© 2018 Deutscher Bundestag WD 3 - 3000 - 146/18 Kontrolle über Zuwendungen an Stiftungen aus dem Bundeshaushalt Ausarbeitung Wissenschaftliche Dienste Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab dem jeweiligen Fachbereich anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 146/18 Seite 2 Kontrolle über Zuwendungen an Stiftungen aus dem Bundeshaushalt Aktenzeichen: WD 3 - 3000 - 146/18 Abschluss der Arbeit: 15. Mai 2018 Fachbereich: WD 3: Verfassung und Verwaltung Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 146/18 Seite 3 1. Fragestellung Privat- und öffentlich-rechtliche Stiftungen erhalten Zuwendungen aus dem Bundeshaushalt.1 Es stellt sich die Frage, welche Möglichkeiten bestehen, die Mittelverwendung zu kontrollieren. Ferner stellt sich die Frage, ob sich privatrechtliche Stiftungen in öffentlich-rechtliche Stiftungen umwandeln lassen. 2. Stiftungen des öffentlichen Rechts Rechtsfähige Stiftungen des öffentlichen Rechts entstehen durch einen Stiftungsakt aufgrund öffentlichen Rechts, zumeist ein Gesetz. Sie sind Verwaltungseinheiten mit eigener Rechtspersönlichkeit .2 Mit einem Kapital oder Sachbestand erfüllen sie Aufgaben der öffentlichen Verwaltung. Die rechtliche Ordnung der öffentlich-rechtlichen Stiftung beruht grundsätzlich auf den allgemeinen Grundsätzen des öffentlichen Rechts, den Verfassungen und Verwaltungsverfahrensgesetzen sowie den Haushaltsordnungen des Landes oder des Bundes.3 Bundesbehörden haben folgende Optionen, die Verwendung von Haushaltsmitteln in öffentlichrechtlichen Stiftungen zu kontrollieren: – Die Bundesbehörden sind in den Aufsichtsgremien der Stiftung vertreten. Das Aufsichtsgremium hat nach den auf die Stiftung anwendbaren Regelungen das Recht, die Verwendung von Mitteln zu kontrollieren. – Die Bundesbehörden machen die Zuwendung davon abhängig, dass die Stiftung über die Verwendung Rechenschaft ablegt, sich einer besonderen Prüfung unterwirft – wie z. B. durch den Bundesrechnungshof oder eine Wirtschaftsprüfungsgesellschaft – oder die Bundesbehörden bei der Auswahl der Prüfer ein Mitspracherecht haben. – Der Bundesrechnungshof kontrolliert die Verwendung in eigener Zuständigkeit (§ 111 Bundeshaushaltsordnung – BHO).4 Der Bundestag kann seine parlamentarischen Informationsrechte geltend machen und die Bundesregierung und den Bundesrechnungshof über die Ergebnisse ihrer Prüfungen befragen. Der Rechnungsprüfungsausschuss ist der fachlich zuständige Ausschuss des Bundestages. Ferner sind in der Praxis einzelne Bundestagsabgeordnete Mitglieder in Stiftungsräten. So sind z. B. im Stiftungsrat der „Bundesstiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur“ Abgeordnete aller 2008 im 1 Siehe zu einer Übersicht von Stiftungen des Bundes mit Stand 2012, BT-Drs. 17/10227; zu Stiftungen im Verantwortungsbereich des Bundesministeriums des Innern, die im Jahr 2016 Bundesmittel erhielten: BT-Drs. 18/11553, Frage 13, S. 10. 2 Schlüter/Stolte, Stiftungsrecht, 3. Auflage 2016, Rn. 56-58. 3 Schlüter/Stolte, Stiftungsrecht, 3. Auflage 2016, Rn. 56-58. 4 Zum Teil ist die Zuständigkeit des Bundesrechnungshofs auch spezialgesetzlich normiert. Siehe z. B. § 10 Abs. 3 Conterganstiftungsgesetz: „Rechnungsprüfungsbehörde ist der Bundesrechnungshof“. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 146/18 Seite 4 Bundestag vertretenen Fraktionen vertreten. § 6 Abs. 1 S. 1 des Errichtungsgesetzes5 lautet: „Der Stiftungsrat setzt sich wie folgt zusammen: Der Deutsche Bundestag wählt nach der zum Zeitpunkt der Wahl bestehenden Zahl seiner Fraktionen Mitglieder in den Stiftungsrat, wobei jede Fraktion im Deutschen Bundestag ein Mitglied vorschlagen kann. […].“ 3. Stiftungen des Privatrechts „Zur Entstehung einer rechtsfähigen [privatrechtlichen] Stiftung sind das Stiftungsgeschäft und die Anerkennung durch die zuständige Behörde des Landes erforderlich, in dem die Stiftung ihren Sitz haben soll“ (§ 80 Bürgerliches Gesetzbuch – BGB). Für die Kontrolle von Stiftungen des Privatrechts gelten die gleichen Optionen wie für öffentlich-rechtliche Stiftungen, mit folgenden Besonderheiten: – Aufsichtsgremium der Stiftung ist der Vorstand. Die Stiftungssatzung legt fest, wie Vorstände berufen werden. Hiervon hängt ab, unter welchen Voraussetzungen öffentliche Vertreter Teil des Bundesvorstands werden können. – § 67 BHO sieht ein „Prüfungsrecht [des Bundesrechnungshofs] durch Vereinbarung“ nur für „Unternehmen“ vor. Eine analoge Anwendung auf Stiftungen erscheint denkbar. – Die Prüfungszuständigkeit des Bundesrechnungshofs für juristische Personen des Privatrechts ergibt sich aus § 104 BHO („Der Bundesrechnungshof prüft die Haushalts- und Wirtschaftsführung der juristischen Personen des privaten Rechts, wenn sie auf Grund eines Gesetzes vom Bund Zuschüsse erhalten […]“). 4. Umwandlung von Stiftungen Die Kommentierung geht zum Teil davon aus, dass ein Hoheitsakt eine privatrechtlich errichtete Stiftung nachträglich in eine Stiftung des öffentlichen Rechts umwandeln kann.6 Allerdings beruft sich die Kommentierung hier auf Rechtsprechung, die keinen Fall einer solchen Umwandlung entschieden hat.7 Die zitierte Rechtsprechung spricht nur die Umwandlung des Stiftungszwecks nach § 87 BGB an. Die Änderung der Zweckbestimmung ändert jedoch nichts an der privatrechtlichen Organisationsform der Stiftung: „Bei der Umwandlung des Zweckes soll der Wille des Stifters berücksichtigt werden […]“ (§ 87 Abs. 2 S. 1 BGB). Ebenso wenig wird aus einem Verein eine öffentlich-rechtliche Anstalt, weil die Vereinsaufsicht oder die Steuerbehörde eine Anpassung der Vereinssatzung fordert. Gleichwohl dürfte es denkbar sein, eine privatrechtliche Stiftung in eine öffentlich-rechtliche Stiftung unter folgenden Voraussetzungen umzuwandeln: 5 Gesetz vom 5. Juni 1998 über die Errichtung einer Stiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur (BGBl I, S. 1226). 6 Backert, in: Bamberger/Hau, Beck’scher Online-Kommentar, 45. Edition 2017, § 80 BGB, Rn 21: „Eine privatrechtlich errichtete Stiftung kann nachträglich durch entsprechenden Hoheitsakt in eine Stiftung des öffentlichen Rechts umgewandelt werden […].“ 7 BVerfGE 15, 46 (65): Fall einer öffentlich-rechtlichen Stiftung; ähnlich BGH WM 1975, 199 (200): Fall einer privatrechtlichen Stiftung. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 146/18 Seite 5 – Ein Gesetz sieht die Umwandlung vor; – Die Umwandlung entspricht dem Stiftungswillen (des privatrechtlichen Stifters):8 Ohne diese Zustimmung des Stifters käme die Umwandlung einer Enteignung gleich – die Stiftung ist Grundrechtsträger.9 In der Praxis dürften beide Voraussetzungen – jedenfalls auf Bundesebene – bislang eher nicht vorgelegen haben. Ein Beispiel ist, soweit aus öffentlich zugänglichen Quellen recherchierbar, nicht ersichtlich. Der Vollständigkeit halber sei darauf hingewiesen, dass auf Landesebene jedenfalls ein Stiftungsgesetz die Möglichkeit einer Umwandlung von einer Stiftung des privaten in eine solche des öffentlichen Rechts vorsah.10 Der bis 2004 geltende11 § 20 Abs. 1 Stiftungsgesetz Rheinland-Pfalz lautete: „Erlangt eine Stiftung des bürgerlichen Rechts infolge ihrer Aufgabe und Wirksamkeit eine überragende Bedeutung in der Öffentlichkeit, kann sie auf ihren Antrag durch die Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion in eine Stiftung des öffentlichen Rechts umgewandelt werden.“ Der Gesetzgeber schaffte diese Bestimmung mit folgender Begründung ab: „Die Regelung des § 20 StiftG, wonach eine Stiftung des bürgerlichen Rechts auf ihren Antrag hin durch die Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion in eine Stiftung des öffentlichen Rechts umgewandelt werden konnte, hat in der Praxis keine Bedeutung erlangt und soll deshalb in die gesetzliche Neuregelung nicht übernommen werden.“12 *** 8 Siehe z. B. die grundsätzliche Möglichkeit der Umwandlung oder Zusammenlegung in § 9 der folgenden Satzung: https://www.stiftung-naturerbe-rlp.de/stiftung/satzung/. 9 BVerwGE 40, 347 (348); Weitemeyer, in: Münchener Kommentar zum BGB, 7. Auflage 2015, § 87 Rn. 12. 10 Offenbar einziges Beispiel, siehe Alscher, Die Stiftung des öffentlichen Rechts, 2006, S. 207; § 35 Stiftungsgesetz für Baden-Württemberg regelt nur den umgekehrten Fall der Umwandlung in eine Stiftung privaten Rechts. 11 Aufgehoben durch Gesetz vom 19. Juli 2004. 12 LT-Drs. 14/3129, S. 24 (Hervorhebung durch Autor).