Deutscher Bundestag Auskunftsrechte in Bezug auf Zielvereinbarungen im Bereich der Spitzensportförderung Ausarbeitung Wissenschaftliche Dienste WD 3 – 3000 – 147/12 Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 – 3000 – 147/12 Seite 2 Auskunftsrechte in Bezug auf Zielvereinbarungen im Bereich der Spitzensportförderung Verfasser/in: Aktenzeichen: WD 3 – 3000 – 147/12 Abschluss der Arbeit: 22. Mai 2012 Fachbereich: WD 3: Verfassung und Verwaltung Telefon: Ausarbeitungen und andere Informationsangebote der Wissenschaftlichen Dienste geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Der Deutsche Bundestag behält sich die Rechte der Veröffentlichung und Verbreitung vor. Beides bedarf der Zustimmung der Leitung der Abteilung W, Platz der Republik 1, 11011 Berlin. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 – 3000 – 147/12 Seite 3 Inhaltsverzeichnis 1. Einleitung 4 2. Zielvereinbarungen im Zusammenhang mit der Förderung des Spitzensports 4 3. Grundsätze der Förderung im Bereich des Leistungssports 5 4. Rolle des BMI im Zuwendungsverfahren 5 5. Auskunftsanspruch aus dem Informationsfreiheitsgesetz (IFG) 6 6. Auskunftsanspruch aus dem parlamentarischen Informationsrecht 8 6.1. Verfassungsrechtliche Verortung 8 6.2. Grenzen des Informationsanspruchs 9 6.2.1. Allgemeines 9 6.2.2. Kernbereich exekutiver Eigenverantwortung 10 Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 – 3000 – 147/12 Seite 4 1. Einleitung Die nachfolgende Ausarbeitung gibt einen Überblick über mögliche Auskunftsrechte im Hinblick auf Zielvereinbarungen zur Förderung des Spitzensports. Dabei geht es zum einen um einen möglichen Auskunftsanspruch nach dem Informationsfreiheitsgesetz (IFG) gegenüber der Bundesregierung und zum anderen um die parlamentarischen Informationsrechte. Da es für die Beantwortung der Frage nach diesen Auskunftsrechten entscheidend auf die Einordnung der Zielvereinbarungen in Bezug auf das Regierungshandeln im Bereich der Finanzierung des Spitzensports ankommt , werden zunächst der Charakter dieser Vereinbarungen, die rechtlichen Grundlagen der Spitzensportfinanzierung sowie die Rolle des Bundesministeriums des Innern (BMI) in diesem Kontext skizziert. 2. Zielvereinbarungen im Zusammenhang mit der Förderung des Spitzensports Der Deutsche Olympische Sportbund (DOSB) hat 2006 ein Neues Steuerungsmodell Leistungssport beschlossen.1 Zentrale Instrumente dieses Konzeptes sind Zielvereinbarungen. Zielvereinbarungen werden als „Instrument der Globalsteuerung“ beschrieben, das „auf übergeordnete Aspekte (im Sinne definierter Leistung – Wirkung) sowie die Nutzung der Leistungsbereitschaft und Kompetenz, d.h. Nutzung der fachlichen und personellen Ressourcen der Partner, angelegt“ ist. Sie sollen insgesamt zu einer effizienteren Steuerung beitragen. Im Rahmen des Neuen Steuerungsmodells Leistungssport ist zwischen zwei Ebenen zu differenzieren ist: Zum einen werden Zielvereinbarungen zwischen BMI und DOSB getroffen. Hierin werden notwendige Verfahren beim Abschluss von Zielvereinbarungen des DOSB mit den Spitzenverbänden festgelegt und überprüft. Insbesondere werden auch die Konsequenzen bei Erfüllung und Nichterfüllung von vereinbarten Zielen geregelt. Zum anderen werden Zielvereinbarungen zwischen dem DOSB mit den Spitzenverbänden als zentrales Steuerungsmodell festgelegt .2 Nachfolgend sind nur diese Gegenstand der Untersuchung. Die Zielvereinbarungen zwischen dem DOSB mit den Spitzenverbänden stellen selbst keine Rechtsgrundlage für die Ausschüttung von Fördermitteln des Bundes dar, vielmehr bilden sie die sportfachliche Grundlage für Förderanträge der Bundessportfachverbände.3 Die Entscheidungskompetenz über die Mittelvergabe zur Förderung des Spitzensports liegt beim BMI. Dieses orientiert sich am sportfachlichen Votum des DOSB, aber auch an der allgemeinen Verteilung von Haushaltsmitteln, der Vermögenssituation eines Bundessportfachverbandes und am Bundesinteresse .4 1 Abrufbar unter: http://www.dosb.de/fileadmin/fm-dosb/arbeitsfelder/leistungssport/Konzepte/Neues_Steuerun gsmodell_Endfassung091206.pdf. 2 Vgl. DOSB, Neues Steuerungsmodell Leistungssport, 9. Dezember 2006 (Fn. 1), S. 9. 3 Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Bergner auf die schriftliche Frage des Abgeordneten Martin Gerster (SPD), BT-Drucks. 17/6541, 9. Juni 2011, Frage 27, S. 16. 4 Vgl. Bergner, (Fn. 3), S. 17. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 – 3000 – 147/12 Seite 5 Zielvereinbarungen werden jeweils für einen olympischen Zyklus ausgehandelt. Inhaltlich wird dabei verbandsbezogen festgelegt, wie die jeweilige Sportart weiterentwickelt wird, beispielsweise welche Trainer eingestellt, welche Projekte (z. B. Bau einer Sportstätte) durchgeführt werden sollen, aber auch wie viele Medaillen bei der nächsten Olympiade angestrebt werden.5 3. Grundsätze der Förderung im Bereich des Leistungssports Grundsätzlich finanzieren sich die autonomen Organisationen des Sports eigenständig. Das BMI beteiligt sich lediglich an der Finanzierung, wenn ein erhebliches Bundesinteresse besteht. Diese Beteiligung erfolgt dann aufgrund der dem Bund aus der Natur der Sache oder kraft Sachzusammenhangs obliegenden Aufgabenwahrnehmung für den Sport gemäß Art. 104a Abs. 1 GG. Das erhebliche Bundesinteresse bezieht sich dabei einerseits auf die gesamtstaatliche Repräsentation durch den Sport sowie die Förderung internationaler Sportbeziehungen, andererseits auf die Förderung zentraler Einrichtungen, Projekte und Maßnahmen des Sports.6 Das BMI vergibt die Fördermittel nach Maßgabe von Rahmenrichtlinien7, die unter Berücksichtigung der genannten Grundsätze sowie Nr. 15.2 der Allgemeinen Verwaltungsvorschriften zu § 44 Bundeshaushaltsordnung (BHO)8 erlassen wurden. Die Förderung durch das BMI basiert dabei auf dem Einzelplan 06 bei Kapitel 0602 Titelgruppe 01 - Sportförderung - auf der Grundlage der §§ 23, 44 BHO i.V.m. den entsprechenden Verwaltungsvorschriften mit Anlagen. Die Rahmenrichtlinien enthalten detaillierte Regelungen zum Zweck der Zuwendungen, zum Gegenstand der Förderung, den Zuwendungsempfängern, den Voraussetzungen zur Gewährung einer Zuwendung sowie zu Art, Umfang und Höhe der Zuwendungen. 4. Rolle des BMI im Zuwendungsverfahren Das Leistungssportprogramm des BMI enthält ferner unter Punkt 7 Regelungen zum Verfahren bei der Gewährung von Zuwendungen. Danach trifft das BMI die sportpolitische Entscheidung über die jeweilige Fördermaßnahme und prüft das Bundesinteresse an der Förderung. Alle übrigen Verfahrensschritte für die Bewilligung einer Zuwendung werden grundsätzlich per Erlass an das Bundesverwaltungsamt übertragen. Dieses prüft folglich unter anderem die Notwendigkeit 5 Laut telefonischer Auskunft des DOSB, Ressort L4 Wissenschaftsmanagement, Nichtolympischer Spitzensport, vom 18. Mai 2012. 6 Vgl. Programm des Bundesministeriums des Innern zur Förderung des Leistungssports sowie sonstiger zentraler Einrichtungen, Projekte und Maßnahmen des Sports auf nationaler und internationaler Ebene mit Rahmenrichtlinien (Leistungssportprogramm - LSP) vom 28. September 2005, S. 2 ff.; abrufbar unter: http://www.bmi.bund.de/SharedDocs/Downloads/DE/Themen/Politik_Gesellschaft/Sport/DatenundFakten/FR_Le istungssportprogramm_LSP_05.pdf?__blob=publicationFile. 7 LSP, (Fn. 6), S. 7. 8 Bundeshaushaltsordnung vom 19. August 1969 (BGBl. I S. 1284), die zuletzt durch Artikel 10 des Gesetzes vom 9. Dezember 2010 (BGBl. I S. 1885) geändert worden ist. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 – 3000 – 147/12 Seite 6 und Angemessenheit der beantragten Zuwendung, die übrigen Zuwendungsvoraussetzungen, sowie die Mittelauszahlung. Die Regelungen über das Verfahren sehen auch ausdrücklich die Möglichkeit der Beteiligung von Organisationen des Sports zur Beratung und Unterstützung in der Vorbereitung und Umsetzung von Entscheidungen vor. Das BMI ist rechtlich nicht an der Entstehung der Zielvereinbarungen beteiligt. Es kann ggf. an den Beratungssitzungen teilnehmen.9 5. Auskunftsanspruch aus dem Informationsfreiheitsgesetz (IFG)10 Das Informationsfreiheitsgesetz (IFG)11 gewährt einen umfassenden Informationsanspruch, der sich auf alle Verwaltungsbereiche des Bundes erstreckt. Nach § 1 IFG hat „jeder nach Maßgabe dieses Gesetzes gegenüber den Behörden des Bundes einen Anspruch auf Zugang zu amtlichen Informationen“. Ein besonderes Interesse an der Auskunft braucht nicht geltend gemacht werden. Gegenstand des Auskunftsbegehrens sind amtliche Informationen. Nach § 2 Nr. 1 IFG ist dies jede amtlichen Zwecken dienende Aufzeichnung. Zwar ist das BMI als Auskunftsbehörde nicht Unterzeichner der Zielvereinbarungen, diese dienen aber als fachliche Grundlage der Bewilligungsentscheidung und können damit als zu amtlichen Zwecken dienende Aufzeichnungen bezeichnet werden.12 Grundsätzlich kann jeder Bürger von einer Bundesbehörde Auskunft verlangen, soweit nicht einer der in den § 3 bis § 6 IFG normierten Ausnahmen vorliegt. Hiernach kann der Anspruch auf Informationszugang unter anderem zum Schutz personenbezogener Daten (§ 5 IFG), zum Schutz des geistigen Eigentums und von Betriebs- oder Geschäftsgeheimnissen (§ 6 IFG) oder hinsichtlich von Entwürfen in behördlichen Entscheidungsprozessen abgelehnt werden (§ 4 IFG). Besonders umfangreich sind die Ausnahmebestimmungen zum Schutz von besonderen öffentlichen Belangen, die in § 3 IFG aufgeführt sind. Das Informationsfreiheitsgesetz enthält im Bereich des Schutzes öffentlicher Belange keine Abwägungsklauseln. Liegt einer der Ausnahmegründe vor, findet keine Abwägung mit den Gründen des Auskunftsersuchens statt.13 Gemäß § 3 Nr. 4 IFG besteht der Anspruch auf Informationszugang nicht, „wenn die Information einer durch Rechtsvorschrift oder durch die Allgemeine Verwaltungsvorschrift zum materiellen 9 Laut telefonischer Auskunft des BMI, Referat SP 4 - Förderung der Bundessportfachverbände, vom 17. Mai 2012. 10 Zu den nachfolgenden Ausführungen: , Geheimhaltung von amtlichen Unterlagen, Wissenschaftliche Dienste des Bundestages, Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 095/09, S. 4 f. 11 Informationsfreiheitsgesetz vom 5. September 2005 (BGBl. I S. 2722). 12 Anders aber wohl Bergner, (Fn. 3), Antwort auf Frage 28, S. 16: „Da das BMI nicht zu den Unterzeichnern der Zielvereinbarungen gehört, kann es auch nicht über deren Weiterleitung befinden.“ 13 Jastrow, Daniel-Serge/Schlatmann, Arne, Informationsfreiheitsgesetz, Kommentar, 2006, § 3 Rn. 12; Rossi, Matthias, Informationsfreiheitsgesetz: Handkommentar, 2006, § 3 Rn. 1. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 – 3000 – 147/12 Seite 7 und organisatorischen Schutz von Verschlusssachen geregelten Geheimhaltungs- oder Vertraulichkeitspflicht oder einem Berufs- oder besonderen Amtsgeheimnis unterliegt“. Den vom Bundesbeauftragten für den Datenschutz und die Informationsfreiheit veröffentlichten Anwendungshinweisen zum IFG14 lässt sich entnehmen, dass eine konkrete Prüfung im Einzelfall erforderlich ist. Als besonders wichtige Geheimnistatbestände sind beispielsweise anerkannt das Steuer-, Sozial-, Statistik- und Adoptionsgeheimnis sowie die ärztliche und anwaltliche Schweigepflicht. Gesetzliche Geheimhaltungsregelungen finden sich unter anderem im Bundesverfassungsschutzgesetz oder dem Bundesnachrichtendienstgesetz. Die Zielvereinbarungen zwischen DOSB und den Spitzenverbänden lassen sich nicht hierunter fassen. Die Ablehnung des Auskunftsersuchens nach IFG betreffend die Zielvereinbarungen wird auf den Schutz von Betriebs- oder Geschäftsgeheimnissen gemäß § 6 S. 2 IFG gestützt.15 Ein Betriebs - oder Geschäftsgeheimnis in diesem Sinne liegt vor, „wenn Tatsachen, die im Zusammenhang mit einem wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb stehen, nur einem begrenzten Personenkreis bekannt sind und nach dem erkennbaren Willen des Inhabers sowie dessen berechtigten wirtschaftlichen Interessen geheim gehalten werden sollen“.16 Zuständig für die Überprüfung, ob ein berechtigtes und schutzwürdiges Interesse an der Geheimhaltung vorliegt, ist die jeweilige Behörde . Dabei sind die Besonderheiten des jeweils betroffenen Sach- und Rechtsgebietes zu berücksichtigen .17 Das BMI könnte mithin die Auskunft über Zielvereinbarungen verweigern, wenn es dadurch Geschäftsgeheimnisse der Beteiligten, hier des DOSB und der Spitzensportverände, gefährden würde. Die Zielvereinbarungen werden vom DOSB mit den jeweiligen Spitzenverbänden ausgehandelt. Dabei handelt es sich um sportfachliche Entscheidungen, die u.a. Basis für finanzielle Zuwendungen des Bundes sind. Würden diese Informationen öffentlich gemacht, könnte dies möglicherweise Auswirkungen auf die sonstige Förderung der Spitzenverbände z. B. durch private Sponsoren haben. Damit ließe sich das für ein Geschäftsgeheimnis erforderliche wirtschaftliche Interesse begründen. Im Hinblick auf das Geheimhaltungsinteresse ist weiter auch zu berücksichtigen: Würden Medaillenziele und -zahlen öffentlich gemacht, könnte dies auch international zu unerwünschten Konsequenzen führen.18 Auch bestünde die Gefahr einer Diskussion über die Gründe für eine stärkere oder schwächere Förderung der einzelnen Sportverbände untereinander. Dies könnte problematisch sein, da Kosten- und Personalstrukturen 14 Abrufbar unter: http://www.bfdi.bund.de/IFG/GrundsaetzlicheszurInformationsfreiheit/AnwendungshinweiseBehoerden/Anwen dungshinweiseBehoerdenDown.pdf?__blob=publicationFile. 15 Vgl. Pressemitteilung der SPD Bundestagsfraktion vom 9. Mai 2012, abrufbar unter: http://www.spdfraktion.de/cnt/rs/rs_dok/0,,61342,00.html, so im Ergebnis auch die telefonische Auskunft des BMI, Referat SP 4 - Förderung der Bundessportfachverbände, vom 17. Mai 2012. 16 BGH, NJW 1995, S. 2301; BT-Drucks. 15/4493, S. 14. 17 BT-Drucks. 15/4493, S. 14. 18 So Vesper, DOSB-Generaldirektor, im Sportausschuss, FAZ Sport vom 12. September 2009, abrufbar unter: http://www.faz.net/aktuell/sport/sportpolitik/die-zielvereinbarungen-des-dosb-geheimsache-olympia- 1769105.html. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 – 3000 – 147/12 Seite 8 der einzelnen Verbände nicht vergleichbar seien.19 Eine Veröffentlichung der jeweiligen Förderbeträge und damit verbundenen Zuweisungen würde die Beteiligten - DOSB und die Spitzenverbände - auch einen enormen Druck setzen. Mit dieser Argumentation ließe sich nach alledem wohl ein nach § 6 IFG geschütztes Geschäftsgeheimnis in Bezug auf die Zielvereinbarungen begründen, das ohne Einwilligung nicht von der Behörde, hier dem BMI, preisgegeben werden darf. Dagegen erscheint die Einräumung einer Einsicht in die Zielvereinbarungen nach Ablauf der jeweiligen Geltungsperiode als denkbar. 6. Auskunftsanspruch aus dem parlamentarischen Informationsrecht 6.1. Verfassungsrechtliche Verortung20 Information ist existenzielle Voraussetzung für die Wahrnehmung der Kontrollbefugnisse durch die Volksvertreter.21 Der einzelne Abgeordnete hat daher grundsätzlich einen Anspruch auf die Informationen, die er zur Erfüllung der ihm durch sein Mandat zukommenden parlamentarischen Aufgaben und Befugnisse benötigt.22 Frage- und Informationsrechte des Parlaments und der einzelnen Abgeordneten sind im Grundgesetz nicht als allgemeiner Anspruch enthalten, sondern an verschiedenen Stellen als konkrete Informationsansprüche geregelt.23 Eingehende Regelungen finden sich jedoch in der Geschäftsordnung des Deutschen Bundestags (GOBT). So sind dort Beteiligungsrechte konkretisiert in den Formen der Großen und Kleinen Anfragen (§§ 100, 104 GOBT), Fragen einzelner Abgeordneter zur mündlichen oder schriftlichen Beantwortung (§ 105 GOBT) sowie durch die Aktuelle Stunde und die Befragung der Bundesregierung (§ 106 GOBT). Die verfassungsrechtliche Grundlage des parlamentarischen Fragerechts und der korrespondierenden Antwortpflicht der Regierung sieht die neuere Lehre24 im Anschluss an die Rechtsprechung des BVerfG25 im verfassungsrechtlichen Status des Abgeordneten, mithin in Art. 38 Abs. 1 19 So Trautvetter, Präsident des Deutschen Bob- und Schlittenverbandes und ehemaliger Finanz- und Innenminister von Thüringen, abrufbar unter: http://www.faz.net/aktuell/sport/sportpolitik/die-zielvereinbarungen-des-dosbgeheimsache -olympia-1769105.html. 20 , (Fn. 10), S. 6ff. 21 Kotzur, Markus, Informationsansprüche des Parlaments im demokratischen Verfassungsstaat, Jura 2007, 52. 22 BVerfG NJW 2002, S. 2621 (2623), m. w. N; Kretschmer, Gerald, in: Schmidt-Bleibtreu, Bruno/Klein, Franz/Hofmann, Hans/Hopfauf, Axel, Kommentar zum Grundgesetz, 11. Auflage 2008, Art. 38 Rn. 72. 23 Etwa Art. 13 Abs. 6 S. 1 GG oder Art. 23 Abs. 2 GG; weitere Beispiele bei Teuber, Christian, Parlamentarische Informationsrechte, 2007, S. 60 ff. Anders ist dies in einigen Landesverfassungen: Beispielsweise werden in Art. 23 Abs. 2 S. 2 der Landesverfassung von Schleswig-Holstein, Art. 56 Abs. 2 der Verfassung des Landes Brandenburg oder Art. 89a Abs. 1 der Verfassung von Rheinland-Pfalz allgemeine Informationsrechte von Parlament und Abgeordneten benannt. 24 Achterberg, Norbert/Schulte, Martin, in v. Mangoldt, Hermann/Klein, Friedrich/Stark, Christian, Kommentar zum Grundgesetz, Bd. 2, 5. Aufl. 2005, Art. 43 GG Rn. 17. 25 BVerfGE 13, 123 (125); 57, 1 (5); 67, 100 (129); 70, 324 (355); 80, 188 (218); 92, 130 (137); 105, 252 (270), 279 (306). Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 – 3000 – 147/12 Seite 9 S. 2 GG und nicht in Art. 43 GG, begründet.26 Hieraus lässt sich insbesondere das Fragerecht des einzelnen Abgeordneten verfassungsrechtlich ableiten.27 6.2. Grenzen des Informationsanspruchs 6.2.1. Allgemeines Das grundsätzliche Recht des Bundestages auf Vorlage von Akten der ihm verantwortlichen Regierung ist Bestandteil der parlamentarischen Kontrolle.28 Aus dieser Rechtsprechung folgt der allgemeine Grundsatz, dass die Regierung im Einzelfall zur Gewährung von Akteneinsicht und zur Aktenvorlage verpflichtet ist, falls und insoweit die Kenntnis des Inhalts und der Gestaltung der einschlägigen Akten erst die Voraussetzungen für eine verantwortliche parlamentarische Entscheidung schafft.29 Ausdrücklich anerkannt sind das Aktenvorlagerecht von Untersuchungsausschüssen 30 und die Einsichtnahme in die Begründung bestimmter Haushaltsansätze31, es gibt aber z. B. keinen Anspruch eines einzelnen Abgeordneten gegen den Rechnungshof auf Vorlage der jährlichen Prüfungsberichte.32 Somit kann nicht von einem allgemeinen, auf beliebige Gegenstände gerichteten Informationsanspruch des Abgeordneten gegenüber der Exekutive ausgegangen werden. Vielmehr steht der Informationsanspruch im engen Zusammenhang mit der Erfüllung, der durch das Mandat zukommenden parlamentarischen Aufgaben und Befugnisse.33 Unbegrenzte Informationspflichten kann es schon aufgrund des Gewaltenteilungsprinzips nicht geben. Grundsätzlich erstreckt sich die Auskunftspflicht aber auch auf geheimhaltungsbedürftige Vorgänge , allerdings muss der Bundestag die Geheimhaltung in seinem Bereich sicherstellen.34 Allein wegen des oben beschriebenen Geheimhaltungsinteresses kann die Information der Abgeordneten im Hinblick auf die Zielvereinbarungen im Bereich der Spitzensportförderung nicht abgelehnt werden. Der Bundestag müsste entsprechende Vorkehrungen zur Geheimhaltung der Dokumente (Einstufung nach der Geheimschutzordnung) treffen. 26 Hölscheidt, Sven, Frage und Antwort im Parlament, 1992, A III 1, S. 18. 27 Kretschmer, (Fn. 22), Art. 43 GG Rn. 19. 28 BVerfGE 67, 100, S. 129. 29 Kretschmer, (Fn. 22), Art. 43 GG Rn. 23. 30 BVerfGE 67, 100 (128). 31 BVerfGE 70, 324 (356). 32 BVerfGE 92, 130 (136). 33 Schneider, Hans-Peter/Zeh, Wolfgang (Hrsg.), Parlamentsrecht und Parlamentspraxis, 1989, Vierter Teil § 15, I4a, S. 502. 34 BVerfGE 67, 100 (137 ff.). Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 – 3000 – 147/12 Seite 10 6.2.2. Kernbereich exekutiver Eigenverantwortung Zu berücksichtigen ist ein weiterer Aspekt, aus dem sich eine Einschränkung des Informationsrecht der Abgeordneten ergeben kann: Grundsätzlich sind Fragen an die Bundesregierung zwar nicht schon deshalb unzulässig, weil sie Informationen aus dem Kernbereich der Regierung begehren .35 Die Bundesregierung kann aber ein Antwortverweigerungsrecht bei Fragen in Anspruch nehmen, die sich nicht nur auf geheimhaltungsbedürftige Vorgänge, sondern auch auf die interne Willensbildung der Bundesregierung beziehen, den sogenannten „Kernbereich exekutiver Eigenverantwortung “.36 Dieser Bereich ist parlamentarischem Zugriff entzogen. Zum Kernbereich gehören u. a. der Initiativ-, Beratungs- und Handlungsbereich der Exekutivorgane, die Willensbildung der Regierung selbst, aber auch vorbereitende Erörterungen im Kabinett und ressortinterne oder ressortübergreifende Abstimmungsprozesse.37 Das Bundesverfassungsgericht differenziert hinsichtlich der Informationspflichten der Regierung in zwei Stufen und unterscheidet zwischen dem kontrollierenden Zugriff des Parlaments auf noch laufende und bereits abgeschlossene Vorgänge.38 Demnach verbietet der Gewaltenteilungsgrundsatz Eingriffe in laufende Entscheidungsfindungsprozesse, weil ansonsten eine eigenverantwortliche , freie Willensbildung nicht möglich wäre.39 Eine Pflicht der Regierung, parlamentarischen Informationswünschen zu entsprechen, besteht danach in der Regel nicht, wenn die Information zu einem Mitregieren Dritter bei Entscheidungen führen kann, die in der alleinigen Kompetenz der Regierung liegen.40 Anders liegt es bei nachträglichen parlamentarischen Informationsansprüchen. Das Bundesverfassungsgericht macht hierbei deutlich, dass Informationen aus dem Vorfeld von Regierungsentscheidungen nicht mehr im selben Maße geschützt sind wie in der Phase, in der die Kenntnisnahme Dritter diesen einen unmittelbaren Einfluss auf die Entscheidung schaffen würde.41 Je intensiver das Informationsbegehren jedoch in den innersten Bereich der Willensbildung der Regierung, vor allem der Kabinettsarbeit vordringt, desto gewichtiger muss das Informationsinteresse des Parlaments sein.42 Besonders gewichtig ist dies immer dann, wenn es mögliche Rechtsverstöße der Regierung oder vergleichbare Missstände aufdecken will.43 35 Kretschmer, (Fn. 22), Art. 43 GG Rn. 21. 36 Kotzur (Fn. 21), Jura 2007, 53. 37 Degenhart, Christoph, Staatsorganisationsrecht, 24. Auflage 2008, Rn. 631 sowie Rn. 617. 38 Kotzur (Fn. 21), Jura 2007, 56. 39 Kotzur (Fn. 21), Jura 2007, 57. 40 BVerfGE 110, 199 ff. 41 BVerfGE 110, 199 ff. 42 Kotzur (Fn. 21), Jura 2007, 57. 43 BVerfGE 67, S. 100 (139). Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 – 3000 – 147/12 Seite 11 Im Hinblick auf die Zielvereinbarungen dürfte sich danach folgende Differenzierung ergeben: Wie bereits dargelegt, werden die Zielvereinbarungen vom DOSB mit den jeweiligen Spitzenverbänden ausgehandelt. Dabei handelt es sich um sportfachliche Grundlagen. Sie dienen u.a. der Vorbereitung der Entscheidung über die Mittelvergabe zur Förderung des Spitzensports durch das BMI. Sofern die Bewilligungsentscheidung noch nicht abgeschlossen ist, stellen die Zielvereinbarungen damit eine Basis des laufenden Entscheidungsfindungsprozesses innerhalb der Bundesregierung dar. In diesem Stadium dürften die Zielvereinbarungen wohl dem „Kernbereich exekutiver Eigenverantwortung“ zuzuordnen sein. Nach Abschluss des Bewilligungsverfahrens dürfte aber ein parlamentarisches Auskunftsbegehren nicht mehr unter Hinweis auf den laufenden exekutiven Willensbildungsprozess abzulehnen sein. Jedenfalls ist der parlamentarische Informationsanspruch wohl im Hinblick auf die Zielvereinbarungen eines abgeschlossenen olympischen Zyklus anzunehmen.