© 2017 Deutscher Bundestag WD 3 - 3000 - 161/17 Änderung der Verwaltungskompetenzen für die Ausführung des Geldwäschegesetzes Sachstand Wissenschaftliche Dienste Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab dem jeweiligen Fachbereich anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 3 - 3000 - 161/17 Seite 2 Änderung der Verwaltungskompetenzen für die Ausführung des Geldwäschegesetzes Aktenzeichen: WD 3 - 3000 - 161/17 Abschluss der Arbeit: 15. August 2017 Fachbereich: WD 3: Verfassung und Verwaltung Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 3 - 3000 - 161/17 Seite 3 1. Rechtslage und Fragestellung Das Geldwäschegesetz (GwG)1 bestimmt in § 50 die zuständigen Aufsichtsbehörden für seinen Vollzug. Die Zuständigkeit richtet sich im Wesentlichen danach, welcher durch das GwG Verpflichtete betroffen ist. So ist z.B. für Kreditinstitute und Finanzdienstleistungsinstitute die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) zuständig, für Rechtsanwälte die örtlich zuständige Rechtsanwaltskammer und für Steuerberater die Steuerberaterkammer. Abschließend begründet die Auffangnorm des § 50 Nr. 9 GwG – soweit keine besondere Regelung besteht – die Zuständigkeit der „jeweils nach Bundes- oder Landesrecht zuständige Stelle“. Diese Auffangzuständigkeit betrifft unterschiedliche Verpflichtete des sogenannten Nichtfinanzsektors, insbesondere Versicherungsvermittler, Rechtsbeistände, die nicht Mitglied einer Rechtsanwaltskammer sind, Dienstleister für Gesellschaften und Treuhandvermögen, Immobilienmakler und Güterhändler . Für sie sind je nach Bundesland unterschiedliche Behörden zuständig.2 Im Zuge einer Änderung des GwG im Jahr 2012 bat der Bundesrat die Bundesregierung, die Zuständigkeit im Nichtfinanzsektor „aus Gründen eines bundeseinheitlichen Vollzugs und einer effektiven Aufsichtswahrnehmung mit dem Ziel einer zentralen Aufgabenwahrnehmung durch den Bund zu überprüfen.“3 Die Bundesregierung lehnte eine Erweiterung der Zuständigkeiten von Bundesbehörden jedoch ab.4 Zu der von den Ländern angestrebten Änderung des GwG kam es nicht. Gefragt wird, ob für die Verlagerung der Behördenzuständigkeit bei der Ausführung des GwG im Nichtfinanzsektor auf den Bund eine Verfassungsänderung erforderlich wäre. 2. Ausführung der Bundesgesetze nach dem Grundgesetz Die Verwaltungskompetenzen sind in Art. 83 ff., 30 Grundgesetz (GG) geregelt. Nach Art. 83 GG führen die Länder die Bundesgesetze als eigene Angelegenheit aus, soweit nicht das Grundgesetz etwas anderes bestimmt oder zulässt. Abweichend von diesem Grundsatz regeln insbesondere die folgenden Artikel, auf welchen Gebieten die Bundesgesetze von den Ländern in Bundesauftragsverwaltung oder vom Bund selbst in bundeseigener Verwaltung ausgeführt werden oder ausgeführt werden können. Die Verwaltungszuständigkeiten sind in den Art. 83 ff. GG abschließend und zwingend geregelt; Bund und Länder dürfen von diesen Bestimmungen – auch einverständlich – nicht abweichen.5 1 Gesetz über das Aufspüren von Gewinnen aus schweren Straftaten vom 23. Juni 2017, BGBl. I S. 1822. 2 Vgl. die Übersicht zur Vorgängerregelung (§ 16 GwG a.F.) bei Herzog/Achtelik, in: Herzog/Achtelik (Hrsg.), Geldwäschegesetz, 2. Aufl. 2014, § 16 Rn. 18. 3 BR-Drs. 459/1/12, S. 6 f.; vgl. auch BR-Drs. 701/1/12, S. 1 ff. 4 BT-Drs. 17/10798, S. 1. 5 Vgl. nur BVerfGE 63, 1, 39; Hermes, in: Dreier (Hrsg.), Grundgesetz, 2. Aufl. 2008, Art. 83 Rn. 36. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 3 - 3000 - 161/17 Seite 4 3. Bundeseigene Verwaltung im Bereich des Geldwäschegesetzes Die hier angestrebte Ausführung des GwG in bundeseigener Verwaltung könnte nach geltendem Verfassungsrecht gemäß Art. 87 Abs. 3 S. 1 GG zulässig sein. Danach „können für Angelegenheiten , für die dem Bunde die Gesetzgebung zusteht, selbständige Bundesoberbehörden und neue bundesunmittelbare Körperschaften und Anstalten des öffentlichen Rechtes durch Bundesgesetz errichtet werden.“ Bei Art. 87 Abs. 3 S. 1 GG handelt es sich um einen Fall fakultativer Bundesverwaltung im Sinne des Art. 83 a.E. GG. „Der Bund kann durch die Errichtung der Bundesoberbehörde , der er bestimmte Aufgaben zuweist, die Verwaltungszuständigkeit an sich ziehen und gleichzeitig insoweit die Verwaltungshoheit der Länder nach Art. 83 GG beenden.“6 Die Vorschrift erlaubt nicht nur die Errichtung einer neuen Bundesoberbehörde, sondern auch die Begründung neuer Zuständigkeiten für eine bereits bestehende Behörde.7 Auf Grundlage dieser Regelung ist unter anderem die BaFin errichtet worden.8 Voraussetzung ist zunächst eine Gesetzgebungskompetenz des Bundes. Die Vorschriften des GwG betreffen vor allem das Recht der Wirtschaft. Insofern besteht eine konkurrierende Gesetzgebungskompetenz des Bundes nach Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 GG. Daneben berührt das GwG die Regelungsmaterien des Strafrechts, für das ebenfalls eine konkurrierende Gesetzgebungskompetenz besteht (Art. 74 Abs. 1 Nr. 1 GG), und der internationalen Verbrechensbekämpfung, für die eine ausschließliche Gesetzgebungskompetenz des Bundes besteht (Art. 73 Abs. 1 Nr. 10 GG).9 Soweit konkurrierende Gesetzgebungskompetenzen betroffen sind, hat der Bund mit dem GwG von diesen Kompetenzen Gebrauch gemacht; auf die Frage, ob dies für die Wahrnehmung von Verwaltungszuständigkeiten nach Art. 87 Abs. 3 S. 1 GG erforderlich ist, kommt es daher nicht an.10 Eine weitere Voraussetzung wird aus dem systematischen Vergleich mit Art. 87 Abs. 3 S. 2 GG hergeleitet: Nach Satz 2 können unter strengeren Anforderungen Bundesbehörden mit eigenem Verwaltungsunterbau geschaffen werden. Für Satz 1 wird daraus das sogenannte Erfordernis organisations - und aufgabenbezogener Zentralität abgeleitet.11 Es bildet die wichtigste Einschränkung des rechtspolitisch umstrittenen Art. 87 Abs. 3 S. 1 GG.12 Zum einen darf keine dezentrale 6 BVerfGE 104, 238, 247. 7 Hermes, in: Dreier (Hrsg.), Grundgesetz, Art. 87 Rn. 77; wohl auch Ibler, in: Maunz/Dürig (Begr.), Grundgesetz- Kommentar, 79. Lfg. 2016, Art. 87 Rn. 248. 8 Hermes, in: Dreier (Hrsg.), Grundgesetz, Art. 87 Rn. 92; Fischer, in: Boos/Fischer/Schulte-Mattler (Hrsg.), KWG, CRR-VO, 5. Aufl. 2016, Einf. KWG Rn. 198. 9 BT-Drs. 17/10745, S. 11 f. 10 Vgl. dazu nur Hermes, in: Dreier (Hrsg.), Grundgesetz, Art. 87 Rn. 82. 11 Hermes, in: Dreier (Hrsg.), Grundgesetz, Art. 87 Rn. 85 ff.; Ibler, in: Maunz/Dürig (Begr.), Grundgesetz-Kommentar , Art. 87 Rn. 245. 12 Kritisch Papier, Die Regionalisierung der gesetzlichen Rentenversicherung aus verfassungsrechtlicher Sicht, NZS 1995, 241, 242: „‘Trojanisches Pferd‘ des Bundes“; Britz, Bundeseigenverwaltung durch selbständige Bundesoberbehörden nach Art. 87 III 1 GG, DVBl. 1998, 1167, passim. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 3 - 3000 - 161/17 Seite 5 Organisationsstruktur geschaffen werden; dieses Verbot darf der Bund auch nicht durch die Einrichtung von „Außenstellen“ umgehen. Zum anderen müssen sich die übertragenen Aufgaben typischerweise für eine zentrale Wahrnehmung eignen.13 Das soll bei Aufgaben der Fall sein, „die ohne intime Kenntnis aller äußeren Umstände, lediglich mit einer generalisierenden, streng gesetzesbezogenen Verwaltungshandlung erledigt werden können.“14 Gegen die zentrale Wahrnehmbarkeit einer Aufgabe spricht die regelmäßige Zusammenarbeit mit Landesbehörden.15 Demnach darf die Verwaltungszuständigkeit für die Ausführung des GwG einfachgesetzlich auf den Bund übertragen werden, soweit die zu übertragenden Aufgaben tatsächlich so beschaffen sind, dass sie durch eine Bundesbehörde zentral wahrgenommen werden können. Soweit diese Voraussetzung nicht erfüllt ist, ist eine Verlagerung der Verwaltungskompetenzen nur durch Änderung des Grundgesetzes zulässig. *** 13 BVerfGE 14, 197, 211. 14 Britz, DVBl. 1998, 1167, 1173. 15 BVewG NVwZ 2005, 1178, 1184; Hermes, in: Dreier (Hrsg.), Grundgesetz, Art. 87 Rn. 87. Ähnliches leitet BVerfGE 14, 197, 211, aus dem Begriff der „selbständigen Bundesoberbehörde“ her.