Nr. WD 3-3000-130/16 (19. April 2016) © 2016 Deutscher Bundestag Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab dem jeweiligen Fachbereich anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen. Gefragt ist, ob eine mit den besonderen gesetzlichen Eingangserfordernissen für Insolvenzrichter vergleichbare Regelung für Familienrichter der Zustimmung des Bundesrates bedürfte. Die Regelung für Insolvenzrichter findet sich in § 22 Abs. 6 Gerichtsverfassungsgesetz (GVG)1. Die Einfügung dieser Vorschrift mit Änderungsgesetz vom 7. Dezember 2011 war zustimmungsfrei.2 Das Erfordernis einer Zustimmung des Bundesrates zu einem Gesetz ist nach dem Grundgesetz die Ausnahme.3 Der Zustimmung bedürfen Gesetze, wenn das Grundgesetz dies ausdrücklich vorschreibt (Enumerationsprinzip).4 Ungeschriebene Zustimmungserfordernisse gibt es nicht. Eine Zustimmungsbedürftigkeit wird auch nicht allein dadurch begründet, dass in Länderinteressen eingegriffen wird.5 Es bedarf einer ausdrücklichen Normierung im Grundgesetz. Solche Regelungen über die Zustimmungsbedürftigkeit von Bundesgesetzen finden sich über das ganze Grundgesetz verteilt. Teils beziehen sie sich auf eng umgrenzte Gesetzgebungsmaterien (vgl. etwa Einzelheiten des Asylrechts nach Artikel 16a Abs. 2 S. 2, Abs. 3 S. 1 GG oder die Staatshaftung nach Artikel 74 Abs. 2 GG), teils auf nach allgemeinen Merkmalen bestimmte Kategorien von Gesetzen (vgl. etwa Artikel 79 Abs. 2, 84 Abs. 1, 104a Abs. 3 S. 2 GG). Wird ein Gesetz von keinem dieser Fälle erfasst, ist es ein Einspruchsgesetz. 1 In der Fassung der Neugefasst durch Bek. v. 9.5.1975, BGBl. I 1077, zuletzt geändert durch Art. 2 G v. 21.12.2015, BGBl. I 2525. 2 Siehe BT-Drs. 17/5712. Zu den nachfolgenden allgemeinen Ausführungen zur Zustimmungsbedürftigkeit: Gesetz zur Einführung einer bundesweiten Wohnungslosennotfallstatistik – zustimmungsbedürftig im Bundesrat oder nicht?, Deutscher Bundestag, Wissenschaftliche Dienste, Ausarbeitung WD 3-3000-139/12, S. 5 ff. 3 Zu den nachfolgenden allgemeinen Ausführungen zur Zustimmungsbedürftigkeit: Gesetz zur Einführung einer bundesweiten Wohnungslosennotfallstatistik – zustimmungsbedürftig im Bundesrat oder nicht?, Deutscher Bundestag, Wissenschaftliche Dienste, Ausarbeitung WD 3-3000-139/12, S. 5 ff.; BVerfGE 31, 363 [381]; 105, 313 [339]; BVerfG, Beschluss vom 4. Mai 2010, Az. 2 BvL 8/07, 2 BvL 9/07, Rn. 146. 4 Bundesverfassungsgericht, Gutachten vom 22.11.1951, BVerfGE 1, 76 [79]; BVerfGE 48, 127 [129]. 5 Schmidt, Die Zustimmungsbedürftigkeit von Bundesgesetzen, JuS 1999, S. 861 [862]; Bryde, in: Münch/Kunig, Grundgesetzkommentar, 6. Aufl.2012, Bd. 2, Artikel 77, Rn. 20. Wissenschaftliche Dienste Kurzinformation Zustimmungsbedürftigkeit eines Gesetzes zur Einführung besonderer Eingangsvoraussetzungen für Familienrichter Kurzinformation Zustimmungsbedürftigkeit eines Gesetzes zur Einführung besonderer Eingangsvoraussetzungen für Familienrichter Fachbereich WD 3 (Verfassung und Verwaltung) Wissenschaftliche Dienste Seite 2 Enthält ein Gesetz auch nur eine einzige zustimmungsbedürftige Regelung, so bedarf nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts das Gesetz als Ganzes, also einschließlich seiner zustimmungsfreien Bestandteile, der Zustimmung des Bundesrates.6 Für das Bundesverfassungsgericht ist nicht jedes Gesetz, das ein Zustimmungsgesetz ändert, schon aus diesem Grunde zustimmungsbedürftig . Erforderlich sei vielmehr, dass die Änderung als solche der Zustimmung des Bundesrates unterliegt.7 Bei dem hier in Rede stehenden Änderungsvorschlag geht es um die rein inhaltliche Gestaltung von Anforderungen für den Beruf des Familienrichters. Besondere Länderinteressen im Bereich der Verwaltung oder Finanzen, für die das Grundgesetz ausdrücklich einen Zustimmungstatbestand vorsieht, sind nicht betroffen. Eine solche gesetzliche Regelung könnte danach als Einspruchsgesetz verabschiedet werden, sofern sie nicht im Zusammenhang mit anderen ihrerseits zustimmungsbedürftigen Änderungen verabschiedet würde. Ende der Bearbeitung, 6 BVerfGE 1, 76 [79]; 8, 274 [294]; 24, 184 [195]; 37, 363 [381]; 55, 274 [318 f.]; 105, 313 [339]. 7 BVerfGE 37, 363 [379 ff.]; 48, 127 [178]; 105, 313 [333].