© 2017 Deutscher Bundestag WD 3 - 3000 - 129/17 Kreiswahlvorschläge: Beseitigung von Mängeln Sachstand Wissenschaftliche Dienste Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab dem jeweiligen Fachbereich anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 3 - 3000 - 129/17 Seite 2 Kreiswahlvorschläge: Beseitigung von Mängeln Aktenzeichen: WD 3 - 3000 - 129/17 Abschluss der Arbeit: 26. Juni 2017 Fachbereich: WD 3: Verfassung und Verwaltung Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 3 - 3000 - 129/17 Seite 3 1. Fragestellung Kreiswahlvorschläge sind beim Kreiswahlleiter „spätestens am neunundsechzigsten Tage vor der Wahl“ einzureichen (§ 19 BWahlG). Sie müssen den Erfordernissen nach §§ 19-21 Bundeswahlgesetz (BWahlG) entsprechen. Es stellt sich die Frage, inwieweit sich Mängel eines Kreiswahlvorschlags beheben lassen. 2. Fehlen der Nachweise nach § 21 BWahlG 2.1. Vor Ablauf der Einreichungsfrist Nach § 25 Abs. 1 BWahlG hat der Kreiswahlleiter „die Kreiswahlvorschläge unverzüglich nach Eingang zu prüfen. Stellt er bei einem Kreiswahlvorschlag Mängel fest, so benachrichtigt er sofort die Vertrauensperson und fordert sie auf, behebbare Mängel rechtzeitig zu beseitigen.“ Bis zum Ablauf der Einreichungsfrist sind damit „sämtliche Mängel eines Kreiswahlvorschlags behebbar “.1 2.2. Nach Ablauf der Einreichungsfrist aber vor Zulassung § 25 Abs. 2 S. 1 BWahlG lässt es „nach Ablauf der Einreichungsfrist“ nur noch zu, „Mängel an sich gültiger Wahlvorschläge“ zu beheben. Ein Wahlvorschlag ist nach § 25 Abs. 2 S. 2 Nr. 3 BWahlG ungültig, unter anderem wenn „bei einem Parteiwahlvorschlag […] die Nachweise des § 21 nicht erbracht sind“. Zu den Nachweisen nach § 21 gehört die Versicherung an Eides Statt, „dass die Anforderungen gemäß [§ 21] Absatz 3 Satz 1 bis 3 beachtet worden sind“. Daher ist ein Kreiswahlvorschlag „wegen wesentlicher Fehler – irreparabel – mangelhaft“, wenn die nach § 21 Abs. 6 S. 1 und 2 BWahlG „geforderte Versicherung an Eides statt“ fehlt.2 2.3. Nach Zulassung Die Entscheidung des Kreiswahlausschusses über die Kreiswahlvorschläge findet „am achtundfünfzigsten Tage vor der Wahl“ statt (§ 26 Abs. 1 S. 1 BWahlG). Gemäß § 25 Abs. 3 BWahlG ist „nach der Entscheidung über die Zulassung eines Kreiswahlvorschlages (§ 26 Abs. 1 Satz 1) […] jede Mängelbeseitigung ausgeschlossen“. 3. Ersetzung einer Versicherung an Eides Statt § 21 Abs. 6 S. 1 und S. 2 BWahlG lauten: „Eine Ausfertigung der Niederschrift über die Wahl des Bewerbers mit Angaben über Ort und Zeit der Versammlung, Form der Einladung, Zahl der erschienenen Mitglieder und Ergebnis der Abstimmung ist mit dem Kreiswahlvorschlag einzureichen. 1 Schreiber, BWahlG, 9. Aufl. 2013, § 25 Rn. 6 (Hervorhebung durch Verfasser). 2 Schreiber, BWahlG, 9. Aufl. 2013, § 25 Rn. 7 (am Anfang und am Ende). Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 3 - 3000 - 129/17 Seite 4 Hierbei haben der Leiter der Versammlung und zwei von dieser bestimmte Teilnehmer gegenüber dem Kreiswahlleiter an Eides Statt zu versichern, dass die Anforderungen gemäß Absatz 3 Satz 1 bis 3 beachtet worden sind.“ Es ist zum Beispiel möglich, dass einer der beiden „bestimmten Teilnehmer“ verstirbt, bevor er eine fehlende Versicherung nachholen kann. Aus dem Gesetz ist nicht ersichtlich, wie in diesem Fall zu verfahren ist. Eine Unterzeichnung durch eine andere Person „im Auftrag“ ist nicht möglich.3 Es handelt sich um eine „persönliche“ Erklärung.4 Insgesamt haben nach § 21 Abs. 6 BWahlG drei Personen die Niederschrift zu unterzeichnen. Daher kann der Leiter der Versammlung keine der zwei „bestimmten Teilnehmer“ ersetzen. Nach § 21 Abs. 6 BWahlG „bestimmt die Versammlung“ die zwei Teilnehmer. Dies spricht dagegen , dass eine andere Instanz, zum Beispiel der Leiter der Versammlung im Nachhinein einen anderen Teilnehmer bestimmt. Ferner bestehen Zweifel, ob eine im Nachhinein bestimmte Person die Versammlung mit dem gleichen Verantwortungsbewusstsein beobachtet hat, wie dies bei einer im Vorhinein bestimmten Person der Fall ist. Das durch Anlage 18 der Bundeswahlordnung vorgegebene Formular für die entsprechende Versicherung an Eides sieht jedenfalls nur zwei Unterschriftenfelder für die „von der Versammlung bestimmten 2 Teilnehmer“ vor. Insgesamt ist zu berücksichtigen, dass es bei „§ 21 Abs. 1 bis 3 und Abs. 6“ BWahlG um „elementare normative Mindestregeln einer demokratischen Kandidatenaufstellung“ geht.5 Dies spricht eher dagegen, dass im Nachhinein ein anderer Teilnehmer als einer der beiden von der Versammlung bestimmten Teilnehmer die Versicherung an Eides Statt abgibt. Etwas anderes wäre nur denkbar, wenn die Versammlung von vornherein Vertreter für die beiden Teilnehmer bestimmt hätte. Denkbar ist auch, dass die Versammlung erneut zusammentritt, lediglich mit dem Ziel, eine Ersatzperson für die Versicherung an Eides Statt zu bestimmen. Das Gesetz sieht diese Möglichkeiten nicht ausdrücklich vor. Wie der Kreiswahlausschuss in so einem Fall entscheiden würde, ist daher zumindest offen. *** 3 Schreiber, BWahlG, 9. Aufl. 2013, § 21 Rn. 47, unter Verweis auf eine Entscheidung des BVerfG. 4 Ebenda. 5 Schreiber, BWahlG, 9. Aufl. 2013, § 21 Rn. 49 (Hervorhebung durch Verfasser).