© 2017 Deutscher Bundestag WD 3 - 3000 - 146/17 Aufhebung atomrechtlicher Genehmigungen nach deutschem und belgischem Recht Sachstand Wissenschaftliche Dienste Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab dem jeweiligen Fachbereich anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 3 - 3000 - 146/17 Seite 2 Aufhebung atomrechtlicher Genehmigungen nach deutschem und belgischem Recht Aktenzeichen: WD 3 - 3000 - 146/17 Abschluss der Arbeit: 3. August 2017 Fachbereich: WD 3: Verfassung und Verwaltung Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 3 - 3000 - 146/17 Seite 3 1. Fragestellung Gebeten wurde um eine vergleichende Darstellung der Aufhebung atomrechtlicher Genehmigungen nach deutschem und belgischem Recht. Die Ausführungen zur Rechtslage in Belgien beruhen auf Auskünften, die wir aus Belgien erhalten haben. 2. Rechtslage in Deutschland Wie das allgemeine Verwaltungsrecht unterscheidet in Deutschland auch das Atomrecht bei der Aufhebung von Genehmigungen zwischen Rücknahme und Widerruf. Eine Genehmigung kann nach § 17 Abs. 2 Atomgesetz (AtG) zurückgenommen werden, wenn eine ihrer Voraussetzungen bei der Erteilung nicht vorgelegen hat. Zu den Genehmigungsvoraussetzungen zählen nach § 7 Abs. 2 AtG insbesondere die Zuverlässigkeit des Antragstellers, die Gewährleistung notwendiger Kenntnisse der beim Betrieb der Anlage tätigen Personen und die Vorsorge gegen Schäden nach dem Stand von Wissenschaft und Technik; auch dürfen der Standortauswahl keine überwiegenden öffentlichen Interessen entgegenstehen. Den Widerruf von Genehmigungen regelt § 17 Abs. 3 bis 5 AtG für den Fall, dass eine Genehmigung zunächst rechtmäßig erteilt wurde. Dabei räumt § 17 Abs. 3 AtG der zuständigen Behörde Ermessen ein: Genehmigungen können unter anderem widerrufen werden, wenn von ihnen innerhalb von zwei Jahren kein Gebrauch gemacht wurde, wenn eine ihrer Voraussetzungen später weggefallen ist oder bei erheblichen Verstößen gegen das Atomrecht oder gegen aufsichtsbehördliche Anordnungen. Dagegen hat der Widerruf nach § 17 Abs. 4 und 5 AtG im Wege einer gebundenen Entscheidung zu erfolgen: Das gilt nach Abs. 4, wenn keine ausreichende Deckungsvorsorge zur Erfüllung etwaiger gesetzlicher Schadensersatzverpflichtungen nachgewiesen wird, und nach Abs. 5 „wenn dies wegen einer erheblichen Gefährdung der Beschäftigten, Dritter oder der Allgemeinheit erforderlich ist und nicht durch nachträgliche Auflagen in angemessener Zeit Abhilfe geschaffen werden kann.“ 3. Rechtslage in Belgien In Belgien begrenzt das „Gesetz über den schrittweisen Ausstieg aus der Kernenergie“1 die Restlaufzeiten der Atomkraftwerke. Nach dessen Art. 4 § 1er müssen die Kraftwerksblöcke Doel 1 bis 4 und Tihange 1 bis 3 zu jeweils festgelegten Daten zwischen dem 1. Oktober 2022 und dem 1. Dezember 2025 abgeschaltet werden. Während dieser Restlaufzeiten ermöglicht das „Gesetz über den Schutz der Bevölkerung und der Umwelt vor Gefahren ionisierender Strahlung und über die Bundesagentur für Nuklearaufsicht“2 ein behördliches Vorgehen gegen Kraftwerksbetreiber. Nach Art. 10quarter können bei Verletzung 1 „Loi sur la sortie progressive de l'énergie nucléaire à des fins de production industrielle d'électricité“ vom 31. Januar 2003, abrufbar unter http://www.ejustice.just.fgov.be/eli/loi/2003/01/31/2003011096/justel, zuletzt abgerufen am 3. August 2017. 2 „Loi relative à la protection de la population et de l'environnement contre les dangers résultant des rayonnements ionisants et relative à l'Agence fédérale de Contrôle nucléaire“ vom 15. April 1994, abrufbar unter http://www.ejustice.just.fgov.be/eli/loi/1994/04/15/1994025189/justel, zuletzt abgerufen am 3. August 2017. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 3 - 3000 - 146/17 Seite 4 eines Gesetzes oder von Durchführungsbestimmungen sowie bei Nichtbeachtung von Auflagen geeignete Verwaltungsmaßnahmen („mesures administratives“) ergriffen werden. Zu den beispielhaft genannten Maßnahmen zählen die vollständige Schließung und die Teilschließung von Anlagen („la fermeture entière ou partielle d'un établissement“). ***