© 2019 Deutscher Bundestag WD 3 - 3000 - 149/19 Gesetzgebungskompetenz für ein zeitlich begrenztes Verbot von Mieterhöhungen und Vereinbarkeit mit Art. 14 GG Ausarbeitung Wissenschaftliche Dienste Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab dem jeweiligen Fachbereich anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 149/19 Seite 2 Gesetzgebungskompetenz für ein zeitlich begrenztes Verbot von Mieterhöhungen und Vereinbarkeit mit Art. 14 GG Aktenzeichen: WD 3 - 3000 - 149/19 Abschluss der Arbeit: 18. Juni 2019 Fachbereich: WD 3: Verfassung und Verwaltung Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 149/19 Seite 3 1. Fragestellung Die Ausarbeitung befasst sich mit der Frage, ob die Länder ein Gesetz erlassen dürften, das Mieterhöhungen für eine bestimmte Zeit verbietet. Ferner wird auf die Vereinbarkeit von den Mietpreis beschränkenden Regelungen mit dem Grundrecht auf Eigentum aus Art. 14 Abs. 1 S. 1 GG eingegangen . Da eine Beurteilung von der genauen Ausgestaltung der gesetzlichen Regelung abhängt, können nur allgemeine Überlegungen angestellt werden. 2. Gesetzgebungskompetenz für ein Verbot von Mieterhöhungen 2.1. Gesetzgebungskompetenz nach Art. 74 Abs. 1 Nr. 1 GG Das Mietpreisrecht ist grundsätzlich Teil des sog. sozialen Mietrechts,1 das traditionell eine Materie des bürgerlichen Rechts darstellt.2 Vorschriften des sozialen Mietrechts fallen daher unter den Kompetenztitel des Art. 74 Abs. 1 Nr. 1 GG, der unter anderem das bürgerliche Recht umfasst.3 Im Bereich der konkurrierenden Gesetzgebung haben gemäß Art. 72 Abs. 1 GG die Länder die Befugnis zur Gesetzgebung, solange und soweit der Bund von seiner Gesetzgebungszuständigkeit nicht durch Gesetz Gebrauch gemacht hat. Endscheidend ist, ob eine abschließend wirkende bundesgesetzliche Regelung besteht, da in diesem Fall eine Sperrwirkung für die Landesgesetzgebung eintritt.4 Der Bund hat das Recht der Mieterhöhung in den §§ 557 ff. BGB geregelt. Die Fälle, in denen eine Mieterhöhung erlaubt ist, sind ausdrücklich und umfassend bestimmt. Die Möglichkeit eines generellen Verbots von Mieterhöhungen für einen bestimmten Zeitraum sieht das BGB nicht vor. Abweichungen von den §§ 557 ff. BGB bestehen für den sozialen Wohnungsbau.5 Im Bereich des freien Wohnungsmarktes ist hingegen nicht ersichtlich, dass der Bundesgesetzgeber Abweichungsmöglichkeiten der Länder für das Recht der Mieterhöhung offenlassen wollte. Nach wohl herrschender Meinung wurde das Zivilrecht durch den Bund bereits so umfassend geregelt, dass für landesrechtliche Regelungen auf diesem Gebiet kaum mehr Möglichkeiten bestehen.6 Dies wird insbesondere für das Schuldrecht, zu dem auch das Mietrecht gehört, angenommen.7 1 Vgl. Zehelein, in: Bamberger/Roth/Hau/Poseck (Hrsg.), BeckOK BGB, 50. Edition Stand: 1. Mai 2019, § 535 BGB Rn. 182. 2 Vgl. Oeter, in: von Mangoldt/Klein/Starck, GG, 7. Aufl. 2018, Art. 74 Rn. 10. 3 Degenhart, in: Sachs (Hrsg.), GG, 8. Aufl. 2018, Art. 74 Rn. 81; Sannwald, in: Schmidt-Bleibtreu/Hofmann/ Henneke, GG, 14. Aufl. 2018, Art. 74 Rn. 232. 4 Vgl. Uhle, in: Maunz/Dürig, GG, 86. EL Januar 2019, Art. 72 Rn. 82. 5 Schüller, in: Bamberger/Roth/Hau/Poseck (Hrsg.), BeckOK BGB, 50. Edition Stand: 1. Mai 2019, § 557 BGB Rn. 2. 6 Vgl. Maunz, in: Maunz/Dürig, GG, 86. EL Januar 2019, Art. 74 Rn. 55; Oeter, in: von Mangoldt/Klein/Stark, GG, 7. Aufl. 2018, Art. 74 Rn. 11; Kunig, in: von Münch/Kunig, GG, 6. Aufl. 2012, Art. 74 Rn. 9; Seiler, in: Epping/ Hillgruber, BeckOK GG, Stand: 15. Februar 2019, Art. 74 Rn. 2.1. 7 Vgl. Oeter, in: von Mangoldt/Klein/Stark, GG, 7. Aufl. 2018, Art. 74 Rn. 11; Kunig, in: von Münch/Kunig, GG, 6. Aufl. 2012, Art. 74 Rn. 9. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 149/19 Seite 4 Die Regelungen des Mietpreisrechts sind daher grundsätzlich als abschließend anzusehen.8 Die Bundesgesetzgebung entfaltet somit im Bereich des Zivilrechts eine Sperrwirkung für die Landesgesetzgebung . Für die Länder gibt es unter dem Kompetenztitel des Art. 74 Abs. 1 Nr. 1 GG daher keine Möglichkeit einer eigenen gesetzlichen Regelung zum Verbot von Mietpreiserhöhungen. 2.2. Gesetzgebungskompetenz für das Wohnungswesen nach Art. 70 Abs. 1 GG Eine Zuständigkeit der Länder für ein Verbot von Mieterhöhungen könnte sich aber aus der Gesetzgebungskompetenz für das Wohnungswesen ergeben. Diese frühere konkurrierende Kompetenz steht seit der Föderalismusreform von 2006 allein den Ländern zu.9 Das Wohnungswesen umfasst öffentlich-rechtliche Maßnahmen zur Wohnraumbeschaffung und zur Wohnraumnutzung.10 Zum Kompetenztitel gehören Regelungen über die Bewirtschaftung des Wohnraums, die soziale Wohnraumförderung, der Abbau von Fehlsubventionierungen im Wohnungswesen, das Wohnungsbindungsrecht , das Zweckentfremdungsverbot und das Wohnungsgenossenschaftsrecht.11 Ein Verbot von Mieterhöhungen kann als Maßnahme über die Wohnraumnutzung angesehen werden. Eine entsprechende landesrechtliche Regelung ist allerdings nur dann zulässig, wenn sie nicht in die soeben behandelte Gesetzgebungskompetenz des Bundes nach Art. 74 Abs. 1 Nr. 1 GG eingreift. Eine Kompetenz der Länder könnte unter der Voraussetzung angenommen werden, dass die Regelung keinen zivilrechtlichen, sondern einen öffentlich-rechtlichen Regelungsgehalt hat. Tendiert man zu dieser Auffassung, so wäre eine Regelung zulässig, die es Vermietern hoheitlich verbietet, Mieterhöhungen durchzuführen (und diese etwa mit einem Bußgeld belegt), das unmittelbare Vertragsverhältnis zwischen Mieter und Vermieter aber unberührt lässt.12 Dagegen könnten aber die soeben angestellten Überlegungen zur abschließenden Wirkung der Bundesgesetzgebung sprechen. Ist bei einem Gesetz zu erkennen, dass der Bundesgesetzgeber eine erschöpfende und abschließende Regelung intendiert hat, so tritt die Sperrwirkung gegenüber der Landesgesetzgebung für die gesamte durch den Bund geregelte Materie ein.13 Überwiegende Gründe dürften daher dafür sprechen, dass die oben festgestellte abschließende Wirkung der §§ 557 BGB für den gesamten Regelungsbereich des – auf dem freien Wohnungsmarkt anzuwendenden – Mietpreisrechts gilt. Folgt man dieser Auffassung, so dürfte die Sperrwirkung unabhängig 8 A.A. Mayer/Artz, Öffentlich-rechtliche und privatrechtliche Aspekte eines „Mietendeckels“ für das Land Berlin, 16. März 2019, S. 34 f., die zumindest im Bereich der sogenannten Mietpreisbremse nach § 556d BGB die Bundesgesetzgebung als nicht abschließend ansehen. 9 Degenhart, in: Sachs (Hrsg.), GG, 8. Aufl. 2018, Art. 74 Rn. 81. 10 Vgl. Wandersleb, Die Gesetzgebungsbefugnis des Bundes auf dem Gebiete des Bau-, Wohnungs- und Siedlungswesens , in: DÖV 1959, 244 ff. (244). 11 Oeter, in: von Mangoldt/Klein/Starck, GG, 7. Aufl. 2018, Art. 74 Rn. 131; Degenhart, in: Sachs (Hrsg.), GG, 8. Aufl. 2018, Art. 74 Rn. 81. 12 So etwa Mayer/Artz, Öffentlich-rechtliche und privatrechtliche Aspekte eines „Mietendeckels“ für das Land Berlin, 16. März 2019, S. 47; Putzer, Ein Mietendeckel für Berlin – Zur Zuständigkeit der Länder für ein Mietpreisrecht, in: NVwZ 2019, 283 (285). 13 Uhle, in: Maunz/Dürig, GG, 86. EL Januar 2019, Art. 72 Rn. 105. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 149/19 Seite 5 davon eintreten, ob eine mietpreisregulierende Regelung zivilrechtlichen oder öffentlich-rechtlichen Charakter hat. 3. Vereinbarkeit einer Mietpreisbindung mit Art. 14 Abs. 1 S. 1 GG Die Vereinbarkeit von den Mietpreis beschränkenden Regelungen mit Art. 14 Abs. 1 S. 1 GG kann nur anhand der genauen Ausgestaltung einer solchen Regelung geprüft werden.14 Im Folgenden können daher nur allgemeine Überlegungen zu Art. 14 Abs. 1 und 2 GG, insbesondere in Bezug auf Mietwohnungen, angestellt werden. Regelungen wie das Verbot von Mieterhöhungen und sonstige den Mietpreis begrenzende Maßnahmen werden im Folgenden unter dem Begriff der Mietpreisbindung zusammengefasst. Das Grundrecht auf Eigentumsfreiheit nach Art. 14 Abs. 1 S. 1 GG unterliegt gemäß Art. 14 Abs. 1 S. 2 GG gesetzlichen Einschränkungen. Zudem ist in Art. 14 Abs. 2 GG die sogenannte Sozialpflichtigkeit des Eigentums festgelegt, wonach der Gebrauch des Eigentums zugleich dem Wohl der Allgemeinheit dienen soll. Will der Gesetzgeber Beschränkungen des Eigentums vornehmen, so muss er die verfassungsmäßige Anerkennung des Eigentums und seine Sozialpflichtigkeit abwägen. Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) hat dazu ausgeführt: „Der Eigentumsschutz wiegt umso schwerer, je mehr der betroffene Eigentumsgegenstand der Sicherung der persönlichen Freiheit des Eigentümers dient. Wird der Eigentumsgegenstand dagegen Dritten zur entgeltlichen Nutzung überlassen und dient er deren Freiheitssicherung, so verlangt das Gebot einer am Gemeinwohl orientierten Eigentumsnutzung eine verstärkte Rücksichtnahme auf ihre Belange. Je mehr das Eigentumsobjekt in einem sozialen Bezug steht und eine soziale Funktion erfüllt, desto weiter reicht die Befugnis des Gesetzgebers zur Inhalts- und Schrankenbestimmung. Die Grenzen liegen dabei nicht ein für allemal fest. Veränderungen der gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse können vielmehr zu einer Verschiebung der Maßstäbe führen.“15 In Bezug auf Mietpreisbindungen räumt das BVerfG dem Gesetzgeber einen weiten Gestaltungsspielraum für Eingriffe ein: „Mietpreisbindungen schränken die freie Verfügung über das Eigentum und dessen Nutzung ein. Preisrechtliche Vorschriften, die durch sozialpolitische Ziele legitimiert werden, sind aber verfassungsrechtlich nicht ausgeschlossen (vgl. BVerfGE 87, 114 <146> m.w.N.). Die Eigentumsgarantie gewährleistet nicht die einträglichste Nutzung des Eigentums. Gerade im Bereich der Wohnungsmiete verlangt die Sozialbindung aus Art. 14 Abs. 2 GG einen angemessenen Ausgleich zwischen den Interessen von Vermietern und Mietern, den der Gesetzgeber vorzunehmen hat (vgl. BVerfGE 37, 132 <141>; 89, 1 <8>). Dabei verfügt er angesichts des Umstandes, daß sich auf beiden Seiten grundrechtliche Positionen gegenüberstehen, über einen 14 Siehe in Bezug auf das Mietpreisbindungsgesetz des Bundes bereits die Ausarbeitungen der Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages, Verfassungsrechtlicher Rahmen für die Einführung einer sogenannten Mietpreisbremse, WD 3 - 3000 - 076/14 sowie Verfassungsrechtliche Fragen zur sog. Mietpreisbremse, WD 3 - 3000 - 256/17. 15 BVerfGE 95, 64 (84). Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 149/19 Seite 6 weiten Gestaltungsraum. Insbesondere kann er die jeweiligen Verhältnisse und Umstände auf dem Wohnungsmarkt berücksichtigen. Die von Art. 14 Abs. 1 GG gezogenen Grenzen wären aber jedenfalls dann überschritten, wenn Mietpreisbindungen auf Dauer zu Verlusten für den Vermieter oder zur Substanzgefährdung der Mietsache führen würden (vgl. BVerfGE 71, 230 <250>).“16 3.1. Verhältnismäßigkeit einer Mietpreisbindung Eine Regelung, die den Eigentümer darin beschränkt, als Vermieter den Mietpreis nach seinem Belieben festzulegen, greift in das Grundrecht auf Eigentumsfreiheit ein. Ein Grundrechtseingriff ist nur dann verfassungsrechtlich gerechtfertigt, wenn er verhältnismäßig ist. Dies ist der Fall, wenn der Eingriff einem legitimen Zweck dient und zum Erreichen dieses Zwecks geeignet, erforderlich sowie angemessen ist.17 Mietpreisbindungen dienen dem Ziel, eine Überhöhung des Mietpreises zu verhindern und dadurch für alle Bevölkerungsschichten bezahlbaren Wohnraum zu erhalten.18 Dabei handelt es sich um einen legitimen gesetzgeberischen Zweck: Nach der Rechtsprechung des BVerfG ist „der Schutz vor Nachteilen aufgrund […] der Nachfragesituation auf dem Wohnungsmarkt“ Ausfluss des im Grundgesetz verankerten Sozialstaatsprinzips (Art. 20 Abs. 1, Art. 28 Abs. 1 S. 1 GG).19 Mietpreisbindungen dürften auch ein geeignetes Mittel sein, dieses Ziel zu erreichen. Ferner müsste die Mietpreisbindung erforderlich sein. Eine Maßnahme ist dann erforderlich, wenn kein milderes Mittel zur Verfügung steht, das in gleicher Weise geeignet ist, den legitimen Zweck zu erreichen.20 In Bezug auf ein zeitlich begrenztes Verbot von Mieterhöhungen ließe sich argumentieren, dass eine Stärkung des öffentlich geförderten Wohnraums das mildere Mittel darstellte. Allerdings würde eine solche Stärkung nicht sofort, sondern erst längerfristig zu einer Dämpfung des Mietenanstiegs führen. Angesichts derzeit steigender Mieten insbesondere in den Ballungszentren dürfte dieses mildere Mittel damit nicht gleich geeignet sein. Zudem ist der soziale Wohnungsbau auf bestimmte Bevölkerungsschichten beschränkt, während ein generelles Verbot von Mieterhöhungen für alle Bevölkerungsschichten gälte. Die Förderung des sozialen Wohnungsbaus ist daher nicht in gleicher Weise geeignet, den Anstieg von Wohnungsmieten zu dämpfen. Als milderes Mittel könnte aber die bereits bestehende bundesrechtliche Regelung zur sogenannten 16 BVerfG NJW 1995, 511 (512). 17 Grzeszick, in: Maunz/Dürig, GG, 86. EL Januar 2019, Art. 20 VII Rn. 110. 18 Vgl. die Ausarbeitung der Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages, Verfassungsrechtlicher Rahmen für die Einführung einer sogenannten Mietpreisbremse, WD 3 - 3000 - 076/14, S. 6. 19 BVerfG NJW-RR 2016, 1349 (1355 f.). 20 Grzeszick, in: Maunz/Dürig, GG, 86. EL Januar 2019, Art. 20 VII Rn. 113. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 149/19 Seite 7 Mietpreisbremse in § 556d BGB herangezogen werden. Da diese allerdings nur auf Neuvermietungen Anwendung findet, ist auch sie nicht in gleicher Weise geeignet. Letztlich steht dem Gesetzgeber bei der Beurteilung der Erforderlichkeit ohnehin ein Einschätzungsspielraum zu.21 Schließlich müsste sich eine Mietpreisbindung nach Abwägung der zum Teil divergierenden Interessen von Mietern und Vermietern als angemessen erweisen. Zwar hat der Eigentümer ein Interesse an der rentabelsten Verwertung seines Eigentums. Dieses Interesse ist aber verfassungsrechtlich nicht geschützt.22 Die Sozialbindung des Eigentums, die gerade in Bereichen, in denen ein großer Teil der Bevölkerung auf die Nutzung fremden Eigentums wie beispielsweise bei Wohnungen angewiesen ist, rechtfertigt eine stärkere Einschränkung des Eigentumsrechts. So hielt das BVerfG bereits die Begrenzung von Mieterhöhungen bei Bestandsmietverhältnissen auf die ortsübliche Vergleichsmiete für verfassungsrechtlich gerechtfertigt, da diese Regelung dem Vermieter einen am örtlichen Markt orientierten Mietzins garantiert, der die Wirtschaftlichkeit der Wohnung regelmäßig sicherstelle.23 Die Ausnutzung von Mangellagen auf dem Wohnungsmarkt zur Erzielung einer höheren Miete genieße angesichts der sozialen Bedeutung der Wohnung für die hierauf angewiesenen Menschen keinen verfassungsrechtlichen Schutz. Im Bereich der Sozialwohnungen bejahte das BVerfG bereits die Angemessenheit der Mietpreisbindung : „Der soziale Bezug von Sozialwohnungen rechtfertigt Bindungen sowohl hinsichtlich des berechtigten Personenkreises als auch des zulässigen Mietzinses. [...] Den wirtschaftlichen Interessen des Eigentümers wird dadurch Rechnung getragen, daß er die Kostenmiete erheben kann, die eine angemessene Verzinsung seiner Eigenleistungen einschließt (§§ 8 bis 8 b WoBindG), und nach Ablauf der Bindungsfristen über freies Eigentum verfügt.“24 Im Übrigen gilt, dass der Gesetzgeber die jeweiligen Verhältnisse auf dem Wohnungsmarkt berücksichtigen kann.25 Eingriffe gegenüber Vermietern können daher umso einschneidender sein, je angespannter die Situation auf dem Wohnungsmarkt ist. Dies bedeutet aber auch, dass Mietpreisbindungen unter Umständen nur solange angemessen sind, wie die angespannte Situation auf dem Wohnungsmarkt andauert. 3.2. Keine Substanzverletzung Aus einer Mietpreisbindung darf sich keine Substanzverletzung des Eigentums ergeben, da sonst die Bestandgarantie des Art. 14 Abs. 1 S. 1 GG verletzt wäre.26 Die Substanz des Eigentums ist nach 21 Grzeszick, in: Maunz/Dürig, GG, 86. EL Januar 2019, Art. 20 VII Rn. 116. 22 BVerfGE 71, 230 (250). 23 BVerfGE 37, 132 (142). 24 BVerfGE 95, 64 (85). 25 BVerfG NJW 1995, 511 (512). 26 Die folgenden Ausführungen entstammen der Ausarbeitung der Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages, Verfassungsrechtlicher Rahmen für die Einführung einer sogenannten Mietpreisbremse, WD 3 - 3000 - 076/14, S. 9. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 149/19 Seite 8 der Rechtsprechung des BVerfG nicht bereits dann verletzt, wenn sich nicht die höchstmögliche Rendite aus dem Eigentum erzielen lässt, sondern erst, wenn sich aus der Vermietung die Gefahr von Verlusten für den Eigentümer ergibt.27 Daher muss zumindest die allgemeine Preissteigerung – und ggf. auch die hiervon abweichende Steigerung im Baugewerbe für Instandhaltungskosten sowie sonstige für das Grundeigentum typische Kosten – durch Mieterhöhungen ausgeglichen werden können. Auch müssen Modernisierungsmaßnahmen in angemessenem Umfang bei Neuvermietungen Berücksichtigung finden können. Um eine Substanzverletzung auch in den Fällen auszuschließen, in denen der Vermieter erhebliche Investitionen – beispielsweise im Rahmen der energetischen Sanierung alten Wohnraums oder des Neubaus von Wohnungen – getätigt hat, könnten diese Sonderfälle generell von der Anwendung einer Mietpreisbindung ausgenommen werden oder zumindest eine Regelung für entsprechende Härtefälle auf Gesetzes- oder Verordnungsebene vorgesehen werden. *** 27 Vgl. BVerfGE 71, 230 (250).