© 2017 Deutscher Bundestag WD 3 - 3000 - 137/17 Vorschriften und behördliche Zuständigkeiten im Bereich des Online-Glücksspiels Sachstand Wissenschaftliche Dienste Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab dem jeweiligen Fachbereich anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 3 - 3000 - 137/17 Seite 2 Vorschriften und behördliche Zuständigkeiten im Bereich des Online-Glücksspiels Aktenzeichen: WD 3 - 3000 - 137/17 Abschluss der Arbeit: 5. Juli 2017 Fachbereich: WD 3: Verfassung und Verwaltung Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 3 - 3000 - 137/17 Seite 3 1. Fragestellung Der Sachstand gewährt einen Überblick über die staatsvertraglichen, gesetzlichen und untergesetzlichen Vorschriften im Bereich des Online-Glücksspiels in Deutschland. Er beschreibt die Zuständigkeiten der Aufsichtsbehörden bei der Erlaubniserteilung. Abschließend wird auf Fragen nach der besonderen Rolle der Länder Nordrhein-Westfalen und Schleswig-Holstein eingegangen. 2. Vorschriften zum Online-Glücksspiel Zentrale Rechtsquelle des Glücksspielrechts ist der Staatsvertrag zum Glücksspielwesen in Deutschland (Glücksspielstaatsvertrag – GlüStV) vom 15. Dezember 2011 in der Fassung des Ersten Glücksspieländerungsstaatsvertrages.1 Er löste einen früheren Staatsvertrag von 2008 ab und wurde von allen Bundesländern mit Ausnahme Schleswig-Holsteins geschlossen und ratifiziert .2 Der GlüStV regelt einheitlich für die beteiligten Bundesländer das Glücksspielwesen online wie offline. Er betrifft die Veranstaltung, die Durchführung und die Vermittlung von öffentlichen Glücksspielen, § 2 Abs. 1 GlüStV. Ziele sind dabei die Suchtbekämpfung, die Schaffung eines geordneten Glücksspielangebots, der Jugend- und Spielerschutz, die Kriminalitätsbekämpfung und der Schutz der Integrität des Sports, § 1 GlüStV. Ein Glücksspiel liegt nach der Legaldefinition des § 3 Abs. 1 S. 1, 2 GlüStV vor, wenn drei Voraussetzungen erfüllt sind: Das Spiel ist auf einen geldwerten Gewinn gerichtet, die Gewinnchance wird entgeltlich angeboten und der Gewinn hängt vom Zufall ab.3 Damit unterfallen zahlreiche Online-Spiele nicht dem Glücksspielrecht, insbesondere Gewinnspiele, die unentgeltlich angeboten werden, und Online-Computerspiele, die nicht auf geldwerte Gewinne gerichtet sind.4 Nach § 4 Abs. 1 GlüStV besteht ein Verbot des öffentlichen Glücksspiels mit Erlaubnisvorbehalt. Nach § 4 Abs. 4 GlüStV ist das Veranstalten und das Vermitteln von öffentlichen Glücksspielen im Internet generell verboten. Jedoch können die Länder nach § 4 Abs. 5 GlüStV unter bestimmten Voraussetzungen „zur besseren Erreichung der Ziele des § 1 den Eigenvertrieb und die Vermittlung von Lotterien sowie die Veranstaltung und Vermittlung von Sportwetten im Internet erlauben“. Hierzu muss insbesondere sichergestellt sein, dass Minderjährige und im Wege der Selbst- oder Fremdsperre gesperrte Spieler ausgeschlossen sind, dass Höchsteinsätze nicht überschritten 1 S. nur Niedersächsisches GVBl. 2012, S. 190 ff.; der Glücksspielstaatsvertrag ist auch abrufbar unter http://www.nds-voris.de/jportal/portal/t/nur/page/bsvorisprod.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase =1&js_peid=Trefferliste&fromdoctodoc=yes&doc.id=jlr-Gl%C3%BCStVtrND2012rahmen &doc.part=X&doc.price=0.0&doc.hl=0#focuspoint; der Erste Glücksspieländerungsstaatsvertrag ist abrufbar unter http://www.nds-voris.de/jportal/portal/t/nyy/page/bsvorisprod.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase =1&js_peid=Trefferliste&fromdoctodoc=yes&doc.id=jlr-Gl%C3%BC%C3%84ndStVtrND1rahmen &doc.part=X&doc.price=0.0&doc.hl=0#focuspoint; alle Internet-Quellen zuletzt abgerufen am 5. Juli 2017. 2 Zum schleswig-holsteinischen Sonderweg s.u. 4. 3 Vgl. zu den Voraussetzungen auch Schippel, Das deutsche Online-Glücksspielrecht nach dem GlüStV 2012, ZfWG 2016, 315, 316. 4 Schippel, ZfWG 2016, 315, 316 ff., bildet Fallgruppen und nennt Beispiele. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 3 - 3000 - 137/17 Seite 4 werden, dass Suchtanreize durch schnelle Wiederholungen vermieden werden, dass ein sogenanntes Sozialkonzept besteht und dass eine Trennung zwischen Lotterien und Sportwetten stattfindet. Die §§ 4a ff., 10a GlüStV sehen zwar eine Konzessionserteilung für Sportwetten vor; das Land Hessen sollte ein einheitliches Vergabeverfahren durchführen. Nach einem Beschluss des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs gilt das Vergabeverfahren jedoch als gescheitert.5 Nach § 5 Abs. 3 GlüStV ist die Werbung für öffentliches Glücksspiel im Internet verboten. Auch von diesem Verbot können die Länder abweichen. Die von den Ländern erlassene Werberichtlinie regelt in Form einer Verwaltungsvorschrift die Erlaubnisfähigkeit von Werbemaßnahmen.6 Neben den Regelungen des GlüStV enthalten die Glücksspielgesetze der Länder teilweise ergänzende Vorschriften. Nach seinem § 2 Abs. 1 Nr. 15 ist das Geldwäschegesetz auf Veranstalter und Vermittler von Glücksspielen im Internet anwendbar. Schließlich gelten die Straftatbestände der §§ 284, 285 und 287 des Strafgesetzbuchs (Unerlaubte Veranstaltung eines Glücksspiels, Beteiligung am unerlaubten Glücksspiel, Unerlaubte Veranstaltung einer Lotterie oder einer Ausspielung) auch im Bereich des Online-Glücksspiels. 3. Behördliche Zuständigkeiten Erlaubnisse zur Sicherstellung eines ausreichenden Glücksspielangebotes erteilt grundsätzlich die jeweilige Aufsichtsbehörde für das Gebiet eines Landes, § 9 Abs. 4 GlüStV. Daneben bestehen besondere Zuständigkeiten für die Erlaubniserteilung nach § 9a Abs. 1, 2 GlüStV; sie gelten auch für die Veranstaltung und Vermittlung im Internet:7 Für die Gemeinsame Klassenlotterie ist Hamburg zuständig, für Werbung im Internet und im Fernsehen Nordrhein-Westfalen, für die öffentliche Anstalt nach § 10 Abs. 2 GlüStV Baden-Württemberg, für den Bereich der Sportwetten Hessen und für Lotterien mit geringem Gefährdungspotential Rheinland-Pfalz. Nach § 9a Abs. 5 GlüStV bilden die Länder ein Glücksspielkollegium. „Dieses dient den nach den Abs. 1 bis 3 zuständigen Behörden als Organ bei der Erfüllung ihrer Aufgaben.“ Nach Auffassung des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs und von Teilen der Literatur ist das Glücksspielkollegium mit dem Bundesstaatsprinzip und dem Demokratieprinzip unvereinbar.8 4. Zuständigkeiten des Landes Nordrhein-Westfalen und Sonderweg Schleswig-Holsteins Soweit nach den Zuständigkeiten des Landes Nordrhein-Westfalen bei der Erlaubniserteilung gefragt wird, kann auf die Ausführungen unter 3. verwiesen werden: Neben der allgemeinen örtlichen Zuständigkeit besteht eine Sonderzuständigkeit des Landes für ein ländereinheitliches 5 VGH Kassel, Beschluss vom 16. Oktober 2015, Az. 8 B 1028/15 = NVwZ 2016, 171. 6 Die Werberichtlinie ist abrufbar unter https://recht.nrw.de/lmi/owa/br_vbl_detail_text?anw_nr=7&vd_id=13689. 7 Oldag, in: Dietlein/Hecker/Ruttig (Hrsg.), Glücksspielrecht, 2. Aufl. 2013, § 9a GlüStV Rn. 3. 8 VGH Kassel, NVwZ 2016, 171, 172 ff.; vgl. auch Liesching/Brenner, in: Streinz/Liesching/Hambach (Hrsg.), Glücks- und Gewinnspielrecht in den Medien, 2014, § 9a GlüStV Rn. 23 m.w.N. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 3 - 3000 - 137/17 Seite 5 Verfahren nach § 9a Abs. 2 S. 1 Nr. 1 GlüStV für die Erlaubniserteilung für Werbung im Internet und im Fernsehen. Schleswig-Holstein war als einziges Bundesland nach dem Auslaufen des Glücksspielstaatsvertrags von 2008 nicht Vertragspartei des neuen GlüStV geworden und hatte einen Sonderweg neben der koordinierten Regelung der übrigen Bundesländer gewählt. Dazu wurde ein Glücksspielgesetz mit abweichenden Regelungen beschlossen.9 Damit wollte man ausweislich der Gesetzesbegründung eine Neuausrichtung des Glücksspielrechts erreichen, „welche den Vertrieb von Lotterien – bei Aufrechterhaltung und Stabilisierung eines Veranstaltungsmonopols – wesentlich erleichtert“; die übrigen Formen des Glücksspiels sollten differenzierter geregelt werden.10 Das Gesetz brachte eine erhebliche Liberalisierung insbesondere des Online-Glücksspiels. Während die Landesregierung einen unregulierten Markt unter staatliche Kontrolle bringen und Einnahmen erzielen wollte, sah die Opposition die Gefahr einer Förderung der Spielsucht.11 Nach einem Regierungswechsel beendete Schleswig-Holstein diesen Sonderweg und trat 2013 dem GlüStV bei. Die bereits erteilten sechsjährigen Konzessionen behalten ihre Gültigkeit und enden erst 2018 oder 2019.12 *** 9 Gesetz vom 20. Oktober 2011, GVOBl. 2011, S. 280. 10 LT-Drs. 17/1100, S. 42. 11 Vgl. nur Zeit Online vom 14. September 2011, Schleswig-Holstein öffnet Glücksspielmarkt, abrufbar unter http://www.zeit.de/politik/deutschland/2011-09/gluecksspiel-schleswig-holstein; Der Tagesspiegel vom 14. September 2011, Nordic Gambling, Schleswig-Holstein erlaubt private Wettanbieter, abrufbar unter http://www.tagesspiegel.de/politik/nordic-gambling-schleswig-holstein-erlaubt-private-wettanbieter /4609812.html. 12 Hambach/Riege, in: Streinz/Liesching/Hambach (Hrsg.), Glücks- und Gewinnspielrecht in den Medien, 2014, Einf. Rn. 4.