Deutscher Bundestag Integrationserfolge von Migranten in Deutschland Ausarbeitung Wissenschaftliche Dienste WD 3 – 3000 – 159/12 Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 – 3000 – 159/12 Seite 2 Integrationserfolge von Migranten in Deutschland Verfasser/in: Aktenzeichen: WD 3 – 3000 – 159/12 Abschluss der Arbeit: 13. Juli 2012 Fachbereich: WD 3: Verfassung und Verwaltung Telefon: Ausarbeitungen und andere Informationsangebote der Wissenschaftlichen Dienste geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Der Deutsche Bundestag behält sich die Rechte der Veröffentlichung und Verbreitung vor. Beides bedarf der Zustimmung der Leitung der Abteilung W, Platz der Republik 1, 11011 Berlin. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 – 3000 – 159/12 Seite 3 Inhaltsverzeichnis 1. Einleitung 5 2. Indikatoren zur Messung des Integrationserfolgs 6 2.1. Zweiter Integrationsindikatorenbericht der Bundesregierung, veröffentlicht am 24. Januar 2012 6 2.1.1. Rechtsstatus 7 2.1.2. Frühkindliche Bildung und Sprachförderung 8 2.1.3. Bildung 8 2.1.4. Ausbildung 8 2.1.5. Arbeitsmarktintegration 9 2.1.6. Soziale Integration und Einkommen 10 2.1.7. Gesellschaftliche Integration und Beteiligung 11 2.1.8. Wohnen 11 2.1.9. Gesundheit 11 2.1.10. Interkulturelle Öffnung von Schulen, Verwaltung, Gesundheitsdiensten, Wirtschaft, Politik und Medien 12 2.1.11. Kriminalität, Gewalt, Fremdenfeindlichkeit 13 2.2. Index zur Messung von Integration (IMI) vom Berlin-Institut für Bevölkerung und Entwicklung, Januar 2009 13 2.2.1. Bereich Assimilation 14 2.2.2. Bereich Bildung 15 2.2.3. Bereich Erwerbsleben 15 2.2.4. Bereich Absicherung 16 2.2.5. Dynamische Indikatoren 17 2.3. Studie zur Lebenssituation türkischstämmiger Einwanderer in Deutschland vom Zentrum für Türkeistudien, Mehrthemenbefragung in Nordrhein-Westfalen und im Bundesgebiet 2008 17 2.3.1. Soziodemographische Merkmale 18 2.3.2. Kognitive Integration 18 2.3.3. Strukturelle Integration 18 2.3.4. Identifikative Integration 19 2.3.5. Gesellschaftliche Integration 19 2.3.6. Entstehung von Parallelgesellschaften 19 3. Ergebnisse der Indizes 20 3.1. Zweiter Integrationsindikatorenbericht der Bundesregierung, veröffentlicht am 24. Januar 2012 20 3.1.1. Rechtsstatus 20 Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 – 3000 – 159/12 Seite 4 3.1.2. Frühkindliche Bildung und Sprachförderung 21 3.1.3. Bildung 21 3.1.4. Ausbildung 21 3.1.5. Arbeitsmarktintegration 22 3.1.6. Soziale Integration und Einkommen 22 3.1.7. Gesellschaftliche Integration und Beteiligung 22 3.1.8. Wohnen 23 3.1.9. Gesundheit 23 3.1.10. Interkulturelle Öffnung von Schulen, Verwaltung, Gesundheitsdiensten, Wirtschaft, Politik und Medien 23 3.1.11. Kriminalität, Gewalt, Fremdenfeindlichkeit 24 3.2. Index zur Messung von Integration (IMI) vom Berlin-Institut für Bevölkerung und Entwicklung, Januar 2009 24 3.2.1. Herkunftsgruppe: Aussiedler 24 3.2.2. Herkunftsgruppe: Türkei 25 3.2.3. Herkunftsgruppe: weitere Länder der EU-25 26 3.2.4. Herkunftsgruppe: Südeuropa 27 3.2.5. Herkunftsgruppe: ehemaliges Jugoslawien 28 3.2.6. Herkunftsgruppe: Ferner Osten 29 3.2.7. Herkunftsland: Naher Osten 30 3.2.8. Herkunftsgruppe: Afrika 31 3.2.9. Zusammenfassung 32 3.3. Studie zur Lebenssituation türkischstämmiger Einwanderer in Deutschland vom Zentrum für Türkeistudien, Mehrthemenbefragung in Nordrhein-Westfalen und im Bundesgebiet 2008 32 3.3.1. Soziodemographische Merkmale 32 3.3.2. Kognitive Integration 34 3.3.3. Strukturelle Integration 35 3.3.4. Identifikative Integration 36 3.3.5. Gesellschaftliche Integration 38 4. Zusammenfassung 38 Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 – 3000 – 159/12 Seite 5 1. Einleitung Integration ist ein hoch politisches Thema, wobei es in der Öffentlichkeit insbesondere immer wieder zu einer Infragestellung der Integrationsbereitschaft verschiedener Zuwanderungsgruppen kommt. Dabei ist es meist die Gruppe der türkisch- und arabischstämmigen Migranten, die derartige Pauschalisierungen trifft1. Ziel der Wissenschaft ist es deshalb, die Integrationsbereitschaft und den Integrationserfolg verschiedener Zuwanderungsgruppen auf empirische Daten zu stützen und dadurch den unterschiedlichen Erfolg der Zuwanderergruppen zu erklären2. Ein politischnormatives Konzept soll in ein wissenschaftlich- analytisches Konzept umgewandelt werden3. In Deutschland leben derzeit circa 16 Millionen Menschen mit Migrationshintergrund, wobei verschiedene Gruppen identifiziert werden müssen. Bei den Personen mit Migrationshintergrund muss unterschieden werden zwischen Personen der ersten Generation und der zweiten Generation. Personen der ersten Generation besitzen eine ausländische Staatsangehörigkeit oder wurden im Ausland geboren und sind nach 1949 zugewandert. Sie verfügen somit über eine eigene Migrationserfahrung . Personen der zweiten Generation sind Personen, die in Deutschland geboren worden sind, eingebürgert wurden oder eine ausländische Staatsangehörigkeit besitzen und bei den zumindest ein Elternteil zugewandert ist. Unterschieden werden muss von der soziologischen Kategorisierung die rechtliche Kategorisierung, die zwischen Deutschen (Personen mit deutscher Staatsangehörigkeit) und Ausländern (Personen mit ausländischer Staatsangehörigkeit) unterscheidet . Offizielle Statistiken unterscheiden entweder nach den soziologischen Kriterien oder den rechtlichen Kriterien, wobei zunehmend eine Orientierung an den soziologischen Kriterien zur besseren Datenerfassung zu bemerken ist.4 Die bietet nicht zuletzt den Vorteil, dass sich Integrationsprozesse auch nach erfolgter Einbürgerung besser nachvollziehen lassen. Die Begriffe Integration und Integrationserfolg sind sowohl in der öffentlichen Diskussion als auch in der wissenschaftlichen Diskussion umstritten, eine gemeinsame Definition ist nicht zu erkennen.5 Von seiner Bedeutung her meint der Begriff der Integration das Zusammenfügen von Teilen zu einer umfassenden Einheit.6 Um den Begriff der Integration zu fassen, werden häufig vier Begriffe gegenübergestellt: Integration, Assimilation, Separation und Marginalisierung. Integration meint dabei die Orientierung an der Kultur des Aufnahmelands, wobei aber die alten Traditionen beibehalten werden. Assimilation meint ebenfalls die Orientierung am Aufnahme- 1 Akmanoglu, Hatice, Die integrationsunwilligen Türken? Die Türken in Deutschland im historischen oder kulturellen Kontext, RWTH Aachen, Institut für Soziologie, Schwerpunkt Gender Studies, Aachen 2011, Seite 27. 2 Unterrichtung durch die Beauftragte der Bundesregierung für Migration, Flüchtlinge und Integration - Zweiter Integrationsindikatorenbericht, BT-Drs. 17/8540, Seite 9. 3 Stiftung Zentrum für Türkeistudien (Hrsg.)/Sauer, Martina/Halm, Dirk, Erfolge und Defizite der Integration türkischstämmiger Migranten, Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften, 2009, Seite 17. 4 Zweiter Integrationsindikatorenbericht (Fn. 2), Seite 22. 5 Luft, Stefan, Wie funktioniert Integration? Mechanismen und Prozesse, München: Hanns-Seidel-Stiftung e.V., 2009, Seite 5. 6 Akmanoglu, Hatice (Fn. 1), Seite 7. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 – 3000 – 159/12 Seite 6 land, beinhaltet aber zeitgleich die fehlende Beibehaltung der Tradition des Herkunftslandes. Separation meint die Abgrenzung vom Aufnahmeland und die Hinwendung zur eigenen Ethnie oder Ethnie der Eltern. Marginalisierung meint sowohl die Abgrenzung vom Aufnahmeland als auch vom Herkunftsland. Da aber auch diese Einordnung umstritten ist, muss der Begriff der Integration jedes Mal definiert werden, um Missverständnisse zu vermeiden. Dasselbe gilt für den Begriff des Integrationserfolges.7 Die Ausarbeitung stellt exemplarisch drei Indizes vor, an denen Integrationserfolg festgemacht werden kann. Zunächst werden in Punkt 2 die jeweils verwendeten Indikatoren erläutert. Die Auswertung der Indizes erfolgt in Punkt 3. Schließlich folgt in Punkt 4 eine kurze Zusammenfassung unter Berücksichtigung der zugrundeliegenden Fragestellung. 2. Indikatoren zur Messung des Integrationserfolgs Mithilfe von Indizes, die verschiedene Indikatoren enthalten, sollen objektive und datenbasierte Einblicke in die Lebenssituationen von Personen mit eigener Migrationserfahrung und Personen mit Migrationshintergrund möglich gemacht werden. Die Indikatoren stellen somit wichtige Instrumente des Qualitätsmanagements dar.8 Jeder der im Folgenden exemplarisch vorgestellten Indizes beinhaltet unterschiedliche Indikatoren und gewichtet diese anders, ein gemeinsamer Grundbestand an Indikatoren ist aber festzustellen. Anhand des Zweiten Integrationsindikatorenberichts der Bundesregierung (2012) wird ein allgemeiner Blick auf die Entwicklung der Integration in Deutschland geworfen. Die dann folgenden Indizes beschäftigen sich mit der Frage der Integration der einzelnen Herkunftsgruppen. 2.1. Zweiter Integrationsindikatorenbericht der Bundesregierung, veröffentlicht am 24. Januar 2012 Durch den Nationalen Integrationsplan von 2007 hat sich die Bundesregierung dazu verpflichtet, die Entwicklung der gesellschaftlichen Integration in Deutschland zu messen. Bereits 2009 wurde zu diesem Zweck der Erste Integrationsindikatorenbericht veröffentlicht. Der Zweite Integrationsindikatorenbericht vom 24. Januar 2012 beobachtet nun in differenzierter Weise die Entwicklungstrends der Integration in verschiedenen gesellschaftlichen Bereichen. Dabei wird insbesondere eine „Ethnisierung“ durch Zuweisungen von Problemlagern zu einzelnen Zuwanderergruppen vermieden. Vielmehr erfolgt eine Herausarbeitung komplexer Zusammenhänge, in denen Integrationsschwierigkeiten im Kontext sozialstruktureller Probleme betrachtet werden.9 Während der erste Bericht noch 100 Indikatoren umfasste, liegt dem Zweiten Integrationsindikatoren- 7 Uslucan, Haci- Halil, Dabei und doch nicht mittendrin - Die Integration türkischstämmiger Zuwanderer, Berlin, 2011, Seite 33. 8 Zweiter Integrationsindikatorenbericht (Fn. 2), Seite 5. 9 Zweiter Integrationsindikatorenbericht (Fn. 2), Seite 24. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 – 3000 – 159/12 Seite 7 bericht basierend auf den Empfehlungen des ersten Berichts ein überarbeitetes Indikatorenset von insgesamt 64 Indikatoren in 11 gesellschaftlichen Bereichen zugrunde. Diese Bereiche sind: (1) Rechtsstatus, (2) Frühkindliche Bildung und Sprachförderung, (3) Bildung, (4) Ausbildung, (5) Arbeitsmarktintegration, (6) Soziale Integration und Einkommen, (7) Gesellschaftliche Integration und Beteiligung, (8) Wohnen, (9) Gesundheit, (10) Interkulturelle Öffnung von Schulen, Verwaltung , Gesundheitsdiensten, Wirtschaft, Politik und Medien, (11) Kriminalität, Gewalt, Fremdenfeindlichkeit . Die einzelnen Bereiche werden nicht isoliert voneinander bewertet, sondern die wechselbezüglichen Zusammenhänge berücksichtigt.10 Der Zweite Integrationsindikatorenbericht stellt Verläufe über sechs Zeitpunkte (2005 – 2010) dar.11 Als Datengrundlage wurden hauptsächlich die Daten des Mikrozensus der Jahre 2005 – 2010 verwendet, sowie ergänzend weitere amtliche Statistiken (Bsp.: Schulstatistik, Arbeitsmarktstatistik, Sozialhilfestatistik, polizeiliche Kriminalitätsstatistik ).12 Hinsichtlich der Mikrozensusdaten wurden dabei folgende Unterscheidungen gemacht: Personen ohne Migrationshintergrund, Personen mit Migrationshintergrund, Personen mit Migrationserfahrung, Personen ohne Migrationserfahrung, Ausländerinnen und Ausländer.13 Im Folgenden werden die zur Beschreibung der Lebensbereiche verwendeten Indikatoren kurz dargestellt. 2.1.1. Rechtsstatus Der Bereich des Rechtsstatus hat entscheidende Auswirkungen auf Integrationsprozesse und bildet gleichzeitig einen erreichten Integrationsstatus ab. Dieser Bereich wird aufgrund von fünf Indikatoren beschrieben, denen gemeinsam ist, dass sie sich auf den Aufenthaltsstatus der in Deutschland lebenden Ausländerinnen und Ausländer beziehen. Der erste Indikator ist die Anzahl der Ausländerinnen und Ausländer ohne langfristiges Aufenthaltsrecht . Eine Gruppe von drei Indikatoren, die aufgrund ihres Zusammenhangs nicht auseinandergerissen werden können, ist die Anzahl der Duldungen und Erteilung von Aufenthaltserlaubnissen nach Duldung. Schließlich stellt die Anzahl der Einbürgerungen den fünften Indikator in diesem gesellschaftlichen Bereich dar. Dieser Indikator misst den Stand und die Entwicklung der Einbürgerung anhand der Zahl der Einbürgerungen im Verhältnis zur Zahl der Ausländerinnen und Ausländer mit einer Aufenthaltsdauer von acht Jahren und mehr. Er dient der Analyse, inwieweit das Einbürgerungspotential auf der Basis einer pauschalierten Abschätzung der Einbürgerungsberechtigten ausgeschöpft wird. 10 Zweiter Integrationsindikatorenbericht (Fn. 2), Seite 21. 11 Zweiter Integrationsindikatorenbericht (Fn. 2), Seite 5. 12 Zweiter Integrationsindikatorenbericht (Fn. 2), Seite 10. 13 Zweiter Integrationsindikatorenbericht (Fn. 2), Seite 23. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 – 3000 – 159/12 Seite 8 2.1.2. Frühkindliche Bildung und Sprachförderung Frühkindlicher Bildung und Sprachförderung kommt eine große Bedeutung im Rahmen des Integrationsprozesses zu. In diesem Bereich wird die Teilnahme von Kindern mit Migrationshintergrund an diesbezüglichen Angeboten mit zwei Indikatoren gemessen. Der erste Indikator ist die Anzahl der Kinder im Alter von 0 bis unter 3 Jahren in der Tagesbetreuung . Dabei wird die Nutzung von Tagesbetreuungseinrichtungen und Tagespflege von Kindern mit und ohne Migrationshintergrund abgebildet. Der zweite Indikator umfasst die Anzahl der Kinder im Alter von 3 bis unter 6 Jahren in der Tagesbetreuung . Wiederum werden Kinder dieser Altersgruppe mit und ohne Migrationshintergrund , die eine Tagesbetreuung in Anspruch genommen haben, ins Verhältnis gesetzt. 2.1.3. Bildung Als zentrale Zugangsvoraussetzung zu Kultur und Erwerbssystem hat der Bereich Bildung großen Einfluss auf viele andere Lebensbereiche. Für die Entwicklung der Integration in diesem Bereich werden insgesamt fünf Indikatoren verwendet. Der erste Indikator ist die Anzahl der Personen ohne Schulabschluss. Dieser stellt den Anteil der 18- bis unter 25-Jährigen dar, die nicht über einen Abschluss der Sekundarstufe I verfügen und sich nicht in Aus- oder Weiterbildung befinden. Der zweite Indikator ist die Anzahl der Schulabschlüsse an allgemeinbildenden Schulen. Dies umfasst das Verlassen der Schule ohne Abschluss, den Hauptschulabschluss, den Realschulabschluss sowie die Hochschulreife. Der dritte Indikator ist die Anzahl der Schulabschlüsse an berufsbildenden Schulen. Der vierte Indikator ist die Anzahl der Schulabschlüsse an Förderschulen. Der fünfte Indikator ist die Kenntnis der deutschen Sprache. Dabei wurde der Anteil der Personen , die den Sprachkursteil eines Integrationskurses erfolgreich abgeschlossen haben, als Indikator für Sprachkenntnisse herangezogen. 2.1.4. Ausbildung Gleiche Teilhabechancen an der beruflichen Ausbildung sind ein bedeutender Faktor für eine gelungene Integration. Die berufliche Ausbildung oder ein Hochschulstudium bildet die Grundlage für den Einstieg in die Arbeitswelt. In diesem Bereich werden insgesamt zehn Indikatoren verwendet. Der erste Indikator ist die Anzahl der Personen ohne Abschluss der Sekundarstufe II. Des Weiteren wird der Anteil der Personen im Alter von 25 bis unter 35 Jahren ohne beruflichen Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 – 3000 – 159/12 Seite 9 Bildungsabschluss oder Hochschulabschluss, die nicht in einer Ausbildung sind, als Indikator für eine unzureichende berufliche Qualifikation (berufsqualifizierende Abschlüsse) genutzt. Ein dritter Indikator ist die Anzahl der Absolventinnen und Absolventen beruflicher Schulen. Ein weiterer Indikator ist die sog. Ausbildungsbeteiligungsquote. Diese gibt den Anteil der 15- bis unter 25-Jährigen wieder, die sich in einer Ausbildung befinden. Ferner dient die Einmündungsquote als Indikator in diesem Bereich. Die Einmündungsquote wird von der Bundesagentur für Arbeit erstellt. Dort wird die Anzahl der Bewerberinnen und Bewerber für Berufsausbildungsstellen, die tatsächlich in ein Ausbildungsverhältnis einmünden, erfasst. Ein zusätzlicher Indikator ist der Anteil der Personen mit Migrationshintergrund an allen sog. Altbewerberinnen und Altbewerbern. Dabei handelt es sich um Ausbildungsstellenbewerberinnen und -bewerber, die die Schule schon seit einem Jahr oder länger verlassen haben, denen aber bisher noch kein Einstieg in eine berufliche Ausbildung gelungen ist. Ein weiterer Indikator ist die Anzahl der Studierenden an deutschen Hochschulen. Dabei wird der Anteil von sog. Bildungsinländerinnen und Bildungsinländern an den immatrikulierten Studierenden an deutschen Hochschulen herangezogen. Als solche werden Studierende mit ausländischer Staatsangehörigkeit bezeichnet, die ihre Studienberechtigung im deutschen Schulsystem erworben haben. Ebenso wurde die Erfolgsquote von Studierenden berücksichtigt. Diese beschreibt den Erwerb eines ersten Hochschulabschlusses in Deutschland von Deutschen und Bildungsinländern und Bildungsinländerinnen. In Ergänzung dazu ist ein weiterer Indikator der Hochschulabschluss. Dieser umschreibt den Anteil der Personen mit Migrationshintergrund bzw. der Ausländerinnen und Ausländer, die über einen Hochschulabschluss verfügen und bezieht diejenigen Migrantinnen und Migranten mit ein, die ihren akademischen Abschluss im Ausland erworben haben. 2.1.5. Arbeitsmarktintegration Die Beteiligung am Erwerbsleben hat Auswirkungen auf weitere Lebensbereiche. Neben dem Lebensstandard und dem beruflichen Status wird auch die Einbindung in soziale Netzwerke beeinflusst . Den Bereich der Arbeitsmarktintegration beschreiben elf Indikatoren. Die sog. Beschäftigungslücke wird als Indikator für eine unterschiedliche Erwerbsbeteiligung von Personen mit und ohne Migrationshintergrund herangezogen. Die Beschäftigungslücke wurde dabei gemessen als Differenz zwischen den Erwerbstätigenquoten der Bevölkerung mit Migrationshintergrund und der Erwerbstätigenquote der Bevölkerung ohne Migrationshintergrund. Das Rentenzugangsalter wurde als Indikator für den Austritt aus dem Arbeits- und Erwerbsleben angesehen. In diesem Zusammenhang wurde auch die Rentenart betrachtet. Einen weiteren Indikator stellt die Selbstständigenquote dar. Sie berechnet sich als Anteil der Selbstständigen an den Erwerbstätigen im Alter von 15 bis unter 65 Jahre. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 – 3000 – 159/12 Seite 10 Ferner wurde für den Berichtszeitraum von 2005-2010 der Anteil von Personen in beruflichen Fort- und Weiterbildungsmaßnahmen innerhalb der letzten zwölf Monate insgesamt und für Personen mit Migrationshintergrund im Speziellen ermittelt. Als weiterer Indikator wurde die Arbeitslosenquote berücksichtigt. Der Indikator Erwerbslosenquote wird verwendet, um den Anteil der Erwerbslosen an der auf dem Arbeitsmarkt aktiven Bevölkerung anzugeben. Erwerbslos in diesem Sinne ist, wer weniger als eine Stunde pro Woche erwerbstätig ist, aber eine Erwerbstätigkeit sucht. Darüber hinaus wurde der Indikator Langzeitarbeitslose herangezogen, um den Bereich der Arbeitsmarktintegration zu beschreiben. Dabei handelt es sich um den Anteil der Langzeitarbeitslosen an der Erwerbsbevölkerung. Dieser wird gemessen als Anteil der über ein Jahr Arbeitslosen an den abhängig zivilen Erwerbspersonen. Demgegenüber drückt der Indikator Langzeiterwerbslose den Anteil der über ein Jahr Erwerbslosen an den Erwerbspersonen aus. Insbesondere zur Beschreibung der Situation junger Menschen auf dem Arbeitsmarkt wurde der Indikator Arbeitslose Jugendliche verwendet. Dabei handelt es sich um den Anteil von Arbeitslosen im Alter von 15 bis unter 25 Jahren, die seit sechs Monaten und länger arbeitslos sind. Schließlich wurde der Indikator Maßnahmen der aktiven Arbeitsmarktförderung herangezogen. Hier wurde der Anteil der Personen mit Migrationshintergrund an allen Teilnehmerinnen und Teilnehmern von Eingliederungsprodukten und -programmen der Bundesagentur für Arbeit im Verhältnis zum Anteil von Personen mit Migrationshintergrund an allen Arbeitslosen betrachtet. 2.1.6. Soziale Integration und Einkommen Um den Grad und die zeitliche Entwicklung der Integration in diesem Bereich zu beschreiben wurden vier Indikatoren verwendet. Der erste verwendete Indikator ist die sog. Armutsrisikoquote. Als arm gelten dabei Personen, deren verfügbares Nettoeinkommen unter 60% des Durchschnittseinkommens liegt. Der zweite Indikator „Working Poor“ misst den Anteil der Erwerbstätigen mit einem Äquivalenzeinkommen unterhalb der Armutsrisikoschwelle. Als dritter Indikator zur Beschreibung dieses Bereichs wurde die Bezieherquote von Mindestsicherungsleistungen (Bsp.: Grundsicherung, Sozialhilfe) als Hinweis für die Angewiesenheit auf staatliche Hilfe verwendet. Schließlich wurde als weiterer Indikator für die Abhängigkeit von Mindestsicherung der Anteil von Personen in Haushalten ohne Erwerbstätige herangezogen. Dabei wurde lediglich der Anteil von Personen bis 60 Jahre, die in Haushalten ohne erwerbstätige Personen leben , einbezogen, um Haushalte von Rentnerinnen und Rentnern außer Betracht zu lassen. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 – 3000 – 159/12 Seite 11 2.1.7. Gesellschaftliche Integration und Beteiligung Darunter ist die aktive Mitgestaltung der Lebensverhältnisse durch die Bürgerinnen und Bürger zu verstehen. Dabei können die Teilnahmeformen von informellem Engagement über Beteiligung an Interessenvereinigungen bis zu formeller Mitwirkung in Parteien und Verbänden reichen. Zur Beschreibung der Entwicklung der Integration in diesem Bereich wurden sechs Indikatoren verwendet. Als wichtiger Indikator für politisches Engagement wurde die Mitgliedschaft in Parteien oder politischen Organisationen herangezogen. Dieser Indikator misst die Beteiligung in Bürgerinitiativen , Parteien und der Kommunalpolitik, welche im SOEP 2005, 2007 und 2009 erfasst wurden. In diesem Zusammenhang steht auch der Indikator der Mitgliedschaft in Vereinen, Verbänden und sozialen Diensten sowie der Engagementquote. Mit letzerem ist die unentgeltliche oder gegen geringe Aufwandsentschädigung erfolgende Übernahme von Aufgaben gemeint. Ein weiterer Indikator zur Beschreibung dieses Bereichs ist die Ausübung von Leitungsfunktionen in Vereinen oder anderen festen Organisationsformen. Auch die Mitgliedschaft und Engagement im Bereich Sport ist Indikator für diesen Bereich. 2.1.8. Wohnen Als wichtiger Bereich der Lebenslage wird die Wohnsituation angesehen. Dabei sind nicht nur die eigenen vier Wände, sondern auch die Wohnumgebung von großer Bedeutung. Um die Integration in diesem Bereich zu beschreiben wurden drei Indikatoren herangezogen. Der erste Indikator ist die Wohnungsgröße. Von der Wohnungsgröße lässt sich auf die Qualität der Wohnsituation schließen. Der Indikator misst die durchschnittliche Wohnungsgröße von Miethaushalten nach der gewichteten Zahl der Haushaltsmitglieder. Dabei erfolgt die Gewichtung anhand der bei der Einkommensgewichtung üblichen Norm der OECD. Der zweite Indikator sind die Mietkosten. Bewertet wurden die durchschnittliche Kaltmiete. Es fand eine Unterscheidung nach Siedlungsstrukturen statt. Der dritte Indikator stellt das Wohneigentum dar. Das Wohneigentum gilt dabei als Hinweis für eine gute Wohnraumversorgung. Außerdem deutet der Erwerb von Wohneigentum auf eine dauerhafte Bleibeabsicht hin. Zur Beurteilung wurde die Eigentümerquote herangezogen. 2.1.9. Gesundheit Wesentlicher Bestandteil einer jeden Integration sind gleiche Voraussetzungen für Gesundheit und gleiche Zugangsmöglichkeiten zur gesundheitlichen Versorgung. Zur Beschreibung des Bereichs der Gesundheit bedient man sich fünf Indikatoren. Hinsichtlich der Beschreibung der Situation im Gesundheitsbereich ist zwischen dem tatsächlichen Gesundheitszustand der Bevölkerung und der jeweiligen Nutzung des Gesundheitssystems zu unterscheiden. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 – 3000 – 159/12 Seite 12 Ein Indikator für den allgemeinen Gesundheitszustand ist die Krankenquote. Diese wird im Mikrozensus über Erkrankungen erhoben. Danach ist krank, wer seinen üblichen Tätigkeiten nicht mehr nachgehen kann. Als Indikator für die Inanspruchnahme von Angeboten der Gesundheitsvorsorge wurde die Teilnahme an Impfungen berücksichtigt. Ein weiterer Indikator für die Nutzung der Gesundheitsvorsorge ist die Inanspruchnahme von Kindergesundheitsuntersuchungen. Dies sind die Früherkennungsuntersuchungen U1 bis U9 zwischen der Geburt und dem sechsten Lebensjahr. Als Indikator für ein erhöhtes Gesundheitsrisiko gilt die Prävalenz von Übergewicht/Adipositas nach dem Body-Mass-Index (BMI). Übergewicht liegt bei einem BMI von 25 bis unter 30 vor, während Personen mit einem BMI von 30 und mehr als adipös gelten. Als weiterer Indikator gilt die Mundgesundheit. Das Mundgesundheitsverhalten wird anhand der Zahnputzfrequenz, der Inanspruchnahme von Zahnarztkontrollen und der Kariesprophylaxe gemessen . 2.1.10. Interkulturelle Öffnung von Schulen, Verwaltung, Gesundheitsdiensten, Wirtschaft, Politik und Medien Die interkulturelle Öffnung der Verwaltung und der sozialen Dienste wird als Motor der Integration und daher auch als wichtiger Teil integrationspolitischer Maßnahmen angesehen. Dieser Bereich wird von acht Indikatoren beschrieben. Diese sind zunächst der Anteil von Personen mit Migrationshintergrund am pädagogischen Fachpersonal, an den Beschäftigten im öffentlichen Dienst, sowie an den Beschäftigten im Gesundheitswesen . Ein weiterer Indikator ist in diesem Bereich die „Charta der Vielfalt“. Dabei handelt es sich um eine Unternehmerinitiative zur Förderung von Vielfalt. Von der Anzahl der Betriebe, Unternehmen und Verwaltungen, die die Charta der Vielfalt unterzeichnet haben, wird auf deren interkulturelle Öffnung geschlossen. Als Indikator für die Möglichkeit der Personen mit Migrationshintergrund, durch Wahlen an der politischen Entwicklung teilzunehmen, gilt der Anteil der Personen mit Migrationshintergrund an den Wahlberechtigten zu Bundestags- und Landtagswahlen. In diesem Zusammenhang wird der Anteil der Mandatsträgerinnen und Mandatsträger mit Migrationshintergrund im Deutschen Bundestag und in den Landesparlamenten als weiterer Indikator für die politische Teilnahme herangezogen. Schließlich fand als Indikator auch der Anteil der Medienschaffenden mit Migrationshintergrund Berücksichtigung. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 – 3000 – 159/12 Seite 13 2.1.11. Kriminalität, Gewalt, Fremdenfeindlichkeit Der Bereich der Kriminalität, Gewalt und Fremdenfeindlichkeit stellt eine Belastung der gesellschaftlichen Integration dar. Dieser Bereich wird anhand von vier Indikatoren beschrieben. Der erste Indikator ist die Kriminalitätsquote. Dieser vergleicht den Anteil der Tatverdächtigen (von nicht ausländerspezifischen Straftaten) an der jeweiligen Bevölkerungsgruppe (ohne Illegale , Stationierungsstreitkräfte und Touristen/Durchreisende). Der zweite Indikator ist die Quote der Gewaltkriminalität. Erfasst werden neben Mord, Totschlag und Raub u.a. die gefährliche und schwere Körperverletzung. Ähnlich wie bei der Kriminalitätsquote wird der Anteil der Tatverdächtigen ins Verhältnis zu der jeweiligen Bevölkerungsgruppe gesetzt (ohne Gewalttaten von Illegalen, Stationierungsstreitkräften und Touristen /Durchreisenden). Der dritte Indikator ist die Anzahl der registrierten rassistischen, fremdenfeindlichen und antisemitischen Gewalttaten. Hinsichtlich der Begriffe Rassismus, Fremdenfeindlichkeit und Antisemitismus wird auf die Definitionen des Instituts für interdisziplinäre Konflikt- und Gewaltforschung der Universität Bielefeld Bezug genommen. Rassismus umfasst danach jene Einstellungen und Verhaltensweisen, die Abwertungen auf der Grundlage einer konstruierten „natürlichen“ Höherwertigkeit der Eigengruppe vornehmen. Fremdenfeindlichkeit ist auf bedrohlich wahrgenommene kulturelle Differenz und materielle Konkurrenz um knappe Ressourcen bezogen. Antisemitismus ist als feindselige Mentalität auf die jüdische Gruppe und ihre Symbole gerichtet.14 Der vierte Indikator ist die Aufklärungsquote bei rassistischen, fremdenfeindlichen und antisemitischen Gewalttaten. Da Aufklärungsquoten generell von den unterschiedlichsten Faktoren abhängig sind, kommt ihnen in diesem Bereich nur insoweit Bedeutung zu, als an ihnen abgelesen werden kann, mit welchem Aufwand die Sicherheitsbehörden die Aufklärung betreiben. 2.2. Index zur Messung von Integration (IMI) vom Berlin-Institut für Bevölkerung und Entwicklung , Januar 2009 Das Berlin-Institut für Bevölkerung und Entwicklung entwickelte auf Basis der Daten des Mikrozensus den „Index zur Messung von Integration“ (IMI), der fünfzehn Indikatoren enthält. Diese Indikatoren erlauben, so das Berlin- Institut, die Integrationssituation der für den Index relevanten Herkunftsgruppen zu messen, zu analysieren und zu bewerten.15 Die im Index untersuchten Herkunftsgruppen sind die Aussiedler, die Türken, Personen aus weiteren Ländern der EU-25, Südeuropa, dem ehemaligen Jugoslawien, dem Fernen Osten, dem Nahen Osten und Afrika. Die Aussiedler stellen mit 3.962.000 Personen den größten Anteil an Zu- 14 Zweiter Integrationsindikatorenbericht (Fn. 2), Seite 142, 143. 15 Berlin-Institut für Bevölkerung und Entwicklung, Ungenutzte Potenziale - Zur Lage der Integration in Deutschland , Berlin, 2009, http://www.berlin-institut.org/fileadmin/user_upload/Zuwanderung/Integration_RZ_ online.pdf [Stand: 25. Juni 2012], Seite 28. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 – 3000 – 159/12 Seite 14 wanderern dar, Personen mit dem Herkunftsland Türkei die zweitgrößte Gruppe mit 2.812.000 Personen. Danach folgen die Personen aus den weiteren Ländern der EU-25 mit insgesamt 1.907.000 Personen, Personen aus Südeuropa mit 1.527.000 Personen, dem ehemaligen Jugoslawien mit 1.146.000 Personen, dem Fernen Osten mit 734.000 Personen, dem Nahen Osten mit 542.000 Personen, und Afrika mit 502.000 Personen.16 Die für den Index relevanten Indikatoren wurden danach ausgewählt, ob sie für eine Integration relevant sind und ob sie verschiedene Lebensbereiche abdecken. Auf eine unterschiedliche Gewichtung der Indikatoren wurde weitgehend verzichtet, auf die Bereiche Bildung und Arbeitsmarkt wurde aber besonders Wert gelegt. Der Grund für die unterschiedliche Gewichtung liegt darin begründet, dass die beiden genannten Bereiche Auswirkungen auf die anderen Bereiche hätten und somit einen besonderen Stellenwert besäßen. Jedes Kriterium der verschiedenen Indikatoren wurde mithilfe einer Ordinalskala von 1 bis 8 bewertet. 1 signalisiert eine missglückte Integration, 8 eine gelungene Integration. Datengrundlage des Index sind die Daten des Mikrozensus aus dem Jahr 2005. Die Ergebnisse ergeben sich aus fünfzehn Indikatoren, von denen jeweils zwei die jeweilige Assimilation mit den Einheimischen, vier die Bildungssituation, sieben die Beteiligung am Erwerbsleben und zwei die finanzielle Absicherung beschreiben. Jeweils ein Indikator im Bereich Bildung und Erwerbsleben ist insbesondere für Jugendliche ausgelegt, so dass die Unterschiede zwischen der ersten und zweiten Generation durch dynamische Indikatoren deutlich werden. Die Wissenschaftler weisen aber daraufhin, dass mit der Studie nur empirische Daten erhoben werden können , kausale Hintergründe und Ursachen aber nicht erklärt werden können.17 Im Folgenden werden die vom Berlin- Institut verwendeten Indikatoren vorgestellt.18 2.2.1. Bereich Assimilation Unter dem Begriff der Assimilation versteht das Berlin-Institut für soziale Entwicklung eine kulturelle Annäherung zwischen den Zuwanderern und den Einheimischen. Zwar sei die kulturelle Annäherung für eine Integration keine erforderliche Bedingung, erleichtere diese aber ungemein. Im Bereich der Assimilation werden zwei Indikatoren verwendet. Der erste Indikator ist die Anzahl der Personen mit deutscher Staatsbürgerschaft, die die rechtliche Gleichstellung mit der einheimischen Bevölkerung mit sich bringt. Die deutsche Staatsbürgerschaft erleichtere den Zugang zu sozialen Einrichtungen und zum Erwerbsleben erheblich und 16 Berlin-Institut für Bevölkerung und Entwicklung, Ungenutzte Potenziale - Zur Lage der Integration in Deutschland , Berlin, 2009, Seite 26. 17 Berlin-Institut für Bevölkerung und Entwicklung, Ungenutzte Potenziale - Zur Lage der Integration in Deutschland , Berlin, 2009, Seite 28. 18 Berlin-Institut für Bevölkerung und Entwicklung, Ungenutzte Potenziale - Zur Lage der Integration in Deutschland , Berlin, 2009, Seite 29-33. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 – 3000 – 159/12 Seite 15 sei gleichzeitig ein Zeichen für eine kulturelle Identifikation mit dem Aufnahmeland und einem damit einhergehenden Integrationswillen. Der zweite Indikator ist die Anzahl der bikulturellen Ehen. Sie drücken den Grad der Annäherung zwischen Menschen mit deutscher und nicht-deutscher Herkunft aus. 2.2.2. Bereich Bildung Der Bereich der Bildung wird anhand von vier Indikatoren gemessen. Die besondere Gewichtung dieses Bereichs (2.2.) erfolgt, da eine gute Ausbildung Voraussetzung für die gesellschaftliche Integration, die finanzielle Unabhängigkeit und die Einbindung in das Erwerbsleben sei. Der erste Indikator im Bereich Bildung ist die Anzahl der Personen ohne Bildungsabschluss. Da Personen ohne Bildungsabschluss kaum Möglichkeiten haben, aktiv am Erwerbsleben teilzunehmen und häufig einen Kostenfaktor für die Gesellschaft darstellen würden, sei eine hohe Anzahl als Zeichen einer misslungenen Integration zu werten. Einbezogen in den Indikator werden allerdings nur die Personen zwischen 20 und 64 Jahren, die weder einen schulischen noch einen beruflichen Abschluss erreichen konnten und die nicht mehr die Schule besuchen. Der zweite Indikator ist die Anzahl der Schüler an der gymnasialen Oberstufe. Dabei werden die 16- bis 20 Jährigen in der Oberstufe der Klassen 11-13 aller Schularten berücksichtigt. Eine hohe Anzahl an Personen in der gymnasialen Oberstufe, deutet auf eine hohe Anzahl an Personen hin, die in der Zukunft die Hochschulreife erreichen wird und damit gut qualifiziert für das Erwerbsleben sind. Der dritte Indikator ist die Anzahl an Personen mit der (Fach-) Hochschulreife. In den Index werden damit die Personen zwischen 20 und 39 Jahren einbezogen. Zum ersten befähigt eine erworbene (Fach-) Hochschulreife zur Aufnahme eines Studiums und damit zu einem besseren Einstieg in das Erwerbsleben. Zudem sind Menschen mit (Fach-)Hochschulreife am meisten gesellschaftlich engagiert. Auch weist eine hohe Anzahl an Personen mit (Fach-)Hochschulreife auf die Fähigkeit hin, sich im deutschen Bildungssystem zurechtzufinden. Der vierte Indikator ist die Anzahl der Akademiker. Es werden die Personen zwischen 30 und 64 Jahren einbezogen, die über einen (Fach)Hochschulabschluss mit Berufsabschluss verfügen. Eine hohe Anzahl an Akademikern innerhalb einer Herkunftsgruppe weist auf eine gut gelungene Integration hin. 2.2.3. Bereich Erwerbsleben Im Bereich Erwerbsleben werden sieben Indikatoren für die Messung des Integrationserfolges herangezogen . Auch dieser Bereich wird im Index besonders gewichtet, da der Stand im Erwerbsleben im hohen Maß auch andere Bereiche betrifft. So würden gute Quoten im Bereich des Erwerbslebens auf zweierlei Dinge hindeuten. Zum einen zeige es, dass die Zuwanderer gewillt seien, am wirtschaftlichen Leben im Aufnahmeland teilzunehmen, zum anderen werde dadurch aber auch Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 – 3000 – 159/12 Seite 16 der Grad der Offenheit der Aufnahmegesellschaft gegenüber den Zuwanderern deutlich. Der erste Indikator ist die Erwerbslosenquote innerhalb der Herkunftsgruppen. Erwerbslosigkeit könnte schneller zu einer sozialen Isolation führen, sie stellen zudem einen Kostenfaktor für die Gesellschaft dar. Eine hohe Erwerbslosenquote führe demnach zu schlechteren Ergebnissen bei der Messung des Integrationserfolges. Einbezogen werden alle Personen zwischen 15 und 64 Jahren . Nichterwerbspersonen, Schüler, Rentner oder Hausfrauen werden nicht mit einbezogen. Den zweiten Indikator bildet die Anzahl der Erwerbspersonen. Dies beinhaltet die Personen zwischen 15 und 64 Jahren, die einer Tätigkeit nachgehen und denjenigen, die sich zum Zeitpunkt der Datenerhebung um eine Beschäftigung bemühen. Im Indikator Erwerbspersonen würden also alldiejenigen einbezogen werden, die eine Bereitschaft zeigen würden, eine Arbeit aufzunehmen. Eine hohe Anzahl an Erwerbspersonen innerhalb der Herkunftsgruppen sei ein Zeichen für Integration. Der dritte Indikator ist die Höhe der Jugenderwerbsquote. Darunter werden alle Personen zwischen 15 und 24 Jahren gefasst, die nicht Schüler, Studenten oder Nichterwerbspersonen sind. Eine hohe Zahl an erwerbslosen Jugendlichen innerhalb der Herkunftsgruppen könnte die Integration behindern und die Schaffung von Parallelgesellschaft befördern und somit ein Zeichen für eine misslungene Integration darstellen. Der vierte Indikator ist die Höhe der Hausfrauenquote in der Herkunftsgruppe gemessen am Gesamtteil der Frauen der Altersklasse. In der Hausfrauenquote werden alle Frauen zwischen 15 und 64 Jahren erfasst, die weder erwerbstätig sind, noch eine Arbeit suchen. Nicht einbezogen werden die Frauen, die einen offensichtlichen Grund für die fehlende Erwerbstätigkeit haben, z.B. Schülerinnen, Studentinnen, Rentnerinnen. Je höher die Hausfrauenquote in der Herkunftsgruppe ist, desto schwieriger ist die Integration für die Frauen. Der fünfte Indikator ist die Höhe der Selbstständigen an allen Erwerbstätigen zwischen 15 und 64 Jahren. Je höher der Prozentsatz der Selbstständigen in der Herkunftsgruppe ist, desto höher ist der Grad an Integration. Der sechste Indikator ist die Anzahl der Beschäftigten im öffentlichen Dienst in der Herkunftsgruppe . Dabei werden alle Erwerbstätigen im öffentlichen Dienst zwischen 15 und 64 Jahren aus den Herkunftsgruppen einbezogen. Der siebte Indikator ist der Anteil der Personen, die in Vertrauensberufen tätig sind. Vertrauensberufe sind dabei die Berufe, in denen die ausübenden Personen eine hohe soziale Verantwortung tragen (z.B. Ärzte, Anwälte). Dabei wird der Prozentsatz der in Vertrauensberufen Tätigen ermittelt im Vergleich zu allen Erwerbstätigen zwischen 15 und 64 Jahren. 2.2.4. Bereich Absicherung Der Bereich der Absicherung werden zwei Indikatoren herangezogen. Der Bereich der sozialen Absicherung wird erheblich durch die Erwerbstätigkeit beeinflusst. Personen mit einer gesicher- Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 – 3000 – 159/12 Seite 17 ten Erwerbstätigkeit sind besser abgesichert, als Personen in prekären Arbeitsverhältnissen oder ohne Erwerbstätigkeit. Der erste Indikator ist der Prozentsatz der Abhängigen von öffentlichen Leistungen von Personen der verschiedenen Herkunftsgruppen zwischen 15 und 64 Jahren. Im Indikator werden Empfänger des Arbeitslosengeldes I und II, Sozialhilfe, Grundsicherung, Asylbewerberleistungen und Leistungen aus der Pflegeversicherung einbezogen. Nicht einbezogen werden Leistungen der Renten- und Krankenkassen. Ein hoher Prozentsatz der Abhängigkeit von öffentlichen Leistungen in einer Herkunftsgruppe führt zu schlechteren Integrationswerten. Der zweite Indikator ist die Höhe des Individualeinkommens. Dabei wird das Nettoeinkommen aus der Erwerbstätigkeit bei den am stärksten besetzten Einkommensklassen bei Personen zwischen 15 und 64 Jahren berücksichtigt. Ein hohes Individualeinkommen einer Herkunftsgruppe führt zu hohen Integrationswerten. 2.2.5. Dynamische Indikatoren Die fünf dynamischen Indikatoren sollen den Veränderungsfaktor zwischen den Lebenslagen von Personen der ersten Generation und Personen der zweiten Generation feststellen. Der erste Indikator ist dabei die Dynamik der Personen mit deutscher Staatsangehörigkeit in einer Herkunftsgruppe , der zweite die Dynamik der Personen, die bikulturelle Ehen führen, die dritte die Dynamik der Personen mit (Fach-)Hochschulreife, die vierte die Dynamik der Erwerbslosenquote und die fünfte die Dynamik der Abhängigkeit von öffentlichen Leistungen. Dabei werden die Werte der Personen der zweiten Generationen mit denen der Personen der ersten Generation verglichen. 2.3. Studie zur Lebenssituation türkischstämmiger Einwanderer in Deutschland vom Zentrum für Türkeistudien, Mehrthemenbefragung in Nordrhein-Westfalen und im Bundesgebiet 2008 Die Studie zur Lebenssituation türkischstämmiger Einwanderer verfolgt einen anderen Ansatz als der oben dargestellte Index des Berlin-Instituts, da er nur die türkischstämmige Einwanderungsgruppe untersucht und deshalb keinen so breiten Ansatz hat, wie der IMI. Des Weiteren fließen in die Studie die soziodemographischen Details der Einwanderungsgruppe ein, womit ein Erklärungsfaktor für den Integrationsstand mit einbezogen wird. Auch wird die Integration in verschiedene Bereiche unterteilt; diese sind: die kognitive Integration, die strukturelle Integration, die identifikative Integration und die gesellschaftliche Integration. Die Indikatoren werden in den folgenden Unterpunkten erläutert.19 19 Stiftung Zentrum für Türkeistudien (Hrsg.)/Sauer, Martina/Halm, Dirk, Erfolge und Defizite der Integration türkischstämmiger Migranten, Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften, 2009, Seite 29. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 – 3000 – 159/12 Seite 18 2.3.1. Soziodemographische Merkmale Zu den soziodemographischen Merkmalen rechnet das Zentrum für Türkeistudien Geschlecht, Alter und Familiensituation der Befragten. Es werden aber auch Aufenthaltsdauer, Religiosität, Zuwanderungsgrund und Zuwanderergenerationszugehörigkeit in die Studie mit einbezogen. Grund für die Einbeziehung sei, dass die genannten Faktoren die allgemeine Lebenssituation und die mentalen Dispositionen beeinflussen.20 Die Religiosität wurde von den Verfassern der Studie als soziodemographisches Merkmal einbezogen , da dies häufig als Faktor für misslungene Integration und Herausbildung von Parallelgesellschaften genannt wird.21 Ob dies die anderen Faktoren beeinflusst, wird in der Studie untersucht. In der Migrationsforschung werden insbesondere die Faktoren Zuwanderungsgrund und Zuwanderergenerationszugehörigkeit als Faktoren einbezogen. So mache es im Hinblick auf den Integrationserfolg einen großen Unterschied, ob die Personen selbst Zuwanderer sind oder der zweiten Generation angehören. Auch bestehe ein Unterschied darin, ob die Personen Heiratsmigranten seien oder aus anderen Gründen nach Deutschland gekommen seien. Zuwanderungsgrund und Zuwanderergenerationszugehörigkeit würden die Ausgangsbedingungen für die Integration bestimmen und über den eigenen Willen zur Integration entscheiden.22 2.3.2. Kognitive Integration Die kognitive Integration umfasst die Indikatoren deutsche Sprachkenntnisse, Schulbildung und Berufsausbildung und wird in der Migrationsforschung als einer der Schlüsselbereiche für den Integrationserfolg angesehen. Sind die kognitiven Integrationsindikatoren, insbesondere das Erlernen der deutschen Sprache, nicht erfüllt, könnten die anderen drei Formen der Integration nicht oder nur schwer erfüllt werden.23 2.3.3. Strukturelle Integration Die strukturelle Integration umfasst die Indikatoren Erwerbstätigkeit, berufliche Stellung, Haushaltseinkommen , Armutsrisiko, Wohnsituation und Selbsteinschätzung der wirtschaftlichen Lage . Sie macht Integrationsdefizite und/ oder Integrationserfolge messbar und bildet in der Migrationsforschung daher einen weiteren wichtigen Bereich.24 20 Stiftung Zentrum für Türkeistudien (Fn. 19), Seite 29. 21 Stiftung Zentrum für Türkeistudien (Fn. 19), Seite 33. 22 Stiftung Zentrum für Türkeistudien (Fn. 19), Seite 30. 23 Stiftung Zentrum für Türkeistudien (Fn. 19), Seite 43. 24 Stiftung Zentrum für Türkeistudien (Fn. 19), Seite 47. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 – 3000 – 159/12 Seite 19 2.3.4. Identifikative Integration Die identifikative Integration ist ein weiterer wichtiger Bereich in der Migrationsforschung, sein Anwendungsbereich muss aber festgelegt werden. Die Autoren der Studie betonen, dass es häufig das Leitbild gebe, Migranten hätten sich den deutschen Wertevorstellungen anzupassen und dabei ihre eigene Kultur mit der Zeit zu verlieren. So sei in Deutschland weit verbreitet, dass man entweder Deutscher oder Türke sei und die Positionierung zwischen zwei Kulturen nicht möglich sei. Entsprechend werde erwartet, dass zumindest die zweite Generation sich als Deutsche zu fühlen habe und entsprechend nach den deutschen Werten zu leben habe. Neuere Studien belegten aber, dass es statt eines „Zwangs zur Eindeutigkeit“ zu einer Mehrfachintegration komme , das heißt die Individuen würden sich auf Dauer mit beiden Kulturen identifizieren und daraus ihre subjektive Wahrnehmung herausfiltern. Mehrfachintegration könne demnach nicht als gescheiterte Migration wahrgenommen werden. Um die identifikative Integration zu messen, verwenden die Autoren folgende Indikatoren: Rückkehrabsicht, Heimatverbundenheit, nationale Orientierung oder Mischidentität, Anzahl der Einbürgerungen, Interesse an Politik und Interessenvertretung. In der Studie wurde außerdem am Rande die Mediennutzung türkischer Migranten untersucht.25 2.3.5. Gesellschaftliche Integration Von Vertretern der These der gescheiterten Migration wird häufig die Meinung vertreten, eigenethnische Cliquen und das Wohnen in bestimmten Stadtteilen oder Vierteln seien Abschottungstendenzen und würden die Desintegration vieler türkischer Migranten zeigen. Um die gesellschaftliche Integration der Personen mit türkischen Migrationshintergrund zu messen und die Behauptung zu testen, haben die Autoren der Studie folgende Indikatoren entworfen: Kontakte zu Deutschen, räumliche Segregation und Zivilgesellschaft.26 2.3.6. Entstehung von Parallelgesellschaften Häufig wird Personen mit türkischem Migrationshintergrund unterstellt, dass sie in Parallelgesellschaften leben würden. Mit dem Begriff der Parallelgesellschaft ist das vermeintliche Scheitern der Integration von zumeist muslimischen Einwanderern beschrieben.27 Um festzustellen, ob Parallelgesellschaften entstanden sind, müssen bei den einzelnen Indikatoren der verschiedenen Integrationsbereiche Grenzwerte festgelegt werden, ab wann man von einer Segregation der Individuen und damit von einer Existenz in Parallelgesellschaften sprechen kann. In der Studie dienten folgende Bereiche als Merkmal für Segregation:28 Religion (sehr und eher religiös); Lebenswelt (nie und sel- 25 Stiftung Zentrum für Türkeistudien (Fn. 19), Seite 58. 26 Stiftung Zentrum für Türkeistudien (Fn. 19), Seite 81. 27 Stiftung Zentrum für Türkeistudien (Fn. 19), Seite 101. 28 Stiftung Zentrum für Türkeistudien (Fn. 19), Seite 103. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 – 3000 – 159/12 Seite 20 ten Freizeitbeziehungen zu Deutschen); Zivilgesellschaft/Institutionen (Organisation ausschließlich in türkischen Vereinen); Freiwilligkeit von Segregation (keine Kontakte zu Deutschen und fehlender Wunsch nach solchen Kontakten (freiwillige Isolation); Wohnraum (Leben in Vierteln mit überwiegend türkischer Bevölkerung). 3. Ergebnisse der Indizes 3.1. Zweiter Integrationsindikatorenbericht der Bundesregierung, veröffentlicht am 24. Januar 2012 Nach Auswertung der Ergebnisse der einzelnen Indikatoren für den jeweiligen Lebensbereichs, kommt der Bericht zu einem zusammenfassenden Ergebnis und Fazit für den untersuchten Bereich . Es wird die generelle Entwicklung der Integration in der Bundesrepublik Deutschland analysiert . Zu diesem Zweck findet lediglich eine allgemeine Unterscheidung zwischen Personen mit und ohne Migrationshintergrund statt. Innerhalb der Gruppe der Personen mit Migrationshintergrund wird nicht nach den Herkunftsgruppen unterschieden. Da manche der verwendeten Statistiken (Bsp.: Statistik der Bundesagentur für Arbeit, Schulstatistik, Sozialhilfestatistik, Statistik der Deutschen Rentenversicherung) den Migrationshintergrund noch nicht berücksichtigen, sondern nur zwischen deutschen Staatsangehörigen und Ausländerinnen bzw. Ausländern unterscheiden , ist jedoch teilweise keine vollständige Aussage über die Situation von Personen mit Migrationshintergrund möglich. Der Zweite Integrationsindikatorenbericht kommt insgesamt zu einem positiven Ergebnis. Der Bericht zeigt Fortschritte in der Integration auf. In den untersuchten zentralen Bereichen des gesellschaftlichen Lebens hat sich die Teilhabe von Personen mit Migrationshintergrund verbessert. Dies gilt insbesondere für Menschen der zweiten Generation (in Deutschland geborene Menschen mit Migrationshintergrund). Dabei zeigen sich positive Entwicklungen insbesondere bei der Erreichung eines langfristigen Aufenthaltsrechts, der Betreuungsquote der Kinder in Kindertageseinrichtungen , bei der Einmündungsquote in eine Berufsausbildung, bei dem Rückgang der Altbewerberinnen und Altbewerber, sowie bei der Abnahme der Anzahl der Personen, die in Haushalten ohne Erwerbstätige leben. Der Bericht kommt zu dem Ergebnis, dass ein großer Teil der abgebildeten Unterschiede zwischen Personen mit und ohne Migrationshintergrund mit Ungleichheiten in der sozialen Herkunft bzw. im Bildungsniveau zu erklären sind. 3.1.1. Rechtsstatus Seit dem Ersten Integrationsindikatorenbericht 2009 mit dem Datenbestand von 2007 ist ein deutlicher Anstieg des Anteils der Drittstaatsangehörigen mit langfristigem Aufenthaltsrecht zu verzeichnen (5-10 Jahre: 38% auf 54%, 10 Jahre und mehr: von 76% - 87%). Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 – 3000 – 159/12 Seite 21 Die Einbürgerungsquote ist jedoch über den gesamten Berichtszeitraum zurückgegangen (-20%).29 3.1.2. Frühkindliche Bildung und Sprachförderung Im Bereich der frühkindlichen Bildung und Sprachförderung wurde festgestellt, dass Kinder (insbesondere im Alter unter 3 Jahren) mit Migrationshintergrund zu einem geringeren Anteil eine Kindertagesstätte besuchen als Kinder ohne Migrationshintergrund. Die Betreuungsquote von Kindern unter 3 Jahren stieg sowohl bei den Kindern mit als auch bei denjenigen ohne Migrationshintergrund in den Jahren 2008- 2010 deutlich an. So betrug sie bei Kindern ohne Migrationshintergrund 2008 21,6% und im Jahre 2010 27,7%. Dies stellt einen Anstieg von 28% dar. Bei Kindern mit Migrationshintergrund liegt der Anstieg sogar bei 34% (2008: 9,1%, 2010: 12,2%). Die Quote liegt jedoch mit 12,2% (2010) noch deutlich unter der Quote der Kinder ohne Migrationshintergrund 27,7% (2010).30 3.1.3. Bildung Die Auswertung der einzelnen Indikatoren ergab einen positiven Trend bei Schülerinnen und Schülern mit Migrationshintergrund. Während der Anteil der jungen Menschen ohne Schulabschluss abnahm, nahm gleichzeitig der Anteil der Jugendlichen zu, die eine allgemeinbildende Schule mit der (Fach-) Hochschulreife verlassen. Dennoch ist immer noch ein Bildungsrückstand der ausländischen Jugendlichen feststellbar.31 3.1.4. Ausbildung Der Anteil der Personen ohne Abschluss der Sekundarstufe II sank ebenso wie der Anteil der Personen ohne einen beruflichen Bildungsabschluss über den gesamten betrachteten Zeitraum. Personen mit Migrationshintergrund haben jedoch häufiger keinen beruflichen oder akademischen Abschluss. Die Einmündungsquote ist bei der ausländischen Bevölkerung gestiegen, während sie für die Gesamtbevölkerung zurückgegangen ist. Sie liegt jedoch weiterhin deutlich unter der der gleichaltrigen Gesamtbevölkerung. Ein Unterschied bei den sog. Altbewerberinnen und Altbewerbern ist im Vergleich zwischen Gesamtbevölkerung und ausländischer Bevölkerung nicht mehr feststellbar .32 29 Zweiter Integrationsindikatorenbericht (Fn. 2), Seite 30. 30 Zweiter Integrationsindikatorenbericht (Fn. 2), Seite 32, 33. 31 Zweiter Integrationsindikatorenbericht (Fn. 2), Seite 34-42. 32 Zweiter Integrationsindikatorenbericht (Fn. 2), Seite 44-56. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 – 3000 – 159/12 Seite 22 3.1.5. Arbeitsmarktintegration Vor dem Hintergrund der konjunkturellen Schwankungen/Entwicklungen kommt der Bericht nach Auswertung der Indikatoren zu dem Ergebnis, dass die Personen mit Migrationshintergrund zu einem geringeren Teil erwerbstätig sind als die Gesamtbevölkerung. Die Beschäftigungslücke (Unterschied zwischen der Erwerbstätigkeit der Bevölkerung mit Migrationshintergrund und der Bevölkerung ohne Migrationshintergrund) ist von 11,9% (2005) auf 12,3% (2010) gestiegen. Dabei bilden die Ausländerinnen und Ausländer aus der EU, die keine abgeschlossene Ausbildung haben, eine Ausnahme. Ihre Erwerbstätigenquote war im gesamten Zeitraum stets höher als bei der Bevölkerung ohne Migrationshintergrund mit gleicher Qualifikation. Die Arbeitslosenquote sank sowohl bei der Gesamtbevölkerung als auch bei der ausländischen Bevölkerung. Bei der ausländischen Bevölkerung war sie 2010 ca. doppelt so hoch wie bei der deutschen Bevölkerung. Der Anteil derjenigen, die an beruflichen Weiterbildungsmaßnahmen teilnahmen, stieg in der Bevölkerung mit Migrationshintergrund an (2005: 7,7%; 2010: 9,6%).33 3.1.6. Soziale Integration und Einkommen Die Armutsrisikoquote ging im Berichtszeitraum leicht zurück (2005: 14,7%; 2010: 14,5%). Dabei war der Rückgang in der Bevölkerung mit Migrationshintergrund (2005: 28,2%; 2010: 26,2%) stärker als in der Gesamtbevölkerung. Die Armutsrisikoquote der Bevölkerung mit Migrationshintergrund liegt mit 26,2% (2010) dennoch über der der Gesamtbevölkerung mit 14,5% (2010). Der Anteil der Erwerbstätigen, die von Armut gefährdet sind, nahm insgesamt zu. Der Anteil der Personen, die auf Mindestsicherung angewiesen sind, schwankte während des Berichtszeitraums. Er betrug 2005 im Bezug auf die Gesamtbevölkerung 9,7%, nahm 2006 leicht zu (10,0%), ging 2007-2008 zurück (9,7%, 9,2%) und stieg 2009 wieder leicht an (9,4%). Das gleiche Bild zeichnet sich bei der ausländischen Bevölkerung ab (2005: 22,1%; 2006: 22,6%; 2007: 21,2%; 2008: 20,2%; 2009: 20,9%). Der Anteil der Personen, die in Haushalten ohne Erwerbstätige leben, ist in allen untersuchten Bevölkerungs- und Altersgruppen gesunken.34 3.1.7. Gesellschaftliche Integration und Beteiligung Der Bericht kommt in diesem Bereich zu dem Ergebnis, dass politisches Engagement und politisches Interesse in der Bevölkerung mit Migrationshintergrund weniger verbreitet sind als in der Gesamtbevölkerung. Gleiches gilt für den Bereich des bürgerschaftlichen Engagements.35 33 Zweiter Integrationsindikatorenbericht (Fn. 2), Seite 58-85. 34 Zweiter Integrationsindikatorenbericht (Fn. 2), Seite 87-102. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 – 3000 – 159/12 Seite 23 3.1.8. Wohnen Bei Personen mit Migrationshintergrund stieg die verfügbare Wohnfläche zwischen 2006 und 2010 stärker an als bei der Gesamtbevölkerung. Dennoch verfügen Personen dieser Gruppe im Durchschnitt über weniger Wohnraum als die Gesamtbevölkerung. Die Mietkosten sind insgesamt zwischen 2006-2010 gestiegen. Personen mit Migrationshintergrund zahlen im Durchschnitt 30 Cent mehr pro Quadratmeter Wohnfläche als die Gesamtbevölkerung . Der Anteil von Wohneigentümern ist bei Personen mit Migrationshintergrund zwischen 2006 und 2010 um 17% gestiegen. Im Vergleich mit der Gesamtbevölkerung ist Wohneigentum bei Personen mit Migrationshintergrund weniger verbreitet.36 3.1.9. Gesundheit Sowohl bei der Bevölkerung ohne Migrationshintergrund als auch bei der Bevölkerung mit selbigem ist die Krankenquote gestiegen. Insgesamt betrug sie 2005 12,1% und 2009 14,0%. Eine Aufteilung nach Altersgruppen macht deutlich, dass Personen im mittleren (25-44 Jahre) und höheren Alter (45-64 Jahre und 65 Jahre +) eine höhere Krankenquote aufweisen, wenn sie einen Migrationshintergrund haben. Unterschiede zeigen sich bei der Inanspruchnahme von Angeboten der Gesundheitsprävention. Kinder mit Migrationshintergrund sind weniger häufig geimpft und durchlaufen zu einem geringeren Teil die Früherkennungsuntersuchungen als gleichaltrige Kinder der Gesamtbevölkerung. Die Zahl der übergewichtigen oder adipösen Personen ist sowohl hinsichtlich der Gesamtbevölkerung als auch im Hinblick auf die Bevölkerung mit Migrationshintergrund gestiegen.37 3.1.10. Interkulturelle Öffnung von Schulen, Verwaltung, Gesundheitsdiensten, Wirtschaft, Politik und Medien Über den gesamten Berichtszeitraum wurde eine Unterrepräsentanz der Personen mit Migrationshintergrund bzw. Ausländerinnen und Ausländern im öffentlichen Dienst, innerhalb der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten des pädagogischen Fachpersonals und im Gesundheitswesen festgestellt. 35 Zweiter Integrationsindikatorenbericht (Fn. 2), Seite 104-110. 36 Zweiter Integrationsindikatorenbericht (Fn. 2), Seite 112-120. 37 Zweiter Integrationsindikatorenbericht (Fn. 2), Seite 122-130. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 – 3000 – 159/12 Seite 24 Demgegenüber hat sich der Ausländeranteil beim Fachpersonal an Kindergärten, den verschiedenen Schulformen sowie an Hochschulen erhöht (Kindertagesstätten und Grundschulen um +21%, weiterführende Schulen um +27%, Hochschulen um +8%). Der Anteil der Personen mit Migrationshintergrund an den Wahlberechtigten zum Deutschen Bundestag wuchs um +8% während des Berichtszeitraums. Die Anzahl der Betriebe, die die „Charta der Vielfalt“ unterzeichnet haben, ist in den letzten drei Jahren um das Vierfache gestiegen.38 3.1.11. Kriminalität, Gewalt, Fremdenfeindlichkeit Die Kriminalitätsquoten sind im gesamten Berichtszeitraum in den meisten untersuchten Bevölkerungs - und Altersgruppen zurückgegangen. Allerdings liegt die Quote der ausländischen Bevölkerung über der der Gesamtbevölkerung.39 3.2. Index zur Messung von Integration (IMI) vom Berlin-Institut für Bevölkerung und Entwicklung , Januar 2009 Die Zusammenfassung der Ergebnisse des IMI verläuft im Bericht nicht chronologisch anhand der Indikatoren, vielmehr werden die Ergebnisse der einzelnen Herkunftsgruppen zusammengefasst. 3.2.1. Herkunftsgruppe: Aussiedler Entgegen der oft anzutreffenden Einschätzung, Aussiedler seien nur schlecht in die deutsche Gesellschaft integriert, kommt der IMI zu dem Ergebnis, dass die Aussiedler eine sehr integrationsfreudige Herkunftsgruppe sind. Dabei schneiden die Personen der zweiten Generation bei vielen Indikatoren besser ab, als die Personen der ersten Generation.40 Im Bereich der Assimilierung verweisen die Herausgeber der Studie insbesondere auf den Anstieg bilateraler Ehen. Während der Anteil der bilateralen Ehen in der ersten Generation noch bei 17% gelegen habe, habe sich dessen Anzahl inzwischen auf 67% erhöht. Da die Aussiedler automatisch die deutsche Staatsangehörigkeit besitzen, erübrigt sich der Indikator in Bezug auf die Herkunftsgruppe. Im Bereich der Bildung ergeben sich nach der Messung des IMI gute Werte für die Gruppe der Aussiedler. Ohne Bildungsabschluss seien nur 3,3% der Herkunftsgruppe geblieben, die Anzahl der Schüler der gymnasialen Oberstufe und der Personen mit (Fach)Hochschulreife steigt im 38 Zweiter Integrationsindikatorenbericht (Fn. 2), Seite 132-138. 39 Zweiter Integrationsindikatorenbericht (Fn. 2), Seite 141-146. 40 Berlin-Institut für Bevölkerung und Entwicklung, Ungenutzte Potenziale - Zur Lage der Integration in Deutschland, Berlin, 2009, http://www.berlin-institut.org/fileadmin/user_upload/Zuwanderung/Integration_RZ_online.pdf [Stand: 25. Juni 2012], Seite 34-35. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 – 3000 – 159/12 Seite 25 Vergleich zur ersten Generation bei der zweiten Generation enorm an. Über die Anzahl der Akademiker liegen keine Informationen vor. Die Aussiedler erreichen im Bildungsbereich die höchsten Werte unter den Herkunftsgruppen, reichen aber noch nicht an die Werte der deutschen Bevölkerung heran. Auf dem Arbeitsmarkt erzielen die Aussiedler ebenso die besten Werte unter den Herkunftsgruppen , reichen aber nicht an Personen ohne Migrationshintergrund heran. Die Hausfrauenquote liegt bei etwa 20%, was dem Anteil der Einheimischen entspricht. Die Selbstständigenquote liegt bei ca. 5%, sie ist damit niedriger als bei den anderen Gruppen. Im öffentlichen Dienst sind ca. 14% der Aussiedler tätig, womit der Anteil dort höher ist als bei den anderen Herkunftsgruppen. Allerdings sind wiederum nur 8% der Aussiedler in Vertrauensberufen tätig. Im Bereich der Absicherung ist die relativ hohe Abhängigkeit von öffentlichen Leistungen mit 13% bemerkenswert, die im Vergleich zu den Erwerbswerten relativ hoch ausfällt. Bei den Personen in der zweiten Generation halbieren sich die Werte. Über das Individualeinkommen haben stellt der IWI keine Informationen zur Verfügung. 3.2.2. Herkunftsgruppe: Türkei Die im IMI untersuchten Personen aus der Herkunftsgruppe der Türkei schneiden im Vergleich zu den anderen Herkunftsgruppen am schlechtesten ab. Laut dem Berlin-Institut für Bevölkerung und Entwicklung würde die Herkunftsgruppe der Türken in keinem der untersuchten Bereiche besonders gut abschneiden, dies sei insbesondere in den Bereichen Bildung (hoher Anteil von Personen ohne Bildungsabschluss) und Erwerbsleben (hohe Jugendarbeitslosenquote) besonders alarmierend.41 Im Bereich Assimilation würde die Herkunftsgruppe der Türkei nur mittelmäßige Werte erzielen. Nur 32% der Personen aus der Herkunftsgruppe verfügt nach dem IMI über die deutsche Staatsangehörigkeit , der Anteil der bikulturellen Ehen liegt bei 5%. Im Bereich der Bildung beträgt die Anzahl der Personen ohne Bildungsabschluss 30%, Personen mit (Fach-) Hochschulreife machen dagegen nur 14% aus. Die Anzahl der Akademiker liegt bei Personen ohne deutsche Staatsangehörigkeit bei nur knapp 10%, bei Personen mit deutscher Staatsangehörigkeit aber schon bei 20%. Positiv sei zu vermerken, dass sich im Bereich der Bildung die Werte der Personen der zweiten Generation im Vergleich zu Personen der ersten Generation verbessert hätten. Diese Werte lägen allerdings noch immer unter den Personen der zweiten Generation der anderen Herkunftsgruppen. Im Bereich des Erwerbslebens könnte die Herkunftsgruppe die im Bildungsbereich deutlich gewordenen Defizite nicht aufholen. Auch seien die Werte der Personen der zweiten Generation im Vergleich zu den der ersten Generation nicht unbedingt besser, da eine systematische Veränderung nur bei der Jugenderwerbsquote (an die 30%, bei Personen der ersten Generation über 30%) 41 Berlin-Institut für Bevölkerung und Entwicklung, Ungenutzte Potenziale - Zur Lage der Integration in Deutschland , Berlin, 2009, Seite 36-37. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 – 3000 – 159/12 Seite 26 zu verzeichnen sei. Generell mache sich die Herkunftsgruppe der Türkei weniger selbstständig, sei kaum im öffentlichen Dienst vertreten (zwischen 5-10%) und trete nur selten in Vertrauensberufe ein (zwischen weniger als 5% bis annähernd 10%). Dagegen liege die Hausfrauenquote sehr hoch (über 50%). Im Bereich der Absicherung sei die relativ niedrige Abhängigkeit von öffentlichen Leistungen, die zwar um mehr als die Hälfte über den Werten der einheimischen Bevölkerung liege, insgesamt aber im Vergleich zu den anderen Herkunftsgruppen mit 16 % im Mittelfeld liege. Auch beim Individualeinkommen sei die Herkunftsgruppe insgesamt recht erfolgreich, es liege mit den Aussiedlern und der südeuropäischen Herkunftsgruppe gleichauf. Die Ergebnisse des IMI indizieren, dass der Besitz der deutschen Staatsbürgerschaft ein Integrationsmotor innerhalb der Herkunftsgruppe ist, da diese in allen Indikatoren besser abschneiden würden als Personen mit türkischer Staatsangehörigkeit. 3.2.3. Herkunftsgruppe: weitere Länder der EU-25 Nach den Werten des IMI weist die Herkunftsgruppe aus den weiteren Ländern der EU-25 im Vergleich zu den anderen Herkunftsgruppen den besten Integrationserfolg auf. Sie würden sich bei vielen Indikatoren sogar den Werten der einheimischen Bevölkerungsgruppe annähern, bei einigen Indikatoren seien sie sogar besser. Für die guten Werte sei insbesondere der Grund, das schon die Personen der ersten Generation sehr gut integriert gewesen seien und die Personen der zweiten Generation die Erfolge der Eltern zum Teil sogar noch verbessern konnten (z.B. Erwerbsleben ). Allerdings sei auch bei den Personen der zweiten Generation ein leichter Rückgang im Bereich der Bildung zu verzeichnen, die Werte lägen aber noch immer über den Werten der Personen der zweiten Generation der anderen Herkunftsgruppen.42 Im Bereich der Assimilation weist die Herkunftsgruppe gute Integrationswerte auf. So seien ein Großteil der Personen aus der Herkunftsgruppe deutsche Staatsbürger, der Anteil der bikulturellen Ehen liegt bei 61%. Im Vergleich zu den Personen der ersten Generation, steigen die Werte der Personen der zweiten Generation noch weiter an. Im Bereich der Bildung erreicht die Herkunftsgruppe aus den weiteren Ländern der EU-25 bessere Werte als die Gruppe der Einheimischen. Ein Grund dafür ist die schon sehr hohe Qualifikation der Personen der ersten Generation, die zwar bei Personen der zweiten Generation leicht abfällt , trotzdem aber noch immer über den Werten der Gruppe der Einheimischen liegt. Bei den Personen der ersten Generation verfügt die Hälfte über eine (Fach-) Hochschulreife, fast ein Drittel davon sind Akademiker. Bei den Personen der zweiten Generation ist der Anteil der Personen mit (Fach-) Hochschulreife und der Anteil der Akademiker leicht rückläufig, bewegt sich aber noch immer bei knapp 50% bzw. 20%. 42 Berlin-Institut für Bevölkerung und Entwicklung, Ungenutzte Potenziale - Zur Lage der Integration in Deutschland , Berlin, 2009, Seite 38-39. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 – 3000 – 159/12 Seite 27 Im Bereich des Erwerbslebens ist die Herkunftsgruppe im Vergleich zu den anderen Herkunftsgruppen ebenso die integrationsstärkste. Leichte Defizite bestehen nur gegenüber der Vergleichsgruppe der Einheimischen, indem sie häufiger erwerbslos sind, weniger Beschäftigte im öffentlichen Dienst stellen und weniger Vertrauensberufe ergreifen. Besonders hebt sich die Herkunftsgruppe durch die hohe Anzahl an Selbstständigen hervor, allerdings sind die Personen aus der Herkunftsgruppe mit ausländischer Staatsangehörigkeit doppelt so häufig selbstständig wie die Personen mit deutscher Staatsbürgerschaft. Während die Hausfrauenquote bei Personen der ersten Generation höher lag als bei der einheimischen Bevölkerung, hat sie in der zweiten Generation abgenommen, die Anzahl der erwerbstätigen Frauen übertrifft sogar die der einheimischen Frauen. Im Bereich soziale Absicherung sind kaum Unterschiede zwischen der Herkunftsgruppe und der Gruppe der Einheimischen auszumachen, innerhalb der anderen Herkunftsgruppen erreichen sie die besten Integrationswerte. Es sei davon auszugehen, dass sich in naher Zukunft, aufgrund des engeren Zusammenwachsens der europäischen Völker, auch die leichten Integrationsdefizite immer mehr auflösen und sich den Werten der Einheimischen angleichen. 3.2.4. Herkunftsgruppe: Südeuropa Die Herkunftsgruppe der Südeuropäer (Italiener, Spanier, Griechen und Portugiesen) liegt in Bezug auf ihren Integrationserfolg nur im Mittelmaß. Gute Werte erreichen sie im Erwerbsleben und liegen damit im Schnitt über den anderen Herkunftsgruppen, schlechtere Werte dagegen im Bildungsbereich , wodurch sie hinter den Aussiedlern und im großen Abstand zu der Gruppe der Einheimischen liegen. Allerdings, so das Fazit des IMI, ist die Herkunftsgruppe der Südeuropäer recht gut integriert, Nachholbedarf besteht aber noch im Bildungsbereich. Besonders gute Integrationswerte würden innerhalb der Herkunftsgruppe die Spanier erreichen, während die Portugiesen das Schlusslicht innerhalb der Gruppe bilden würden.43 Im Bereich der Assimilation ergeben sich relativ niedrige Integrationswerte. So besitzen nur 18% der Personen aus der Herkunftsgruppe die deutsche Staatsangehörigkeit, was den niedrigsten Wert im Vergleich zu allen anderen Herkunftsgruppen darstellt. Verteilt auf die Generationen, haben die Personen der ersten Generation zu 95% ihre Staatsbürgerschaft behalten, bei den Personen der zweiten Generation sind es 35%. Die Anzahl der bikulturellen Ehen ist in der Herkunftsgruppe relativ niedrig, einzig die Spanier erreichen höhere Werte. Auch im Bereich der Bildung sind die Werte relativ niedrig. Personen ohne Schulabschluss sind in der Herkunftsgruppe zwölfmal so hoch wie in der Gruppe der Einheimischen. 76% der Personen der ersten Generation haben keinen Schulabschluss, die Hälfte der Personen der zweiten Generation entweder nur einen Hauptschulabschluss oder gar keinen Schulabschluss. Im Bildungsbereich ist deutlich ein Unterschied zwischen deutschen Staatsbürgern mit südeuropäi- 43 Berlin-Institut für Bevölkerung und Entwicklung, Seite 40-41. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 – 3000 – 159/12 Seite 28 schen Migrationshintergrund und Migranten mit südeuropäischer Staatsangehörigkeit festzustellen . Deutsche Staatsbürger weisen in der Regel einen höheren Bildungsabschluss auf als die Migranten mit südeuropäischer Staatsangehörigkeit. Im Bereich des Erwerbslebens weisen die Südeuropäer hohe Werte und damit einen Integrationserfolg auf. Keine andere Gruppe, so das IMI, könne Bildungsdefizite so gut ausgleichen, wie die Herkunftsgruppe der Südeuropäer. Bei einigen Arbeitsmarktindikatoren erreichen die Südeuropäer die Werte der Gruppe der Einheimischen, bei anderen Indikatoren liegen sie nur knapp unter deren Werten. Insbesondere die Jugenderwerbslosigkeit liegt mit 13% nur knapp unter den Werten der Einheimischen. Die Erwerbslosenquote liegt insgesamt nur zwischen 10 und 20%. Auch in Bezug auf die Hausfrauenquote ist deutlich ein Generationswandel spürbar. Während bei Personen der ersten Generation noch 31% als Hausfrau tätig waren, hat sich dies bei Personen der zweiten Generation auf 17% reduziert. Über die Anzahl der Selbstständigen sind im IMI- Bericht insgesamt keine Informationen verfügbar, der Anzahl der selbstständigen Männer sei aber deutlich höher als die der Frauen. Frauen mit südeuropäischen Migrationshintergrund seien dagegen deutlich häufiger im öffentlichen Dienst oder in Vertrauensberufen beschäftigt. Insgesamt arbeiten aber nur 8% der Personen mit südeuropäischer Migrationshintergrund im öffentlichen Dienst. Im Bereich der Absicherung erreicht die Gruppe der Südeuropäer gute Werte, vor allem im Generationenvergleich . Während die Abhängigkeit von öffentlichen Leistungen bei Personen der ersten Generation noch bei 11% liegt, ist diese bei den Personen der zweiten Generation auf 9% abgesunken. Das Individualeinkommen liegt bei der Herkunftsgruppe im Mittelfeld. 3.2.5. Herkunftsgruppe: ehemaliges Jugoslawien Nach dem IMI sind die Integrationswerte der Personen aus der Herkunftsgruppe aus dem ehemaligen Jugoslawien relativ niedrig und nur wenig besser als die Werte der Herkunftsgruppe Türkei. Schwache Werte seien vor allem in den Bereichen Assimilation und Bildung zu verzeichnen, die Integration in das Erwerbsleben ist aber trotz der Defizite recht gut gelungen. Insgesamt drohe der Herkunftsgruppe aber ein weitergehendes Abrutschen in die sozialen Randgruppen, wenn in den nächsten Jahren keine Fortschritte erreicht werden würden.44 Im Bereich der Assimilation sind, wie schon oben erwähnt, die Integrationswerte recht niedrig. Nur 19% der Personen aus der Herkunftsgruppe haben die deutsche Staatsangehörigkeit angenommen , die Werte liegen damit nur knapp über denen der Südeuropäer. Insgesamt sind nur 9% der Herkunftsgruppe eingebürgert worden, der Rest hat durch Geburt die deutsche Staatsangehörigkeit verliehen bekommen. Die Anzahl der bikulturellen Ehen ist noch niedriger als die der Herkunftsgruppe aus der Türkei. Zwar seien Veränderungen in der zweiten Generation spürbar, diese lägen aber im Vergleich noch immer niedriger als bei den anderen Herkunftsgruppen. 44 Berlin-Institut für Bevölkerung und Entwicklung, Ungenutzte Potenziale - Zur Lage der Integration in Deutschland , Berlin, 2009, Seite 42. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 – 3000 – 159/12 Seite 29 Im Bereich der Bildung liegt laut dem IMI das größte Integrationsdefizit der Herkunftsgruppe. 14% der Personen in der Gruppe besitzen überhaupt keinen Schulabschluss, noch weniger Personen als bei der Herkunftsgruppe der Türken besuchen die gymnasiale Oberstufe oder erwerben die (Fach-)Hochschulreife. Zwischen den Generationen gebe es nur einen leichten Wandel. Auch im Bereich des Erwerbslebens erreicht die Herkunftsgruppe vielfach nur relativ schlechte Werte. Zwar sei die Einbindung in den Arbeitsmarkt besser als bei der südeuropäischen, türkischen , arabischen und afrikanischen Herkunftsgruppe, die Integration verlaufe trotzdem nicht wie gewollt. Die Erwerbslosenquote innerhalb der Herkunftsgruppe liegt bei 19%, der Anteil der Selbstständigen liegt bei 6%, im öffentlichen Dienst und in Vertrauensberufen ist die Herkunftsgruppe nur selten vertreten. Bemerkenswert sei außerdem, dass es auch zwischen den Generationen nur wenig Veränderungen gebe, weshalb die schlechteren Integrationswerte auch bei der zweiten Generation erkennbar seien. Veränderungen gebe es vor allem bei der Hausfrauenquote, die bei Personen der zweiten Generation von 35% auf 15% gesunken sei. Auch die Anzahl der Personen in Vertrauensberufen habe sich verdoppelt. Im Bereich der Absicherung sind 18% der Herkunftsgruppe aus dem ehemaligen Jugoslawien von öffentlichen Leistungen abhängig. 3.2.6. Herkunftsgruppe: Ferner Osten Nach dem IMI kann die Herkunftsgruppe aus dem Fernen Osten einen hohen Integrationserfolg vorweisen. Dies liege daran, dass vor allem die männlichen Einwanderer der ersten Generationen über einen hohen Bildungsstand verfügen würden und es eine deutliche Tendenz zur Vermischung mit der einheimischen Bevölkerung gebe.45 Im Bereich der Assimilation gibt es eine starke Tendenz zu bilateralen Ehen. Ursache für die hohe Anzahl könnte die starke Heiratsmigration, insbesondere von Frauen aus Thailand, sein. In Folge der vielen bilateralen Ehen würde in der Herkunftsgruppe auch ein starker Anstieg der Personen mit deutscher Staatsbürgerschaft, insbesondere in der zweiten Generation, zu verzeichnen sein. Die Annahme der deutschen Staatsbürgerschaft ist bei den Personen der zweiten Generation von 24% auf 74% angestiegen. Beide Indikatoren erzielen somit hohe Werte. Im Bereich Bildung erzielt die Herkunftsgruppe Ferner Osten gute Ergebnisse, wobei dies insbesondere an den Personen der zweiten Generation liegt. Insgesamt haben in der Herkunftsgruppe der Personen der ersten Generation 18% keinen Bildungsabschluss, noch weniger verfügen über die (Fach-) Hochschulreife. Die Frauen der ersten Generation sind insgesamt schlechter qualifiziert als die Männer, was wahrscheinlich eine Folge der Heiratsmigration ist. Bei den Personen der zweiten Generation ändert sich dies. Die Anzahl der Personen ohne Bildungsabschluss sinkt in der zweiten Generation ab, die Anzahl der Personen, die die gymnasiale Oberstufe besuchen und die (Fach-) Hochschulreife erwerben, steigt an. Auch haben die Mädchen in der zweiten Ge- 45 Berlin-Institut für Bevölkerung und Entwicklung, Ungenutzte Potenziale - Zur Lage der Integration in Deutschland , Berlin, 2009, Seite 43. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 – 3000 – 159/12 Seite 30 neration häufiger einen höheren Bildungsstand als die Jungen. Insgesamt haben in der Herkunftsgruppe Ferner Osten 63% der Personen die (Fach-) Hochschulreife erworben, womit die Gruppe über dem Durchschnitt der Einheimischen (38%) liegt. Akademiker sind zu 43% in der Herkunftsgruppe vertreten und liegen damit doppelt so hoch über dem Schnitt der einheimischen Bevölkerung. Im Bereich des Erwerbslebens erzielt die Herkunftsgruppe allerdings schlechtere Werte, was von den Autoren des IMI als bedenklich eingestuft wird. 17% in der Herkunftsgruppe sind erwerbslos, die Jugendarbeitsquote ist noch höher und betrifft vor allem die Frauen. Die Hausfrauenquote liegt bei 42% und damit über dem Durchschnitt der meisten anderen Herkunftsgruppen. Selbstständig sind mit 16% relativ viele Personen, der Wert liegt damit über dem der Einheimischen. Im Bereich der Absicherung sind 14% von öffentlichen Leistungen abhängig, wobei nicht die relativ hohe Anzahl von Asylbewerbern vergessen werden darf, die über keine Arbeitserlaubnis verfügen. Dafür spricht auch der Rückgang der Anzahl in der zweiten Generation. Insgesamt kann die Herkunftsgruppe dadurch charakterisiert werden, dass bei den Personen der ersten Generation die Männer besser ausgebildet sind und stärker am Erwerbsleben teilnehmen als die Frauen, sich dies aber bei den Personen der zweiten Generation umkehrt. 3.2.7. Herkunftsland: Naher Osten Die Herkunftsgruppe Naher Osten ist nach dem IMI voller Extremwerte. So habe die Herkunftsgruppe im Bildungsbereich den höchsten Anteil an Personen mit (Fach-) Hochschulzugangsberechtigung , auf der anderen Seite aber die höchste Erwerbslosenzahl. Die Extremwerte auf beiden Seiten der Skala führten dazu, dass die Herkunftsgruppe nur im Mittelfeld landet.46 Im Bereich der Assimilierung sind die Werte im Mittelfeld angesiedelt. Relativ hohe Integrationswerte bekommt die Herkunftsgruppe beim Indikator Besitz der deutschen Staatsbürgerschaft. 40% der Personen in der Gruppe besitzen die deutsche Staatsbürgerschaft, bei den Personen der zweiten Generation sind es sogar 74%. Dagegen gehen nur 18% eine bikulturelle Ehe ein, wodurch es im zweiten Indikator zu schlechteren Integrationswerten kommt. Im Bereich der Bildung gibt es viele Extreme, insgesamt befindet sich aber die Gruppe, bedingt durch die Personen der zweiten Generation, im Mittelfeld. 22% haben keinen Bildungsabschluss, 48% sind aber Akademiker. In der Zuwandergeneration haben nur 20% eine Hochschulreife, bei den Personen der zweiten Generation sind es aber schon 55%. Die Männer sind im Bildungsbereich sowohl in der ersten als auch in der zweiten Generation besser qualifiziert. Im Bereich des Erwerbslebens kommt die Herkunftsgruppe auf schlechtere Werte. Die Erwerbslosenquote liegt bei 35% und übertrifft damit alle anderen Herkunftsgruppen. Im Vergleich zur einheimischen Bevölkerung liegt die Erwerbslosenquote dreimal so hoch. Die Erwerbslosigkeit 46 Berlin-Institut für Bevölkerung und Entwicklung, Ungenutzte Potenziale - Zur Lage der Integration in Deutschland , Berlin, 2009, Seite 45-46. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 – 3000 – 159/12 Seite 31 wird nicht vom Bildungsstand beeinflusst, da unter den Arbeitslosen auch viele Personen mit (Fach-) Hochschulreife sind. Insbesondere scheint, so die Analyse des IMI, der Erwerb der deutschen Staatsangehörigkeit ein wichtiger Integrationsmotor im Erwerbsleben zu sein. Die Quote der Erwerbstätigen liegt bei 58%, sei aber auch der hohen Anzahl von Personen mit Asylbewerberstatus geschuldet, die über keine Arbeitserlaubnis verfügen. Innerhalb der Herkunftsgruppe gibt es eine hohe Anzahl an Selbstständigen (19%), Beschäftigten im öffentlichen Dienst (12%) und in Vertrauensberufen medizinischer Art (10%). Im Bereich der Absicherung gibt es, entsprechend der Erwerbslosenquote, eine hohe Anzahl von Personen, die von öffentlichen Leistungen abhängig sind. Das Individualeinkommen liegt in der Herkunftsgruppe unter dem Schnitt der anderen Herkunftsgruppen, unabhängig von der Tätigkeit . Im Bereich der Absicherung sind somit schlechtere Werte zu verzeichnen. Insgesamt ist in der Herkunftsgruppe Naher Osten ein Unterschied zwischen den Generationen spürbar. Die Personen der zweiten Generation erreichen sehr viel bessere Werte als die Personen der ersten Generation. Dies macht sich insbesondere bei der Erwerbslosenquote bemerkbar, die in der zweiten Generation auf 22% fällt. 3.2.8. Herkunftsgruppe: Afrika Bei der Herkunftsgruppe Afrika ergeben viele Indikatoren schlechte Werte, so dass die Gruppe unter die Herkunftsgruppe aus dem ehemaligen Jugoslawien fällt. Insbesondere gibt es Rückschritte bei den Personen der zweiten Generation, was besonders bedenklich erscheint. Es gebe trotzdem kleinere Erfolge der afrikanischen Herkunftsgruppen, insbesondere im Bereich der Assimilation und der Bildung. Schwierigkeiten gebe es dagegen bei der Erwerbstätigkeit. Als Integrationsmotor scheint in der afrikanischen Herkunftsgruppe eine Ehe mit einem Einheimischen zu sein, da diese Gruppe weitgehend besser abschneidet als die unilateralen Ehen. Verbesserungen in vielen Bereichen finden sich auch in der Gruppe der Marokkaner.47 Im Bereich der Assimilation erreicht die afrikanische Herkunftsgruppe gute Werte. 41% der Personen mit afrikanischen Migrationshintergrund besitzen die deutsche Staatsbürgerschaft, wodurch sie in dem Bereich im Vergleich zu den anderen Herkunftsgruppen die zweithöchsten Werte erreichen. Die Anzahl bikultureller Ehen liegt bei 34%, meist heiraten afrikanische Männer einheimische Frauen. Im Bereich der Bildung ergeben sich relativ schlechte Werte, dies auch zwischen den Generationen . Keinen Bildungsabschluss haben ein Viertel der Personen mit afrikanischen Migrationshintergrund , wodurch sie neben der Herkunftsgruppe der Türken das Schlusslicht bei dem Indikator bildet. Nur 20% der afrikanischen Herkunftsgruppe besuchen die gymnasiale Oberstufe, 31% aber haben einen (Fach-) Hochschulabschluss. 47 Berlin-Institut für Bevölkerung und Entwicklung, Ungenutzte Potenziale - Zur Lage der Integration in Deutschland , Berlin, 2009, Seite 47-48. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 – 3000 – 159/12 Seite 32 Auch im Bereich des Erwerbslebens ist die Herkunftsgruppe der Afrikaner nach dem IMI schlecht integriert. Die Erwerbslosenquote liegt bei 26% und ist die zweithöchste Quote im Vergleich der Herkunftsgruppen. Die Jugenderwerbslosigkeitsquote liegt bei 31%, der höchste Anteil im Vergleich mit den anderen Herkunftsgruppen. Die Probleme werden in der zweiten Generation anscheinend häufiger. Im öffentlichen Dienst oder in Vertrauensberufen sind nur wenige Personen aus der Herkunftsgruppe tätig, die Selbstständigenquote liegt allerdings bei 11%. Während die Hausfrauenquote bei Personen der ersten Generation noch 44% beträgt, gleicht sich diese bei Personen der zweiten Generation den Werten der einheimischen Gruppe annähernd an. Auch im Bereich der Absicherung gibt es bei der afrikanischen Herkunftsgruppe mehr schlechte als positive Integrationswerte. Aufgrund der hohen Erwerbslosigkeitsquote ist ein Viertel der Personen aus der Herkunftsgruppe von öffentlichen Leistungen abhängig, wobei die hohe Anzahl an Asylbewerbern mit fehlender Arbeitserlaubnis beachtet werden muss. Auch die Höhe des Individualeinkommens ist sehr gering, insbesondere die Frauen liegen weit unter dem Schnitt der einheimischen Gruppe. 3.2.9. Zusammenfassung Insgesamt liegen die Werte der verschiedenen Herkunftsgruppen unter den Werten der einheimischen Bevölkerungsgruppe. Im Vergleich der Herkunftsgruppen untereinander sind die Personen aus den weiteren Ländern der EU-25 gut integriert, in einigen Teilen sind sie sogar besser ausgebildet als die einheimische Bevölkerung. Gute Integrationswerte weisen, entgegen aller Vorurteile , auch die Aussiedler auf. Hinter den Aussiedlern ist die Gruppe der Südeuropäer am integrationsstärksten , die Herkunftsgruppen aus dem Fernen und Nahen Osten sind gemischt und dementsprechend schwer einzuordnen. Die Schlusslichter bilden die Herkunftsgruppen aus dem ehemaligen Jugoslawien, Afrika und der Türkei. Bei den drei Herkunftsgruppen sind laut IMI noch große Integrationsbemühungen nötig.48 3.3. Studie zur Lebenssituation türkischstämmiger Einwanderer in Deutschland vom Zentrum für Türkeistudien, Mehrthemenbefragung in Nordrhein-Westfalen und im Bundesgebiet 2008 3.3.1. Soziodemographische Merkmale In Deutschland sind ungefähr 52% aus der Gruppe der Personen mit türkischen Migrationshintergrund Männer, 48% sind Frauen.49 48 Berlin-Institut für Bevölkerung und Entwicklung, Zusammenfassung der Ergebnisse - Gemischte Integrationserfolge in Europas Zuwanderungsland Nummer 1, http://www.berlin-institut.org/fileadmin/user_upload/Zuwanderung/ 090122_Zusammenfassung.pdf [Stand: 27. Juni 2012]. 49 Stiftung Zentrum für Türkeistudien (Hrsg.)/Sauer, Martina/Halm, Dirk, Erfolge und Defizite der Integration türkischstämmiger Migranten, Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften, 2009, Seite 31. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 – 3000 – 159/12 Seite 33 Die Altersstruktur der Personen mit türkischen Migrationshintergrund hat sich in den letzten Jahren stark gewandelt. Im Unterschied zu den vorhergehenden Jahrzehnten, ist der größte Anteil der Migranten zwischen 30-44 Jahren (45,8%). Nur 22% sind unter 30 Jahren, 20,6% zwischen 45 und 59 Jahren. Lediglich 11,7% sind 60 Jahre und älter. Im Unterschied zur Altersstruktur der deutschen Gesellschaft, ist die Gruppe der Personen mit türkischen Wurzeln damit im Schnitt weitgehend jünger, in den letzten Jahren ist aber auch hier der Altersdurchschnitt angestiegen. Der Altersdurchschnitt in der Gruppe liegt bei 40,4 Jahren. Die durchschnittliche Haushaltsgröße liegt bei 3,8 Personen, die Anzahl der Kinder pro Haushalt im Schnitt bei 1,2 Kindern. Die meisten Personen aus der Gruppe der türkischstämmigen Migranten sind verheiratet (79,3%), nur ein kleiner Teil ist ledig (16,7%) und nur 3,8% sind verwitwet oder geschieden. Dies passt auch zur Altersstruktur in der Personengruppe. Im Schnitt haben türkische Familien 2,1 Kinder. Die meisten Personen mit türkischem Migrationshintergrund sind seit 20 und mehr Jahren in Deutschland (66,6%), danach folgen die Personen, die seit 10-19 Jahren in Deutschland leben (26%). Nur ein kleiner Teil lebt seit 4 bis 9 Jahren in Deutschland (6,2%) und nur eine kleine Minderheit lebt weniger als 3 Jahre hier (1,2%). Die meisten Personen kamen aus Gründen der Familienzusammenführung als Ehepartner nach Deutschland (37,5%), danach folgen die Personen , die als Kind im Rahmen der Familienzusammenführung nach Deutschland kamen (26,4%). In Deutschland geboren wurden schon 21,6%. Der Anteil der Personen, die wegen der Arbeit im Rahmen des Gastarbeiterabkommens nach Deutschland kamen, liegt lediglich bei 11%. Den geringsten Anteil machen innerhalb der türkischen Gemeinschaft die Personen aus, die wegen eines Studiums oder einer Ausbildung nach Deutschland (2,6%) oder als Flüchtling/ Asylbewerber (1%) nach Deutschland gekommen sind. Bezogen auf die Verteilung der Zuwanderergenerationen gehört die Mehrzahl der Nachfolgegeneration, also den Personen der zweiten Generation an (48,1%). Danach folgen die Heiratsmigranten der Nachfolgegeneration mit 29,5%. Der ersten Generation gehören nur noch 18,9% an, nicht zugeordnet werden konnten 3,4%. Bezogen auf die Religionszugehörigkeit sind 95,2% der Migranten mit türkischem Migrationshintergrund Muslime, 87,3% davon gehören der sunnitischen Glaubensrichtung an, 11,6% der alevitischen Glaubensrichtung und 1,1% der schiitischen Glaubensrichtung. Nur 0,2% der Gruppe sind Christen, 0,7% gehören einer anderen Glaubensgemeinschaft an und 1,5% keiner Glaubensgemeinschaft . Keine Angaben lagen über 2,4% der Gruppe vor.50 Abgesehen von der Zuordnung zu verschiedenen Glaubensgemeinschaften, ist die Selbsteinschätzung des Grades der Religiösität von enormer Bedeutung. Die Mehrheit der Gruppe, 52,5%, sehen sich als eher religiös, 20,7% als eher nicht religiös, 14,4% dagegen als sehr religiös. Nur 4% bezeichnen sich als gar nicht religiös . Über 8,1% der Befragten liegen keine Angaben vor.51 Ordnet man die Religiosität nach Altersgruppen ein, wird deutlich, dass die Mehrzahl, die sich als sehr oder eher religiös einstuft, unter 30 Jahren ist (74,9%). Danach folgen die 30 bis 44jährigen (66,5%) und die 60 Jahre und älteren 50 Stiftung Zentrum für Türkeistudien (Fn. 49), Seite 34. 51 Stiftung Zentrum für Türkeistudien (Fn. 49), Seite 35. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 – 3000 – 159/12 Seite 34 (66,7%), den geringsten Grad an Religiosität weisen die 45 bis 59 jährigen auf (59,7%). Unter den Personen, die sich als gar nicht oder eher religiös einstufen, gehört die Mehrzahl der Altersgruppe zwischen 45 und 59 Jahren an (32%), danach folgt die Altersgruppe zwischen 30 und 44 Jahren (24,5%). In der Gruppe 60 Jahre und älter stufen sich 23,1% als eher nicht oder gar nicht religiös ein, in der Gruppe unter 30 Jahren 20,5%.52 Betrachtet man die beiden Generationen, die die Mehrzahl des soziodemographischen Merkmals ausmachen, werden Unterschiede sehr deutlich. Während die erste Generation meist aus rückständigen , sozial unterentwickelten Gebieten der Türkei als ungelernte Gastarbeiter oder im Rahmen der Familienzusammenführung nach Deutschland kamen, ist die zweite Generation schon in Deutschland geboren und hat hier die schulische und berufliche Ausbildung absolviert. Die Personen der ersten Generation hatten vorrangig das Ziel, in einem kurzen Zeitraum so viel Geld wie möglich zu erwirtschaften, um danach in die Türkei zurückzukehren. Im Gegensatz dazu, haben die Personen der zweiten Generationen meist keine Rückkehrabsicht. Bei allen Integrationsindikatoren muss diese wichtige Unterscheidung beachtet werden, so die Autoren der Studie. 3.3.2. Kognitive Integration Im Bereich der schulischen Bildung haben 55% der Migranten mit türkischen Migrationshintergrund das türkische Schulsystem absolviert, 45% das deutsche Schulsystem. In der Gruppe der Personen, die das türkische Schulsystem absolviert haben, sind vor allem Personen der ersten Generation und Heiratsmigranten. In der Gruppe der Personen, die das deutsche Schulsystem besucht haben, sind vor allem Personen der zweiten Generation. 26,4% beider Gruppen verfügen über keinen Hauptschulabschluss oder einen gleichwertigen Abschluss in der Türkei. 11,7% haben einen Realschulabschluss und 13,3% einen dem Realschulabschluss vergleichbaren Abschluss in der Türkei. Insgesamt 11,7% verfügen über ein Fachabitur oder ein Abitur, bei dem türkischen Abschluss , der dem deutschen Abitur ähnelt, sind es immerhin 15,3%. 3,2% gehen noch zur Schule. Die Werte zeigen, dass die Mehrheit der Personen der ersten Generation über keinen Abschluss verfügen und in der zweiten Generation die Anzahl der Personen, die mindestens einen Hauptschulabschluss oder einen höherwertigen Abschluss erreichen, bundesweit zunimmt.53 Im Bereich der beruflichen Bildung hat die Mehrheit der Personen mit türkischem Migrationshintergrund statistisch gesehen keinen beruflichen Ausbildungsabschluss (56%). 23,3% haben eine schulische oder berufliche Ausbildung absolviert, 4% haben einen Meisterbrief, sind Techniker oder Absolventen einer Fachakademie. 7,3% haben eine Fachhochschulabschluss oder einen Universitätsabschluss und 6,9% befinden sich noch in einer beruflichen Ausbildung oder dem Studium. Auch hier ist wieder erkennbar, dass sich der Ausbildungstand der zweiten Generation im Vergleich zu ersten Generation verbessert.54 52 Stiftung Zentrum für Türkeistudien (Fn. 49), Seite 37. 53 Stiftung Zentrum für Türkeistudien (Fn. 49), Seite 40. 54 Stiftung Zentrum für Türkeistudien (Fn. 49), Seite 42. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 – 3000 – 159/12 Seite 35 Im Bereich der Sprachkenntnisse mussten sich die Befragten selbst einschätzen, da Statistiken in diesem Bereich insbesondere im Blick auf die türkische Bevölkerungsgruppe nur begrenzte Aussagekraft haben. Beim Verstehen schätzen sich 24,7% der Befragten als sehr gut ein, 26,3% als gut, 34,9% mittelmäßig, 10,0% eher schlecht und 3,1% als sehr schlecht ein. Beim Sprechen schätzen sich 23,9% als sehr gut ein, 25,3% als gut, 34,9% als mittelmäßig, 12,3% als eher schlecht und 3,3% als sehr schlecht ein. Das Schreiben ist mit 23,7% bei den Befragten sehr gut, bei 23% gut, bei 27,2% mittelmäßig, bei 18,1% eher schlecht und 7,5% sehr schlecht. Auch hier ist die Generationenverteilung wieder zu beachten. Personen der ersten Generation verstehen, schreiben und sprechen tendenziell schlechter als Personen der zweiten Generation. Die Ursache sind möglicherweise die fehlenden Sprachkurse, die insbesondere zu Zeiten der Gastarbeiterzuwanderung noch nicht angeboten wurden. Bei Personen der zweiten Generation geben dagegen 78% der Befragten sehr gute und gute Deutschkenntnisse an. Insgesamt ist also festzustellen, dass bei jungen Migranten , die in Deutschland geboren oder aufgewachsen sind und hier die Schule besucht haben, die Deutschkenntnisse relativ gut sind und bei höherer Schulbildung steigen. Die Personen der ersten Generation und die Heiratsmigranten weisen tendenziell schlechtere Deutschkenntnisse auf.55 3.3.3. Strukturelle Integration Im Bereich der Erwerbstätigkeit sind 41,4% vollzeiterwerbstätig, das heißt sie arbeiten 34 Wochenstunden oder mehr. 8,2% sind teilzeiterwerbstätig, 3,9% geringfügig beschäftigt und 46,6% nicht erwerbstätig. Dabei unterscheidet sich die Erwerbstätigkeit nach dem Geschlecht, im Schnitt gehen weniger Frauen einer Beschäftigung nach als Männer.56 52,8% gehen einer Beschäftigung als Arbeiter nach (angelernt und ungelernt), 13,5% als Facharbeiter und 18,7% als Angestellte. Verbeamtet sind nur 1% der Befragten, selbstständig dagegen 10%. 3,3% sind Auszubildende.57 Auch im Generationenvergleich erwachsen dementsprechend bei den Personen mit türkischen Migrationshintergrund Defizite im Vergleich zur einheimischen Bevölkerung.58 Auch im Hinblick auf das Haushaltsnettoeinkommen gebe es im Vergleich zur einheimischen Bevölkerung Defizite, wofür die Indikatoren Erwerbstätigkeit und berufliche Stellung verantwortlich sind. Den Personen mit türkischem Migrationshintergrund stehen im Schnitt 2.073 Euro pro Monat zur Verfügung, das monatliche Nettoeinkommen der einheimischen Haushalte liegt bei 3.075 Euro. Das Pro-Kopf-Einkommen liegt bei 545 Euro, das der einheimischen Bevölkerung bei 1.397 Euro.59 Die generellen Aussagen müssen selbstverständlich jeweils im Einzelfall beurteilt werden, da das durchschnittliche Nettoeinkommen stark von der beruflichen Stellung variiert. 55 Stiftung Zentrum für Türkeistudien (Fn. 49), Seite 44-45. 56 Stiftung Zentrum für Türkeistudien (Fn. 49), Seite 47. 57 Stiftung Zentrum für Türkeistudien (Fn. 49), Seite 48. 58 Stiftung Zentrum für Türkeistudien (Fn. 49), Seite 49. 59 Stiftung Zentrum für Türkeistudien (Fn. 49), Seite 51. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 – 3000 – 159/12 Seite 36 Das Armutsrisiko wird mit den Nettoäquivalenzeinkommen bestimmt, bei dem die Haushaltsmitglieder unterschiedlich gewichtet werden. Im Armuts- und Reichtumsbericht der Bundesregierung wird für die einheimische Bevölkerung eine Armutsrisikoquote von 12%, bei Personen mit Migrationshintergrund eine Quote von 28% und für Ausländer eine Quote von 34% berechnet . Ursache für die relativ hohe Armutsrisikoquote sind für die Bundesregierung die berufliche Stellung und die Erwerbstätigkeit, die sich häufig bei Personen mit Migrationshintergrund schwieriger gestaltet.60 Die Mehrheit der Personen mit türkischem Migrationshintergrund wohnt in einer Mietwohnung (54%), im eigenen Haus wohnen nur 23,9%. 14,1% wohnen in einer Eigentumswohnung und 7,2% in einem gemieteten Haus. Auch hier ist ein deutlicher Unterschied zu den Personen ohne Migrationshintergrund zu sehen, bei denen 52% in Deutschland über Wohneigentum verfügen. Allerdings planen Personen mit türkischem Migrationshintergrund zu 59,8% nicht Wohneigentum zu erwerben, lediglich 6,3% planen einen Erwerb. 33% wissen es nicht.61 Die Autoren sehen in der subjektiven Einschätzung der wirtschaftliche Lage, neben den objektiven Kriterien, einen wichtigen Integrationsindikator. Er dient der Messung, inwieweit Personen mit türkischem Migrationshintergrund selbst ihre strukturelle Integration im Verhältnis zu den Personen ohne Migrationshintergrund sehen. Die allgemeine Lage wird von der Mehrheit der Befragten (65,1%) als schlecht eingestuft, in Bezug auf die eigene Lage sagen dies allerdings nur 23,6%. Teils gut/ teils schlecht sehen 25,1% die allgemeine Lage, die eigene Lage 53,5%. Als gut wird die allgemeine Lage von 8,9% eingestuft, die eigene Lage von 21,9%. Lediglich eine Minderheit kann die allgemeine Lage (0,9%) und die eigene Lage (1%) nicht einschätzen.62 3.3.4. Identifikative Integration Im Bereich der Rückkehrerabsicht plant nur eine Minderheit von 7,8% die Rückkehr in die Türkei, 51,9% lehnen eine Rückkehr in die Türkei ab. 39,9% wissen es noch nicht. Deutschland als Heimat sehen 22,9%, die Türkei als Heimat 39,1%. Demgegenüber empfinden allerdings 31,1% beide Länder als Heimat, so dass sich bei diesem Teil der Gruppe eine Mehrfachintegration festgestellt werden kann. Keines der beiden Länder als Heimat empfindet lediglich eine kleine Minderheit von 5,5%. Insbesondere zur Rückkehrerabsicht stellen die Autoren fest, dass die Türkei bei den Personen der zweiten Generation meist „eine Mischung aus Urlaubseindrücken und Vermittlung aus zweiter Hand“ ist, was entweder die Rückkehrabsicht aus Gründen der Idealisierung stärkt aber auch abschwächt. Für viele Gruppenmitglieder stelle die Rückkehrabsicht eine Lösung für die täglichen Probleme dar, die in der Realität aber nicht umgesetzt wird. Dies zeigten insbesondere die 60 Stiftung Zentrum für Türkeistudien (Fn. 49), Seite 53. 61 Stiftung Zentrum für Türkeistudien (Fn. 49), Seite 54-55. 62 Stiftung Zentrum für Türkeistudien (Fn. 49), Seite 56. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 – 3000 – 159/12 Seite 37 tatsächlichen Abwanderungszahlen.63 Auch muss die Zuwanderergeneration und das Alter beachtet werden.64 Bei der identifikativen Orientierung gibt die Mehrheit der Befragten an, „deutschlandorientiert“ zu sein, lediglich 25,2% geben an „türkeiorientiert“ zu sein. Immerhin 34,2% geben eine Mischidentität bei der identifikativen Orientierung an. Die größte Gruppe der Personen mit türkischem Migrationshintergrund hat somit ihre kulturelle Identität auf Deutschland ausgerichtet.65 Im Bereich der Einbürgerung stagniert die Anzahl seit Jahren. Dies liege, so die Autoren der Studie , insbesondere daran, dass das deutsche Staatsangehörigkeitsrecht eine Doppelstaatsangehörigkeit verbiete, viele die türkische Staatsangehörigkeit aber nicht aufgegeben möchten. Außerdem bestehe in vielen Fällen Angst vor dem 2008 eingeführten Einbürgerungstest. Im Jahr 2007 wurden 28.861 türkische Staatsangehörige eingebürgert, was eine Veränderung von -14% zum Vorjahr ausmacht. Allerdings müssen zu diesen Zahlen für die Personen mit türkischen Migrationshintergrund die Kinder addiert werden, die seit der Einführung des Grundsatzes der Einbürgerung durch Geburt die deutsche Staatsbürgerschaft verliehen bekommen und so nicht mehr in die Einbürgerungsstatistik einfließen. Dies waren bis 2007 zusätzlich 280.000 Personen. Auch muss beim Indikator Anzahl der Einbürgerungen der Generationsunterschied beachtet werden. So sind in Deutschland nur 21% der Personen der ersten Generation eingebürgert worden, bei der zweiten Generation sind es bei den vor 2000 Geborenen immerhin 48%.66 Interesse an deutscher Politik haben in hohem Maß nur 10,7%, mittelmäßiges Interesse weisen 26,9% und wenig Interesse 52,7% auf. Bei der Befragung nach Interesse an türkischer Politik sieht dies nicht wesentlich anders aus, auch dort ist ein starkes Interesse nur bei 21,4% vorhanden .67 Wie bei Personen ohne Migrationshintergrund steigt das politische Interesse der Befragten mit steigender Bildung.68 Personen mit türkischem Migrationshintergrund haben häufig das Gefühl nicht wirklich im Deutschen Bundestag und den Landtagen, vertreten zu sein. Dies entspricht auch den Tatsachen, wie die Zusammensetzung der 16. Wahlperiode zeigt. Insgesamt waren nur 16 Kandidaten mit türkischen Migrationshintergrund im Deutschen Bundestag vertreten .69 Bei kommunalen Vertretern, z.B. dem (Ober)Bürgermeister, können viele Befragte den Vertretungsgrad nicht einschätzen.70 Die Mediennutzung deutscher und türkischer Medien wird am Rand der Studie untersucht. Dabei ergibt die Mediennutzung das Bild der Mehrfachintegration wieder. Deutsche und türkische 63 Stiftung Zentrum für Türkeistudien (Fn. 49), Seite 64-65. 64 Stiftung Zentrum für Türkeistudien (Fn. 49), Seite 68. 65 Stiftung Zentrum für Türkeistudien (Fn. 49), Seite 68. 66 Stiftung Zentrum für Türkeistudien (Fn. 49), Seite 69-71. 67 Stiftung Zentrum für Türkeistudien (Fn. 49), Seite 76. 68 Stiftung Zentrum für Türkeistudien (Fn. 49), Seite 78. 69 Stiftung Zentrum für Türkeistudien (Fn. 49), Seite 75. 70 Stiftung Zentrum für Türkeistudien (Fn. 49), Seite 79. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 – 3000 – 159/12 Seite 38 Medien werden von 83,9% der Befragten genutzt. Lediglich 2,6% nutzen nur deutsche Medien und 12,3% nur türkische Medien. Keine Medien nutzen 1,2%. 3.3.5. Gesellschaftliche Integration Beim Indikator Kontakt zu Deutschen wird im ersten Schritt die Anzahl der Lebensbereiche gemessen , in denen Kontakte zu Deutschen bestehen. Die meisten Befragten geben an, in drei Bereichen (32,6%) Kontakt zu Deutschen zu haben. 30,2% geben an in vier Bereichen in Kontakt zu stehen, 18,7% in zwei Bereichen. Lediglich 9,5% haben nur in einem Bereich Kontakt zu Deutschen , 9% in keinem Bereich.71 Die Mehrheit der Personen mit türkischen Migrationshintergrund steht somit in mehreren Lebensbereichen in Kontakt mit Deutschen. Die meisten Befragten haben im Lebensbereich Nachbarschaft Kontakte zu Deutschen (81%), 74,8% immerhin im Bekanntenkreis . Am Arbeitsplatz geben 63,6% Kontakte zu Deutschen an, in der Familie sind es immerhin 46%. Beim Indikator Kontakt mit Deutschen sind vor allem die Generationenzugehörigkeit, das Alter, die Aufenthaltsdauer, zum Teil auch die Schulbildung und die berufliche Stellung bedeutsame Einflussfaktoren.72 In Bezug auf die Häufigkeit von Freizeitbeziehungen gibt die Mehrheit der Befragten an, manchmal in der Freizeit Kontakte mit Deutschen zu haben (26,7%). 21,8% haben häufig Kontakt zu Deutschen, 20,9% jeden Tag. Nur 17% haben nie in ihrer Freizeit Kontakt zu Deutschen, 13,7% selten.73 Unter den Befragten haben 52,3% den Wunsch nach mehr Kontakten zu Deutschen, 38% nicht, 7,7% wissen es nicht.74 Die Behauptung, insbesondere Personen mit türkischen Migrationshintergrund würden sich räumlich segregieren, kann durch die Studie nicht bestätigt werden. Im Gegenteil, 61,1% der Befragten geben an in Wohngegenden zu leben, die überwiegend deutsch geprägt sind. Nur 16,1% geben an in Wohngegenden zu leben, die überwiegend türkisch geprägt sind und 16,1% leben nach eigener Aussage in Wohngegenden, die von Deutschen und Türken gleichermaßen geprägt werden. 5,8% leben in Bereichen, die überwiegend von anderen Zuwanderern geprägt sind.75 4. Zusammenfassung Vergleicht man nun abschließend die exemplarisch vorgestellten Indizes im Bezug auf die Frage, welche Indikatoren verwendetet wurden, um den Stand der Integration bzw. deren Entwicklung zu messen, so lässt sich sicherlich feststellen, dass sich verschiedene Indikatoren in allen drei Indizes wiederfinden (Bsp.: Bildung, Erwerbsleben, Absicherung). Ob es sich dabei jedoch um eine abschließende Aufzählung der relevanten Indikatoren und damit um die allein maßgebli- 71 Stiftung Zentrum für Türkeistudien (Fn. 49), Seite 83. 72 Stiftung Zentrum für Türkeistudien (Fn. 49), Seite 84. 73 Stiftung Zentrum für Türkeistudien (Fn. 49), Seite 86. 74 Stiftung Zentrum für Türkeistudien (Fn. 49), Seite 88. 75 Stiftung Zentrum für Türkeistudien (Fn. 49), Seite 94. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 – 3000 – 159/12 Seite 39 chen Kriterien für die Messung eines Integrationserfolges handelt, ist sehr fraglich. Bereits der Begriff der Integration und des Integrationserfolges ist (wie bereits zu Beginn ausgeführt) umstritten . Fehlt es jedoch an einer gemeinsamen Definition, so kann nur schwerlich davon ausgegangen werden, dass bereits die Kriterien, die eine Aussage über den Stand bzw. den Erfolg der Integration ermöglichen sollen, abschließend und allgemeingültig bekannt sind. Dies wird insbesondere deutlich, wenn man sich den unterschiedlichen Umfang der verwendeten Indikatoren innerhalb der Indizes anschaut. Es wird auch klar, dass die Beantwortung der Frage einer erfolgreichen Integration nicht eindimensional erfolgen kann. Vielmehr bedarf sie einer genaueren Betrachtung und ist von vielen verschiedenen Variablen abhängig. Eine isolierte Betrachtung nur eines Lebensbereichs ist z.B. aufgrund der bestehenden Wechselwirkungen nicht möglich. Auch eine pauschale Einteilung in deutsche Staatsangehörige und Ausländerinnen bzw. Ausländer wird der sozialen Realität nicht mehr gerecht. Um Integrationsprozesse auch nach erfolgter Einbürgerung nachvollziehen zu können, muss vielmehr eine Orientierung an den soziologischen Kriterien (Personen ohne Migrationshintergrund/ Personen mit Migrationshintergrund der ersten und der zweiten Generation) erfolgen. Insbesondere im Mikrozensus findet sich bereits die Berücksichtigung des Migrationshintergrundes . Dennoch unterscheiden viele der Statistiken, die Grundlage der vorgestellten Indizes waren, weiterhin lediglich nach deutschen Staatsangehörigen und Ausländerinnen bzw. Ausländern (3.1.). Des Weiteren sind die innerhalb eines Index verwendeten Daten teilweise nicht lückenlos vorhanden und decken sich nicht hinsichtlich des betrachteten Zeitraumes. Insbesondere im Bereich der Kriminalität ist die Aussagekraft der vorhandenen Daten darüber hinaus durch das Dunkelfeld begrenzt und stellt lediglich eine Annäherung an die Realität dar. Aufgrund der Datenlage kann somit das Ziel, den Integrationserfolg auf empirische Daten zu stützen, nicht erreicht werden. Eine abschließende, einheitliche Aussage, insbesondere über die Situation von Personen der 2. Generation kann nicht getroffen werden. Eine generelle Aussage darüber, welche Bevölkerungsgruppe sich wie gut und wie schnell integriert , bzw. die Erstellung einer Rangfolge, ist aufgrund der Vielschichtigkeit des Themas und nicht zuletzt aufgrund der Datenlage ebenso nicht möglich.