WD 3 - 3000 - 132/21 (30.06.2021) © 2021 Deutscher Bundestag Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab dem jeweiligen Fachbereich anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs steht dem Eigentümer oder Besitzer einer Wohnung , der sich durch einen Aufkleber an seinem Briefkasten gegen den Einwurf von Werbematerial wehrt, gegenüber dem Werbenden ein Unterlassungsanspruch zu, wenn es dennoch zum Einwurf von Werbematerial kommt.1 Im Jahr 2001 hat das Kammergericht Berlin entschieden, die in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs entwickelten Grundsätze zum Unterlassungsanspruch gegenüber dem erkennbar unerwünschten Einwurf von Werbematerial in Hausbriefkästen würden auch für die Wahlwerbung politischer Parteien gelten, mit der Folge, dass der Empfänger einen Anspruch auf Unterlassung aus den §§ 903, 862, 823 Abs. 1, 1004 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) habe.2 Die hiergegen gerichtete Verfassungsbeschwerde hat das Bundesverfassungsgericht nicht zur Entscheidung angenommen.3 Das Kammergericht Berlin habe keine Auslegungsfehler erkennen lassen, die auf einer grundsätzlich unrichtigen Auffassung von der Bedeutung der betroffenen Grundrechte beruhten.4 Danach besteht gegen Wahlwerbung, die trotz eines Werbung insgesamt ablehnenden Aufklebers am Briefkasten eingeworfen wird, ein Unterlassungsanspruch. Dies dürfte unabhängig davon gelten, wie die Werbung formal gestaltet ist. Die Ausarbeitung der Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages „Unerwünschte Briefkastenwerbung von Parteien“ (WD 3 - 3000 - 106/16)5 hat die Zulässigkeit einer gesetzlichen Duldungspflicht bezüglich der Briefkastenwerbung von Parteien erörtert, mit dem Ergebnis, dass 1 BGH NJW 1989, 902 ff. 2 KG Berlin NJW 2002, 379 ff., unter Hinweis auf die Rechtsprechung des OLG Bremen NJW 1990, 2140 f. 3 BVerfG NJW 2002, 2938 f. Siehe auch den Nichtannahmebeschluss des Bundesverfassungsgerichts in Bezug auf die Entscheidung des OLG Bremen (Fn. 2), BVerfG NJW 1991, 910 f. 4 BVerfG NJW 2002, 2938. 5 Verfügbar unter https://www.bundestag.de/resource/blob/425278/0ec77c664c9b008cad2e1d52acdf28f4/wd-3- 106-16-pdf-data.pdf. Wissenschaftliche Dienste Kurzinformation Zulässigkeit der Wahlwerbung von Parteien in Briefkästen Kurzinformation Zulässigkeit der Wahlwerbung von Parteien in Briefkästen Fachbereich WD 3 (Verfassung und Verwaltung) Wissenschaftliche Dienste Seite 2 eine solche, abhängig von der konkreten Ausgestaltung wie beispielsweise einer Beschränkung auf Zeiten des Wahlkampfes, zulässig sein könnte. Am 18.05.2021 wurde das „Gesetz zur Änderung des Parteiengesetzes und anderer Gesetze“6 von der CDU/CSU-Fraktion und der SPD-Fraktion in den Bundestag eingebracht. Artikel 1 Nummer 2 des Gesetzentwurfs sieht die Anfügung folgenden Satzes an § 5 Abs. 2 Parteiengesetz vor: „Während der Dauer des Wahlkampfs ist die politische Werbetätigkeit dieser Parteien zur Erfüllung ihrer Aufgabe der Mitwirkung an der politischen Willensbildung des Volkes durch die Beteiligung an Wahlen grundsätzlich zuzulassen.“ Der Gesetzentwurf wurde am 21.05.2021 an die Ausschüsse für Inneres und Heimat, für Recht und Verbraucherschutz sowie für Wahlprüfung, Immunität und Geschäftsordnung überwiesen. Seitdem erfolgten keine weiteren Vorgänge diesbezüglich, sodass die oben dargestellte Rechtslage weiterhin gilt. *** 6 BT-Drs. 19/29762.