© 2014 Deutscher Bundestag WD 3 - 3000 - 157/14 Reichweite des Informationsfreiheitsgesetzes Ausarbeitung Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitungen und andere Informationsangebote der Wissenschaftlichen Dienste geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Der Deutsche Bundestag behält sich die Rechte der Veröffentlichung und Verbreitung vor. Beides bedarf der Zustimmung der Leitung der Abteilung W, Platz der Republik 1, 11011 Berlin. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 157/14 Seite 2 Reichweite des Informationsfreiheitsgesetzes Verfasser/in: Aktenzeichen: WD 3 - 3000 - 157/14 Abschluss der Arbeit: 7. August 2014 Fachbereich: WD 3: Verfassung und Verwaltung Telefon: + Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 157/14 Seite 3 1. Einleitung Diese Ausarbeitung stellt die Reichweite des Informationsfreiheitsgesetzes des Bundes (IFG)1 dar. Ausgehend von der Darstellung der verfassungsrechtlichen Lage werden der Anwendungsbereich des Gesetzes und die danach geltenden Voraussetzungen eines Informationszugangsanspruches erörtert. Ferner wird ein Überblick über die Ausnahmetatbestände gegeben, bei deren Vorliegen der Informationszugang verweigert werden kann. 2. Verfassungsrechtliche Ausgangslage Der Zugang zu amtlichen Informationen ist nicht verfassungsrechtlich determiniert. Weder aus den Grundrechten noch aus anderen Verfassungsbestimmungen2 lässt sich ein Gebot freien Zugangs zu amtlichen Informationen ableiten.3 Insbesondere schützt die Informationsfreiheit nach Art. 5 Abs. 1 S. 1 Hs. 2 Grundgesetz (GG)4 als Abwehrrecht lediglich den Zugang zu allgemein zugänglichen Informationsquellen gegen staatliche Beschränkungen, verschafft aber kein Recht auf Eröffnung einer Informationsquelle.5 Erst die Entscheidung des Staates, amtliche Informationen allgemein zur Verfügung zu stellen, eröffnet den Schutzbereich.6 Das Grundrecht beeinflusst daher auch nicht die Auslegung einfachgesetzlicher Informationszugangsregelungen.7 Keine Aussage zu der Frage des Zugangs zu amtlichen Informationen trifft ferner das in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts entwickelte Recht auf informationelle Selbstbestimmung (Art. 2 Abs. 1 GG i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG). Dieses Grundrecht gewährleistet die Befugnis des Einzelnen, grundsätzlich selbst über die Preisgabe und Verwendung seiner persönlichen Daten zu bestimmen.8 Es vermittelt aber keinen Informationsanspruch des Bürgers gegenüber dem Staat. 1 Informationsfreiheitsgesetz vom 5. September 2005 (BGBl. I S. 2722), das durch Artikel 2 Absatz 6 des Gesetzes vom 7. August 2013 (BGBl. I S. 3154) geändert worden ist. 2 Zur Frage, ob sich aus den Staatsstrukturprinzipien ein Gesetzgebungsauftrag zur Regelung eines freien Informationszugangs ergibt, vgl. Schoch, IFG, 1. Aufl. 2009, Einleitung Rn. 57 ff. 3 Anders ist die Lage im europäischen Primärrecht, wo Art. 15 Abs. 3 AEUV und Art. 42 GR-Charta ein allgemeines Zugangsrecht zu Dokumenten der Unionsorgane gewährleisten. Diese europarechtlichen Verbürgungen haben allerdings keine unmittelbaren Auswirkungen auf die innerstaatliche Rechtslage. 4 Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland in der im Bundesgesetzblatt Teil III, Gliederungsnummer 100- 1, veröffentlichten bereinigten Fassung, das zuletzt durch Artikel 1 des Gesetzes vom 11. Juli 2012 (BGBl. I S. 1478) geändert worden ist. 5 BVerfGE 103, 44 (59 f.); Schoch, IFG, 1. Aufl. 2009, Einleitung Rn. 52 m.w.N. 6 Vgl. Caspar, Informationsfreiheit, Transparenz und Datenschutz, DÖV 2013, 371 (373). 7 BVerwG, NVwZ 2011, 1072 (1073). 8 BVerfGE 65, 1. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 157/14 Seite 4 Eine verfassungsrechtliche Verpflichtung des Gesetzgebers, einen allgemeinen und voraussetzungslosen Zugang zu amtlichen Informationen zu gewähren, besteht daher nicht. Informationsfreiheit ist vielmehr eine staatliche Gewährung, deren gesetzliche Ausgestaltung sogenannte freiwillige Gesetzgebung. Der Gesetzgeber ist daher frei in der Bestimmung von Anwendungsbereich und Tiefe der normierten Informationsansprüche und damit auch des Grades der herzustellenden Transparenz in der öffentlichen Verwaltung. 3. Voraussetzungen eines Anspruchs auf Informationszugang nach dem IFG Der Bundesgesetzgeber hat sich für einen breiten Ansatz entschieden und einen materiell voraussetzungslosen Anspruch auf Informationszugang gegenüber Bundesbehörden normiert. 3.1. Anspruchsinhaber Anspruchsinhaber ist nach § 1 Abs. 1 IFG „jeder“. Dies umfasst alle natürlichen Personen unabhängig von ihrer Staatsangehörigkeit und ihrem Aufenthaltsort sowie juristische Personen des Privatrechts.9 3.2. Anspruchsvoraussetzungen Der Anspruch auf Informationszugang hängt in materieller Hinsicht nicht von weiteren persönlichen oder sachlichen Voraussetzungen (wie etwa eines begründeten Interesses oder einer Beteiligung an einem Verwaltungsverfahren) ab. Allerdings normiert das Gesetz Ausnahmetatbestände, nach denen einen Anspruch entweder überhaupt nicht oder nur nach erfolgter Einwilligung Dritter besteht (dazu unter 4.). In formeller Hinsicht ist die Stellung eines Antrags Voraussetzung für die Gewährung des Informationszugangs. 3.3. Anspruchsgegner Anspruchsgegner eines Informationszugangsanspruchs sind nach § 1 Abs. 1 S. 1 IFG die Behörden des Bundes. Der Behördenbegriff entspricht dem des § 1 Abs. 4 Verwaltungsverfahrensgesetz (VwVfG)10 und damit dem Behördenbegriff im funktionellen Sinne.11 Dieser umfasst alle Stellen, die Aufgaben der öffentlichen Verwaltung wahrnehmen. In erster Linie deklaratorischer Natur ist daher der anschließende Satz 2 des § 1 Abs. 1 IFG, wonach das IFG auch für „sonstige Bundesor- 9 Zu den Einzelheiten vgl. Rossi, IFG, 1. Aufl. 2006, § 1 Rn. 7 ff. 10 Verwaltungsverfahrensgesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 23. Januar 2003 (BGBl. I S. 102), das zuletzt durch Artikel 3 des Gesetzes vom 25. Juli 2013 (BGBl. I S. 2749) geändert worden ist. 11 BVerwGE 141, 122 (124, 127); so auch der ausdrückliche Verweis in der Begründung des Gesetzentwurfs auf BT-Drs. 15/4493, S. 7. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 157/14 Seite 5 gane und -einrichtungen gilt […], soweit sie öffentlich-rechtliche Verwaltungsaufgaben wahrnehmen “.12 Eine Einrichtung des Bundes ist danach nur insoweit informationspflichtig nach dem IFG, als sie öffentlich-rechtliche Verwaltungsaufgaben wahrnimmt. Ob eine konkrete Aufgabe dem Bereich der öffentlichen Verwaltung zuzuordnen ist, entscheidet sich nach materiellen Kriterien und ist nicht immer zweifelsfrei zu bestimmen. Das Bundesverwaltungsgericht13 bedient sich hierzu – im Einklang mit der überwiegenden Lehre – der sog. Subtraktionsmethode: Danach ist Verwaltung diejenige staatliche Tätigkeit, die weder Gesetzgebung noch Rechtsprechung ist.14 Während im allgemeinen Verwaltungsrecht der Bereich der Regierungstätigkeit (sog. Regierungsakte) allerdings nicht zur Verwaltungstätigkeit im Sinne des § 1 VwVfG zählt,15 hat das Bundesverwaltungsgericht zur Frage, inwieweit das Bundesministerium der Justiz dem IFG unterliege, entschieden , dass der Verwaltungsbegriff des IFG auch die Regierungstätigkeit einschließe. Insbesondere der Regelungszweck des IFG spreche hier für ein weites Verständnis der Verwaltung.16 Das IFG habe insoweit zwar den Behördenbegriff des VwVfG übernommen, nicht aber den dortigen Verwaltungsbegriff. Dieser sei vielmehr eigenständig für das IFG zu bestimmen.17 Mit der Entscheidung hat das Bundesverwaltungsgericht klargestellt, dass die gesamte Regierungstätigkeit grundsätzlich dem Informationszugang nach dem IFG unterliegt. Über die entschiedene Rechtsfrage hinaus ist das Urteil deswegen bedeutsam, weil es von einem weiten Verständnis des Anwendungsbereichs des IFG durch das Bundesverwaltungsgericht gekennzeichnet ist, das vor allem mit dem Regelungsziel des Gesetzes, der Stärkung demokratischer Partizipation durch Transparenz, begründet wird.18 Aktuell streitbefangen ist (unter anderem) die Frage, inwieweit die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages dem IFG unterliegen, konkret, ob Zugang zu Gutachten gewährt werden muss, die im Auftrag von Abgeordneten erstellt worden sind.19 Nachdem das Verwaltungsgericht Berlin den Anwendungsbereich auch insoweit uneingeschränkt für eröffnet erachtet hatte,20 12 Vgl. Rossi, IFG, 1. Aufl. 2006, § 1 Rn. 56; Hölscheidt/Wahlen, Informationsrechte von Abgeordneten und Bürgern , in: Dix/Franßen u.a. (Hrsg.), Informationsfreiheit und Informationsrecht – Jahrbuch 2013, 2014, S. 63 (S. 73). 13 BVerwGE 141, 122 (125). 14 Vertiefend Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, 18. Aufl. 2011, § 1 Rn. 6; Ipsen, Allgemeines Verwaltungsrecht, 7. Aufl. 2011, § 1 Rn. 51; Schmitz, in: Stelkens/Bonk/Sachs (Hrsg.), VwVfG, 7. Aufl. 2008, § 1 Rn. 165 f. 15 Vgl. Schmitz, in: Stelkens/Bonk/Sachs (Hrsg.), VwVfG, 7. Aufl. 2008, § 1 Rn. 167 und 186. 16 BVerwGE 141, 122 (126 f.). 17 BVerwGE 141, 122 (126 ff.). 18 BVerwGE 141, 122 (127 ff.). 19 Zu dieser Frage ausführlich Rossi, Die Stellung der Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages im Informationsfreiheitsrecht, DÖV 2013, 205. 20 Vgl. VG Berlin, Urteil vom 1. Dezember 2011 – 2 K 91.11 – sowie VG Berlin, Urteil vom 14. September 2012 – 2 K 185.11. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 157/14 Seite 6 hat das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg in der Berufungsinstanz entschieden, dass das IFG auf mandatsbezogene Unterlagen der Wissenschaftlichen Dienste keine Anwendung findet . Denn diese seien nicht in Wahrnehmung von Verwaltungsaufgaben erstellt worden, sondern dem vom IFG ausgenommenen Bereich parlamentarischer Tätigkeit zuzurechnen.21 Der Rechtsstreit ist mittlerweile in der Revisionsinstanz beim Bundesverwaltungsgericht anhängig.22 3.4. Anspruchsinhalt Der Informationszugangsanspruch richtet sich auf amtliche Informationen. Diese werden in § 2 Nr. 1 Hs. 1 IFG legaldefiniert als „jede amtlichen Zwecken dienende Aufzeichnung, unabhängig von der Art ihrer Speicherung“. Entwürfe und Notizen, die nicht Bestandteil eines Vorgangs werden sollen, zählen nach § 2 Nr. 1 Hs. 2 IFG nicht dazu. Der Zugang zu den begehrten Informationen kann nach § 1 Abs. 2 IFG durch Auskunftserteilung, durch Akteneinsicht oder auf sonstige Weise erfolgen, wobei der Antragsteller ein Wahlrecht hat. Wird eine bestimmte Art des Informationszugangs begehrt, darf der Zugang nur aus wichtigem Grund auf eine andere Art gewährt werden. 4. Ausnahmetatbestände Der voraussetzungslose und umfassende Anspruch auf Informationszugang wird eingeschränkt durch die Bestimmungen der §§ 3 bis 6 IFG. Die dort normierten Ausnahmetatbestände tragen öffentlichen und privaten Belangen Rechnung. Im Einzelnen dienen sie dem Schutz von besonderen öffentlichen Belangen (§ 3 IFG), dem Schutz des behördlichen Entscheidungsprozesses (§ 4 IFG), dem Schutz personenbezogener Daten (§ 5 IFG) und dem Schutz des geistigen Eigentums und von Betriebs- oder Geschäftsgeheimnissen (§ 6 IFG). Bei Vorliegen der oben genannten Voraussetzungen eines Informationszugangsanspruches darf die begehrte Information behördlicherseits nur dann verweigert werden, wenn eine der anspruchsausschließenden bzw. anspruchsbeschränkenden Regelungen der §§ 3 ff. IFG einschlägig ist. Den Ausnahmetatbeständen ist gemein, dass sie von der Rechtsprechung in der Tendenz eng ausgelegt werden, um das gesetzgeberische Ziel eines grundsätzlich freien Zugangs zu amtlichen Informationen nicht durch eine weite Interpretation der Versagungsgründe zu konterkarieren.23 4.1. Schutz von besonderen öffentlichen Belangen (§ 3 IFG) § 3 IFG nimmt – als negative Tatbestandsvoraussetzung24 – diverse Informationen vom grundsätzlichen Informationszugangsanspruch aus. Die insgesamt 15 in § 3 IFG normierten Ausnahmetat- 21 OVG Berlin-Brandenburg, Urteile vom 13. November 2013 – OVG 12 B 3.12 und OVG 12 B 21.12; ebenso Rossi, Die Stellung der Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages im Informationsfreiheitsrecht, DÖV 2013, 205 (210); Hölscheidt/Wahlen, Informationsrechte von Abgeordneten und Bürgern, in: Dix/Franßen u.a. (Hrsg.), Informationsfreiheit und Informationsrecht – Jahrbuch 2013, 2014, S. 63 (S. 77); Heuner/Küpper, Anmerkung , JZ 2012, 801 (803); Jastrow/Schlatmann, IFG, 1. Aufl. 2006, § 1 Rn. 35; a. A. Schoch, Aktuelle Entwicklungen im Informationsfreiheitsrecht nach dem IFG des Bundes, NVwZ 2013, 1033 (1035). 22 Unter den Aktenzeichen BVerwG 7 C 1.14 sowie BVerwG 7 C 2.14. 23 So auch die Begründung des Gesetzentwurfs auf BT-Drs. 15/4493, S. 9. 24 Vgl. Rossi, IFG, 1. Aufl. 2006, § 3 Rn. 1. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 157/14 Seite 7 bestände verfolgen den Schutz besonderer öffentlicher Belange. Im Einzelnen ist der Anspruch auf Informationszugang unter anderem dann ausgeschlossen, – wenn das Bekanntwerden der Information nachteilige Auswirkungen auf die internationalen Beziehungen, auf militärische und sonstige sicherheitsempfindliche Belange der Bundeswehr , auf Belange der inneren oder äußeren Sicherheit, auf Kontroll- oder Aufsichtsaufgaben der Finanz-, Wettbewerbs- und Regulierungsbehörden, auf Angelegenheiten der externen Finanzkontrolle, auf Maßnahmen zum Schutz vor unerlaubtem Außenwirtschaftsverkehr , auf die Durchführung eines laufenden Gerichtsverfahrens, auf den Anspruch einer Person auf ein faires Verfahren oder auf die Durchführung strafrechtlicher, ordnungswidrigkeitsrechtlicher oder disziplinarischer Ermittlungen haben kann (§ 3 Nr. 1 IFG), – wenn das Bekanntwerden der Information die öffentliche Sicherheit gefährden kann (§ 3 Nr. 2 IFG), – wenn und solange die notwendige Vertraulichkeit internationaler Verhandlungen oder die Beratungen von Behörden beeinträchtigt werden (§ 3 Nr. 3 IFG), – wenn die Information einer durch Rechtsvorschrift oder durch allgemeine Verwaltungsvorschrift zum materiellen und organisatorischen Schutz von Verschlusssachen geregelten Geheimhaltungs- oder Vertraulichkeitspflicht oder einem Berufs- oder besonderen Amtsgeheimnis unterliegt (§ 3 Nr. 4 IFG), – hinsichtlich vorübergehend beigezogener Information einer anderen öffentlichen Stelle, die nicht Bestandteil der eigenen Vorgänge werden soll (§ 3 Nr. 5 IFG), – wenn das Bekanntwerden der Information geeignet wäre, fiskalische Interessen des Bundes im Wirtschaftsverkehr oder wirtschaftliche Interessen der Sozialversicherungen zu beeinträchtigen (§ 3 Nr. 6 IFG), – bei vertraulich erhobener oder übermittelter Information, soweit das Interesse des Dritten an einer vertraulichen Behandlung im Zeitpunkt des Antrags auf Informationszugang noch fortbesteht (§ 3 Nr. 7 IFG), – gegenüber den Nachrichtendiensten sowie den Behörden und sonstigen öffentlichen Stellen des Bundes, soweit sie Aufgaben im Sinne des § 10 Nr. 3 des Sicherheitsüberprüfungsgesetzes 25 wahrnehmen (§ 3 Nr. 8 IFG). 4.2. Schutz des behördlichen Entscheidungsprozesses (§ 4 IFG) Nach § 4 Abs. 1 S. 1 IFG soll ein Antrag auf Informationszugang abgelehnt werden für Entwürfe zu Entscheidungen sowie Arbeiten und Beschlüsse zu ihrer unmittelbaren Vorbereitung, soweit und solange durch die vorzeitige Bekanntgabe der Informationen der Erfolg der Entscheidung 25 Sicherheitsüberprüfungsgesetz vom 20. April 1994 (BGBl. I S. 867), das zuletzt durch Artikel 4 des Gesetzes vom 7. Dezember 2011 (BGBl. I S. 2576) geändert worden ist. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 157/14 Seite 8 oder bevorstehender behördlicher Maßnahmen vereitelt würde. Damit wird für entscheidungsvorbereitende Maßnahmen eine Regelausnahme vom Grundsatz des Zugangsanspruchs normiert .26 Eine Rückausnahme hierzu normiert wiederum § 4 Abs. 1 S. 2 IFG, wonach Ergebnisse einer Beweiserhebung und Gutachten oder Stellungnahmen Dritter regelmäßig nicht der unmittelbaren Entscheidungsvorbereitung im Sinne des § 4 Abs. 1 S. 1 IFG dienen. § 4 Abs. 2 IFG sieht vor, dass der Antragsteller über den Abschluss des jeweiligen Verfahrens informiert wird. 4.3. Schutz personenbezogener Daten (§ 5 IFG) Nach § 5 Abs. 1 S. 1 IFG darf der Zugang zu personenbezogenen Daten nur gewährt werden, soweit das Informationsinteresse des Antragstellers das schutzwürdige Interesse des Dritten am Ausschluss des Informationszugangs überwiegt oder der Dritte eingewilligt hat. Dritter ist nach § 2 Nr. 2 IFG jeder, über den personenbezogene Daten oder sonstige Informationen vorliegen. Der Informationszugang zu personenbezogenen Daten erfordert also, soweit keine Einwilligung vorliegt , eine entsprechend ausfallende Interessenabwägung. Besonders schutzwürdige Daten im Sinne des § 3 Abs. 9 Bundesdatenschutzgesetz27 dürfen nur übermittelt werden, wenn der Dritte ausdrücklich eingewilligt hat. Nach § 5 Abs. 2 IFG überwiegt das Interesse des Antragstellers nicht bei Informationen aus Unterlagen , soweit sie mit dem Dienst- oder Amtsverhältnis oder einem Mandat des Dritten in Zusammenhang stehen und bei Informationen, die einem Berufs- oder Amtsgeheimnis unterliegen. Für diese Informationen, die unter anderem solche aus Personalakten umfasst, antizipiert der Gesetzgeber gewissermaßen die Interessenabwägung mit dem Ergebnis, dass das Interesse des Antragstellers insoweit nie überwiegt. Demgegenüber überwiegt nach § 5 Abs. 3 IFG das Informationsinteresse des Antragstellers das schutzwürdige Interesse des Dritten am Ausschluss des Informationszugangs in der Regel dann, wenn sich die Angabe auf Name, Titel, akademischen Grad, Berufs- und Funktionsbezeichnung, Büroanschrift und -telekommunikationsnummer beschränkt und der Dritte als Gutachter, Sachverständiger oder in vergleichbarer Weise eine Stellungnahme in einem Verfahren abgegeben hat. Der Gesetzgeber vermutet also ein überwiegendes Publizitätsinteresse. § 5 Abs. 4 IFG schließlich enthält für bestimmte Daten von Amtsträgern eine gänzliche Rückausnahme vom Abwägungserfordernis des § 5 Abs. 1 IFG.28 Danach sind Name, Titel, akademischer Grad, Berufs- und Funktionsbezeichnung, Büroanschrift und -telekommunikationsnummer von Bearbeitern vom Informationszugang nicht ausgeschlossen, soweit sie Ausdruck und Folge der amtlichen Tätigkeit sind und kein sonstiger Ausnahmetatbestand erfüllt ist. Die durch Absatz 1 26 Vgl. Rossi, IFG, 1. Aufl. 2006, § 4 Rn. 5 ff. 27 Bundesdatenschutzgesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 14. Januar 2003 (BGBl. I S. 66), das zuletzt durch Artikel 1 des Gesetzes vom 14. August 2009 (BGBl. I S. 2814) geändert worden ist. 28 Vgl. Rossi, IFG, 1. Auflage 2006, § 5 Rn. 32; Berger, in: Berger/Partsch/Roth/Scheel (Hrsg.), IFG, 2. Aufl. 2013, § 5 Rn. 23. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 157/14 Seite 9 vorgeschriebene Abwägung ist im Anwendungsbereich des Absatzes 4 danach nicht erforderlich .29 4.4. Schutz des geistigen Eigentums und von Betriebs- oder Geschäftsgeheimnissen (§ 6 IFG) § 6 S. 1 IFG schließt einen Anspruch auf Informationszugang schließlich aus, soweit der Schutz geistigen Eigentums entgegensteht. Damit nimmt das IFG auf privatrechtliche Regelungssysteme Bezug, und zwar auf das Urheberrecht einerseits und den gewerblichen Rechtsschutz mit dem Markenrecht, dem Patentrecht sowie dem Gebrauchs- und Geschmacksmusterrecht andererseits .30 § 6 S. 1 IFG räumt diesen privatrechtlichen Bestimmungen letztlich Vorrang gegenüber dem Informationszugangsanspruch nach § 1 IFG ein: Der dort gewährleistete Schutz wird durch die Informationsfreiheit nicht angetastet. Allerdings können die privatrechtlich begründeten Ausschließlichkeitsrechte denklogisch einem Informationszugang nur dann entgegenstehen, wenn diese dem Rechteinhaber auch ein Informationsrestriktionsrecht zubilligen,31 wenn also der Rechteinhaber Dritten die Kenntnisnahme bestimmter Informationen (und nicht nur deren Verwertung etc.) verweigern kann. § 6 S. 2 IFG macht den Zugang zu Betriebs- oder Geschäftsgeheimnissen von einer vorherigen Einwilligung des Betroffenen abhängig. Beide Ausschlussgründe nach § 6 IFG wirken absolut. Eine Abwägung zwischen dem Informationsinteresse des Antragstellers und dem Geheimhaltungsinteresse des Dritten ist weder in Bezug auf das geistige Eigentum noch in Bezug auf Betriebs - oder Geschäftsgeheimnisse vorgesehen.32 4.5. Schutz des Kernbereichs exekutiver Eigenverantwortung Neben den geschriebenen Ausnahmetatbeständen ist ein ungeschriebener Versagungsgrund anerkannt : der Schutz des Kernbereichs exekutiver Eigenverantwortung. Diese aus dem Gewaltenteilungsprinzip entwickelte Rechtsfigur gewährleistet der Exekutive zur Wahrung ihrer Funktionsfähigkeit einen vom Parlament grundsätzlich nicht ausforschbaren Initiativ-, Beratungs- und Handlungsbereich.33 Hierzu zählt insbesondere die Willensbildung der Regierung selbst, sowohl hinsichtlich der Erörterungen im Kabinett als auch hinsichtlich der zur Vorbereitung von Entscheidungen erforderlichen ressortübergreifenden und -internen Abstimmungsprozesse.34 29 Die für die Reichweite des Informationszugangs maßgebliche Auslegung des Begriffs des „Bearbeiters“ im Sinne des § 5 Abs. 4 IFG ist umstritten, vgl. vertiefend Eichelberger, Anmerkung zum Urteil des Verwaltungsgerichts Leipzig 5 K 981/11, K&R 2013, 208 (212). 30 Vgl. Rossi, IFG, 1. Auflage 2006, § 6 Rn. 8. 31 Vgl. Rossi, IFG, 1. Auflage 2006, § 6 Rn. 10 ff. 32 Vgl. Rossi, IFG, 1. Auflage 2006, § 6 Rn. 1. 33 So zuletzt BVerfGE 131, 152 (206). 34 BVerfGE 67, 100 (139); BVerfGE 131, 152 (206). Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 157/14 Seite 10 In der oben genannten Entscheidung zur Frage des Informationszugangs zu verschiedenen Unterlagen des Bundesministeriums der Justiz hat das Bundesverwaltungsgericht entschieden, dass der durch die Grundsätze zum Kernbereich exekutiver Eigenverantwortung gewährleistete Schutz der Regierungstätigkeit sich auch gegenüber einfachgesetzlichen Auskunftsansprüchen Dritter durchsetzen muss, damit er im Verhältnis der Verfassungsorgane untereinander nicht ins Leere läuft.35 Auch die Begründung des Gesetzentwurfs zum IFG führt den Kernbereichsschutz bereits als ungeschriebenen Versagungsgrund an.36 Dessen Schutzbereich überschneidet sich teilweise mit den geschriebenen Ausnahmetatbeständen , insbesondere dem nach § 3 Nr. 3 lit. b IFG (Beeinträchtigung der Beratungen von Behörden). Er kann aber auch darüber hinaus gehen. Denn der exekutive Kernbereichsschutz kann sich in Einzelfällen auch auf bereits abgeschlossene Vorgänge erstrecken, zu denen die Regierung Tatsachen aus dem Kernbereich exekutiver Eigenverantwortung nicht mitzuteilen braucht.37 In derartigen Fällen käme es ergänzend zu den geschriebenen Ausnahmetatbeständen auf den ungeschriebenen Versagungsgrund an. Im erwähnten Verfahren gegen das Bundesministerium der Justiz hat das Bundesverwaltungsgericht allerdings die gesetzesvorbereitende Tätigkeit des Ministeriums als solche nicht als vom Kernbereich geschützt und damit vom Informationszugang ausgenommen anerkannt.38 ( ) 35 BVerwGE 141, 122 (132). 36 BT-Drs. 15/4493, S. 12. 37 BVerfGE 67, 100 (139). 38 BVerwGE 141, 122 (133).