher besonders hohen Anforderungen und setzt u.a. voraus, dass sie von erheblichem außen- und sicherheitspolitischem Interesse für die Bundesrepublik ist und in den teilnehmenden Staaten die Einhaltung grundlegender rechtsstaatlicher Prinzipien gewährleistet wird. Ferner bedarf die Zusammenarbeit der Zustimmung durch das Bundeskanzleramt und sie erfordert die Unterrichtung des Parlamentarischen Kontrollgremiums. Für den Fall, dass der Bundesnachrichtendienst eine gemeinsame Datei als eigene Datei führt, muss es gemäß § 27 Abs. 1 BNDG zudem um die Erkennung und Begegnung von besonderen Gefahren im Sinne des § 5 Abs. 1 S. 3 Artikel 10-Gesetz gehen, z.B. um die Gefahr der Begehung internationaler terroristischer Anschläge. ***