Deutscher Bundestag Zusammenarbeit von Bund und Ländern im Bereich „Bildung“ Verfassungsrechtliche Grundlagen – Gemeinsame Maßnahmen und Programme Ausarbeitung Wissenschaftliche Dienste WD 3 – 3000 - 147/11 Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 – 3000 - 147/11 Seite 2 Zusammenarbeit von Bund und Ländern im Bereich „Bildung“ Verfassungsrechtliche Grundlagen – Gemeinsame Maßnahmen und Programme Verfasser/in: Aktenzeichen: WD 3 – 3000 - 147/11 Abschluss der Arbeit: 12. Mai 2011 Fachbereich: WD 3: Verfassung und Verwaltung Telefon: Ausarbeitungen und andere Informationsangebote der Wissenschaftlichen Dienste geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Der Deutsche Bundestag behält sich die Rechte der Veröffentlichung und Verbreitung vor. Beides bedarf der Zustimmung der Leitung der Abteilung W, Platz der Republik 1, 11011 Berlin. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 – 3000 - 147/11 Seite 3 Inhaltsverzeichnis 1. Einleitung 4 2. Grundgesetzliche Kompetenzverteilung für die Bereiche schulische und berufliche Bildung 5 3. Möglichkeiten des Zusammenwirkens des Bundes und der Länder nach dem Grundgesetz im Bereich Bildung 6 3.1. Gemeinschaftsaufgabe „Einrichtungen und Vorhaben der wissenschaftlichen Forschung außerhalb von Hochschulen“ und „Vorhaben der Wissenschaft und Forschung“ (Art. 91 b Abs. 1 Nr. 1 und 2 GG) 6 3.2. Gemeinschaftsaufgabe „Leistungsfähigkeit des Bildungswesens“ gemäß Art. 91b Abs. 2 GG 7 3.3. Finanzhilfen des Bundes 9 3.4. Kostenlastverteilung bei Geldleistungsgesetzen nach Art. 104a Abs. 3 GG 10 3.5. Sonstige Möglichkeiten 10 4. Maßnahmen und Programme 12 4.1. Bildung allgemein 13 4.2. Schulische Bildung 14 4.3. Berufliche Bildung 14 Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 – 3000 - 147/11 Seite 4 1. Einleitung Das Grundgesetz geht in Art. 30 Grundgesetz (GG) von einer grundsätzlichen Trennung der Kompetenzen von Bund und Ländern aus.1 Danach ist die Ausübung staatlicher Befugnisse und die Erfüllung staatlicher Aufgaben Sache der Länder, soweit dieses Grundgesetz keine andere Regelung trifft oder zulässt. Diese Vorgabe schließt aber eine enge Verzahnung der Aufgaben von Bund und Ländern nicht aus. Da sowohl der Bund als auch die Länder das Gemeinwohl in einem Bundestaat verwirklichen, ist die Aufgabenverschränkung kein struktureller Fremdkörper. Ein Beispiel der Zuständigkeitsverschränkung ist die Bund-Länder-Zusammenarbeit im Rahmen des kooperativen Föderalismus.2 Hierbei sind Formen des Zusammenwirkens von unterschiedlicher Intensität zu unterscheiden.3 Wo kooperative Maßnahmen des Bundes und der Länder verfassungsrechtlich begrenzt sind, ist umstritten.4 Maßstab ist hier immer das Grundgesetz mit seinen Vorgaben, insbesondere zur Bundesstaatlichkeit (Art. 20 GG) und Kompetenzordnung. Ein Zusammenwirken ist jedenfalls dann zulässig, wenn das Grundgesetz dies ausdrücklich zulässt. So wirken Bund und Länder bei den Gemeinschaftsaufgaben Art. 91a bis d GG zusammen , einschließlich der Regelung der gemeinsamen Finanzierung der Maßnahmen (siehe z. B. Art. 91b Abs. 3 GG). In Bezug auf die gemeinsame Finanzierung von Maßnahmen durch den Bund und die Länder gilt im Übrigen die Grundregel des Art. 104a Abs. 1 GG. Dieser bestimmt zum einen, dass Bund und Länder die Ausgaben gesondert tragen, die sich aus der Erfüllung ihrer Aufgaben ergeben, sofern das Grundgesetz nichts anderes bestimmt. Aufgaben im Sinne dieser Bestimmung sind nach der h. M. die Verwaltungskompetenzen.5 Zum anderen ergibt sich aus Art. 104a Abs. 1 GG das Verbot für Bund und Länder, Aufgaben der anderen Seite zu finanzieren. Eine Ausnahme hiervon ist das Instrument der Finanzhilfen gemäß Art. 104b Abs. 2 GG. Andere Formen der Kooperation außerhalb der ausdrücklich grundgesetzlich geregelten Fälle werden aber nicht ausgeschlossen.6 Verfassungsrechtlich als unproblematisch zu bewerten sind auch politische Absprachen, deren Realisierung im Rahmen der grundgesetzlichen Kompetenzverteilung durch die jeweils zuständige Ebene - Bund bzw. Länder - erfolgt. Gleiches gilt auch für die Kompetenz von Bund und Ländern zum Abschluss von Staatsverträgen und Verwaltungsabkommen , die aus ihrer jeweiligen Staatsqualität folgt und über ambivalente Materien zulässig ist, 1 Kloepfer, Verfassungsrecht, Bd. I, München 2011, § 9 F Rn. 183. 2 Kloepfer, Rn. 186. 3 Kloepfer, Rn. 219. 4 Kloepfer, Rn. 222. 5 Henneke, Hans-Günter, in: Schmidt-Bleibtreu, Bruno/Hofmann, Hans/Hopfauf, Axel, GG, Kommentar zum Grundgesetz, 12. Aufl. 2011, Art. 104a Rn. 7. 6 Kloepfer, Rn. 220. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 – 3000 - 147/11 Seite 5 die in die Kompetenz des Bundes und auch der Länder fallen.7 Bund und Ländern bleibt es unbenommen , in Wahrnehmung jeweils eigener Aufgabenzuständigkeit zur Erreichung eines bestimmten Zieles zusammenzuarbeiten und dabei auch Vereinbarungen über eine Kostenteilung nach dem Maß ihrer Aufgabenverantwortung abzuschließen.8 So kann es auch außerhalb der im Grundgesetz aufgeführten Fälle Mischfinanzierungen geben. Nachfolgend werden die verfassungsrechtlichen Rahmenbedingungen für gemeinsame Maßnahmen und Programme von Bund und Ländern im Bereich Bildung – hier: schulische und berufliche Bildung – aufgezeigt sowie bestehende Maßnahmen und Programme aufgelistet. 2. Grundgesetzliche Kompetenzverteilung für die Bereiche schulische und berufliche Bildung Die Kompetenzen im Bereich des Bildungswesens liegen im Wesentlichen bei den Ländern (Art. 30, 70 GG). Dies gilt insbesondere für die allgemeine Schulhoheit.9 Der Bund verfügt jedoch in einigen Teilbereichen der Bildung über verfassungsrechtliche Zuständigkeiten , so auch auf dem Gebiet der beruflichen Bildung.10 Nach § 1 Berufsbildungsgesetzes (BBiG)11 ist Berufsbildung die Berufsausbildungsvorbereitung, die Berufsausbildung, die berufliche Fortbildung und die berufliche Umschulung. Gegenwärtig erfolgt die Berufsausbildung grundsätzlich im Dualen System, d. h. neben der betrieblichen Berufsbildung besuchen die Auszubildenden eine berufsbildende Schule (schulische Berufsbildung). Das System ist damit durch ein Zusammenspiel von schulischer und betrieblicher Ausbildung gekennzeichnet und soll theoretisches mit praktischem Lernen verbinden.12 7 Rudolf, Walter, Kooperation im Bundesstaat, in: Isensee, Josef/Kirchhof, Paul, Handbuch des Staatsrechts , 3. Aufl., Bd. IV, Heidelberg 2008, § 141 Rn. 54. 8 Henneke, in: Schmidt-Bleibtreu/Hopfauf, Art. 104a Rn. 19. 9 Das Bundesverfassungsgericht hat die Kulturhoheit der Länder als wesentliches Element des bundesstaatlichen Aufbaus der Bundesrepublik Deutschland anerkannt (Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts (BVerfGE) 6, 309 (354)) und insbesondere das Schulrecht als „Hausgut“ der Eigenstaatlichkeit der Länder bezeichnet, (BVerfGE 43, 291 (348)); siehe zu den Kompetenzen des Bundes im Bildungswesen auch: , Kompetenzen des Bundes im Bereich des Bildungswesens – Handlungsoptionen für eine gesamtstaatliche Bildungspolitik, Wissenschaftliche Dienste des Deutschen Bundestages, WD 3 – 126/09 vom 2. April 2009 und , Fragen zur Kompetenzverteilung im Bereich „Bildung“, Wissenschaftliche Dienste des Deutschen Bundestages , WD 3 – 3000- 481/10 vom 6. Dezember 2010. 10 Siehe zum Bereich berufliche Bildung auch , Zur Gesetzgebungskompetenz des Bundes aus Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 GG in Bezug auf die berufliche Bildung, Wissenschaftliche Dienste des Deutschen Bundestages, Ausarbeitung WD 3 3000- 424/10 vom 3. November 2010, S. 4. 11 Verkündet als Art. 1 BerufsbildungreformG vom 23. März 2005 (BGBl. I S. 931), zuletzt geändert durch Gesetz vom 05. Februar 2009 (BGBl. I S. 160). 12 Vgl. Behmenburg, Ben, Kompetenzverteilung bei der Berufsausbildung, Berlin 2003, S. 36. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 – 3000 - 147/11 Seite 6 Grob skizziert besteht für den Bereich der Berufsbildung insgesamt die folgende Verteilung der Gesetzgebungskompetenzen zwischen Bund und Ländern: Die gesetzliche Regelung des Berufsschulwesens wird im Zuständigkeitsbereich der Länder gesehen.13 Denn gem. Art. 30, 70 GG sind die Länder –wie bereits erwähnt - für die Gesetzgebung im Bereich ihrer Kulturhoheit, hier dem Schulwesen, zuständig. Der Bund kann und darf nur insoweit regelnd tätig werden, als ihn das Grundgesetz ausdrücklich dazu ermächtigt. Dies gilt für den betrieblichen Teil der Berufsbildung , für den Gesetzgebungskompetenzen des Bundes insbesondere aus Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 GG (Recht der Wirtschaft) und Nr. 12 (Arbeitsrecht) abgeleitet werden.14 Bundesgesetzliche Regelungen der beruflichen Bildung können zur Wahrung der Wirtschaftseinheit im Sinne von Art. 72 Abs. 2 GG erforderlich sein.15 Die rechtliche Grundlage für den betrieblichen Teil der Ausbildung bilden im Wesentlichen das Berufsbildungsgesetz (BBiG) und, soweit die Ausbildung in handwerklichen Betrieben stattfindet, zusätzlich entsprechende Vorschriften der Handwerksordnung (HandwO)16. Die schulische Berufsbildung richtet sich dagegen ausschließlich nach den Vorschriften des jeweiligen Landesschulgesetzes und den sie ergänzenden untergesetzlichen Bestimmungen .17 Zu nennen ist außerdem die konkurrierende Gesetzgebungskompetenz des Bundes für die Ausbildungsbeihilfen nach Art. 74 Abs. 1 Nr. 13 GG, die auch die berufliche Bildung betreffen können . 3. Möglichkeiten des Zusammenwirkens des Bundes und der Länder nach dem Grundgesetz im Bereich Bildung 3.1. Gemeinschaftsaufgabe „Einrichtungen und Vorhaben der wissenschaftlichen Forschung außerhalb von Hochschulen“ und „Vorhaben der Wissenschaft und Forschung“ (Art. 91 b Abs. 1 Nr. 1 und 2 GG) Für den Bereich der Bildung ist hier ein Zusammenwirken von Bund und Ländern im Wege der Gemeinschaftsaufgabe nach Art. 91b Abs. 1 GG bei der Projekt- und Programmförderung im Be- 13 Vgl. BVerwG, Beschluss vom 28. Januar 1974, BVerwG 7 B 14.73. 14 Siehe etwa: Gesetzentwurf der Bundesregierung – Entwurf eines Gesetzes zur Reform der beruflichen Bildung (Berufsbildungsreformgesetz –BerBiRefG) – BT- Drs. 15/3980 vom 20. Oktober 2004, S. 40. 15 BVerfGE 106, S. 62 ff., S. 147 ff; weitere mögliche Kompetenztitel für die berufliche Bildung: Art. 74 Abs. 1 Nr. 7 und 19 (BVerfGE 106, S. 62 ff., S. 133 ff. und S. 124 ff. („Altenpflege“)); BVerfGE 26, S. 246 ff., S. 255 („Ingenieurgesetz“); BVerfGE 55, S. 274 ff., S. 309 („Berufsausbildungabgabe“); BVerfGE 68, S. 319 ff., S. 330 („Bundesärzteordnung“). 16 Gesetz zur Ordnung des Handwerks vom 17. September 1953 (BGBl. I S. 1411), neugefasst durch Bekanntmachung vom 24. September 1998 (BGBl. I S.3074), zuletzt geändert durch Art. 2 des Gesetzes vom 17. Juli 2009 (BGBl. S. I 2091). 17 Avenarius, Hermann/Rux, Johannes, Rechtsprobleme der Berufsausbildung – Zur geltenden Rechts lage und zu den Möglichkeiten ihrer Änderung, Rechtsgutachten im Auftrag der Max-Traeger- Stiftung, Frankfurt a.M./Hagen 2003, S. 19. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 – 3000 - 147/11 Seite 7 reich der Bildungsforschung zu nennen, die auch als Vorbereitung einer wissenschaftlich fundierten Bildungsberichterstattung gilt. Förderung der Bildungsforschung findet daher auch im Rahmen der Gemeinschaftsaufgabe nach Art. 91b Abs. 2 GG statt (siehe 3.2).18 3.2. Gemeinschaftsaufgabe „Leistungsfähigkeit des Bildungswesens“ gemäß Art. 91b Abs. 2 GG Die ursprüngliche Gemeinschaftsaufgabe der gesamtstaatlichen „Bildungsplanung“ (Art. 91 b a. F. GG) wurde nach ihrer Einführung im Jahr 1969 zunächst auch genutzt. 1970 wurde durch Verwaltungsabkommen die Bund-Länder-Kommission für Bildungsplanung (seit 1976: und Forschungsförderung ) (BLK) begründet.19 Auf der Grundlage von Vorarbeiten des Deutschen Bildungsrates legte sie 1973 den Bildungsgesamtplan vor. Diese Gemeinschaftsaufgabe hatte sämtliche Einrichtungen und Stufen des Bildungswesens zum Gegenstand, von der vorschulischen Erziehung über das gesamte allgemeinbildende Schulwesen, das Hochschulwesen bis zur Fort,- Weiter- und Erwachsenenbildung.20 Gemeint waren die Vorbereitung , Datenerfassung, Vorausschau und Evaluation von Maßnahmen im Gesamtbereich des Bildungswesens.21 Auch Modellversuche im Bildungssektor waren auf der Grundlage des Art. 91b a. F. GG als dem Erkenntnisgewinn dienende Maßnahmen zur Bildungsplanung zulässig.22 Die Kulturhoheit, besonders die Hoheit auf dem Gebiet des Schulwesens durfte aber als Kernstück der Länderstaatlichkeit nicht angetastet werden.23 Demzufolge erlangte der Bund auch nie eine allgemeine „Mitfinanzierungskompetenz“ im Bereich des Bildungswesens. Bereits bei der Aufstellung des Bildungsgesamtplans erwiesen sich verschiedene bildungspolitische Fragen als schwer konsensfähig. Die politischen Spannungen einschließlich streitiger Finanzierbarkeit führten letztlich dazu, dass der Bildungsgesamtplan seit 1980 nicht mehr fortgeschrieben wurde.24 Die BLK hatte fortan schwerpunktmäßig nur noch Aufgaben in der Forschungsförderung , im Bereich der Bildungsplanung war sie im Wesentlichen auf die Erarbeitung von Stellungnahmen und Empfehlungen zu Einzelfragen beschränkt. Durch die Föderalismusreform I wurde die nach dem Scheitern des Bildungsgesamtplans grundsätzlich weiter bestehende Möglichkeit der Mitwirkung des Bundes auch in Angelegenheiten des 18 Siehe auch: http://www.empirische-bildungsforschung-bmbf.de und http://www.bmbf.de/pub/elemente_zur_strukturellen_foerderung_empirischer_bildungsforschung.p df. 19 Mager, Ute, in: v. Münch, Ingo/Kunig, Philip, Grundgesetz-Kommentar, 5. Aufl., Bd. 3, München 2003, Art. 91b Rn. 14. 20 Siekmann, Helmut, in: Sachs, Michael, GG-Kommentar, 4. Aufl., München 2007, Art. 91b Rn. 21. 21 Stern, Klaus, Das Staatsrecht der Bundesrepublik Deutschland, Bd. II, München 1980, S. 840. 22 Mager, in: v. Münch/Kunig, Art. 91b Rn. 15. 23 BVerfGE 6, 309, (346 f.); BVerfGE 86, 148 (267); Siekmann, Helmut, in: Sachs, Michael, GG, Grundgesetz , Kommentar, 5. Aufl., München 2009, Art. 91b Rn. 21. 24 Mager, Ute, in: v. Münch, Ingo/Kunig, Philip, Grundgesetzkommentar, Bd. 3, 5. Aufl., München 2003, Art. 91b Rn. 16. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 – 3000 - 147/11 Seite 8 Schulwesens ersetzt und zugleich begrenzt durch die neue Gemeinschaftsaufgabe von Bund und Ländern, aufgrund von Vereinbarungen zur Feststellung der Leistungsfähigkeit des Bildungswesens im internationalen Vergleich und bei diesbezüglichen Berichten und Empfehlungen zusammenwirken zu können (Art. 91 b Abs. 2 GG).25 Die Streichung der Gemeinschaftsaufgabe „Bildungsplanung“ betont die Kulturhoheit der Länder und stellt klar, dass der Bund keinen allgemeinen Einfluss auf das Schulwesen haben soll.26 Als Folge der Grundgesetzänderung wurde die Bund-Länder-Kommission für Bildungsplanung (seit 1976: und Forschungsförderung) (BLK) abgeschafft und hinsichtlich ihres die Forschungsförderung betreffenden Tätigkeitsbereichs Ende 2007 in die Gemeinsame Wissenschaftskonferenz (GWK) überführt. Auf der Grundlage des Art. 91b Abs. 2 GG (neu) haben sich die Bundesregierung und die Regierungen der Länder auf ein „Verwaltungsabkommen über das Zusammenwirken von Bund und Ländern gemäß Artikel 91 b Abs. 2 des Grundgesetzes“ (Abkommen zur Feststellung der Leistungsfähigkeit des Bildungswesens im internationalen Vergleich) verständigt.27 Gerade die Offenheit des neuen Art. 91b GG gestattet weiterhin die Gründung und Einrichtung gemeinsamer Bund-Länder-Kommissionen, in denen die Kooperation organisatorisch-institutionell verfestigt wird. Art. 91b Abs. 2 GG ermöglicht etwa die Mitwirkung des Bundes bei der Durchführung und Auswertung künftiger PISA-Studien. Die bereits seit 2003/2004 existierende Zusammenarbeit der Länder und des Bundes bei der nationalen Bildungsberichterstattung stützt sich als notwendige Grundlage internationaler Berichtspflichten ebenfalls auf Art. 91b Abs. 2 GG.28 Folgerungen aus den internationalen Vergleichen und den Berichten sind von der jeweils zuständigen Ebene - Bund bzw. Länder - zu ziehen.29 Weitreichendere Möglichkeiten der Zusammenarbeit im Bereich der Bildungsplanung, die etwa auch das allgemeine Schulwesen erfassten, erforderten eine entsprechende Änderung der Gemeinschaftsaufgabe nach Art. 91b Abs. 2 GG.30 25 Suerbaum, Joachim, in: Epping, Volker/Hillgruber, Christian, GG, Grundgesetz, Kommentar, München 2009, Art. 91b Rn. 16. 26 Siekmann, Helmut, in: Sachs, Michael (Hrsg.), Grundgesetz, 5. Aufl. München 2009, Art. 91b Rn. 21. 27 Nagel, Werner, Sekretariat der Kultusministerkonferenz (KMK), Entflechten- Überleiten- Neu gestalten . Das Zusammenwirken von Bund und Ländern in Bildung, Wissenschaft und Forschung nach der Föderalismusreform I, Januar 2007, S. 25, abzurufen auf der Homepage der KMK unter: http://www.kmk.org/aktuell/Entflechten_Ueberleiten_Neu_Gestalten.pdf. 28 Henneke, in: Schmidt-Bleibtreu/Hofmann/Hopfauf, Art. 91b GG Rn. 16. 29 BT-Drs. 16/813, S. 17. 30 Siehe z. B. zur Idee einer Gemeinsamen Bildungskonferenz: , Wissenschaftliche Dienste des Deutschen Bundestages, Verfassungsrechtliche Rahmenbedingungen einer Gemeinsamen Bildungskonferenz, Ausarbeitung WD 3 – 3000- 460-08 vom 13. Januar 2008. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 – 3000 - 147/11 Seite 9 3.3. Finanzhilfen des Bundes Vor der Föderalismusreform I konnte der Bund den Ländern nach Art. 104a Abs. 4 S. 1 GG a. F. Finanzhilfen für besonders bedeutsame Investitionen der Länder und Gemeinden gewähren, die zur Abwehr einer Störung des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts oder zum Ausgleich unterschiedlicher Wirtschaftskraft im Bundesgebiet oder zur Förderung des wirtschaftlichen Wachstums erforderlich waren. Die Zulässigkeit von Finanzhilfen war nicht davon abhängig, dass der Bund die Gesetzgebungszuständigkeit innehatte. Der Bund konnte somit auch Finanzhilfen auf dem Gebiet ausschließlicher Landeskompetenz wie z. B. im Bereich des allgemeinen Schulwesens gewähren. Dies ist beispielsweise mit dem in der 15. Legislaturperiode beschlossene Programm zur Förderung der Ganztagsschulen geschehen. Mit diesem sog. Investitionsprogramm "Zukunft Bildung und Betreuung" (IZBB) hat die Bundesregierung die Länder beim bedarfsgerechten Auf- und Ausbau von Ganztagsschulen unterstützt. Von 2003 bis 2009 wurden mit den IZBB-Mitteln bundesweit fast 7.200 Schulen gefördert.31 Nach der Föderalismusreform I waren Finanzhilfen des Bundes ausschließlich auf den Sachgebieten zulässig, für die der Bund eine Gesetzgebungskompetenz besitzt, Art. 104b Abs. 1 GG (in der Fassung des 52. Änderungsgesetzes). Das IZBB konnte noch fortgeführt werden, weil insoweit die Übergangsregelung des Art. 125c Abs. 2 S. 2 GG eingreift. Neue Programme dieser Art sollten dagegen nicht zulässig sein.32 Durch das Instrument der Finanzhilfe nach Art. 104b GG hat der Bund im Rahmen des Konjunkturpakets II 33 von 2009 u. a. auch Investitionen mit dem Schwerpunkt Bildungsinfrastruktur wie z. B. Schulinfrastruktur (insbesondere energetische Sanierung) (§ 3 Abs. 2 Nr. 1b Zukunftsinvestitionsgesetz ) gefördert. Über die rechtliche Zulässigkeit der Maßnahme bestand nach Änderung des Art. 104b Abs. 1 GG durch die Föderalismusreform II von 2009 kein Dissens.34 Die Föderalismusreform II hat für Finanzhilfen im Bildungssektor zwar letztlich keine Lockerung der durch die Föderalismusreform I von 2006 eingeführten restriktiven Regelung bewirkt. Allerdings wurde in Art. 104b Abs. 1 S. 2 GG ein Ausnahmetatbestand eingefügt, der es dem Bund ermöglicht, abweichend von Satz 1 im Fall von Naturkatastrophen oder außergewöhnlicher Notsituationen, die sich der Kontrolle des Staates entziehen und die staatliche Finanzlage erheblich beeinträchtigen, auch ohne Gesetzgebungsbefugnisse Finanzhilfen zu gewähren. Dort, wo der Bund im Bildungsbereich Kompetenzen besitzt (außerschulische berufliche Bildung und Weiterbildung, Hochschulzulassung und Hochschulabschlüsse), sind unter den Vorausset- 31 Siehe auch Bundesministerium der Finanzen: http://www.bmbf.de/de/3735.php. 32 BT-Drs. 16/813, S. 19. 33 Gesetz zur Sicherung von Beschäftigung und Stabilität in Deutschland vom 2. März 2009 (BGBL I Nr. 11 S. 416 ff. ) 34 So auch die schriftliche Antwort des Parlaments- und Kabinettsreferats des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMF) vom 3. Mai 2011 auf die E-Mail des Fachbereichs WD 3 vom 20. April 2011. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 – 3000 - 147/11 Seite 10 zungen des Art. 104b GG Finanzhilfen auch nach der Föderalismusreform I und II weiterhin zulässig .35 Wegen der konkurrierenden Gesetzgebungszuständigkeit des Bundes im Bereich der öffentlichen Fürsorge nach Art. 74 Abs. 1 Nr. 7 GG kann der Bund Finanzhilfen auch auf diesem Gebiet gewähren. Für weitergehende Unterstützung durch den Bund durch das Instrument der Finanzhilfe auch im Bereich der ausschließlichen Länderkompetenzen (Schulhoheit) bedürfte es einer Änderung des Art. 104b GG. 3.4. Kostenlastverteilung bei Geldleistungsgesetzen nach Art. 104a Abs. 3 GG Nach Art. 104a Abs. 3 S. 1 GG können Bundesgesetze, die Geldleistungen gewähren und von den Ländern ausgeführt werden, bestimmen, dass die Geldleistungen ganz oder zum Teil vom Bund getragen werden. Auch wenn es sich nicht um eine gemeinsame Aufgabenwahrnehmung durch Bund und Länder handelt, so ist hier die gemeinsame Ausbildungsfinanzierung von Bund und Ländern im Bereich des Aufstiegsfortbildungsförderungsgesetzes (AFBG) (sog. Meister-BAföG), das ein Geldleistungsgesetz im Sinne des Art. 104a Abs. 3 GG darstellt, zu nennen. Bund und Länder tragen hier gemeinsam die Kostenlast. 3.5. Sonstige Möglichkeiten Obgleich die dies keine gemeinsame Initiative im engeren Sinne ist, so ist als weitere Möglichkeit des Zusammenwirkens beispielsweise die konkret im Grundgesetz vorgesehene Möglichkeit zu nennen, eine Anpassung der Verteilung des Aufkommens aus der Umsatzsteuer zwischen Bund und Ländern zu nennen. Nach Art. 106 Abs. 3 S. 3 GG werden durch Bundesgesetz mit Zustimmung des Bundesrates die Anteile von Bund und Ländern festgelegt. Die Länder haben im Hinblick auf steigende Bildungsausgaben die Forderung erhoben, dass neben zusätzlichen Bildungsausgaben des Bundes dieser die Länder im Rahmen der verfassungsmäßigen Kompetenzordnung mit zusätzlichen Umsatzsteuermitteln unterstützen solle.36 Entsprechend den allgemeinen Ausführungen zum Zusammenwirken von Bund und Ländern (siehe 1.), gilt außerdem auch in Bezug auf den Bereich Bildung, dass außerhalb der ausdrücklich grundgesetzlich normierten Möglichkeiten eine Zusammenarbeit auf politischer Ebene unbedenklich ist, z. B. durch das gemeinsame Formulieren von Zielvorgaben, die dann auf der jeweils zuständigen Ebene – Bund bzw. Länder – realisiert werden sollen. Vereinbarungen über eine Kostenteilung nach dem Maß der Aufgabenverantwortung können abgeschlossen werden.37 35 BT-Drs. 16/813, S. 19. 36 Siehe hierzu: Konferenz der Regierungschefinnen und Regierungschefs der Länder am 15. Dezember 2010 in Berlin, Ergebnisprotokoll zu TOP 1.8 – Umsetzungsbericht zur Qualifizierungsinitiative für Deutschland. 37 Henneke, in: Schmidt-Bleibtreu/Hofmann/Hopfauf, Art. 104a Rn. 19. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 – 3000 - 147/11 Seite 11 Als eine solche zentrale politische Zielvereinbarung des Bundes und der Länder ist insbesondere die auf dem Bildungsgipfel am 22. Oktober 2008 in Dresden beschlossene Qualifizierungsinitiative für Deutschland zu nennen. Gemeinsam haben sich dort die Bundeskanzlerin und die Regierungschefs der Länder auf das Ziel verständigt, dass in Deutschland die Ausgaben für Bildung und Forschung bis zum Jahr 2015 auf zehn Prozent des Bruttoinlandsprodukts steigen. Dieses Ziel soll Schubkraft für Bildungs- und Forschungsinvestitionen entwickeln und in erheblichem Maß zu Qualitätsverbesserungen in Bildung und Forschung führen. Darüber hinaus ist es Ziel dieser Initiative, dass Bund und Länder ihre jeweiligen Aktivitäten und Initiativen zur Sicherung des Fachkräftenachwuchses und zur Verbesserung des Bildungssystems bündeln. Zu diesem Zweck greifen hier mehr als 80 Programme und Projekte ineinander, um die Bildungschancen der Bürgerinnen und Bürger zu steigern. Die Qualifizierungsinitiative für Deutschland umfasst alle Bildungsbereiche von der frühkindlichen Bildung bis zur Weiterbildung im Beruf. 38 Folgende Ziele und Maßnahmen sind dabei in den Bereichen schulische und berufliche Bildung besonders hervorzuheben39: •Jedes Kind soll bei der Einschulung die deutsche Sprache beherrschen. Die Länder werden bis zum Jahr 2010 verbindliche Sprachstandsfeststellungen und bis zum Jahr 2012 eine intensivierte Sprachförderung der Kinder rechtzeitig vor Eintritt in die Schule sicherstellen . •Gemeinsame Bildungsziele für Kitas und Grundschulen. Die Länder entwickeln abgestimmte Bildungsziele für Kitas und Grundschulen und entwickeln die Bildungsstandards für Schulen konsequent weiter. •Weniger Schul- und Ausbildungsabbrecher. Bund und Länder streben durch vielfältige Maßnahmen an, bis 2015 die Zahl der Schulabgänger ohne Abschluss von derzeit acht Prozent auf vier Prozent und die Zahl der jungen Erwachsenen ohne abgeschlossene Berufsausbildung von 17 Prozent auf 8,5 Prozent bis 2015 zu halbieren. •Den Übergang in die Berufsausbildung verbessern. Bund und Länder starten eine Initiative Abschluss und Anschluss, um gemeinsam mit der Wirtschaft die Ausbildungsvorbereitung und den Übergang in die Berufsausbildung, insbesondere für Benachteiligte, zu verbessern. •Bessere Integration von Jugendlichen mit Migrationshintergrund. Bund und Länder setzen um, was sie im Nationalen Integrationsplan zugesagt haben. Dabei streben die Länder insbesondere an, den Leistungsstand von Jugendlichen mit Migrationshintergrund auf den Gesamtdurchschnitt aller Schülerinnen und Schüler anzuheben. •Die Chance auf Aufstieg durch Bildung für jeden. 38 Siehe: http://www.bmbf.de/pub/qualifizierungsinitiative_breg.pdf. 39 So nachfolgend aufgeführt unter: http://www.bmbf.de/pub/qualifizierungsinitiative_breg.pdf, S. 26. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 – 3000 - 147/11 Seite 12 Die Länder werden die Voraussetzungen für die bessere Durchlässigkeit zwischen beruflicher und akademischer Bildung schaffen. Beruflich Qualifizierten wird nach dreijähriger Berufstätigkeit der fachgebundene Hochschulzugang eröffnet, Meistern, Technikern und Fachwirten der allgemeine Hochschulzugang ermöglicht. Der Bund wird die Aufstiegsstipendien für beruflich besonders Qualifizierte, die ein Hochschulstudium aufnehmen, und das Meister-BAföG ausbauen . •Die Weiterbildungsquote steigern. Bund und Länder streben an, bis zum Jahr 2015 die Weiterbildungsquote von 43 auf 50 Prozent zu erhöhen. Dazu werden die Weiterbildungsinfrastruktur und die Weiterbildungsberatung gemeinsam mit den Kommunen und der Bundesagentur für Arbeit ausgebaut. Die Umsetzung der beschlossenen Maßnahmen erfolgt gemeinsam mit den Ländern, Unternehmen und Sozialpartnern . 4. Maßnahmen und Programme Angesichts der Vielzahl der Initiativen, die im Bereich Bildung bestehen, kann nachfolgend nur eine schwerpunktmäßige Darstellung im Wesentlichen anhand der Internetinformationen des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) erfolgen, die keinen Anspruch auf Vollständigkeit erhebt. Insbesondere wurden die Stellungnahme der Bundesregierung zum dritten nationalen Bildungsbericht 2010 – Bildung in Deutschland 201040 sowie für den Bereich der beruflichen Bildung der letzte Berufsbildungsbericht 201141 ausgewertet. Die jeweiligen Rechtsgrundlagen der Initiativen waren im Einzelfall häufig nicht zu ermitteln. Weitergehende Hinweise waren darüber hinaus auch nicht der Antwort des BMBF vom 3. Mai 2011 auf eine entsprechende Anfrage des Fachbereichs WD 3 zu entnehmen. Der der Antwort beigefügte Bericht zur Umsetzung der Qualifizierungsinitiative vom 29. Oktober 201042 (Anlage) konnte als weitere Quelle bei der Recherche gemeinsamer Maßnahmen von Bund und Ländern verwendet werden. Zur Frage der verfassungsrechtlichen Zulässigkeit der konkreten gemeinsamen Initiativen von Bund und Länder in den Bereichen schulische und berufliche Bildung ist allgemein auf die Aus- 40 Bericht und Stellungnahme zusammengefasst in: Unterrichtung durch die Bundesregierung, Nationaler Bildungsbericht 2010 – Bildung in Deutschland - und Stellungnahme der Bundesregierung, Bildungsbericht 2010, BT-Drs. 17/3400, Bericht auch abzurufen unter: http://www.bildungsbericht.de/; Stellungnahme der Bundesregierung zum drittem nationalen Bildungsbericht „Bildung in Deutschland 2010“, auch abzurufen unter: http://www.bmbf.de/pubRD/stellungnahme_breg_bildungsbericht.pdf. 41 BT-Drs. 17/5400, Gliederungspunkt 4., S. 57 ff. 42 Gemeinsame Wissenschaftskonferenz (GWK) und Kultusministerkonferenz (KMK), „Aufstieg durch Bildung – Die Qualifizierungsinitiative für Deutschland“, Bericht zur Umsetzung, 29. Oktober 2010 (auch A-Drs. 17(18)149 vom 24. März 2011 des Ausschusses für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung des Deutschen Bundestages). Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 – 3000 - 147/11 Seite 13 führungen unter 2. und 3. zu verweisen. Es ist danach festzuhalten, dass die finanzielle Förderung des Bundes durch das Mittel der Finanzhilfen nach Art. 104b GG – sofern es um die betriebliche Berufsbildung geht, aufgrund der dem Bund dort zustehenden Gesetzgebungszuständigkeit unproblematisch ist. Auch Maßnahmen, die den Bereich der öffentlichen Fürsorge betreffen (z. B. Maßnahmen der Kinder- und Jugendhilfe mit Bezug zur schulischen Bildung) betreffen, sind von der Kompetenz des Bundes gedeckt. Legen Bund und Länder im Rahmen gemeinsamer Bildungsinitiativen Ziele fest, die sie gemäß ihren jeweiligen Zuständigkeiten realisieren, so ist dies ebenfalls verfassungsrechtlich als unproblematisch zu werten. Bildungsforschungsmaßnahmen können u. a. im Rahmen der Gemeinschaftsaufgaben nach Art. 91b Abs. 1 und 2 GG von Bund und Ländern gemeinsam gefördert werden (siehe 3.1). Konkrete gemeinsame Maßnahmen und Programme werden nachfolgend - gegliedert nach den Bereichen „schulische“ und „berufliche Weiterbildung“ - herausgearbeitet. 4.1. Bildung allgemein Verstärkte gemeinsame Investitionen von Bund und Ländern im Bereich Bildung wurden im Rahmen des bereits unter 3.3 erwähnten Konjunkturpaktes II getätigt. Verfassungsrechtliche Grundlage war Art. 104b Abs. 1 GG. Bund und Länder wirken zudem bei der Qualitätssicherung im Bildungswesen zusammen. Zu nennen sind die Zusammenarbeit beim Bildungsmonitoring und in der Bildungsforschung, zu deren Stärkung die Länder und das BMBF am 1. Januar 2011 ein Zentrum für internationale Bildungsvergleichsstudien gegründet haben.43 Verfassungsrechtliche Grundlage der Zusammenarbeit ist Art. 91 b GG. Mit dem Bildungsmonitoring verfolgen die Länder eine Gesamtstrategie, mit der auf der Grundlage systematisch erfasster und wissenschaftlich abgesicherter Informationen geeignete Reformmaßnahmen im Bildungssystem umgesetzt werden können.44 Hier ist z. B. die Teilnahme an internationalen Schulleistungsuntersuchungen wie PISA einzuordnen. Hiervon erfasst ist auch die gemeinsame Bildungsberichterstattung von Bund und Ländern (siehe 3.2), die sich in einem alle zwei Jahre zu erstellenden nationalen Bildungsbericht verstetigt hat,45 zuletzt im dritten nationalen Bildungsbericht 201046. Im Bereich der Bildungsforschung arbeiten Bund und Länder in dem vom BMBF finanzierten Rahmenprogramm zur Förderung der empirischen Bildungsforschung zusammen.47 Projekt- und Programmförderung findet hier nach Art. 91b Abs. 1 und Abs. 2 GG statt.48 43 Bericht, Qualifizierungsinitiative, S. 3. 44 Bericht, Qualifizierungsinitiative, S. 3 f. 45 Bericht, Qualifizierungsinitiative, S. 4. 46 BT-Drs. 17/3400. 47 Bericht, Qualifizierungsinitiative, S. 3. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 – 3000 - 147/11 Seite 14 4.2. Schulische Bildung Die Deutsche Kinder- und Jugendstiftung (DKJS) „Ideen für mehr! Ganztägig lernen.“ ist das momentan einzige Schulentwicklungsprogramm Deutschlands, an dem sich alle Länder und der Bund beteiligen. Es wird bis 2014 verlängert.49 Die DKJS hat vom BMBF die Zuwendung für die Fortführung bis Ende 2012 erhalten. In acht Bundesländern konnten die finanziellen Ressourcen für Ganztagsschulentwicklung aufgestockt werden. Als gemeinsame Maßnahme im Bereich der Bildungsforschung dürfte auch die bundesweite „Studie zur Entwicklung von Ganztagsschulen – StEG“ 2005 bis 2010 zu bezeichnen sein. StEG wurde von vier Forschungseinrichtungen erstellt: Neben dem DIPF gehörten dem Konsortium das Institut für Schulentwicklungsforschung der TU Dortmund (IFS), das Deutsche Jugendinstitut (DJI) und die Justus-Liebig-Universität Gießen (JLU Gießen) an.50 Insgesamt 14 Bundesländer nahmen an der Studie teil und ermöglichten den Zugang zu ihren Ganztagsschulen.51 Das BMBF und der Europäische Sozialfonds (ESF) haben das Projekt gefördert.52 In drei Erhebungswellen, die 2005, 2007 und 2009 stattfanden, wurden insgesamt mehr als 300 Ganztagsschulen in 14 Bundesländern untersucht. Die Forscherinnen und Forscher befragten dabei Schulleitungen, Schülerinnen und Schüler sowie Lehrkräfte und Personal, aber auch Eltern und Kooperationspartner der Schulen, um die Wirkungen auf die Kinder und Jugendlichen selbst sowie das familiäre und das regionale Umfeld nachzuzeichnen.53 4.3. Berufliche Bildung Nachfolgend werden Maßnahmen und Programme - insbesondere ausweislich des Berufsbildungsberichts 2011 - zusammengetragen, die als gemeinsame Projekte von Bund und Ländern zu qualifizieren sein dürften: Allgemein ist festzuhalten, dass Bund und Länder eine Reihe von Maßnahmen ergriffen haben, um den Jugendlichen aus schulischen und berufsvorbereitenden Maßnahmen des Übergangssystems in eine vollqualifizierte Berufsausbildung zu verbessern.54 48 Siehe: Elemente des Rahmenprogramms des BMBF zur strukturellen Förderung der empirischen Bildungsforschung in Deutschland, Kurzfassung, abzurufen unter: http://www.bmbf.de/pub/elemente_zur_strukturellen_foerderung_empirischer_bildungsforschung.p df. 49 Siehe hierzu: http://www.ganztaegig-lernen.org/www/web43.aspx. 50 Siehe: http://www.projekt-steg.de/files/pk101111/Pressemitteilung_StEG_2010-11-11.pdf. 51 Siehe: http://www.projekt-steg.de/files/pk101111/Ergebnisbroschuere_StEG_2010-11-11.pdf. 52 Siehe: http://www.projekt-steg.de/files/pk101111/Pressemitteilung_StEG_2010-11-11.pdf. 53 Siehe: http://www.projekt-steg.de/files/pk101111/Pressemitteilung_StEG_2010-11-11.pdf. 54 Bericht, Qualifizierungsinitiative, S. 11. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 – 3000 - 147/11 Seite 15 Ausdrücklich als Bund-Länder –Sonderprogramm55 auf der Basis der Vorläuferregelung des Art. 104a Abs. 4 GG a. F. stellte sich in diesem Bereich die im Juni 2009 zwischen der Bundesregierung , vertreten durch das BMBF, und den Landesregierungen der neuen Länder geschlossene Vereinbarung über ein Ausbildungsplatzprogramm Ost 2009/201056 dar. Das Ausbildungsplatzprogramm Ost und das Landesergänzungsprogramm wurden in dieser Form in den Jahren 2009/2010 letztmalig durchgeführt.57 Im Rahmen des Ausbildungsplatzprogramms Ost 2009/2010 förderten Bund und neue Länder bis zu 5.000 zusätzliche Ausbildungsplätze für Jugendliche aus den genannten Ländern, die unmittelbar vor Maßnahmenbeginn bei der Bundesagentur für Arbeit bzw. den Trägern der Grundsicherung nach SGB XI als noch nicht vermittelte Ausbildungsplatzbewerberinnen und -bewerber gemeldet sind. Gefördert wurde die Berufsausbildung in anerkannten Ausbildungsberufen nach dem Berufsbildungsgesetz (BBiG) oder der Handwerksordnung (HwO), oder eine schulische Berufsausbildung, die zu einem Berufsabschluss nach Landes-oder Bundesrecht führt. Das Bundesministerium für Bildung und Forschung stellte hierfür den genannten Ländern nicht rückzahlbare Mittel per Zuweisung zur Verfügung. Die Kofinanzierung durch die Länder betrug mindestens 50 %. Zu nennen ist auf der Schnittstelle von schulischer und beruflicher Bildung etwa das Sonderprogamm „Abschluss und Anschluss - Bildungsketten bis zum Ausbildungsabschluss“. Das Verhindern von Schulabbrüchen und die Verbesserung der Übergänge von der Schule in die duale Berufsausbildung sind das Ziel der Bildungsketten-Initiative. Eine präventive Förderung und eine Berufsorientierung, die bereits in der Schulzeit ansetzen, stehen dabei im Mittelpunkt der Betrachtung: Förderbedürftige Jugendliche werden auf Ihrem Weg bis zum Ausbildungsabschluss begleitet. Es handelt sich bei der Bildungsketten-Initiative zwar um eine Maßnahme des BMBF, aber gemeinsam mit den Ländern verzahnt das Bundesministerium hierzu Programme und Initiativen .58 Wesentliche Bestandteile der (Bildungs-)Kette sind das Sonderprogramm "Berufseinstiegsbegleitung Bildungsketten", das Berufsorientierungsprogramm (BOP) und das Ausbildungsstrukturprogramm JOBSTARTER. Gemeinsam mit dem Land NRW und der Bundesagentur für Arbeit wurde das Programm „STARTKLAR! Mit Praxis fit für die Ausbildung“ aus der Taufe gehoben. Es zielt ab auf eine systematische Stärkung der Lernkompetenz und damit der Ausbildungs- und Berufswahlreife von Jugendlichen in den Jahrgangsstufen 8, 9 und 10. Im Fokus stehen insbesondere Schülerinnen und Schüler, die den direkten Übergang in eine Ausbildung anstreben und zusätzlicher Unterstützung bedürfen. Die besonderen Bedingungen von Schülerinnen und Schülern mit sonderpädagogischem Förderbedarf finden dabei Berücksichtigung.59 „STARTKLAR! Mit Praxis fit für 55 BT-Drs. 17/5400,S. 69. 56 Siehe: http://www2.tglsa.de/fileadmin/user_upload/downloads/apo_2009/11_Vereinbarung_APO09_10. pdf. 57 Siehe: http://www.sachsen-anhalt.de/index.php?id=369. 58 Siehe: http://www.bmbf.de/de/14737.php. 59 Siehe: http://www.partner-fuer-schule.nrw.de/startklar.php. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 – 3000 - 147/11 Seite 16 die Ausbildung“ wird von den nordrhein-westfälischen Ministerien für Schule und Weiterbildung sowie für Arbeit, Gesundheit und Soziales, dem Europäischen Sozialfond, vom BMBF sowie von der Regionaldirektion Nordrhein-Westfalen der Bundesagentur für Arbeit finanziert und von der Landes-Gewerbeförderungsstelle des nordrhein-westfälischen Handwerks e.V. (LGH) und der Landesstiftung Partner für Schule NRW umgesetzt.60 Vor dem Hintergrund des in der Qualifizierungsinitiative von Bund und Ländern festgelegten Ziels, bis 2015 den Anteil der jungen Erwachsenen ohne Berufsabschluss auf 8,5 % zu halbieren, haben Bundesregierung und Wirtschaft eine Fortführung des „Nationalen Pakts für Ausbildung und Fachkräftenachwuchs“ über das Jahr 2010 hinaus vereinbart. Als gemeinsame Initiative von Bund und Ländern stellt sich der Pakt auch unter dem Gesichtspunkt dar, dass die Kultusministerkonferenz im Mai 2010 beschlossen hat, im Pakt als Vollmitglied mitzuwirken.61 Im Bereich der Förderung der überbetrieblichen Lehrlingsunterweisung (Überbetriebliche berufliche Bildung (ÜLU) im Handwerk) beteiligen sich Bund und Länder laut Berufsbildungsbericht 2011 zu jeweils einem Drittel.62 Das vom Bund und Ländern gemeinsam finanzierte Aufstiegsfortbildungsförderungsgesetz (AFBG) (sog. Meister-Bafög) gewährt einen individuellen Rechtsanspruch auf Förderung beruflicher Aufstiegsfortbildungen, d. h. von Meisterkursen und anderen auf einen vergleichbaren Fortbildungsabschluss vorbereitenden Lehrgängen.63 Hierbei handelt es sich um ein Bundesgesetz gemäß konkurrierender Gesetzgebungskompetenz nach Art. 74 Abs. 1 Nr. 13 GG (Ausbildungsbeihilfen )64 in der Gestalt eines Geldleistungsgesetzes nach Art. 104a Abs. 3 GG mit Kostenaufteilung zwischen Bund und Ländern (siehe oben 3.4). Mit dem Wettbewerb „Aufstieg durch Bildung: offene Hochschulen“ stärken Bund und Länder in den nächsten Jahren gemeinsam die Durchlässigkeit zwischen beruflicher und akademischer Bildung .65 Ziele des Wettbewerbs sind außerdem die dauerhafte Sicherung des Fachkräfteangebots, die schnellere Integration von neuem Wissen in die Praxis und die Stärkung der internationalen Wettbewerbsfähigkeit des Wissenschaftssystems durch nachhaltige Profilbildung im lebenslangen wissenschaftlichen Lernen und beim berufsbegleitenden Studium.66 Dazu sollen in einem wettbewerblichen Gesamtverfahren auf der Grundlage innovativer, nachfrageorientierter sowie 60 Siehe http://www.partner-fuer-schule.nrw.de/startklar.php. 61 Bericht, Qualifizierungsinitiative, S. 12. 62 BT-Drs. 17/5400, S. 71. 63 BT-Drs. 17/5400, S. 73. 64 Siehe hierzu etwa den Gesetzentwurf der Bundesregierung, Entwurf eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Aufstiegsfortbildungsförderungsgesetzes, BT-Drs. 16/10996, S. 18. 65 Stellungnahme der Bundesregierung, BT-Drs. 17/3400, S. IX. 66 Bekanntmachung des Bundesministeriums für Bildung und Forschung vom 17.März bis 16. Mai 2011 von Richtlinien zum Wettbewerb "Aufstieg durch Bildung: offene Hochschulen", http://www.bmbf.de/foerderungen/15990.php. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 – 3000 - 147/11 Seite 17 nachhaltig angelegter Gesamtkonzepte der Hochschulen zusätzliche Mittel als Anschubfinanzierung zur Verfügung gestellt werden, die auf den Auf- und Ausbau von Studienangeboten im Rahmen des lebenslangen wissenschaftlichen Lernens zielen. Der Wettbewerb startet 2011 mit einer ersten Wettbewerbsrunde. Eine zweite Wettbewerbsrunde wird sich im Jahr 2014 anschließen , die in einer gesonderten Bekanntmachung bekannt gegeben wird. In Bezug auf diese Maßnahme ist den Internetinformationen die Rechtsgrundlage ausdrücklich zu entnehmen: Grundlage der Förderung ist die Verwaltungsvereinbarung zwischen Bund und Ländern nach Artikel 91b Abs. 1 Nr. 2 GG über den Wettbewerb "Aufstieg durch Bildung: offene Hochschulen" vom 28. Mai 201067. Das BMBF gewährt aus dem Bundeshaushalt und aus Mitteln des Europäischen Sozialfonds (ESF) nach Maßgabe dieser Richtlinien, der BMBF-Standardrichtlinien für Zuwendungen auf Ausgaben- bzw. Kostenbasis sowie der Verwaltungsvorschriften zu §§ 23, 44 der Bundeshaushaltsordnung (BHO) Zuwendungen.68 Das vom Bund und den Ländern laut Qualifizierungsinitiative angestrebte gemeinsame Ziel, die Beteiligung an der Weiterbildung bis 2015 auf 50 % der Erwerbsbevölkerung zu steigern, wird durch verschiedene jeweils vom Bund oder von den Ländern zu verantwortenden Maßnahmen und Programme umgesetzt.69 Als gemeinsame Maßnahme im Bereich der beruflichen Bildung auf dem Gebiet der Weiterbildung ist hier insbesondere zu erwähnen, dass Bund und Länder ein vereinfachtes Zertifizierungsverfahren für die Zulassung von öffentlich und staatlich anerkannten Schulen als Trägern der geförderten beruflichen Weiterbildung gemäß SGB II/SGB III durch eine fachkundige Stelle erarbeiten, um das Angebot von Schulen für die Weiterbildung und Umschulung zu Alten- und Krankenpflegern durch die Bundesagentur für Arbeit besser zu nutzen.70 67 Bekanntmachung vom 21. Juli 2010, BAnz. Nr.107, S. 2528 f 68 Siehe: http://www.bmbf.de/foerderungen/15990.php. 69 Siehe im Einzelnen: Bericht, Qualifizierungsinitiative, S. 18. 70 Bericht, Qualifizierungsinitiative, S. 18.