© 2018 Deutscher Bundestag WD 3 - 3000 - 126/18 Zu ausgewählten Begriffen aus dem Bereich des Flüchtlingsschutzes Sachstand Wissenschaftliche Dienste Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab dem jeweiligen Fachbereich anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 3 - 3000 - 126/18 Seite 2 Zu ausgewählten Begriffen aus dem Bereich des Flüchtlingsschutzes Aktenzeichen: WD 3 - 3000 - 126/18 Abschluss der Arbeit: 26.04.2018 Fachbereich: WD 3: Verfassung und Verwaltung Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 3 - 3000 - 126/18 Seite 3 1. Einleitung Es wird darum gebeten, ausgewählte Begriffe aus dem Bereich des Flüchtlingsschutzes näher zu erläutern. Grob kann man zwischen dem asylrechtlichen Flüchtlingsschutz nach den Vorgaben des Asylgesetzes (AsylG) und dem aufenthaltsrechtlichen Flüchtlingsschutz nach den Vorgaben des Aufenthaltsgesetzes (AufenthG) unterscheiden. 2. Asylrechtlicher Flüchtlingsschutz Die für den asylrechtlichen Flüchtlingsschutz maßgeblichen Schutzkategorien und „Flüchtlingsbegriffe “ sind aufgrund der einschlägigen EU-Richtlinien auch unionsrechtlich geprägt.1 Soweit es um „Konventionsflüchtlinge“ oder „subsidiär Schutzberechtigte“ geht, sind daher auch die asylrechtlichen Schutzkategorien des internationalen Schutzes zu beachten. 2.1. Internationaler und nationaler asylrechtlicher Schutz Man kann zwischen dem internationalen und dem nationalen asylrechtlichen Schutz unterscheiden. Der internationale Schutz folgt aus der EU-Anerkennungsrichtlinie (Richtlinie 2011/95/EU) und umfasst den dort geregelten Schutzstatus des Flüchtlings im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention (GFK) sowie den des international subsidiär Schutzberechtigten. Diese beiden Kategorien sind in das Asylgesetz integriert worden: § 3 AsylG regelt die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft , § 4 AsylG den internationalen subsidiären Schutz. Die Besonderheit der Flüchtlingseigenschaft besteht darin, dass sie ihren Ursprung in der GFK und damit im Völkerrecht hat. Durch die Inkorporation des „Genfer Flüchtlings“ in die EU-Anerkennungsrichtlinie nimmt dieser Status nunmehr am (Anwendungs-)Vorrang des Unionsrechts gegenüber dem nationalen Recht teil. Zum nationalen Schutz gehören der verfassungsrechtliche Schutz des Asylberechtigten nach Art. 16a Abs. 1 Grundgesetz (GG) sowie der Abschiebungsschutz nach § 60 Abs. 5, 7 AufenthG. Der letztgenannte Abschiebungsschutz ist vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) im Asylverfahren zu prüfen, wenn weder die Asylberechtigung, die Flüchtlingseigenschaft noch die internationale subsidiäre Schutzberechtigung vorliegen (§ 24 Abs. 2, § 31 Abs. 3 AsylG). Inhaltlich zielen die asylrechtlichen Schutzkategorien einerseits auf die Gewährung von Verfolgungsschutz („primärer“ Schutz) und andererseits auf die Gewährung von subsidiärem Schutz. Sowohl die Asylberechtigung aus Art. 16a Abs. 1 GG als auch die Flüchtlingseigenschaft nach § 3 Abs. 1 AsylG setzen Verfolgungshandlungen voraus, die an besondere Merkmale anknüpfen. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ist eine Verfolgung dann eine politische im Sinne des Art. 16a Abs. 1 GG, „wenn sie dem Einzelnen in Anknüpfung an seine politische Überzeugung , seine religiöse Grundentscheidung oder an für ihn unverfügbare Merkmale, die sein Anderssein prägen, gezielt Rechtsverletzungen zufügt, die ihn ihrer Intensität nach aus der übergreifenden Friedensordnung der staatlichen Einheit ausgrenzen“ (BVerfGE 80, 315). Gemäß § 3 Abs. 1 AsylG ist Flüchtling, wer sich „aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe“ außerhalb des Herkunftslandes befindet, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt und dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen 1 Vgl. dazu auch Wissenschaftliche Dienste des Deutschen Bundestages, Kategorien des asylrechtlichen Schutzes in Deutschland, Aktueller Begriff Nr. 30/15, abrufbar unter: https://www.bundestag .de/blob/399484/0eaad68b0a3fa65669f964738bac3f25/kategorien-des-asylrechtlichen-schutzes-in-deutschland -data.pdf. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 3 - 3000 - 126/18 Seite 4 will. Falls eine Verfolgung nicht vorliegt, kann die Gewährung subsidiären (Menschenrechts-) Schutzes in Betracht kommen. Der auf der EU-Anerkennungsrichtlinie basierende internationale subsidiäre Schutz setzt insofern voraus, dass dem Ausländer ein „ernsthafter Schaden“ droht, § 4 Abs. 1 AsylG. Zum subsidiären Schutz kann man ferner die nationalen Abschiebungsverbote zählen, die auf die Europäische Menschenrechtskonvention verweisen oder aus einer erheblichen konkreten Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit (§ 60 Abs. 5, 7 AufenthG) folgen können. 2.2. „Konventionsflüchtlinge“ und „subsidiär Schutzberechtigte“ Der Begriff des „Konventionsflüchtlings“ meint den Status des Flüchtlings im Sinne der GFK, wie er – in Umsetzung der unionsrechtlichen Vorgaben – in § 3 AsylG verankert ist. Soweit von „subsidiär Schutzberechtigten“ gesprochen wird, dürfte in der Regel die internationale subsidiäre Schutzberechtigung gemeint sein, wie sie – in Umsetzung der unionsrechtlichen Vorgaben – in § 4 AsylG geregelt ist. Der Begriff der subsidiären Schutzberechtigung wird aber auch im Zusammenhang mit den nationalen Abschiebungsverboten nach § 60 Abs. 5, 7 AufenthG verwendet und meint dann den national subsidiären Schutz. 2.3. Asylsuchende und Asylbewerber Das Asylgesetz unterscheidet zwischen dem materiellen Asylgesuch und der formellen Asylantragstellung beim BAMF. Das Asylgesuch knüpft an die Vorschrift des § 13 AsylG an, wonach ein Asylantrag vorliegt, wenn sich dem geäußerten Willen des Ausländers entnehmen lässt, dass er im Bundesgebiet Schutz vor politischer Verfolgung sucht oder dass er Schutz vor Abschiebung oder einer sonstigen Rückführung in einen Staat begehrt, in dem ihm eine Verfolgung im Sinne des § 3 Abs. 1 AsylG oder ein ernsthafter Schaden im Sinne des § 4 Abs. 1 AsylG droht. Ausländer, die einen derartigen Willen geäußert haben, werden als Asylsuchende bezeichnet. Der Begriff des Asylbewerbers hingegen wird zumeist erst ab Stellung eines förmlichen Asylantrags im Sinne des § 14 AsylG verwandt. Sowohl beim materiellen Asylgesuch als auch beim formellen Asylantrag kommt es nicht darauf an, welchen asylrechtlichen Schutztitel der Ausländer konkret begehrt. Denn nach § 13 Abs. 2 S. 1 AsylG wird grundsätzlich mit jedem Asylantrag die Anerkennung als Asylberechtigter sowie die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft oder der international subsidiären Schutzberechtigung beantragt.2 3. Aufenthaltsrechtlicher Flüchtlingsschutz Maßgeblich für den Flüchtlingsschutz nach dem Aufenthaltsgesetz sind die Vorschriften des Abschnitts 5 „Aufenthalt aus völkerrechtlichen, humanitären oder politischen Gründen“ (§§ 22 ff. AufenthG). 3.1. „Humanitär Schutzberechtigte“ Aus humanitären Gründen können u.a. einzelne Ausländer gemäß § 22 AufenthG oder Ausländergruppen gemäß § 23 AufenthG aus dem Ausland aufgenommen werden. Auf eine solche humanitäre 2 Die Gewährung nationalen Abschiebungsschutzes im Sinne von § 60 Abs. 5 und 7 AufenthG wird zwar nicht in den Begriff des Asylantrags einbezogen, der Gesetzgeber hat jedoch dem BAMF auch die Zuständigkeit zur Feststellung übertragen, ob ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 5 oder 7 AufenthG vorliegt, wenn ein Asylantrag gestellt worden ist (§ 24 Abs. 2, § 31 Abs. 3 AsylG). Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 3 - 3000 - 126/18 Seite 5 Aufnahme, die außerhalb von Asylverfahren stattfindet, besteht kein Anspruch. Aus humanitären Gründen kann ferner in Härtefallen gemäß § 23a AufenthG auf Anordnung einer obersten Landesbehörde eine Aufenthaltserlaubnis gewährt werden. Grundlage hierfür ist ein Härtefallersuchen einer auf Landesebene eingerichteten Härtefallkommission. Die Begünstigten der in den §§ 22 ff. AufenthG geregelten humanitären Aufenthaltstitel könnte man „humanitär Schutzberechtigte“ nennen. Um einen gängigen Sprachgebrauch handelt es sich insoweit aber nicht. Zu beachten ist auch, dass zu den Begünstigten nicht nur Flüchtlinge gehören können. Vielmehr beziehen sich die Vorschriften auf alle drittstaatsangehörigen Ausländer, für die die Gewährung eines Aufenthaltstitels aus humanitären Gründen in Betracht kommt. 3.2. „Geduldete Flüchtlinge“ und „Bleiberechtsflüchtlinge“ Die „geduldeten Flüchtlinge“ dürften abgelehnte und vollziehbar ausreisepflichtige Asylbewerber bezeichnen, deren Abschiebung nach § 60a AufenthG vorübergehend ausgesetzt wurde und deren Aufenthalt für die Zeit der Duldung vorübergehend toleriert wird. Um einen gängigen Sprachgebrauch handelt es sich insoweit allerdings nicht. Vielmehr würde man von abgelehnten Asylbewerbern mit Duldung sprechen. Auch der Begriff der „Bleiberechtsflüchtlinge“ ist unüblich. Ihm entspricht kein eigenständiger Schutzstatus oder Aufenthaltstitel. Mit „Bleiberechtsflüchtlingen“ könnten zum einen Ausländer gemeint sein, denen aus humanitären Gründen oder nach Zuerkennung asylrechtlichen Schutzes der Aufenthaltstitel der Aufenthaltserlaubnis (§ 25 AufenthG) erteilt wurde. In Betracht kommt ferner die Gruppe der abgelehnten Asylbewerber mit Duldung, die – z.B. aufgrund der Erbringung besonderer Integrationsleistungen – aus der Duldung heraus eine Aufenthaltserlaubnis erhalten (vgl. § 25a, § 25b, § 104a, § 104b AufenthG).3 4. „Kriegs- und Bürgerkriegsflüchtlinge“ Die Begriffe „Kriegs- und Bürgerkriegsflüchtlinge“ bezeichnen weder konkrete asylrechtliche Schutzkategorien noch besondere humanitäre Aufenthaltstitel des Aufenthaltsgesetzes. Vielmehr verweisen sie allein auf die tatsächlichen Umstände der Flucht. Ob die Gewährung von asyl- oder aufenthaltsrechtlichem Schutz in Betracht kommt, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab. So könnten „Kriegs- und Bürgerkriegsflüchtlinge“ im Rahmen von Aufnahmeprogrammen aus dem Ausland – als sog. Kontingentflüchtlinge – nach Maßgabe des § 23 AufenthG aufgenommen werden. Denkbar sind auch Verfolgungsschicksale, die einen asylrechtlichen Schutz als Asylberechtigte gemäß Art. 16a GG oder als Flüchtlinge gemäß § 3 AsylG rechtfertigen. Eine besondere Nähe besteht zur international subsidiären Schutzberechtigung gemäß § 4 AsylG. Denn diese erfordert nach § 4 Abs. 1 AsylG, dass dem Ausländer in seinem Herkunftsland ein ernsthafter Schaden droht. Als ernsthafter Schaden gilt gemäß § 4 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 AsylG eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit einer Zivilperson infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts. *** 3 Zu diesem Begriffsverständnis vgl. den Entwurf des Gesetzes zur Neubestimmung des Bleiberechts und der Aufenthaltsbeendigung in BT-Drs. 18/4097, 1: „Es wird eine Bleiberechtsregelung geschaffen, um nachhaltige Integrationsleistungen, die trotz des fehlenden rechtmäßigen Aufenthalts von einem Geduldeten erbracht wurden, durch Erteilung eines gesicherten Aufenthaltsstatus zu honorieren.“