© 2017 Deutscher Bundestag WD 3 - 3000 - 156/17 Haftung für Schäden bei angemeldeten Demonstrationen Sachstand Wissenschaftliche Dienste Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab dem jeweiligen Fachbereich anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 3 - 3000 - 156/17 Seite 2 Haftung für Schäden bei angemeldeten Demonstrationen Aktenzeichen: WD 3 - 3000 - 156/17 Abschluss der Arbeit: 28. Juli 2017 Fachbereich: WD 3: Verfassung und Verwaltung Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 3 - 3000 - 156/17 Seite 3 Eine summarische Recherche zu dem Problem hat zu folgenden Erkenntnissen geführt: 1. Haftung für Schäden bei angemeldeten Demonstrationen 1.1. Demonstrationsschäden Rechtlich unproblematisch ist die Haftung von Demonstrationsteilnehmern, die selbst eine Körperverletzung oder Sachbeschädigung begangen haben, da diese nach §§ 823 Abs. 1 BGB oder § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. §§ 223 ff. StGB oder § 303 StGB für entstandene Schäden haften.1 Auch ansonsten richtet sich die Haftung von Demonstrationsteilnehmern nach dem Deliktsrecht und insbesondere nach dem §§ 823 ff., 830 Abs. 1 S. 1, 2 BGB (Mittäter und Beteiligte), da die Artikel 5 und 8 GG keine Gewaltanwendung rechtfertigen. Allerdings strahlen die Grundrechtswertungen auf die Auslegung der deliktsrechtlichen Begriffe des § 830 Abs. 1 S. 2 BGB2 aus, so dass die Teilnahme an einer (Groß-)Demonstration nicht zu unwägbaren Haftungsrisiken führen darf. Daher darf einem nicht gewalttätigen Demonstranten das gewalttätige Verhalten anderer Demonstrationsteilnehmer nicht zugerechnet werden, auch wenn der nicht gewalttätige Demonstrant mit solchen Aktionen rechnet und weiß, dass allein seine Anwesenheit den Randalierern Schutz und Förderung durch die Anonymität der Masse geben kann. Eine Teilnahme an der Demonstration führt nur zum Tatvorwurf oder Beihilfevorwurf, sofern ein bewusstes Zusammenwirken mit anderen zu Gewaltaktivitäten vorliegt, z. B. Anfeuern oder ähnliches.3 1.2. Polizeikosten Die Polizei ist für die Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit im Zusammenhang mit Versammlungen zuständig. Die hierfür entstehenden Kosten dürfen nicht den Teilnehmern oder Veranstaltern der Versammlung auferlegt werden, da dies ein „Instrument der Abschreckung“ darstellen würde. Ein einzelner Teilnehmer einer verbotenen oder aufgelösten Versammlung ist jedoch verpflichtet, diejenigen Kosten, die der Polizei durch sein individuelles Verhalten (z. B. unberechtigte Sitzblockade) entstanden sind (beispielsweise weil die Polizei den Demonstranten wegtragen musste) zu erstatten.4 Das Versammlungsgesetz enthält hierzu keine Regelungen. 1 Reinelt, „Zivilrechtliche Haftung für Demonstrationsschäden“, in NJW 1970, S. 19 2 § 830 BGB lautet: § 830 Mittäter und Beteiligte (1) Haben mehrere durch eine gemeinschaftlich begangene unerlaubte Handlung einen Schaden verursacht, so ist jeder für den Schaden verantwortlich. Das Gleiche gilt, wenn sich nicht ermitteln lässt, wer von mehreren Beteiligten den Schaden durch seine Handlung verursacht hat. (2) Anstifter und Gehilfen stehen Mittätern gleich. 3 Spindler in, Bamberger/Roth (Hrsg), Beck’scher Online-Kommentar BGB, 42. Ed., § 830 Rn. 27-28 4 Seidel, „Das Versammlungsrecht auf dem Prüfstand“, in DÖV 2002, S. 283 (287). Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 3 - 3000 - 156/17 Seite 4 2. Gesetzliche Pflicht für den Abschluss einer Haftpflichtversicherung des Veranstalters Es gibt sogenannte Veranstaltungshaftpflichtversicherungen, welche die Schäden übernehmen, für die der Veranstalter haftet. Die Veranstaltungshaftpflicht gilt für die Vorbereitung, Dauer und Nachbereitung der Veranstaltung. Zu beachten ist allerdings, dass einige Veranstaltungsformen von der Veranstaltungshaftpflichtversicherung ausgeschlossen sind. Dazu zählen insbesondere: Demonstrationen, Motorsportveranstaltungen und politische Veranstaltungen. Bei diesen Veranstaltungen sind das Eskalationsrisiko und damit auch das Risiko von Beschädigungen und Verletzungen überdurchschnittlich hoch.5 *** 5 Ausschlüsse bei der Veranstaltungshaftpflicht https://www.transparent-beraten.de/2015/06/23/3557/ausstellungen -partys-co-warum-eine-veranstaltungshaftpflichtversicherung-nicht-fehlen-sollte/ (Stand: 28.07.17)