© 2013 Deutscher Bundestag WD 3 - 3000 - 161/13 Reichweite des parlamentarischen Fragerechts bei der Vergabe öffentlicher Aufträge an öffentliche Unternehmen Ausarbeitung Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitungen und andere Informationsangebote der Wissenschaftlichen Dienste geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Der Deutsche Bundestag behält sich die Rechte der Veröffentlichung und Verbreitung vor. Beides bedarf der Zustimmung der Leitung der Abteilung W, Platz der Republik 1, 11011 Berlin. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 161/13 Seite 2 Reichweite des parlamentarischen Fragerechts bei der Vergabe öffentlicher Aufträge an öffentliche Unternehmen Verfasser/in: Aktenzeichen: WD 3 - 3000 - 161/13 Abschluss der Arbeit: 24.09.2013 Fachbereich: WD 3: Verfassung und Verwaltung Telefon: Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 161/13 Seite 3 1. Hintergrund und Fragestellung Parlamentarische Kontrolle setzt als Funktionselement parlamentarischer Entscheidung stets voraus , dass alle entscheidungsrelevanten Informationen vorliegen.1 Sowohl auf Bundes- als auch auf Landesebene hat das jeweilige Parlament daher grundsätzlich die Möglichkeit, durch Kleine und Große Anfragen, Mündliche und Schriftliche Fragen die näheren Umstände der durch die öffentliche Hand in Auftrag gegebenen Projekte zu erfahren. Jedoch gilt das parlamentarische Informationsrecht nicht schrankenlos. In Fällen, in denen Informations- und Geheimhaltungsinteressen miteinander kollidieren, stellt sich oftmals die Frage, wie weit parlamentarische Kontrolle reicht. Vorliegend wird geprüft, ob dem Bundestag bzw. den Landesparlamenten, hier am Beispiel von Brandenburg, gegenüber der Bundesregierung bzw. der Landesregierung ein Informationsanspruch hinsichtlich des finanziellen Umfangs eines öffentlichen Auftrags zusteht, der an ein öffentliches Unternehmen vergeben werden soll. Dabei soll berücksichtigt werden, ob und in welchem Umfang Geheimhaltungsinteressen einem Informationsanspruch des jeweiligen Parlaments entgegenstehen. Ein solcher Informationsanspruch könnte sich aus dem parlamentarischen Fragerecht ergeben. Hierbei wird zu prüfen sein, ob und inwieweit sich das parlamentarische Budgetrecht auf die Reichweite parlamentarischer Informationsrechte auswirkt. 2. Allgemeines zur Reichweite des parlamentarischen Fragerechts Das parlamentarische Fragerecht ist ein notwendiger Bestandteil des parlamentarischen Regierungssystems .2 Erst durch die Verantwortlichkeit gegenüber dem unmittelbar gewählten Parlament ist die Regierung demokratisch legitimiert. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts 3 (BVerfG) folgt das parlamentarische Fragerecht aus Art. 38 Abs. 1 S. 2 und Art. 20 Abs. 2 S. 2 GG. Die Geschäftsordnung des Deutschen Bundestages (GO-BT)4 gestaltet das Fragerecht näher aus und sieht Kleine und Große Anfragen, Mündliche und Schriftliche Fragen vor. Für den Landtag von Brandenburg folgt das parlamentarische Fragerecht aus Art. 56 Abs. 2 S. 1 LVerfBbg5. Es wird in den §§ 56 ff. der Geschäftsordnung des Brandenburgischen Landtages (GO-LT Bbg )6 konkretisiert. 1 Kirschniok-Schmidt, Das Informationsrecht des Abgeordneten nach der brandenburgischen Landesverfassung, 2010, S. 151. 2 Vgl. hierzu Auskunftspflicht zur Wirtschaftlichkeitsberechnung für „Stuttgart 21“ - Reichweite des parlamentarischen Fragerechts bei privatisierten öffentlichen Unternehmen, Wissenschaftliche Dienste des Deutschen Bundestages, WD 3 – 3000 – 027/11, 2011, S. 6. 3 BVerfGE 13, 123, 125; 57, 1, 5; 70, 324, 355; 80, 188, 217 f.; 105, 297, 306. 4 Geschäftsordnung des Deutschen Bundestages in der Fassung der Bekanntmachung vom 2. Juli 1980 (BGBl. I S. 1237, zuletzt geändert laut Bekanntmachung vom 7. Mai 2012 (BGBl. I S. 1119). 5 Verfassung des Landes Brandenburg in der Fassung vom 20. August 1992 (GVBl. I/92, (Nr. 18), S. 298), zuletzt geändert durch Gesetz vom 19. Dezember 2011 (GVBl. I/11, (Nr. 30)). 6 Geschäftsordnung des Landtages Brandenburg in der Fassung vom 11. Mai 2010 (GVBl. I/10, (Nr. 19)), zuletzt geändert durch Gesetz vom 16. Mai 2013 (GVBl. I/13, (Nr. 20)). Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 161/13 Seite 4 Zwischen Bundes- und Landesebene ergeben sich hinsichtlich Inhalt und Bedeutung des Fragerechts keine grundlegenden Unterschiede, so dass hier überwiegend auf den Umfang des Fragerechts und der damit korrespondierenden Antwortpflicht der Regierung auf Bundesebene eingegangen wird. Reichweite und Grenzen des Fragerechts haben das BVerfG und für die Landesebene die jeweiligen Landesverfassungsgerichte in diversen Entscheidungen konkretisiert. Die Bundesregierung ist von Verfassungs wegen grundsätzlich verpflichtet, Fragen der Abgeordneten zu beantworten.7 Diese Pflicht erstreckt sich auf alle Informationen, die der Bundesregierung vorliegen bzw. die sie mit vertretbarem Aufwand beschaffen kann.8 Hierzu zählen beispielsweise statistische Angaben, Gutachten sowie eigene Erkenntnisse der Regierung über ihre Behörden. Die Antwortpflicht der Regierung umfasst alle Informationen, die das Parlament für eine wirksame Kontrolle und sachverständige Beurteilung des Regierungshandelns benötigt.9 Das Fragerecht dient insoweit dazu, die strukturelle Informationsasymmetrie zwischen Regierung und Parlament im Einzelfall zu verkleinern. Inhaltlich erstreckt sich das Fragerecht auf alle Angelegenheiten, die in den Verantwortungsbereich der Bundesregierung oder der jeweiligen Landesregierung fallen.10 Erfasst werden alle Aufgabenbereiche , für die die Regierung unmittelbar oder mittelbar einzustehen hat, die also von ihr selbst wahrgenommen werden oder sonst zu verantworten sind.11 2.1. Reichweite des Fragerechts im Bereich des parlamentarischen Budgetrechts Das Budgetrecht des Bundestages manifestiert sich in Art. 110 GG. Eine landesverfassungsrechtliche Regelung besteht mit Art. 101 LVerfBbg. Das Parlament trifft mit der Entscheidung über den Haushaltsplan, der ein Wirtschaftsplan und zugleich ein staatsleitender Hoheitsakt in Gesetzesform ist, eine wirtschaftliche Grundsatzentscheidung für zentrale Bereiche der Politik während des Planungszeitraumes.12 Der Haushaltsplan ermöglicht die politische Kontrolle der Mittelbewirtschaftung durch die Exekutive im Hinblick auf ihre Plan- und damit Gesetzes- und Verfassungsmäßigkeit sowie die finanzwirtschaftliche Überwachung des Vollzugs des Haushalts auf budgetäre Richtigkeit, Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit.13 Aus dem Budgetrecht des Parlaments ergibt sich sein herausragendes und verfassungsrechtlich begründetes Interesse, über Ausgaben der Exekutive unterrichtet zu werden. Insofern begründet es 7 BVerfGE 13, 123, 125; 67, 100, 129; 105, 297, 306. 8 BVerfGE 105, 279, 306. 9 BVerfGE 70, 324, 355. 10 Lennartz/Kiefer, Parlamentarische Anfragen im Spannungsfeld von Regierungskontrolle und Geheimhaltungsinteressen , DÖV 2006, 185, 187. 11 Vgl. § 105 GO-BT i.V.m. Anlage 4 GO-BT Nr. 2 Abs. 1; BVerfGE 13, 123, 125; 57, 1, 5; 67, 100, 129; vgl. auch Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Wahlprüfung, Immunität und Geschäftsordnung, BT-Drs. 13/6149. 12 BVerfGE 45, 1, 31 f. 13 BVerfGE 70, 324, 356; Hillgruber in v. Mangoldt/Klein/Starck, Kommentar zum Grundgesetz, Band 3, 6. Auflage 2010, Art. 110, Rn. 3. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 161/13 Seite 5 einen Anspruch sowohl des Parlaments als auch des einzelnen Abgeordneten darauf, die für eine sachverständige Beurteilung des Haushaltsplanes erforderlichen Informationen zu erhalten.14 Über das Verfahren der Haushaltsbewilligung hinaus dient das Fragerecht auch dem Zweck, die anschließende Mittelverwendung durch die Exekutive zu überwachen. Dies gilt vor allem dann, wenn das Ziel parlamentarischer Kontrolle nicht unmittelbar das jeweilige Unternehmen, sondern vielmehr die für die Gewährung von Mitteln verantwortliche Exekutive ist.15 Das Budgetrecht unterstützt in Fällen, die den Investitionsaufwand eines öffentlichen Projekts betreffen, den Anspruch des Parlaments auf Beantwortung seiner Anfrage. 2.2. Reichweite des Fragerechts bei öffentlich-rechtlich organisierten Unternehmen Wie das BVerfG in seiner Entscheidung zur Unvereinbarkeit von Abgeordnetenmandat und Tätigkeit in einem von der öffentlichen Hand beherrschten Unternehmen festgestellt hat, unterliegt auch das wirtschaftliche Engagement der öffentlichen Hand der parlamentarischen Kontrolle. Die Regierung hat sich auch insoweit der Überprüfung der Wirtschaftlichkeit und Ordnungsgemäßheit der Haushalts- und Wirtschaftsführung zu unterziehen.16 Auch für Unternehmen des Bundes bzw. der Länder gilt danach im Grundsatz, dass diese der parlamentarischen Kontrolle unterfallen . Diese Kontrolle erlischt, wenn ein Unternehmen von der Bundesregierung in vollem Umfang rechtlich, personell und finanziell unabhängig wird.17 2.3. Reichweite des Fragerechts bei (teil-)privatisierten Unternehmen Private können grundsätzlich nicht Gegenstand parlamentarischer Kontrolle werden. Ausnahmen von diesem Grundsatz ergeben sich aber dann, wenn ein Bezug zur Verantwortlichkeit der Regierung besteht. Dies ist vor allem dann der Fall, wenn sich eine besondere rechtliche Bindung aus der wirtschaftlichen Kontrolle Privater durch Bundes- oder Landesbehörden ergibt.18 Die Verlagerung öffentlicher Verwaltungstätigkeit auf private Organisationen darf nicht zu einer Aushöhlung verfassungsrechtlicher Verwaltungsstrukturen führen.19 Somit besteht überall da eine Verantwortlichkeit der Exekutive, wo sie für das Handeln privater Rechtsträger tatsächlich verantwortlich ist und Einflussmöglichkeiten besitzt.20 Auch wenn Unternehmen nicht unter beherrschendem Einfluss der öffentlichen Verwaltung stehen, ihnen aber staatliche Mittel zugewendet wer- 14 BVerfGE 70, 324, 355. 15 Vgl. für den Fall der Subventionsgewährung Bayerischer Verfassungsgerichtshof, Entscheidung vom 26. Juli 2006 - Az. 11-IVa-05 -, Rn. 492, juris. 16 BVerfGE 98, 145, 160 f. 17 Magiera, Parlamentarische Kontrolle (teil-)privatisierter Unternehmen, unveröffentlichtes Gutachten, 2003, S. 13. 18 BayVerfGH, Entscheidung vom 26. Juli 2007, NVwZ 2007, 204, 206; Glauben/Edinger, Parlamentarisches Fragrecht in den Landesparlamenten, DÖV 1995, 941, 944; ausführlich zur parlamentarischen Kontrolle von Privaten Lennartz /Kiefer (Fn. 10), S. 188. 19 Kirschniok-Schmidt (Fn.1) S. 122. 20 BayVerfGH, Entscheidung vom 26. Juli 2007, NVwZ 2007, 204, 206. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 161/13 Seite 6 den, unterliegt deren Verwendung und wirtschaftliche Verwaltung der Prüfung durch den Bundesrechnungshof , § 91 Abs. 1 S. 1 Nr. 3, Abs. 2 BHO21. 3. Grenzen des parlamentarischen Informationsrechts 3.1. Bundesebene Der Bundesgesetzgeber hat es bislang unterlassen, Regelungen zur Begrenzung parlamentarischer Informationsansprüche festzuschreiben. Daher hat das BVerfG Fallgruppen entwickelt, die die Beantwortungspflicht einschränken. Diese orientieren sich vor allem daran, ob durch eine erschöpfende Beantwortung parlamentarischer Anfragen berechtigte Geheimhaltungsinteressen, Grundrechte anderer oder der Kernbereich exekutiver Eigenverantwortung der Bundesregierung verletzt werden würden.22 Das sich in diesem Zusammenhang ergebende Spannungsverhältnis zwischen verfassungsrechtlichem Auskunftsrecht des Parlaments und den ihm entgegenstehenden insbesondere grundrechtlich verankerten privaten und staatlichen Positionen, ist durch eine einzelfallbezogene Abwägung, d.h. durch eine Verhältnismäßigkeitsprüfung, aufzulösen.23 Vor allem dann, wenn durch die Offenlegung Geheimhaltungs- oder Persönlichkeitsinteressen Einzelner betroffen sind, ist im Rahmen der Abwägung zu prüfen, ob als milderes Mittel die Möglichkeit besteht, sensible Daten durch Geheimnisschutzmaßnahmen vor einer öffentlichen Preisgabe zu bewahren. In Betracht kommt in solchen Fällen die Weitergabe anonymisierter Daten.24 Die Auskünfte können in verschiedenen Zusammenhängen verlangt und erteilt werden. So ist bei Anfragen innerhalb der Ausschüsse zu berücksichtigen, dass diese gemäß § 69 Abs. 1 S. 1 GO-BT grundsätzlich in nichtöffentlichen Sitzungen tagen, so dass der Kreis derjenigen, die von Geschäftsgeheimnissen erfahren, begrenzt ist. Auch bei Antworten auf Kleine Anfragen oder Fragen der Abgeordneten besteht für die Bundesregierung die Möglichkeit, Antworten unter Verweis auf Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisse in der Geheimschutzstelle des Bundestages zu hinterlegen. Auf die Geheimschutzordnung des Deutschen Bundestages als Anlage 3 zur GO-BT wird verwiesen . Daraus folgt: Wenn Staats-, Privat- oder Geschäftsgeheimnisse einer öffentlichen Antwort entgegenstehen , bleibt die Regierung insoweit zur Antwort verpflichtet, als es möglich ist, dass Parlament und Regierung die notwendigen Vorkehrungen für den Geheimnisschutz treffen können.25 3.2. Landesebene Auf Landesebene wird das parlamentarische Fragerecht durch Art. 56 Abs. 4 LVerfBbg begrenzt. Demnach darf die Erteilung einer Auskunft nur abgelehnt werden, wenn überwiegende öffentliche oder private Interessen an der Geheimhaltung dies zwingend erfordern. Das Wort „zwin- 21 Bundeshaushaltsordnung in der Fassung vom 19. August 1969 (BGBl. I S. 1284), zuletzt geändert durch Artikel 2 des Gesetzes vom 15. Juli 2013 (BGBl. I S. 2395). 22 Lennartz/Kiefer (Fn. 10), S. 186. 23 Vgl. hierzu , Parlamentarisches Auskunftsrecht und Datenschutz, Wissenschaftliche Dienste des Deutschen Bundestages, WF III 076/06, 2006, S. 3. 24 (Fn. 23), S. 10. 25 Glauben/Edinger (Fn. 18), S. 945. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 161/13 Seite 7 gend“ bringt hierbei zum Ausdruck, dass die Ablehnung der Information einer strengen Verhältnismäßigkeitsprüfung zu unterziehen ist.26 Ein öffentliches Interesse kann sich auch hier aus dem „Wesen der Exekutivverantwortung“ ergeben.27 Ferner können gesetzliche Geheimhaltungsvorschriften im Sinne eines „öffentlichen Interesses“ einer Auskunftserteilung entgegenstehen.28 Grundrechte anderer, also „überwiegend private Interessen“, umfassen im Wesentlichen private Geheimhaltungsinteressen.29 Die Geschäftsordnungen der Länderparlamente sehen, jedenfalls teilweise, Regelungen vor, die dem Geheimnisschutz dienen.30 Für das Land Brandenburg gilt gemäß § 80 Abs. 1 S. 1 GO-LT Bbg im Grundsatz, dass Ausschusssitzungen der Öffentlichkeit zugänglich sind. Die Öffentlichkeit kann aber für einzelne Sitzungen, Verhandlungsgegenstände oder Beratungen ausgeschlossen werden, § 80 Abs. 1 S. 2 GO-LT Bbg. Sollten überwiegende Belange des öffentlichen Wohls und der öffentlichen Sicherheit oder schutzwürdige Interessen Einzelner dies erfordern, ist die Öffentlichkeit von den Sitzungen auszuschließen, § 80 Abs. 2 GO-LT Bbg. Ferner können die Ausschüsse für die Gesamtheit oder für Teile ihrer Verhandlungen die Vertraulichkeit beschließen , § 80 Abs. 5 GO-LT Bbg. Weitergehende Regelungen zur Einschränkung öffentlicher Sitzungen oder zur Anonymisierung von Daten, unabhängig von Regelungen, die personenbezogene Daten betreffen, enthält die Geschäftsordnung des Brandenburgischen Landtages nicht. Jedoch gilt auch hier im Rahmen der bei einer beabsichtigten Ablehnung nach § 56 GO-LT Bbg vorzunehmenden Verhältnismäßigkeitsprüfung, dass kein milderes Mittel, welches gleichermaßen dazu geeignet ist, Geheimhaltungsinteressen zu entsprechen, zur Verfügung stehen darf. Ob eine Anonymisierung von Informationen taugliches Mittel zur Beantwortung parlamentarischer Anfragen ist, muss somit zwangsläufig im Rahmen der Abwägung geprüft werden. 4. Begrenzung der Beantwortungspflicht durch Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse bei der Beauftragung öffentlicher Unternehmen Grenzen des parlamentarischen Informationsanspruchs ergeben sich aus dem Verfassungsrecht. So unterliegen Angaben zu Unternehmen und über Unternehmensdaten Einschränkungen. Von Bedeutung ist insoweit vor allem der von Art. 12 Abs. 1 und 14 Abs. 1 GG gewährleistete Schutz von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen. Er verbietet die unbefugte Weitergabe von Unternehmensdaten , die nicht offenkundig sind und an deren Nichtverbreitung der Rechtsträger ein berechtigtes Interesse hat.31 Zieht man die wettbewerbsrechtliche Begriffsbestimmung und die allgemeine Regelung des § 17 UWG heran, zählen zu den Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen alle Tatsachen, die im Zusammenhang mit einem wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb stehen, nur ei- 26 Kirschniok-Schmidt (Fn. 1), S. 349. 27 VerfG Bbg, LVerfGE Suppl. Bbg. zu Bd. 11, 183, 191 f. 28 Vgl. hierzu Kirschniok-Schmidt (Fn. 1), S. 341 f. 29 Kirschniok-Schmidt (Fn. 1), S. 349. 30 Vgl. hierbei zu Rheinland-Pfalz auch Gauben/Edinger (Fn. 18), S. 945; für Rheinland-Pfalz § 100 der Geschäftsordnung des Landestags Rheinland Pfalz in der Fassung vom 13. Januar 2012. 31 Bonk/Kallerhoff in Stelkens/Bonk/Sachs, Verwaltungsverfahrensgesetz, 7. Auflage 2008, § 30 Rn. 9. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 161/13 Seite 8 nem begrenzten Personenkreis bekannt sind und nach dem Willen des Geschäftsinhabers geheim gehalten werden sollen.32 Die Tatsache einer Beauftragung stellt kein Betriebs- und Geschäftsgeheimnis dar. Auch bei der Auflistung von Auftragssummen ist ebenfalls nicht ohne weiteres von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen auszugehen, da ein Unternehmen damit rechnen muss, dass die Auftragserteilung durch die öffentliche Hand Gegenstand parlamentarischer Kontrolle wird.33 Beispielhaft hierfür ist das Verfahren bei der Vergabe von Bauleistungen nach der VOB/A34. Gemäß § 14 Abs. 1 VOB/A ist für die Öffnung und Verlesung (Eröffnung) der Angebote ein Eröffnungstermin abzuhalten , in dem die Bieter und ihre Bevollmächtigten zugegen sein dürfen. Insofern unterliegen die Informationen über die Auftragssumme bei der Vergabe von Bauleistungen, angesichts der möglichen Anwesenheit mehrerer Bieter, keinem höheren Geheimhaltungsgrad.35 Auf Landesebene gilt: Gemäß Art. 56 Abs. 4 LVerfBbg darf das Informationsbegehren eines Abgeordneten dann abgelehnt werden, wenn dem überwiegende öffentliche oder private Interessen der Geheimhaltung entgegenstehen und diese eine Ablehnung „zwingend“ erfordern. Hierbei ist die Beurteilung, ob ein Eingriff in die Entscheidungsautonomie und somit die Funktionsfähigkeit der Verwaltung vorliegt, von einer Einzelfallbetrachtung abhängig.36 Hinsichtlich eines Auskunftsbegehrens über die Höhe eines öffentlich-rechtlichen Auftrags, der an ein öffentliches Unternehmen vergeben werden soll, sind jedenfalls keine Interessen offensichtlich, die eine Ablehnung des Informationsbegehrens rechtfertigen würden. Eine Informationsverweigerung lässt sich auch nicht durch die Anwendung des Bundes- bzw. des Landesdatenschutzgesetzes von Brandenburg rechtfertigen. Beide Gesetze knüpfen an den Begriff der personenbezogenen Daten an, der nur auf natürliche Personen Anwendung findet, § 3 Abs. 1 BDSG37, § 3 Abs. 1 BbgDSG38. Unternehmen und öffentlich-rechtliche Körperschaften sind somit nicht vom Anwendungsbereich der Datenschutzgesetze erfasst. In Betracht kommen ferner spezialgesetzliche Vorschriften, die der Geheimhaltung behördeninterner Vorgänge dienen. Hierbei handelt es sich im Wesentlichen um Vorschriften, mit denen personenbezogene Daten oder Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse geschützt werden sollen. Wie bereits dargestellt, unterliegt die aufgeworfene Fragstellung weder einem Betrieb- oder Geschäftsgeheimnis , noch lässt sich an den Begriff personenbezogener Daten anknüpfen. 32 Lennartz/Kiefer (Fn. 10), S. 190. 33 Lennartz/Kiefer (Fn. 10), S. 190. 34 Vergabe- und Verteilungsordnung für Bauleistungen Teil A: Allgemeine Bestimmungen für die Vergabe von Bauleistungen , in der Fassung der Bekanntmachung vom 24. Oktober 2011 (BAnz. Nr. 182a vom 2. Dezember 2011; BAnz AT 07.05.2012 B1)), berichtigt durch Bekanntmachung vom 24. April 2012 (BAnz AT 07.05.2012 B1) und geändert durch Bekanntmachung vom 26. Juni 2012 (BAnz AT 13.07.2012 B3). 35 Lennartz/Kiefer (Fn. 10), S. 191. 36 Kirschniok-Schmidt (Fn. 1), S. 349. 37 Bundesdatenschutzgesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 14. Januar 2003 (BGBl. I S. 66), zuletzt geändert durch Artikel 1 des Gesetzes vom 14. August 2009 (BGBl. I S. 2814). 38 Brandenburgisches Datenschutzgesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 15. Mai 2008 (GVBl. I/08 (Nr. 07), S. 114), zuletzt geändert durch Artikel 1 des Gesetzes vom 25. Mai 2010 (GVBl. I/10, (Nr. 21)). Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 161/13 Seite 9 5. Ergebnis Den Parlamenten steht ein berechtigtes Informationsinteresse zum Investitionsumfang eines durch die Bundes- oder Landesverwaltung vergebenen Projekts zu. Mit dem Informationsinteresse korrespondiert eine entsprechende Verpflichtung der jeweiligen Regierung zur Auskunftserteilung . Dieser durch das parlamentarische Budgetrecht flankierte Informationsanspruch besteht unabhängig davon, in welcher Rechtsform das beauftragte Unternehmen agiert, solange es unter maßgeblicher staatlicher Kontrolle steht. Informationen zum Projektvolumen stellen in einem solchen Fall weder Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisse dar, noch sind sie aus anderen Gründen vertraulich zu behandeln.