© 2015 Deutscher Bundestag WD 3 - 3000 - 153/15 Fragen zum Asyl- und Flüchtlingsstatus EZPWD-Anfrage Nr. 2876 des schwedischen Parlaments Sachstand Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitungen und andere Informationsangebote der Wissenschaftlichen Dienste geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Der Deutsche Bundestag behält sich die Rechte der Veröffentlichung und Verbreitung vor. Beides bedarf der Zustimmung der Leitung der Abteilung W, Platz der Republik 1, 11011 Berlin. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 3 - 3000 - 153/15 Seite 2 Fragen zum Asyl- und Flüchtlingsstatus EZPWD-Anfrage Nr. 2876 des schwedischen Parlaments Aktenzeichen: WD 3 - 3000 - 153/15 Abschluss der Arbeit: 10.07.2015 Fachbereich: WD 3: Verfassung und Verwaltung Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 3 - 3000 - 153/15 Seite 3 Anlässlich einer europaweiten Studie zur gesetzlichen Ausgestaltung des Asylrechts bittet das schwedische Parlament um die Beantwortung folgender Fragen: 1. Aufgrund welcher rechtlicher Vorschriften kann Personen, die internationalen Schutz benötigen , eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden? Insbesondere ist von Interesse, ob die in der EU-Qualifikationsrichtlinie spezifizierten Kategorien (Flüchtlingsstatus, internationaler Schutzstatus) in die nationale Gesetzgebung einbezogen sind und ob es darüber hinaus weitere, d.h. über die EU-Qualifikationsrichtlinie hinausgehende Schutzstatus für international Schutzbedürftige gibt, die die Gewährung einer Aufenthaltserlaubnis ermöglichen (d.h., gibt es Schutzstatus neben der EU-Harmonisierung)? [Based on what legal provisions can residence permits be given to persons who need international protection? We would be grateful if you could let us know if the categories specified by the Qualification Directive (refugee status and persons eligible for subsidiary protection status) are included in your national legislation. Also, does the legislation specify other categories that can be granted residence permits because of a need of international protection than those specified by the Qualification Directive (in other words, are there any non-EU harmonized protection statuses)?] Ausländern kann in verschiedenen Verfahren und aus verschiedenen Gründen eine Aufenthaltsberechtigung gewährt werden. Im Hinblick auf schutzbedürftige Ausländer kann man unterscheiden zwischen Aufenthaltsrechten, die nach (erfolgreichem) Abschluss eines Asylverfahrens erteilt werden (Ziff. 1.1.) und Aufenthaltsrechten, die außerhalb eines Asylverfahrens aus anderen völkerrechtlichen, humanitären oder politischen Gründen erteilt werden können (Ziff.1.2.). 1.1. Asylrechtliche Aufenthaltsrechte Einem Ausländer muss nach § 25 Abs. 1 und 2 Aufenthaltsgesetz (AufenthG) eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn im Rahmen eines Asylverfahrens sein Status als Asylberechtigter, Flüchtling im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention (bzw. der EU-Qualifikationsrichtlinie), international subsidiär Schutzbedürftiger im Sinne der EU-Qualifikationsrichtlinie oder als national subsidiär Schutzbedürftiger anerkannt ist. Die Durchführung des Asylverfahrens bestimmt sich nach dem Asylverfahrensgesetz (AsylVfG) und obliegt dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge. Die in der EU-Qualifikationsrichtlinie enthaltenen Kategorien des Flüchtlings im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention (Art. 9 ff. Richtlinie 2011/95/EU) und des international subsidiär Schutzbedürftigen (Art. 15 ff. Richtlinie 2011/95/EU) sind in das deutsche Asylrecht integriert worden. Insofern regelt § 3 AsylVfG die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft und § 4 AsylVfG den internationalen subsidiären Schutz. Darüber hinaus hat das deutsche Asylrecht den Status des Asylberechtigten beibehalten (§ 2 AsylVfG). Das Recht auf Asyl ist nicht nur einfachgesetzlich geschützt, sondern wird nach Art. 16a Abs. 1 Grundgesetz (GG) als Grundrecht gewährt. Nach Art. 16a Abs. 1 GG genießen politisch Verfolgte das Recht auf Asyl. Gegenüber dem Flüchtlingsstatus im Sinne der Genfer Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 3 - 3000 - 153/15 Seite 4 Flüchtlingskonvention weist die Gewährung der Asylberechtigung strengere Anforderungen auf, u.a. setzt die politische Verfolgung nach Art. 16a Abs. 1 GG eine staatliche Verfolgung voraus. Da das Asylgrundrecht zudem durch eine verfassungsrechtliche Drittstaaten- und Herkunftsstaatenregelung beschränkt wird (Art. 16a Abs. 2 und 3 GG), ist es in der Praxis gegenüber dem Flüchtlingsstatus nach der Genfer Flüchtlingskonvention in den Hintergrund getreten. Das deutsche Asylrecht kennt eine weitere Kategorie für schutzbedürftige Ausländer, und zwar die des national subsidiär Schutzbedürftigen. Rechtsgrundlage sind die in den §§ 60 Abs. 5 und 7 AufenthG geregelten Abschiebungsverbote, die sich aus der Anwendung der Europäischen Menschenrechtskonvention ergeben (§ 60 Abs. 5 AufenthG) oder aus einer erheblichen konkreten Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit (§ 60 Abs. 7 AufenthG). Die genannten Abschiebungsverbote sind zwar im Aufenthaltsgesetz geregelt, doch sind sie in der Regel im Rahmen des Asylverfahrens zu prüfen (§ 24 Abs. 2 AsylVfG), wenn die Asylberechtigung, die Flüchtlingseigenschaft und der internationale subsidiäre Schutzstatus nicht greifen. Bei Vorliegen der Abschiebungsverbote soll nach § 25 Abs. 3 AufenthG eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden. 1.2. Sonstige Aufenthaltsrechte aus völkerrechtlichen, humanitären oder politischen Gründen Neben den asylrechtlichen Aufenthaltsrechten gibt es zahlreiche weitere Aufenthaltstitel, die aus völkerrechtlichen, humanitären oder politischen Gründen nach den Vorgaben des Aufenthaltsgesetzes (AufenthG) gewährt werden können. Im Gegensatz zu den asylrechtlichen Aufenthaltsrechten setzen diese nicht die Durchführung eines gesonderten Asylverfahrens voraus, sondern können auf Antrag durch die zuständigen Ausländerbehörden erteilt werden. In Betracht kommen Aufenthaltsrechte bei Entscheidungen zur Aufnahme einzelner Ausländer aus dem Ausland aus völkerrechtlichen, dringenden humanitären oder politischen Gründen (§ 22 AufenthG), Aufenthaltsgewährung von Ausländern aus bestimmten Staaten oder in sonstiger Weise bestimmten Ausländergruppen (§ 23 AufenthG), Aufenthaltsgewährung von Ausländern nach Empfehlung einer Härtefallkommission (§ 23a AufenthG), Aufenthaltsgewährung zum vorübergehenden Schutz im Sinne der EU-Massenzustromrichtlinie 2001/55/EG (§ 24 AufenthG), Aufenthaltsgewährung für Opfer von Straftaten (§ 25 Abs. 4a und 4b AufenthG), Aufenthaltsgewährung zum vorübergehenden Aufenthalt aus dringenden humanitären oder persönlichen Gründen oder wegen erheblicher öffentlicher Interessen (§ 25 Abs. 4 AufenthG), Aufenthaltsgewährung bei dauernden Ausreisehindernissen (§ 25 Abs. 5 AufenthG). 2. Wird in den von Frage 1 erfassten Fällen in der Regel eine dauernde oder eine zeitlich befristete Aufenthaltserlaubnis gewährt? [In cases where residence permits are granted to the categories mentioned in the first question – are the residence permits usually of a permanent or temporary (limited in time) character?] Die im Anschluss an ein (erfolgreiches) Asylverfahren zu gewährenden Aufenthaltsrechte (vgl. Ziff. 1.1.) sind zunächst befristet. Anerkannte Asylberechtigte und Flüchtlinge im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention werden gegenüber international und national subsidiär Schutzbedürftigen begünstigt; ihnen muss nach § 26 Abs. 1 S. 2 AufenthG eine Aufenthaltserlaubnis für die Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 3 - 3000 - 153/15 Seite 5 Dauer von drei Jahren erteilt werden. International subsidiär Schutzbedürftige hingegen erhalten eine Aufenthaltserlaubnis für die Dauer von einem Jahr mit der Verlängerungsmöglichkeit um zwei weitere Jahre (§ 26 Abs. 1 S. 3 AufenthG). National subsidiär Schutzbedürftigen wird die Aufenthaltserlaubnis für mindestens ein Jahr und für längstens drei Jahre erteilt (§ 26 Abs. 1 S. 4 AufenthG). Auch im Hinblick auf die Möglichkeit einer dauernden Aufenthaltserlaubnis (Niederlassungserlaubnis ) gelten für Asylberechtigte und Flüchtlinge im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention günstigere Fristen: sie erhalten eine dauernde Aufenthaltserlaubnis nach Ablauf der drei Jahre, wenn die Gründe für den Asyl- oder Flüchtlingsstatus weiterhin vorliegen (§ 26 Abs. 3 Aufenth G). Für international und national subsidiär Schutzbedürftige hingegen kommt eine dauernde Aufenthaltserlaubnis erst nach sieben Jahren in Betracht (§ 26 Abs. 4 AufenthG). Bis zum Erreichen der sieben Jahre bedarf es der zwischenzeitlichen Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis , die bei international und national subsidiär Schutzbedürftigen für die Dauer von zwei und drei Jahren möglich ist (§ 26 Abs. 1 S. 1 und S. 3 AufenthG). Die sonstigen Aufenthaltsrechte aus völkerrechtlichen, humanitären oder politischen Gründen (Ziff. 1.2.) können grundsätzlich für längstens drei Jahre erteilt und längstens um drei Jahre verlängert werden (§ 26 Abs. 1 S. 1 AufenthG). Kürzere Fristen und Verlängerungsmöglichkeiten gelten für einzelne Fallgruppen (§ 25 Abs. 4, 4a und 4b, 5 AufenthG). Nach sieben Jahren besteht darüber hinaus die Möglichkeit einer dauernden Aufenthaltserlaubnis (§ 26 Abs. 4 AufenthG).