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Wiedereinführung einer Zulassungspflicht für zulassungsfreie
Handwerke aus verfassungsrechtlicher Sicht

Ausarbeitung

Wissenschaftliche Dienste



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Wiedereinführung einer Zulassungspflicht für zulassungsfreie Handwerke aus
verfassungsrechtlicher Sicht

Aktenzeichen: WD 3 - 3000 - 154/17
Abschluss der Arbeit: 16. August 2017
Fachbereich: WD 3: Verfassung und Verwaltung



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1. Fragestellung und geltendes Recht

Die Handwerksordnung (HwO)1 wurde im Jahr 2003 umfassend novelliert. Zu den wesentlichen
Änderungen, die am 1. Januar 2004 in Kraft traten, zählte die Abschaffung des Meisterzwangs in
zahlreichen Handwerken. Die HwO unterscheidet heute zwischen 41 zulassungspflichtigen
Handwerken (Anlage A HwO) und 522 zulassungsfreien Handwerken (Anlage B Abschnitt 1
HwO). Ein zulassungspflichtiges Handwerk darf nach § 1 Abs. 1 HwO nur betreiben, wer in die
Handwerksrolle eingetragen ist; Eintragungsvoraussetzung ist nach § 7 Abs. 1a HwO grundsätzlich
 das Bestehen der Meisterprüfung.3 Dagegen ist der selbständige Betrieb eines zulassungsfreien
 Handwerks lediglich anzeigepflichtig, § 18 Abs. 1 HwO.

Gefragt wird, ob eine Wiedereinführung der Zulassungspflicht für alle oder für einzelne der
heute zulassungsfreien Handwerke, also deren Aufnahme in die Anlage A HwO, mit dem Grundgesetz
 (GG) vereinbar wäre.

2. Vereinbarkeit mit Art. 12 GG

Eine Neuregelung müsste mit dem Grundrecht der Berufsfreiheit nach Art. 12 Abs. 1 S. 1 GG vereinbar
 sein. Der Schutzbereich der Berufsfreiheit ist eröffnet. Als einheitliches Grundrecht
schützt sie Berufswahl und Berufsausübung. Den hier betroffenen Beruf hat das Bundesverfassungsgericht
 bereits im Sinne eines tradierten und soziologisch fassbaren Berufsbildes bestimmt:
Es weist darauf hin, „dass der selbständigen Ausübung eines Handwerks ein besonderes, und
zwar gerade das den Handwerker in den Augen der Öffentlichkeit eigentlich kennzeichnende soziale
 Gewicht zukommt“.4

Die Wiedereinführung der Zulassungspflicht für ein Handwerk wäre ein Eingriff in die Freiheit
der Berufswahl derjenigen, die dieses Handwerk selbständig ausüben möchten, ohne die Zulassungsvoraussetzungen
 zu erfüllen. Ihnen würde der ungehinderte Zugang zu dem betreffenden
Beruf durch den zeitlich, fachlich und finanziell aufwändigen Erwerb eines Befähigungsnachweises
 versperrt.5

1 Gesetz zur Ordnung des Handwerks vom 24. September 1998, BGBl. I S. 3074, zuletzt geändert durch Gesetz
vom 30. Juni 2017, BGBl. I S. 2143.

2 Nr. 22 der 53 Nummern ist weggefallen.

3 Vgl. zu Möglichkeiten der Eintragung ohne Bestehen der Meisterprüfung Deutscher Bundestag, Zur unionsrechtlichen
 Zulässigkeit einer Wiedereinführung der Zulassungspflicht für derzeit zulassungsfreie Handwerke,
12. Juli 2017, Az. PE 6 - 3000 - 37/17, S. 5.

4 BVerfGE, Beschluss vom 5. Dezember 2005, Az. 1 BvR 1730/02, Rn. 16, Hervorhebung vom Verf.; ebenso bereits
BVerfGE 13, 97, 105.

5 Vgl. BVerfGE, Beschluss vom 5. Dezember 2005, Az. 1 BvR 1730/02, Rn. 20.



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Dieser Eingriff in den Schutzbereich der Berufsfreiheit müsste gerechtfertigt sein. Die gesetzliche
Regelung in der HwO müsste insbesondere verhältnismäßig, das heißt zur Verfolgung eines legitimen
 Zwecks geeignet und erforderlich sein und sich als angemessen erweisen.

Nach der vom Bundesverfassungsgericht entwickelten sogenannten Drei-Stufen-Lehre können je
nach Eingriffsintensität nur bestimmte Zwecke einen Eingriff in die Berufsfreiheit rechtfertigen.
Das Bundesverfassungsgericht unterscheidet dabei zwischen Berufsausübungsregelungen, subjektiven
 Zulassungsschranken und objektiven Zulassungsschranken. Bei der Zulassungspflicht für
ein Handwerk handelt es sich um eine subjektive Zulassungsschranke.6 Sie macht die Aufnahme
des Berufs von bestimmten Voraussetzungen abhängig, die in der Person des Berufsbewerbers liegen
. Hierzu zählen insbesondere Ausbildungen, Fähigkeiten und Fertigkeiten.7 Legitimes Ziel einer
 subjektiven Zulassungsschranke kann nur der Schutz eines wichtigen Gemeinschaftsguts
sein.8 In jüngerer Zeit kombiniert das Bundesverfassungsgericht die Stufenlehre mit klassischen
Verhältnismäßigkeitsformeln und fordert etwa, dass ein Eingriff in die Berufsfreiheit „durch hinreichende
, der Art der betroffenen Betätigung und der Intensität des Eingriffs Rechnung tragende
Gründe des Gemeinwohls gerechtfertigt ist und dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit entspricht
“.9 Als legitime Ziele kommen hier insbesondere die Gewährleistung eines hohen Qualitätsstandards
 zur Abwehr von Gefahren und die Ausbildungssicherung in Betracht. Beide Ziele
hat das Bundesverfassungsgericht bereits 1961 in seinem Urteil zur HwO als wichtige Gemeinwohlbelange
 anerkannt.10

2.1. Gewährleistung eines hohen Qualitätsstandards

Die Wiedereinführung der Zulassungspflicht müsste zur Verfolgung des legitimen Ziels, also zur
Gewährleistung eines hohen Qualitätsstandards geeignet sein. Ein Mittel ist bereits dann geeignet
, wenn es den gewünschten Erfolg fördern kann; die Möglichkeit der Zweckerreichung genügt.
Der dem Gesetzgeber insoweit zukommende Einschätzungsvorrang ist auf dem Gebiet der Wirtschaftsordnung
 besonders groß.11 Legt man diesen Maßstab an, erscheint die Verfolgung des genannten
 Ziels durch die Wiedereinführung der Zulassungspflicht und den damit verbundenen
Nachweis besonderer Kenntnisse und Fähigkeiten möglich.

6 Vgl. BVerfGE, Beschluss vom 5. Dezember 2005, Az. 1 BvR 1730/02, Rn. 16. Auch wenn man wegen § 7 Abs. 1
HwO eine Berufsausübungsregelung annähme, würden aufgrund der Eingriffsintensität dieselben Rechtfertigungsmaßstäbe
 gelten, vgl. OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 30. Oktober 2012, Az. 6 A 10702/12, Juris, Rn. 25.

7 Scholz, in Maunz/Dürig (Begr.), Grundgesetz-Kommentar, 79. Lfg. 2016, Art. 12 Rn. 355, 358.

8 BVerfGE 13, 97, 107, 113; Kämmerer, in: von Münch/Kunig (Hrsg.), Grundgesetz, 6. Aufl. 2012, Art. 12 Rn. 73.

9 Vgl. BVerfGE, Beschluss vom 5. Dezember 2005, Az. 1 BvR 1730/02, Rn. 17.

10 BVerfGE 13, 97, 110 ff.; vgl. auch BVerfGE, Beschluss vom 5. Dezember 2005, Az. 1 BvR 1730/02, Rn. 20;
BVerwG NVwZ-RR 2012, 23, 26.

11 BVerfGE 103, 293, 307 m.w.N.



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Weiterhin müsste die Regelung zur Verfolgung des Ziels erforderlich sein. Dem Gesetzgeber darf
kein milderes, gleichermaßen geeignetes Mittel zur Verfügung stehen. Als mildere Mittel kommen
 Vorschriften in unterschiedlichen Bereichen in Betracht: Auch technische Normen, Haftungsvorschriften
 und Vorschriften zur Produktsicherheit oder zur Lebensmittelhygiene fördern
einen hohen Qualitätsstandard handwerklicher Leistungen.12 Sie könnten verschärft werden,
ohne den Berufszugang zu beeinträchtigen. Fraglich ist aber, ob solche Maßnahmen zur Verfolgung
 des Ziels gleich geeignet wären. So dürfte es in vielen Fällen schwierig sein, die Einhaltung
technischer Normen wirksam zu kontrollieren. Haftungsvorschriften wirken sich nur mittelbar
auf die Qualität der Handwerksleistungen aus. Auch hinsichtlich der Erforderlichkeit steht dem
Gesetzgeber ein weiter Einschätzungsspielraum zu.13

Zweifel bestehen jedoch im Hinblick auf die Angemessenheit einer solchen Maßnahme. Die
Grundrechtsbeeinträchtigung darf zu dem angestrebten Vorteil nicht außer Verhältnis stehen. In
eine Gesamtabwägung sind hier insbesondere die Schwere des Grundrechtseingriffs und die Gefahren
 einzustellen, die der Gesetzgeber abwenden möchte.

Die Eingriffsintensität wäre trotz der mittlerweile für zulassungspflichtige Handwerke geltenden
Ausnahmen vom Meisterzwang hoch. Beschränkt wird, legt man das oben beschriebene Berufsbild
 des selbständigen Handwerkers zugrunde, nicht die Berufsausübung, sondern bereits der Zugang
 zum Beruf. Dem Berufsbewerber würde grundsätzlich die Ablegung der Meisterprüfung abverlangt
 werden. Sie setzt den Erwerb umfangreicher Fachkenntnisse und Fähigkeiten voraussetzt
 und ist mit großem zeitlichem und finanziellem Aufwand verbunden.14 Das gilt ebenso,
wenn auch in etwas geringerem Maß, für die sogenannte Altgesellenregelung (§ 7 Abs. 7, § 7a
HwO), die die wichtigste Ausnahme vom Meisterzwang bildet.

Entscheidend dürfte es auf die Gefahren ankommen, die von den betroffenen Handwerken ausgehen
. Ein hoher Qualitätsstandard von Handwerksleistungen ist kein Selbstzweck; Bedeutung
kommt ihm vor allem dort zu, wo es um den Schutz vor Gefahren für Leben und Gesundheit
Dritter geht. Dabei muss differenzierend jedes Handwerk betrachtet werden, für das die Zulassungspflicht
 wieder eingeführt werden soll. Der Gesetzentwurf der Reform von 2003 begründet
die Zulassungsbefreiung der seinerzeit in Anlage   HwO aufgenommenen Handwerke mit ihrer
Ungefährlichkeit.15 Die Zulassungspflicht sei nur dann gerechtfertigt,

„wenn die Abwägung ergibt, dass durch oder bei Ausübung der Tätigkeit oder der Erbringung
 der Leistung Gefährdungen für Leben und/oder Gesundheit Dritter entstehen, gegenüber
 denen das Grundrecht der Berufsfreiheit zurückstehen muss (…). Die Gefahrgeneigtheit
 muss für das betreffende Gewerbe prägend sein. Dabei sind Häufigkeit und Wahrscheinlichkeit
 des Gefahreneintritts zu berücksichtigen.

12 Vgl. BT-Drs. 15/1206, S. 41.

13 Vgl. etwa BVerfGE 77, 84, 109.

14 BVerfGE, Beschluss vom 5. Dezember 2005, Az. 1 BvR 1730/02, Rn. 22.

15 BT-Drs. 15/1206, S. 41 f.; vgl. auch VGH Mannheim NVwZ-RR 2013, 309.



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(…)

Auch bei den zulassungsfreien Handwerksgewerben der Anlage B können Gefahren durch
die Tätigkeit oder Leistung entstehen oder hiermit verbunden sein. Bei Abwägung möglicher
 Gefahren für Leben oder Gesundheit Dritter wäre eine Einschränkung der Berufszulassung
 bei diesen Handwerken allerdings nicht verhältnismäßig.“16

In solchen Fällen könne den verbleibenden Risiken mit anderen, den Berufszugang nicht beschränkenden
 Regeln begegnet werden.17 Im Übrigen findet eine Qualitätsauslese am Markt statt,
wobei es entsprechend qualifizierten Handwerkern auch möglich ist, mit ihrem fakultativen
Meisterbrief zu werben.18 Angesichts dieser bisherigen Einschätzung des Gesetzgebers bestünde
ein erhöhter Begründungsaufwand. In einer Entscheidung zum Arzneimittelrecht führt das Bundesverfassungsgericht
 zu gesetzgeberischen Gefahrenprognosen aus:

„Die gesetzgeberische Einschätzung wird fraglich, wenn zur Begründung von Gesetzesänderungen
 Gefährdungspotentiale herangezogen werden, die eine intensivere Beschränkung
der Berufsfreiheit plausibel machen sollen, obwohl dafür tatsächliche Erkenntnisse fehlen.
Auch dürfen Erfahrungen mit einer älteren, die Berufsangehörigen weniger belastenden Gesetzeslage
 bei einer Novellierung nicht einfach unbeachtet bleiben.“19

Hier müsste also gezeigt werden, dass sich die gesetzgeberische Einschätzung bezüglich der betroffenen
 Handwerke als falsch erwiesen hat. Sollte die Qualität der Leistungen seit Aufhebung
der Zulassungspflicht tatsächlich nachgelassen haben mit der Folge erheblicher Gefahren für Leben
 oder Gesundheit Dritter, so spräche das entscheidend für die Angemessenheit einer Wiedereinführung
 der Zulassungspflicht.

2.2. Ausbildungssicherung

Die Wiedereinführung der Zulassungspflicht wäre zur Förderung der Ausbildung geeignet. Infolge
 der Zulassungsbefreiung soll die Zahl der Lehrlinge in den betroffenen Handwerken seit
2004 deutlicher zurückgegangen sein als in den weiterhin zulassungspflichtigen Handwerken.20

Lehrlinge dürfen nur von geeigneten Ausbildungsstätten eingestellt und ausgebildet werden,
§§ 21 ff. HwO. Die Anforderungen an die fachliche Eignung in zulassungsfreien Handwerken ähneln
 denen in zulassungspflichtigen Handwerken: Ausbilden dürfen insbesondere Meister und
Gesellen mit ausreichender berufspraktischer Erfahrung, § 22b Abs. 3 HwO. Führte man die Zu-

16 BT-Drs. 15/1206, S. 41.

17 BT-Drs. 15/1206, S. 41; vgl. auch die Ausführungen zur Erforderlichkeit.

18 BT-Drs. 15/1206, S. 23, 29.

19 BVerfGE, Beschluss vom 11. Februar 2003, Az. 1 BvR 1972/00, 1 BvR 70/01, Rn. 48.

20 Vgl. für Statistiken: OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 30. Oktober 2012, Az. 6 A 10702/12, Juris, Rn. 32; Deutscher
 Bundestag, Zur unionsrechtlichen Zulässigkeit einer Wiedereinführung der Zulassungspflicht für derzeit
zulassungsfreie Handwerke, 12. Juli 2017, Az. PE 6 - 3000 - 37/17, S. 25.



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lassungspflicht für ein Handwerk wieder ein, hätte das zur Folge, dass jeder, der zur selbständigen
 Ausübung des Handwerks zugelassen wird, auch die fachliche Eignung zur Ausbildung besitzt
. Der Anteil potentieller Ausbildungsbetriebe würde wachsen.

Im Hinblick auf die Erforderlichkeit des Meisterzwangs zur Ausbildungssicherung hat das Bundesverfassungsgericht
 Zweifel geäußert.21 Diese Zweifel bezogen sich jedoch auf die Rechtslage
vor 2004, die insbesondere noch keine Altgesellenregelung kannte. Sie sind hier nicht übertragbar
.22 Auch dürften mildere Mittel der Ausbildungsförderung, etwa finanzielle Anreize oder Ausbildungsverpflichtungen
 für bestimmte Betriebe,23 die Erforderlichkeit nicht entfallen lassen. Im
Hinblick auf ihre Wirksamkeit kommt dem Gesetzgeber ein weiter Einschätzungsspielraum zu.

Fraglich ist wiederum die Angemessenheit der Maßnahme. Ob dem schwerwiegenden Eingriff in
die Berufsfreiheit mit der Ausbildungssicherung ein gewichtiges Ziel gegenübersteht, ist zweifelhaft
. Seit dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts von 196124 wird die Ausbildungssicherung
allseits als anerkannter Rechtfertigungsgrund genannt, zunächst für den früheren Meisterzwang,
inzwischen für die Zulassungspflicht. Das Bundesverfassungsgericht gab seinerzeit eines der gesetzgeberischen
 Ziele wieder: Der Gesetzgeber habe mit dem Meisterzwang „die Ausbildung des
Nachwuchses für die gesamte gewerbliche Wirtschaft sicherstellen“ wollen. 25 Mit derselben Formulierung
 wird heute der Verbleib bestimmter Handwerke in Anlage A HwO begründet.26 Dort
überzeugt der Rechtfertigungsgrund: Die zukünftige Versorgung mit guten Handwerksleistungen
liegt im gesamtwirtschaftlichen Interesse und setzt in zulassungspflichtigen Handwerken die
Ausbildung künftiger Gesellen und Meister voraus. Dagegen lässt sich mit dem Schlagwort der
Ausbildungssicherung nicht die Wiedereinführung der Zulassungspflicht begründen. Die Argumentation
 wäre hier zirkulär. Mit der Zulassungsbefreiung hat der Gesetzgeber gerade zum Ausdruck
 gebracht, dass die entsprechenden Leistungen auch von nicht besonders Ausgebildeten erbracht
 werden können. Ein Rückgang der Zahlen bei Lehrlingen und in der Folge bei Gesellen
und Meistern bedeutet in diesen Handwerken kein Nachwuchsproblem, sondern ist geradezu
notwendige Folge der Zulassungsbefreiung. Selbst wenn der Gesetzgeber – etwa aus arbeitsmarktoder
 sozialpolitischen Gründen – auch in den nun zulassungsfreien Handwerken eine hohe Ausbildungsquote
 anstreben sollte, erschiene vor diesem Hintergrund ein so schwerwiegender Eingriff
 in die Berufsfreiheit unangemessen.

21 BVerfGE, Beschluss vom 5. Dezember 2005, Az. 1 BvR 1730/02, Rn. 23 f.

22 So auch OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 30. Oktober 2012, Az. 6 A 10702/12, Juris, Rn. 37.

23 Vgl. Deutscher Bundestag, Zur unionsrechtlichen Zulässigkeit einer Wiedereinführung der Zulassungspflicht
für derzeit zulassungsfreie Handwerke, 12. Juli 2017, Az. PE 6 - 3000 - 37/17, S. 27.

24 BVerfGE 13, 97.

25 BVerfGE 13, 97, 108 f.

26 BVerwG NVwZ-RR 2012, 23, 26; BVerwG NVwZ 2014, 1241, 1243; OVG NRW, Beschluss vom 26. Februar 2010,
Az. 4 A 1499/06, Juris, Rn. 37; Detterbeck, Handwerksordnung, 3. Aufl. 2016 (online), Einl. Rn. 9 f.; ähnlich
OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 30. Oktober 2012, Az. 6 A 10702/12, Juris, Rn. 29 ff.



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3. Vereinbarkeit mit Art. 3 GG

Die Wiedereinführung der Zulassungspflicht müsste schließlich mit dem allgemeinen Gleichheitssatz
 des Art. 3 Abs. 1 GG vereinbar sein. Er gebietet, Gleiches gleich und Ungleiches seiner
Eigenart nach unterschiedlich zu behandeln. Daher kann hier auf die Ausführungen zur Berufsfreiheit
 verwiesen werden: Sollte die Wiedereinführung der Zulassungspflicht für ein bestimmtes
Handwerk gerechtfertigt sein, insbesondere weil mit ihm erhebliche Gefahren einhergehen, so
läge darin auch ein sachlicher Grund für die Ungleichbehandlung gegenüber anderen zulassungsfreien
 Handwerken.27

***

27 Vgl. OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 30. Oktober 2012, Az. 6 A 10702/12, Juris, Rn. 39, 41.