© 2015 Deutscher Bundestag WD 3 - 3000 - 140/15 Zur Kontrolle von Personalvorgängen in der Abteilung 6 des Bundeskanzleramtes durch das Parlamentarische Kontrollgremium Ausarbeitung Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitungen und andere Informationsangebote der Wissenschaftlichen Dienste geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Der Deutsche Bundestag behält sich die Rechte der Veröffentlichung und Verbreitung vor. Beides bedarf der Zustimmung der Leitung der Abteilung W, Platz der Republik 1, 11011 Berlin. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 140/15 Seite 2 Zur Kontrolle von Personalvorgängen in der Abteilung 6 des Bundeskanzleramtes durch das Parlamentarische Kontrollgremium Verfasser/in: Aktenzeichen: WD 3 - 3000 - 140/15 Abschluss der Arbeit: 15. Juni 2015 Fachbereich: WD 3: Verfassung und Verwaltung Telefon: Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 140/15 Seite 3 1. Fragestellung Das Parlamentarische Kontrollgremium ist ein verfassungsrechtlich verankertes Gremium, das zur Kontrolle der nachrichtendienstlichen Tätigkeit des Bundes bestellt ist. Bezüglich der Kontrollkompetenzen dieses Gremiums wird gefragt, ob auch Personalvorgänge in der Abteilung 6 des Bundeskanzleramtes (Bundesnachrichtendienst; Koordinierung der Nachrichtendienste des Bundes) dem Kontrollrahmen unterfallen, insbesondere wenn Anhaltspunkte für Spionage vorliegen. Die rechtlichen Rahmenbedingungen für eine derartige Kontrolltätigkeit des Parlamentarischen Kontrollgremiums sollen im Folgenden dargestellt werden. Aufgrund der Kürze der in diesem Fall zur Verfügung stehenden Bearbeitungszeit beschränkt sich die Ausarbeitung dabei auf eine kursorische Darstellung der Rechtslage. 2. Bundeskanzleramt als Kontrollobjekt Nach Art. 45d Abs. 1 Grundgesetz (GG) bestellt der Bundestag ein Gremium zur Kontrolle der nachrichtendienstlichen Tätigkeit des Bundes. Die Kontrolle des Bundestages erstreckt sich danach auf die Tätigkeit der unter der Verantwortung der Bundesregierung agierenden Nachrichtendienste und die mit ihrer Aufsicht und Koordination beauftragten Dienststellen und Einrichtungen der Bundesregierung.1 Damit wird auch die Abteilung 6 des Bundeskanzleramtes, die für die Dienstund Fachaufsicht über den Bundesnachrichtendienst und die Koordinierung der Nachrichtendienste des Bundes zuständig ist, von dem durch Art. 45d Abs. 1 GG vorgegebenen Kontrollrahmen erfasst. Auch in Hinblick auf das Kontrollgremiumgesetz (PKGrG), das der Gesetzgeber in Erfüllung des Verfassungsauftrages in Art. 45d Abs. 2 GG („Das Nähere regelt ein Bundesgesetz.“) erlassen hat, ergibt sich kein anderes Ergebnis. Nach § 1 Abs. 1 PKGrG unterliegt die Bundesregierung hinsichtlich des Bundesamtes für Verfassungsschutz, des Militärischen Abschirmdienstes und des Bundesnachrichtendienstes der Kontrolle durch das Parlamentarische Kontrollgremium. Diese Fassung erhielt die Regelung erst im Laufe des Gesetzgebungsverfahrens durch die Beschlüsse des Rechtsausschusses. Die ursprünglich in dem Gesetzentwurf vorgesehene Fassung lautete: „Die Nachrichtendienste des Bundes unterliegen der Kontrolle durch die Parlamentarische Kontrollkommission“.2 Mit dieser Änderung wurde klargestellt, dass die Bundesregierung das Kontrollobjekt der Kommission ist.3 Das bedeutet, dass auch die im Bundeskanzleramt für den 1 Kluth, in: Schmidt-Bleibtreu/Hofmann/Henneke (Hrsg.), Grundgesetz, Kommentar, 13. Aufl. 2014, Art. 45d Rn. 7; Klein, in: Maunz/Dürig (Begr.), Grundgesetz, Kommentar, Stand der Kommentierung: 56. EL Oktober 2009, Art. 45d Rn. 2: „Das Parlament muss demnach in der Lage sein, sich einen zuverlässigen Eindruck davon zu verschaffen, ob […] das zuständige Mitglied der Regierung seiner Aufsichtspflicht genügt (hat).“; vgl. auch Magiera, in: Sachs (Hrsg.), Grundgesetz, Kommentar, 7. Aufl. 2014, Art. 45d Rn. 8. 2 BT-Drs. 8/1599, S. 3. Dementsprechend wurde auch der Titel des Gesetz(entwurfs) von „Entwurf eines Gesetzes über die parlamentarische Kontrolle der Nachrichtendienste“ in „Gesetz über die parlamentarische Kontrolle nachrichtendienstlicher Tätigkeit des Bundes“ geändert. 3 Hansalek, Die parlamentarische Kontrolle der Bundesregierung im Bereich der Nachrichtendienste, 2005, S. 54; Klein, in: Maunz/Dürig (Begr.), Grundgesetz, Kommentar, Stand der Kommentierung: 56. EL Oktober 2009, Art. 45d Rn. 33. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 140/15 Seite 4 Bundesnachrichtendienst und die Koordinierung der Nachrichtendienste zuständige Abteilung 6 von dem in § 1 Abs. 1 PKGrG beschriebenen Kontrollrahmen erfasst wird.4 Vor diesem Hintergrund ist auch die Regelung des § 6 Abs. 1 PKGrG auszulegen, welche die Unterrichtungspflicht der Bundesregierung bzw. die Informationsbefugnisse des Parlamentarischen Kontrollgremiums auf solche Informationen und Gegenstände beschränkt, die der Verfügungsberechtigung der Nachrichtendienste des Bundes unterliegen. Aufgrund des verfassungsrechtlich durch Art. 45d Abs. 1 GG vorgegebenen Kontrollauftrages und der eindeutigen Bestimmung des Kontrollobjekts in § 1 Abs. 1 PKGrG kann die Regelung nicht zur Folge haben, dass die für die Dienst- und Fachaufsicht über den Bundesnachrichtendienst (und damit auch für die entsprechende Zweckmäßigkeitskontrolle) zuständige Abteilung des Bundeskanzleramtes von der Informationspflichtigkeit nach dem Kontrollgremiumgesetz ausgenommen wird. Der Anwendungsbereich der Norm ist vielmehr in der Regelung der Zugänglichkeit von solchen Informationen zu sehen, die die Nachrichtendienste von anderen Stellen erhalten. Für diese Lesart sprechen auch die Gesetzgebungsmaterialien zu der insoweit identischen Vorgängerregelung in § 2b Abs. 1 PKGrG a.F. Danach fehlt es in der Regel an der Verfügungsberechtigung in diesem Sinne, „wenn es sich um Informationen handelt, die den Nachrichtendiensten von ausländischen Behörden übermittelt worden sind.“5 Die Literatur beschränkt sich bei der Auslegung des § 6 Abs. 1 PKGrG ganz mehrheitlich auf eine Bezugnahme auf diese Aussage der Gesetzgebungsmaterialien .6 Teilweise wird die Regelung auch als Ausdruck des Föderalismusprinzips angesehen, die der Abgrenzung zwischen den entsprechenden Bundes- und Landesgremien dient.7 Die Regelung des § 6 Abs. 1 PKGrG steht damit einer Erstreckung des Kontrollrahmens auf die Abteilung 6 des Bundeskanzleramtes nicht entgegen. 3. Reichweite der Kontrollbefugnisse in Bezug auf Personalvorgänge Die Reichweite der Unterrichtungspflicht der Bundesregierung bzw. der Informationsbefugnisse des Kontrollgremiums nach dem Kontrollgremiumgesetz ist eine Frage des Einzelfalls und damit in Bezug auf den Begriff der Personalvorgänge abstrakt kaum zu bestimmen. Im Folgenden sollen jedoch die rechtlichen Rahmenbedingungen für die Untersuchung von Personalvorgängen durch das Kontrollgremium dargestellt werden. Nach § 6 Abs. 2 PKGrG kann die Bundesregierung die Erfüllung der Informationspflichten nach § 4 PKGrG bzw. der Informationsbegehren nach § 5 PKGrG verweigern, soweit dies aus zwingenden Gründen des Nachrichtenzugangs oder aus Gründen des Schutzes von Persönlichkeitsrechten 4 Vgl. auch Huber, in: Schenke/Graulich/Ruthig (Hrsg.), Sicherheitsrecht des Bundes, 2014, § 6 PKGrG Rn. 5. 5 BT-Drs. 14/539, S. 7. 6 Warg, Die Grenzen parlamentarischer Kontrolle am Beispiel des Staatswohls, NVwZ 2014, 1263 (1266); Baier, Die parlamentarische Kontrolle der Nachrichtendienste und deren Reform, 2009, S. 84; Hansalek, Die parlamentarische Kontrolle der Bundesregierung im Bereich der Nachrichtendienste, 2005, S. 138. 7 Kumpf, Die Kontrolle der Nachrichtendienste des Bundes, 2014, S. 138; Peitsch/Polzin, Die parlamentarische Kontrolle der Nachrichtendienste, NVwZ 2000, 387 (391). Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 140/15 Seite 5 Dritter notwendig ist oder wenn der Kernbereich der exekutiven Eigenverantwortung betroffen ist. Die Regelung des § 6 Abs. 2 PKGrG konkretisiert damit die durch das Bundesverfassungsgericht herausgearbeiteten Schranken parlamentarischer Informationsbegehren.8 Nach der Literatur ist die Regelung des § 6 Abs. 2 PKGrG als Ausnahmetatbestand zu der grundsätzlich bestehenden umfassenden Informationspflichtigkeit restriktiv auszulegen.9 Zwar könne nicht ohne weiteres davon ausgegangen werden, dass Ausnahmetatbestände immer eng auszulegen seien, jedoch würde eine erweiternde Auslegung von § 6 Abs. 2 PKGrG dem Sinn und Zweck der dem Kontrollgremium eingeräumten umfassenden Kontrollbefugnis widersprechen.10 Im vorliegenden Fall ist zu prüfen, inwieweit einem auf Personalvorgänge gerichtetes Informationsbegehren der Kernbereich exekutiver Eigenverantwortung bzw. Persönlichkeitsrechte Dritter entgegenstehen können. Sofern ein Verdacht der Spionage, das heißt der Verwirklichung der Straftatbestände des Landesverrats bzw. der geheimdienstlichen Agententätigkeit besteht, ist zudem die Abstimmung des Kontrollgremiums mit den Strafverfolgungsbehörden bzw. den Gerichten zu erörtern. 3.1. Kernbereich exekutiver Eigenverantwortung Das Bundesverfassungsgericht hat den Kernbereich der exekutiven Eigenverantwortung als „grundsätzlich nicht ausforschbaren Initiativ-, Beratungs- und Handlungsbereich“ beschrieben.11 Das bedeutet, dass in der Regel dann keine Informationspflicht der Bundesregierung besteht, wenn die Information das Parlament in die Lage setzt, bei Entscheidungen mitzuwirken, die in der alleinigen Verantwortung der Regierung liegen.12 Aber auch bei abgeschlossenen Vorgängen sind Fälle möglich, in denen die Regierung aus dem Kernbereich exekutiver Eigenverantwortung geheim zu haltende Tatsachen mitzuteilen nicht verpflichtet ist.13 Das Bundesverfassungsgericht hat jedoch in Bezug auf die Schutzwürdigkeit des Bereichs der Vorbereitung von Regierungsentscheidungen auch klargestellt, dass dem parlamentarischen Informationsinteresse besonders hohes Gewicht zukommt, soweit es um die Aufdeckung möglicher Rechtsverstöße und vergleichbarer Missstände innerhalb der Regierung geht.14 Auch die Literatur verweist auf die besondere Bedeutung der parlamentarischen Kontrolle der nachrichtendienstlichen Tätigkeit des Bundes im Interesse der Machtbalance zwischen Bundestag und Bundesregierung und vertritt die Auffassung, 8 Siehe beispielsweise BVerfGE 124, 78 ff. 9 Hornung, Kontrollgremiumgesetz, Nomos-Kommentar, 2012, § 6 Rn. 2. 10 Huber, in: Schenke/Graulich/Ruthig (Hrsg.), Sicherheitsrecht des Bundes, 2014, § 6 PKGrG Rn. 6. 11 Ständige Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, siehe nur BVerfGE 67, 100 (139). 12 Siehe Klein, in: Maunz/Dürig (Begr.), Grundgesetz, Kommentar, Stand der Kommentierung: 56. EL Oktober 2009, Art. 45d Rn. 36. 13 BVerfGE 67, 100 (139). 14 BVerfGE 124, 78 (123). Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 140/15 Seite 6 dass das parlamentarische Informationsbegehren weit in den innersten Bereich der Willensbildung der Regierung eindringen darf.15 Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts besitzt im heutigen Verwaltungsstaat die Entscheidung über Einstellung, Beförderung, Versetzung und sonstige personelle Angelegenheiten der Beamten erhebliches politisches Gewicht.16 Hieraus schlussfolgert das Gericht, dass die Personalhoheit über die Beamten „ein wesentlicher Teil der Regierungsgewalt“ sei und verweist auf zahlreiche Vorschriften der Landesverfassungen, in denen personalpolitische Entscheidungen ausdrücklich als Sache der Regierung betrachtet werden.17 In dem damals zu entscheidenden Fall hatte das Gericht über die Übertragung von Personalentscheidungen an eine nicht der Regierung verantwortliche Stelle zu urteilen.18 Das Gericht kam dabei zu dem Ergebnis, dass eine solche Übertragung den Grundsatz der Entscheidungsgewalt der Regierung und ihrer Verantwortlichkeit in einem Rechtsstaat verletzt. Für den vorliegenden Fall können hieraus jedoch nur begrenzt Rückschlüsse gezogen werden. Das Parlament soll hier nämlich nicht anstelle der Regierung über Personalfragen entscheiden, sondern lediglich seine verfassungsrechtlich verankerten Kontrollrechte ausüben. Festzuhalten ist damit, dass der Kernbereich exekutiver Eigenverantwortung nicht generell einer Beantwortung von auf Personalvorgänge gerichteten Informationsbegehren des Kontrollgremiums entgegensteht.19 Es ist jedoch im Einzelfall zu prüfen, ob durch die Beantwortung die Handlungsund Entscheidungsfähigkeit der Bundesregierung beeinträchtigt wird.20 Dabei ist zu beachten, dass sich die parlamentarische Kontrollkompetenz in der Regel nur auf bereits abgeschlossene Vorgänge beziehen kann.21 15 Kluth, in: Schmidt-Bleibtreu/Hofmann/Henneke (Hrsg.), Grundgesetz, Kommentar, 13. Aufl. 2014, Art. 45d Rn. 27. 16 BVerfGE 9, 268 (282). 17 BVerfGE 9, 268 (283). 18 Siehe hierzu , Reichweite des parlamentarischen Fragerechts im Bereich der Personalausstattung und Personalentwicklung in Bundesministerien, Wissenschaftliche Dienste des Deutschen Bundestages (WD 3 - 3000 - 390/11), 2012, S. 6. 19 Für eine Erstreckung der Informationspflicht auf Personalangelegenheiten auch Klein, in: Maunz/Dürig (Begr.), Grundgesetz, Kommentar, Stand der Kommentierung: 56. EL Oktober 2009, Art. 45d Rn. 41: Unterrichtungspflicht in Bezug auf „besondere Probleme der Personallage und der Sicherheit“, siehe dort auch Fn. 100. 20 Klein, in: Maunz/Dürig (Begr.), Grundgesetz, Kommentar, Stand der Kommentierung: 56. EL Oktober 2009, Art. 45d Rn. 36. 21 Achterberg/Schulte, in: von Mangoldt/Klein/Starck (Hrsg.), Grundgesetz, Kommentar, 6. Aufl. 2010, Art. 45d Rn. 23, unter Verweis auf BVerfGE 67, 100 (139). Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 140/15 Seite 7 3.2. Persönlichkeitsrechte Dritter Ist das Informationsbegehren auf individual-bezogene Angaben und nicht nur auf strukturelle Informationen gerichtet, die keine Rückschlüsse auf einzelne Personen zulassen, können Persönlichkeitsrechte Dritter einer Beantwortung entgegenstehen. Nach § 6 Abs. 2 S. 1 PKGrG kann die Bundesregierung die Erfüllung ihrer Informationspflichten nach dem Kontrollgremiumgesetz verweigern, „soweit dies […] aus Gründen des Schutzes von Persönlichkeitsrechten Dritter notwendig ist“. Aus dieser Formulierung („soweit“) sowie der Gesetzentwurfsbegründung („wenn die Schutzbedürftigkeit von Persönlichkeitsrechten Dritter überwiegt“22) ergibt sich, dass der Persönlichkeitsrechtschutz Dritter keinen absoluten Vorrang genießt.23 Das bedeutet, dass im Einzelfall eine Abwägung zwischen dem parlamentarischen Informationsinteresse einerseits und den Persönlichkeitsrechten betroffener Dritter andererseits durchzuführen ist. Das von der Rechtsprechung entwickelte allgemeine Persönlichkeitsrecht aus Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG besitzt verschiedene Ausprägungen, wobei zu den Schutzgütern unter anderem die Privat-, Geheim und Intimsphäre, die persönliche Ehre sowie das Verfügungsrecht über die Darstellung der eigenen Person gehören.24 Im ersten Schritt ist zu prüfen, ob die begehrten Informationen nicht bloß dem sogenannten Öffentlichkeitsbereich 25 des Persönlichkeitsrechts zuzuordnen sind und damit unter Umständen aufgrund des Sozialbezuges bereits nicht vom Schutzbereich des Grundrechts erfasst werden.26 Bei Informationen über Personalvorgänge im Bundeskanzleramt, die beispielsweise bereits dem Organigramm des Hauses entnommen werden können, kann sich die Bundesregierung damit nicht auf Persönlichkeitsrechte Dritter berufen. Sind Informationen betroffen, die unter den Schutz des Persönlichkeitsrechts fallen, ist in einem zweiten Schritt zu ermitteln wie intensiv sich der mit der Erfüllung des Informationsbegehrens verbundene Grundrechtseingriff für den betroffenen Dritten darstellt. Maßgeblich ist dabei insbesondere die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zum Schutz des unantastbaren Bereichs privater Lebensgestaltung, der wegen seiner besonderen Nähe zur Menschenwürde einer Einschränkung durch Abwägung nicht zugänglich ist.27 Ob eine Information dem unantastbaren Bereich zuzuordnen ist, lässt sich jedoch – so das Gericht – nicht abstrakt beschreiben, sondern kann nur unter Berücksichtigung der Besonderheiten des 22 BT-Drs. 14/539, S. 7. 23 So auch Huber, in: Schenke/Graulich/Ruthig (Hrsg.), Sicherheitsrecht des Bundes, 2014, § 6 PKGrG Rn. 12. 24 Ausführlich hierzu Kestler, Parlamentarisches Fragerecht und Persönlichkeitsschutz, ZParl 2001, 258 (263 ff.). 25 Hierzu Di Fabio, in: Maunz/Dürig (Begr.), Grundgesetz, Kommentar, Stand der Kommentierung: 39. EL Juli 2001, Art. 2 Rn. 157 ff., 160. 26 Vgl. BbgVerfG, LKV 2001, 167 (169). 27 Ausführlich hierzu Desoi/Knierim, Intimsphäre und Kernbereichsschutz, DÖV 2011, 398 ff. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 140/15 Seite 8 Einzelfalls beantwortet werden.28 Damit kann auch hier nicht abstrakt beurteilt werden, ob Informationen über Personalvorgänge in einer Behörde dem abwägungsfesten Kernbereich von Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG unterfallen. Bezieht sich das Begehren der Kontrollkommission ausschließlich auf Informationen, die nicht vom unantastbaren Kernbereich erfasst werden, sind die Persönlichkeitsrechte der betroffenen Dritten und der Kontrollauftrag des Gremiums gegeneinander abzuwägen. Ein Überwiegen des Grundrechtsschutzes ist im vorliegenden Fall jedoch nur als Ausnahmekonstellation denkbar. Zum einen ist nämlich zu berücksichtigen, dass das Kontrollgremium nach § 10 Abs. 1 PKGrG geheim tagt und dessen Mitglieder zur Geheimhaltung verpflichtet sind.29 Vor diesem Hintergrund stellt sich die Intensität des mit der Informationsweitergabe an das Kontrollgremium verbundenen Grundrechtseingriffs als verhältnismäßig gering dar. Zum anderen besitzt die parlamentarische Kontrolle der Nachrichtendienste im Allgemeinen sowie die parlamentarische Kontrolle der Besetzung von Positionen im Bereich der Dienst- und Fachaufsicht über den Bundesnachrichtendienst im Besonderen ein erhebliches Gewicht. Schließlich ist im Rahmen der Abwägung auch das Vorliegen etwaiger Anhaltspunkte für eine Spionagetätigkeit zu berücksichtigen. 3.3. Abstimmung mit den Strafverfolgungsbehörden bzw. den Gerichten Besteht ein Verdacht der Spionage, das heißt der Verwirklichung der Straftatbestände des Landesverrats bzw. der geheimdienstlichen Agententätigkeit, kann schließlich auch eine Abstimmung des Kontrollgremiums mit den Strafverfolgungsbehörden bzw. den Gerichten erforderlich sein. Läuft ein staatsanwaltschaftliches Ermittlungsverfahren, besitzt die zuständige Staatsanwaltschaft die Befugnis zur Sachleitung. Nach § 161 Abs. 1 Strafprozessordnung ist es Sache der Staatsanwaltschaft , Art, Reihenfolge und Intensität der für geboten erachteten Ermittlungshandlungen eigenverantwortlich nach Maßgabe der strafprozessualen Vorschriften und kriminaltaktischen Erwägungen zu bestimmen.30 Daher kann eine Abstimmung mit den Strafverfolgungsbehörden erforderlich sein, um sicherzustellen, dass der Verfahrenszweck nicht durch die parlamentarische Kontrolltätigkeit gefährdet wird.31 Weiter ist sicherzustellen, dass keine gerichtlichen Verfahren 28 BVerfGE 80, 367 (374). Mit dem unantastbaren Kernbereich des Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG hat sich das Bundesverfassungsgericht unter anderem im Zusammenhang mit der Verwertung von persönlichen Dokumenten oder solchen mit persönlichem Inhalt in staatlichen Verfahren sowie im Zusammenhang mit Aspekten der Sexualität befasst, siehe hierzu Dreier, in: ders. (Hrsg.), Grundgesetz, Kommentar, 3. Aufl. 2013, Art. 2 Abs. 1 Rn. 71. 29 So auch Hornung, Kontrollgremiumgesetz, Nomos-Kommentar, 2012, § 6 Rn. 6, unter Verweis auf Möllers, Innenausschuss A-Drs. 16(4)614 D, S. 4; vgl. auch Lennartz/Kiefer, Parlamentarische Anfragen im Spannungsfeld von Regierungskontrolle und Geheimhaltungsinteressen, DÖV 2006, 185 (190). 30 Siehe hierzu die Informationen des Generalbundesanwalts (https://www.generalbundesanwalt.de/de/legal.php, zuletzt abgerufen am 15. Juni 2015) sowie § 152 Gerichtsverfassungsgesetz. 31 Siehe auch Peters, Der öffentliche Bedienstete als Zeuge vor einem parlamentarischen Untersuchungsausschuss, DÖV 2014, 10 (15). Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 140/15 Seite 9 beeinflusst werden und die Unabhängigkeit der Richter gewahrt bleibt.32 Da jedoch nach § 10 Abs. 1 PKGrG die Beratungen des Kontrollgremiums geheim sind und dessen Mitglieder zur Geheimhaltung der Angelegenheiten verpflichtet sind, die ihnen bei ihrer Tätigkeit im Gremium bekannt geworden sind, ist eine Beeinflussung der Tätigkeiten der Strafverfolgungsbehörden sowie der Gerichte nur schwer vorstellbar.33 32 Vgl. Lennartz/Kiefer, Parlamentarische Anfragen im Spannungsfeld von Regierungskontrolle und Geheimhaltungsinteressen , DÖV 2006, 185 (188). 33 Siehe zu den Geheimhaltungserfordernissen Huber, in: Schenke/Graulich/Ruthig (Hrsg.), Sicherheitsrecht des Bundes, 2014, § 10 PKGrG Rn. 2 ff.