© 2019 Deutscher Bundestag WD 3 - 3000 - 160/19 Ausschluss und Ablehnung von Richtern des Bundesverfassungsgerichts Sachstand Wissenschaftliche Dienste Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab dem jeweiligen Fachbereich anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 3 - 3000 - 160/19 Seite 2 Ausschluss und Ablehnung von Richtern des Bundesverfassungsgerichts Aktenzeichen: WD 3 - 3000 - 160/19 Abschluss der Arbeit: 24. Juni 2019 Fachbereich: WD 3: Verfassung und Verwaltung Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 3 - 3000 - 160/19 Seite 3 1. Fragestellung Es stellt sich die Frage nach der Regelung von Ausschluss und Ablehnung von Richtern des Bundesverfassungsgerichts . Ferner stellt sich die Frage, in wie vielen Fällen es in den letzten 20 Jahren zu einem Ausschluss oder einer Ablehnung kam. 2. Rechtslage Die §§ 18 und 19 Bundesverfassungsgerichtsgesetz (BVerfGG) regeln den Ausschluss und die Ablehnung. Eine Zusammenfassung der Anwendung beider Normen findet sich z. B. bei Schlaich/ Korioth, Das Bundesverfassungsgericht, 11. Auflage 2018, 3. Teil, Grundsätze des Verfahrens des Bundesverfassungsgerichts, Rn. 72-74a. - Anlage § 18 BVerfGG lautet: (1) Ein Richter des Bundesverfassungsgerichts ist von der Ausübung seines Richteramtes ausgeschlossen , wenn er 1. an der Sache beteiligt oder mit einem Beteiligten verheiratet ist oder war, eine Lebenspartnerschaft führt oder führte, in gerader Linie verwandt oder verschwägert oder in der Seitenlinie bis zum dritten Grade verwandt oder bis zum zweiten Grade verschwägert ist oder 2. in derselben Sache bereits von Amts oder Berufs wegen tätig gewesen ist. (2) Beteiligt ist nicht, wer auf Grund seines Familienstandes, seines Berufs, seiner Abstammung, seiner Zugehörigkeit zu einer politischen Partei oder aus einem ähnlich allgemeinen Gesichtspunkt am Ausgang des Verfahrens interessiert ist. (3) Als Tätigkeit im Sinne des Absatzes 1 Nr. 2 gilt nicht 1. die Mitwirkung im Gesetzgebungsverfahren, 2. die Äußerung einer wissenschaftlichen Meinung zu einer Rechtsfrage, die für das Verfahren bedeutsam sein kann. § 19 BVerfGG lautet: „(1) Wird ein Richter des Bundesverfassungsgerichts wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt , so entscheidet das Gericht unter Ausschluß des Abgelehnten; bei Stimmengleichheit gibt die Stimme des Vorsitzenden den Ausschlag. (2) Die Ablehnung ist zu begründen. Der Abgelehnte hat sich dazu zu äußern. Die Ablehnung ist unbeachtlich, wenn sie nicht spätestens zu Beginn der mündlichen Verhandlung erklärt wird. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 3 - 3000 - 160/19 Seite 4 (3) Erklärt sich ein Richter, der nicht abgelehnt ist, selbst für befangen, so gilt Absatz 1 entsprechend . (4) Hat das Bundesverfassungsgericht die Ablehnung oder Selbstablehnung eines Richters für begründet erklärt, wird durch Los ein Richter des anderen Senats als Vertreter bestimmt. Die Vorsitzenden der Senate können nicht als Vertreter bestimmt werden. Das Nähere regelt die Geschäftsordnung.“ 3. Statistik Seit Bestehen des BVerfG gibt es etwa 164 publizierte Entscheidungen zu § 18 und § 19 BVerfGG.1 Hiervon haben in den vergangenen 20 Jahren (seit 1. Januar 1998) soweit ersichtlich 15 Entscheidungen den Ausschluss oder die Ablehnung des betreffenden Richters als begründet angesehen. Dies sind die folgenden Entscheidungen: 1 Abfrage juris-Datenbank mit den Suchkriterien „§ 18 BVerfGG ODER § 19 BVerfGG“; Bereinigung der 166 Treffer um minus zwei Verfahren, die nach kursorischer Durchsicht nicht den Suchkriterien entsprechen. Bei zumindest einigen verbundenen Verfahren sind die Entscheidungen zu den verschiedenen Aktenzeichen gesondert erfasst. Bei Herausrechnen dieser „Doppelungen“ dürfte die Gesamtzahl in etwa 10-20 Verfahren unter 164 liegen. Datum Aktenzeichen BVerfGG Stichwort 26.06.2018 2 BvR 1261/16 § 19 Abs. 3 Vorbefassung im Gesetzgebungsverfahren 22.09.2015 2 BvE 1/11 § 18 Abs. 1 Nr. 2 Vorbefassung im Gesetzgebungsverfahren 17.06.2004 2 BvR 383/03 § 19 Abs. 3 Auswirkung des Verfahrens auf von einem Richter gegründete Kanzlei 02.06.2004 1 BvR 782/94, 1 BvR 80/95, 1 BvR 957/96 § 18 Abs. 1 Nr. 2 Tätigkeit als Richter in derselben Sache 19.01.2004 2 BvF 1/98 § 19 Abs. 3 Frühere Tätigkeit als Prozessbevollmächtigter an einem Verfahren mit teilweise übereinstimmendem Streitgegenstand 17.09.2003 1 BvL 3/98, 1 BvL 9/02, 1 BvL 2/03 § 19 Abs. 3 Wissenschaftliche Äußerungen zu einer für das Verfahren relevanten Rechtsfrage 18.06.2003 2 BvR 383/03 § 19 Abs. 3 Auswirkung des Verfahrens auf von einem Richter gegründete Kanzlei 26.02.2003 1 BvR 426/02 (Fortführung 1 BvR 1762/95) § 18 Abs. 1 Nr. 2 Frühere Tätigkeit als Prozessbevollmächtigter in derselben Sache Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 3 - 3000 - 160/19 Seite 5 *** 25.10.2001 2 BvE 1/97 § 18 Abs. 1 Nr. 2 Tätigkeit als Richter in derselben Sache 02.10.2001 2 BvE 2/97 § 18 Abs. 1 Nr. 2 Tätigkeit als Richter in derselben Sache 23.05.2000 1 BvR 1762/95, 1 BvR 1787/95 § 18 Abs. 1 Nr. 2 Frühere Tätigkeit als Prozessbevollmächtigter in derselben Sache 10.05.2000 1 BvR 539/96 § 19 Abs. 3 Im Auftrag eines Verfahrensbeteiligten erstattetes früheres Rechtsgutachten 24.02.2000 2 BvR 2352/99 § 19 Abs. 3 Früher getätigte politische Äußerungen zu verfahrensrelevanten Fragen 11.01.2000 2 BvQ 60/99 § 19 Abs. 3 Früher getätigte politische Äußerungen zu verfahrensrelevanten Fragen 26.05.1998 1 BvL 11/94 § 19 Abs. 3 Wissenschaftliche Äußerungen zu einer für das Verfahren relevanten Rechtsfrage