© 2016 Deutscher Bundestag WD 3 - 3000 - 138/13 Gewährung von Zahlungserleichterungen bei Sanktionen für politische Parteien nach dem Parteiengesetz Ausarbeitung Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitungen und andere Informationsangebote der Wissenschaftlichen Dienste geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Der Deutsche Bundestag behält sich die Rechte der Veröffentlichung und Verbreitung vor. Beides bedarf der Zustimmung der Leitung der Abteilung W, Platz der Republik 1, 11011 Berlin. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 138/13 Seite 2 Gewährung von Zahlungserleichterungen bei Sanktionen für politische Parteien nach dem Parteiengesetz Verfasserin: Aktenzeichen: WD 3 - 3000 - 138/13 Abschluss der Arbeit: 2. September 2013 Fachbereich: WD 3: Verfassung und Verwaltung Telefon: Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 138/13 Seite 3 1. Einleitung Im Rahmen der staatlichen Teilfinanzierung der Parteien können Rückforderungsansprüche gegenüber politischen Parteien entstehen. Hierbei handelt es sich bei einer Gruppe um die Rückforderung überhöhter Abschlagszahlungen (§ 20 Abs. 2 PartG1) oder die Rückforderung staatlicher Mittel wegen im Rechenschaftsbericht der Partei zu Unrecht ausgewiesener Zuwendungen (§ 31a PartG). Bei einer zweiten Gruppe wird die Rückforderung der Zahlungen um eine finanzielle Sanktion ergänzt: Bei Unrichtigkeiten im Rechenschaftsbericht fallen diese gemäß § 31b PartG ebenso an wie bei rechtswidrig erlangten und nicht veröffentlichten Spenden (§ 31c PartG). Sowohl die Rückforderung als auch die finanziellen Sanktionen können die Parteien erheblich finanziell belasten und in ihrer politischen Arbeit einschränken. In der Praxis wurden daher bereits Stundungsvereinbarungen mit betroffenen Parteien geschlossen.2 In der Literatur wird die Frage mit Ausnahme der im Weiteren genannten Zitate nicht behandelt. Im Folgenden soll geprüft werden, ob § 59 BHO3 auf die Stundung von Geldforderungen mit Sanktionscharakter Anwendung findet und ob der Präsident des Deutschen Bundestages in bestimmten Fällen zum Abschluss einer Stundungsvereinbarung verpflichtet sein kann. Ferner wird auf die Verfahrensvorschriften des § 59 BHO eingegangen. 2. Stundung von Zahlungsverpflichtungen gemäß §§ 31b oder 31c PartG auf der Grundlage von § 59 BHO § 59 BHO lautet in seinen für die folgende Prüfung wesentlichen Teilen: „§ 59 Veränderung von Ansprüchen (1) Das zuständige Bundesministerium darf Ansprüche nur 1. stunden, wenn die sofortige Einziehung mit erheblichen Härten für den Anspruchsgegner verbunden wäre und der Anspruch durch die Stundung nicht gefährdet wird. Die Stundung soll gegen angemessene Verzinsung und in der Regel nur gegen Sicherheitsleistung gewährt werden, 2. (…) 1 Parteiengesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 31. Januar 1994 (BGBl. I S. 149), das zuletzt durch Artikel 1 des Gesetzes vom 23. August 2011 (BGBl. I S. 1748) geändert worden ist. 2 Unter anderem Bericht des Präsidenten des Deutschen Bundestages über die Rechenschaftsberichte für die Jahre 1996, 1997 und 1998, BT-Drs. 14/4747, S. 65; Unterrichtung durch den Präsidenten des Deutschen Bundestages über die Rechenschaftsberichte für das Jahr 2005, BT-Drs. 16/5090, S. 48. 3 Bundeshaushaltsordnung vom 19. August 1969 (BGBl. I S. 1284), die zuletzt durch Artikel 2 des Gesetzes vom 15. Juli 2013 (BGBl. I S. 2395) geändert worden ist. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 138/13 Seite 4 (2) Maßnahmen nach Absatz 1 bedürfen der Einwilligung des Bundesministeriums der Finanzen , soweit es nicht darauf verzichtet. (3) Andere Regelungen in Rechtsvorschriften bleiben unberührt.“ 2.1. § 59 BHO als Auffangnorm § 59 BHO ist die Auffangnorm, die die Veränderung von Ansprüchen zum Nachteil des Bundes durch Stundung, Niederschlagung oder Erlass regelt.4 Auf § 59 BHO ist nur zurückzugreifen, soweit keine spezielle Rechtsvorschrift für die Stundung der genannten Zahlungsverpflichtungen besteht. Das PartG enthält keine Vorschriften für die Stundung von Zahlungsverpflichtungen. Auch auf die Stundungsvorschrift des § 18 OWiG kann nicht zurückgegriffen werden, da die in den §§ 31b und 31c PartG genannten Sanktionen anders als etwa im Kartellrecht (§ 81 GWB5) nicht als Ordnungswidrigkeit qualifiziert sind, auf die die Vorschriften des OWiG anwendbar wären. Eine analoge Anwendung des § 18 OWiG6 kommt mangels planwidriger Regelungslücke ebenfalls nicht in Betracht, da § 59 BHO gerade die Auffangnorm für die Stundung aller Ansprüche des Bundes gegen seine Schuldner ist. 2.2. Anwendungsbereich des § 59 BHO Nach dem Grundsatz der Wirtschaftlichkeit der Verwaltung ist die Durchsetzung von Ansprüchen des Bundes vollständig und umgehend zu betreiben. Ausnahmen hiervon regelt § 59 BHO.7 Die BHO gilt für das staatliche Haushaltsrecht des Bundes, also für die bundeseigene Verwaltung .8 Der Präsident des Deutschen Bundestages ist bei der Festsetzung der Höhe der staatlichen Mittel der Parteifinanzierung sowie bei der weiteren Abwicklung als Verwaltungsbehörde tätig.9 Es handelt sich bei der ihn unterstützenden Verwaltung des Bundestages um eine oberste Bundesbehörde , dessen oberster Dienstherr der Präsident ist.10 4 Preißmann in: Engels/Eibelshäuser, Kommentar zum Haushaltsrecht, EL 2008, § 59 BHO Rn. 3. 5 Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen in der Fassung der Bekanntmachung vom 26. Juni 2013 (BGBl. I S. 1750), das durch Artikel 2 Absatz 78 des Gesetzes vom 7. August 2013 (BGBl. I S. 3154) geändert worden ist. 6 Gesetz über Ordnungswidrigkeiten in der Fassung der Bekanntmachung vom 19. Februar 1987 (BGBl. I S. 602), das durch Artikel 30 des Gesetzes vom 23. Juli 2013 (BGBl. I S. 2586) geändert worden ist. 7 Preißmann (Fn. 4), § 59 BHO Rn. 1. 8 Gröpl in: ders., Bundeshaushaltsordnung/Landeshaushaltsordnung – Kommentar, 2011, Einl. Rn. 34. 9 Lenski, Parteiengesetz und Recht der Kandidatenaufstellung, Handkommentar, 2011, § 19a Rn. 2; Morlok, Nomos -Erläuterungen zum Deutschen Bundesrecht, PartG, 1. Aufl. 2007, § 19 Rn. 4. 10 Schindler, Die Verwaltung des Deutschen Bundestages, in: Schneider/Zeh, Parlamentsrecht und Parlamentspraxis , 1989, § 29 Rn. 1 und 29. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 138/13 Seite 5 Zwar gilt § 59 BHO nach dem Wortlaut für die Geschäftsbereiche der Bundesministerien. Hieraus folgert eine Stimme in der Literatur11 die Unanwendbarkeit der Vorschrift auf den Bundestagspräsidenten , soweit er im Bereich der Parteienfinanzierung tätig werde. Dieser sei im Rahmen seiner Tätigkeit bei der Parteienfinanzierung zwar eine funktionale Verwaltungsbehörde im Sinne des § 1 Abs. 4 VwVfG, im Übrigen aber so spezifisch, dass § 59 BHO mangels Einordnung in ein Bundesministerium keine Anwendung finden könne. Das PartG sei für die spezifisch finanzrechtlichen Aspekte des Parteiwesens das abschließend regelnde Normenwerk. Wenn es keine Regelungen über die Stundung von Ansprüchen enthalte, sei dies eine bewusste Regelungsentscheidung des PartG. Dem ist entgegenzuhalten, dass die BHO für das gesamte staatliche Haushaltsrecht des Bundes gilt. Warum § 59 BHO als Ausnahme zu dem in § 34 BHO geregelten Grundsatz der rechtzeitigen und vollständigen Einziehung von Forderungen im Bezug auf die Parteienfinanzierung nicht gelten soll, ist nicht ersichtlich. Zwar könnte das PartG ausdrücklich abweichende Regelungen zu § 59 BHO vorsehen; aus dem Schweigen des PartG aber die Unanwendbarkeit der Grundsätze der BHO zu folgern, ist wenig überzeugend. Die Argumentation findet auch in der Entstehungsgeschichte keine Grundlage. Im Übrigen stellt sich die Frage, ob und wie sich das „Spezifische“ des Präsidenten des Bundestages bei der Parteienfinanzierung noch in anderen Bereichen des Verwaltungsverfahrens bemerkbar machen würde. Im Übrigen ist unbestritten, dass § 59 BHO sämtliche staatliche Stellen erfasst, also auch solche, die keinem Bundesministerium unterstehen, wie etwa das Bundesverfassungsgericht und den Bundesrat. Gebunden ist an Stelle des Bundesministeriums die jeweils oberste Einheit in dem Bereich12, mithin hier der Präsident des Bundestages. Ferner spricht gegen diese Ansicht, dass sich bereits aus Art. 21 Abs. 1 GG eine Pflicht zum Abschluss einer Stundungsvereinbarung ergeben könnte (s. hierzu unter 2.3). § 59 BHO gilt für alle Ansprüche des Bundes aus Gesetz, Vertrag, Verwaltungsakt oder sonstigen Rechtsgründen13, mithin auch für Ansprüche mit sanktionierendem Charakter, soweit – wie bereits unter 2.1 gesehen – keine Spezialregelung vorgeht. 2.3. Voraussetzungen einer Stundung Eine Stundung liegt auf Antrag des Schuldners gemäß § 59 BHO im Ermessen der Behörde, wenn die sofortige Einziehung mit erheblichen wirtschaftlichen Härten verbunden wäre und der Anspruch durch die Stundung nicht gefährdet wird. Der unbestimmte Rechtsbegriff der „erheblichen wirtschaftlichen Härte“ wird durch die VV-BHO14 konkretisiert. Diese liegt gemäß Nr. 1.2 VV BHO zu § 59 vor, wenn der Anspruchsgegner „sich auf Grund ungünstiger wirtschaftlicher 11 Rixen in: Kersten/Rixen, Parteiengesetz (PartG) und europäisches Parteienrecht, Kommentar, 2009, § 31b Rn. 32 - 36. 12 Preißmann (Fn. 4), § 59 BHO Rn. 1; Gröpl (Fn. 8), § 59 Rn. 55. 13 Preißmann (Fn. 4), § 59 BHO Rn. 1; Reimer, Stundung, Erlass und Niederschlagung von Forderungen der öffentlichen Hand – sämtlich verbotene Beihilfen?, NVwZ 2011, 263 (264); Gatzer in: Piduch, Bundeshaushaltsrecht, 15. EL der 2. Aufl., § 59 Rn. 1. 14 Allgemeine Verwaltungsvorschriften zur Bundeshaushaltsordnung (VV-BHO) vom 14. März 2001 (GMBl 2001, S. 307), zuletzt geändert am 17. Dezember 2012. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 138/13 Seite 6 Verhältnisse vorübergehend in ernsthaften Zahlungsschwierigkeiten befindet oder im Falle der sofortigen Einziehung in diese geraten würde.“ Ferner muss im Einzelfall anhand tatsächlicher Anhaltspunkte festgestellt werden, ob die Zahlungsschwierigkeiten nur vorübergehend sind. Liegen diese Voraussetzungen vor, hat die Behörde – also hier der Präsident des Bundestages – über die Stundung nach pflichtgemäßem Ermessen zu entscheiden.15 Dieses könnte allerdings durch Art. 21 GG, durch das PartG und durch den Grundsatz der Selbstbindung der Verwaltung eingeschränkt oder auf Null reduziert sein mit der Folge, dass eine Stundung der Forderung geboten ist. Zwar gebietet Art. 21 GG wohl keine staatliche (Teil-)Finanzierung der Parteien.16 Soweit das PartG aber eine Finanzierung vorsieht, ist dessen möglichst formelle Handhabung geboten . Hieraus17 sowie aus dem Grundsatz der Selbstbindung der Verwaltung18 gemäß Art. 3 Abs. 1 GG folgt bereits, dass eine Änderung der bisherigen Verwaltungspraxis hinsichtlich der Stundung nicht ad hoc, sondern nur nach vorheriger Ankündigung zulässig wäre. Zum anderen stellt sich die Frage, ob eine Anwendung der Sanktionsregelung, die ohne Stundung zum finanziellen Ruin der Partei führen würde, noch mit Art. 21 GG vereinbar wäre. Ein Verstoß gegen das sog. Parteienprivileg des Art. 21 Abs. 2 GG, der das Verbot einer Partei dem Bundesverfassungsgericht vorbehält, kommt wohl nicht in Betracht. Nach der herrschenden Meinung sind faktische Nachteile, die einer Partei durch Handeln der Exekutive erfährt, nicht an Art. 21 Abs. 2 GG19, sondern an der in Art. 21 Abs. 1 GG garantierten Betätigungsfreiheit und Chancengleichheit zu messen, die auch für verfassungsfeindliche Parteien, insb. im Rahmen der Parteienfinanzierung, gelten.20 Soweit – beispielsweise bei wiederholter Anwendung der Sanktionstatbestände im PartG – der finanzielle Ruin einer Partei herbeigeführt werden kann, könnte Art. 21 Abs. 1 GG verletzt sein.21 Eine Ansicht in der Literatur hält die Sanktionsregelung des § 31b PartG im Hinblick auf die Chancengleichheit der Parteien schon generell für problematisch; Sanktionen dürften zumindest nicht exzessiv verhängt werden: Wenn der Staat die Parteien teilfinanziert und diese dadurch in 15 Gatzer (Fn. 13), § 59 BHO Rn. 3. 16 BVerfGE 104, 287 (300); 111, 54 (98f.); Ipsen in: Sachs, Kommentar zum Grundgesetz, 5. Aufl. 2009, Art. 21 Rn. 96; anderer Ansicht Morlok in: Dreier, Grundgesetz Kommentar, Band 2, 2. Aufl. 2006, Art. 21 Rn. 44 m.w.N. 17 So allgemein, aber nicht zu Stundungsvorschriften, Morlok (Fn. 16), Rn. 26 mit Verweis auf die sog. Stadthallenfälle . 18 Zum Grundsatz der Selbstbindung der Verwaltung Kischel in: Epping/Hillgruber, Beck'scher Online- Kommentar GG, 18. Edition, Stand: 15.05.2013 Art. 3 Rn. 104 – 105. 19 Zum Meinungsstreit im Einzelnen ausführlich Klein in: Maunz/Dürig, Grundgesetz-Kommentar, 67. Ergänzungslieferung 2013, Art. 21 Rn. 574 m.w.N. auch zur Gegenmeinung. Kritisch Streinz in: von Mangoldt /Klein/Starck, Kommentar zum Grundgesetz, Bd. 2, 6. Aufl. 2010, Art. 21 Rn. 217 ff. m.w.N. 20 Klein (Fn. 19), Art. 21 Rn. 573; zum engen Anwendungsbereich des Art. 21 Abs. 2 GG Merten, Nochmals: Folgen fehlerhafter Rechenschaftsberichte einer politischen Partei, NVwZ 2005, 287. 21 Klein (Fn. 19), Art. 21 Rn. 572; ähnlich Minderheitenvoten der Richter Di Fabio und Mellinghof, BVerfGE 111, 54 (112 f.). Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 138/13 Seite 7 eine gewisse Abhängigkeit von diesen Leistungen bringt, könne er diese Abhängigkeit nicht für eine Sanktionierung nutzen.22 Wenn aber die Sanktionsregelungen der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts23 folgend grundsätzlich als verfassungskonform angesehen werden, muss die Verwaltung des Bundestages doch in ihrer Anwendung auf den Einzelfall den Bestandsschutz der Parteien berücksichtigen . Abhängig von der Höhe der Forderung kann die Fähigkeit einer Partei, sich am Wahlkampf zu beteiligen, stark einschränkt oder ihre Beteiligung gar vereitelt werden. Hinzukommt, dass die Höhe der staatlichen Zuschüsse zur Parteifinanzierung teilweise vom Erfolg der Partei am Wahltag abhängig ist. Ferner ist zu beachten, dass die Sanktionen der §§ 31b und 31c PartG unabhängig davon verhängt werden, ob der Partei ein Anspruch auf Parteienfinanzierung zusteht.24 In diesen Fällen der Existenzbedrohung der Partei kann das Ermessen der Behörde zur Stundung der Forderung durch die Bestandsgarantie des Art. 21 Abs. 1 GG auf Null reduziert sein, so dass eine Stundung geboten wäre. 2.4. Verfahrensvorschriften Gemäß § 59 Abs. 2 BHO bedarf eine Stundungsvereinbarung der Einwilligung des Bundesministeriums der Finanzen. Der Einwilligungsvorbehalt des Haushaltsministeriums soll eine an einheitlichen Maßstäben gemessene Verwaltungspraxis bei der Genehmigung von Ausnahmen vom Grundsatz der rechtzeitigen und vollständigen Einziehung fälliger Forderungen garantieren und dient somit dem Grundsatz der Gleichbehandlung sowie dem Interesse des Haushalts.25 Das Ministerium der Finanzen kann auf diese Einwilligung verzichten; ihm ist mithin ein Ermessen eingeräumt. Aus Gründen der Verwaltungsvereinfachung hat das Ministerium in den Allgemeinen Verwaltungsvorschriften zur BHO, Nr. 1.6 VV BHO zu § 59, für bestimmte Fallgruppen auf den Einwilligungsvorbehalt mit Ausnahme der „Fälle von grundsätzlicher oder von erheblicher finanzieller Bedeutung“ verzichtet.26 Grundsätzliche Bedeutung hat ein Fall, der präjudizielle Auswirkung hat, erhebliche finanzielle Bedeutung ist bei einer Stundung von Beträgen über 500.000 Euro oder bei einer längeren Stundungsdauer (über drei Jahre) bereits ab einer Summe von 125.000 Euro gegeben. Beide Tatbestandsvoraussetzungen können bei der Stundung von Sanktionsforderungen aus dem PartG grundsätzlich vorliegen. Ferner könnte das Bundesministerium eine Sonderregelung für die Stundung von Forderungen aus dem PartG erlassen. Fraglich ist, ob das Bundesministerium der Finanzen wegen der besonderen Konstellation bei der Stundung von Sanktionen aus dem PartG verpflichtet sein könnte, 22 Klein (Fn. 19), Art. 21 Rn. 431. Kritisch zur Sanktionsregelung zuletzt BVerwG, NVwZ-RR 2013, 441, das § 31b PartG in verfassungskonformer Auslegung um ein Vorsatzerfordernis ergänzen will. 23 BVerfGE 111, 54. Vgl. auch Kunig in: von Münch/Kunig, Grundgesetz Kommentar, Bd. 1, 6. Aufl. 2012, Art. 21 Rn. 67, der auch noch eine Verschärfung der Sanktionen wohl grundsätzlich für möglich hält. 24 Koch, Fehlerhafte Rechenschaftslegung politischer Parteien und ihre Folgen, DVBl 2008, 601 (606). 25 Gatzer (Fn. 13), § 59 Rn. 1. 26 Gatzer (Fn. 13), § 59 Rn. 6. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 138/13 Seite 8 auf seinen Einwilligungsvorbehalt zu verzichten. Hierfür könnte sprechen, dass bei den Sanktionen das geforderte Geld dem Bundeshaushalt – anders als bspw. bei Steuerforderungen – zusätzlich zufließt. Allerdings verweist auch § 34 Abs. 3 BVerfGG27 – deklaratorisch28 – für die Einziehung der Missbrauchsgebühr mit Sanktionscharakter vor dem Bundesverfassungsgericht auf § 59 Abs. 1 BHO. Der Sanktionscharakter der Norm führt mithin nicht zu einer Verpflichtung des Ministeriums , von seinem Einwilligungsvorbehalt abzusehen. Ferner könnte für eine entsprechende Verpflichtung des Ministeriums sprechen, dass es sich bei § 59 Abs. 2 BHO faktisch um ein Vetorecht des Ministeriums in einer Materie – der Parteienfinanzierung – handelt, deren Ausführung gerade nicht der Exekutive, sondern dem Bundestag obliegt. Dies könnte dem Grundsatz der Gewaltenteilung widersprechen. Soweit der Präsident des Bundestages als Verwaltungsbehörde im Rahmen der Parteienfinanzierung tätig ist, handelt es sich aber gerade nicht um legislatives Handeln in Abgrenzung zur Exekutive, so dass die Gewaltenteilung nicht betroffen ist. Eine unmittelbar verfassungsrechtliche Verpflichtung des Ministeriums , auf den Einwilligungsvorbehalt zu verzichten, ist also nicht erkennbar. 3. Ergebnis Sanktionsforderungen aufgrund der §§ 31b und 31c PartG können gemäß § 59 BHO gestundet werden. Der Anwendungsbereich des § 59 BHO ist eröffnet, so dass eine analoge Anwendung anderer Rechtsvorschriften wie § 18 OWiG nicht zulässig ist. Soweit die Höhe der Sanktionsforderungen aus §§ 31b und 31c PartG zu einem finanziellen Ruin der betroffenen Partei führen kann, kann sich das der Behörde im Rahmen des § 59 BHO eingeräumte Ermessen hinsichtlich des Abschlusses einer Stundungsvereinbarung soweit reduzieren, dass ein Abschluss geboten ist. Dies ist eine Frage des Einzelfalls. Des weiteren sind auf den Abschluss einer Stundungsvereinbarung die Verfahrensvorschriften des § 59 Abs. 2 BHO anwendbar. Demnach bedarf eine Stundung der Einwilligung des Bundesministeriums der Finanzen, soweit es nicht hierauf verzichtet hat. Eine verfassungsrechtliche Verpflichtung des Ministeriums, auf seinen Einwilligungsvorbehalt zu verzichten, besteht wohl nicht. Allerdings könnte es angesichts der Besonderheiten der Parteienfinanzierung auf diesen Vorbehalt allgemein verzichten. 27 Bundesverfassungsgerichtsgesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 11. August 1993 (BGBl. I S. 1473), das zuletzt durch Artikel 3 des Gesetzes vom 12. Juli 2012 (BGBl. I S. 1501) geändert worden ist. 28 Preißmann (Fn. 4), § 59 Rn. 3.