WD 3 - 3000 - 142/21 (6. August 2021) © 2021 Deutscher Bundestag Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab dem jeweiligen Fachbereich anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen. Die Voraussetzungen des Datenschutzrechts an ein Melderegister, in dem Unternehmen erfasst werden, die nachweislich gegen das Mindestlohngesetz (MiLoG) verstoßen haben, hängen von dessen konkreter Ausgestaltung ab. Grundsätzlich ist das Datenschutzrecht auf juristische Personen nicht anwendbar, da es sich nicht um personenbezogene Daten handelt, auch nicht, wenn der Name des Unternehmens sich von einer Person ableitet. Diese Nichtanwendung gilt für den Namen, die Rechtsform und auch die Kontaktdaten der juristischen Person.1 Angaben, die sich formal auf eine juristische Person beziehen, können sich unter Umständen trotzdem als personenbezogene Daten einer natürlichen Person darstellen.2 Eine Ausnahme kann etwa bei Kapitalgesellschaften mit nur einem Gesellschafter gelten, weil die Daten betreffend die Gesellschaft sich indirekt auch auf den Gesellschafter beziehen.3 Datenschutzrecht ist anwendbar, wenn aufgrund der im Melderegister enthaltenen Daten eine Identifizierbarkeit von Einzelpersonen möglich wird. Eine Person ist identifizierbar, wenn sie „direkt oder indirekt, insbesondere mittels Zuordnung zu einer Kennung, wie einem Namen, zu einer Kennnummer, zu Standortdaten, zu einer Online-Kennung oder zu einem oder mehreren besonderen Merkmalen, die Ausdruck der physischen, physiologischen, genetischen, psychischen, wirtschaftlichen, kulturellen oder sozialen Identität dieser natürlichen Person sind, identifiziert werden kann“.4 Dies kann der Fall sein bei Unternehmen mit so wenigen Mitarbeitern, dass allein deren Erwähnung in einem solchen Melderegister den Rückschluss auf die Person ermöglicht, bei deren Bezahlung gegen das MiLoG verstoßen wurde, aber auch bei größeren Unternehmen, wenn beispielsweise die Angabe des Zeitraums, in dem der Verstoß erfolgte, die Ermittlung der betroffenen Person ermöglicht. 1 Gola, in: Gola, DS-GVO, 2. Aufl. 2018, DS-GVO Art. 4 Rn. 23. 2 Klabunde, in: Ehmann/Selmayr, Datenschutz-Grundverordnung, 2. Aufl. 2018, DS-GVO Art. 4 Rn. 14. 3 Vgl. EuGH, Urt. v. 9.11.2010 – C-92/09. 4 Schild, in: Wolff/Brink, BeckOK DatenschutzR, 36. Ed. 1.5.2021, DS-GVO Art. 4 Rn. 14. Wissenschaftliche Dienste Kurzinformation Datenschutzrechtliche Voraussetzungen eines Melderegisters für Verstöße von Unternehmen gegen das Mindestlohngesetz Kurzinformation Verstöße von Unternehmen gegen das Mindestlohngesetz Fachbereich WD 3 (Verfassung und Verwaltung) Wissenschaftliche Dienste Seite 2 In diesen Fällen handelt es sich bei den Daten um personenbezogene Daten. Eine Verarbeitung ist dann nur nach den Grundsätzen des Art. 5 DSGVO zulässig und erfordert einen der in Art. 6 DSGVO aufgeführten Gründe für die Rechtmäßigkeit. Hier könnte eine Verarbeitung zur Erfüllung einer rechtlichen Verpflichtung oder zur Wahrnehmung einer Aufgabe im öffentlichen Interesse in Betracht kommen. Neben datenschutzrechtlichen Vorgaben sind die rechtlichen Vorgaben für staatliches Informationshandeln zu beachten. Wird das Melderegister öffentlich zugänglich gemacht, so berührt dies die Freiheit des Berufs der betroffenen Unternehmen aus Art. 12 Abs. 1 GG. Unter den Voraussetzungen des Vorliegens einer staatlichen Aufgabe, der Einhaltung der Zuständigkeitsordnung sowie der Beachtung der Anforderungen an die Richtigkeit und Sachlichkeit von Informationen stellt dies jedoch keine Verletzung des Grundrechts dar.5 Die durch die Veröffentlichung entstehende „Prangerwirkung“ könnte jedoch zusätzliche Beschränkungen erforderlich machen,6 wie bereits im Finanzaufsichtsrecht in §§ 60b bis 60d Kreditwesengesetz (KWG) sowie in §§ 123 bis 126 Wertpapierhandelsgesetz (WpHG) und im Lebensmittelrecht in § 40 Abs. 1a Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuch (LFGB) normiert. In diesen Fällen besteht beispielsweise eine Pflicht zur Löschung des Eintrags innerhalb einer bestimmten Frist nach Behebung des Verstoßes7 und die Voraussetzung , dass ein Eintrag nur bei rechtskräftig festgestellten Verstößen erfolgen kann (§ 60b KWG, § 123 WpHG). *** 5 BVerfG, Beschluss vom 26. 6. 2002 - 1 BvR 558/91. 6 Gurlit, in: v. Münch/Kunig, GG, 7. Aufl. 2021, Art. 34 Rn. 58. 7 BVerfGE 148, 40, 56 ff.