© 2016 Deutscher Bundestag WD 3 - 3000 - 124/14 Die Rolle der nationalen Parlamente im Recht der Europäischen Union Ausarbeitung Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitungen und andere Informationsangebote der Wissenschaftlichen Dienste geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Der Deutsche Bundestag behält sich die Rechte der Veröffentlichung und Verbreitung vor. Beides bedarf der Zustimmung der Leitung der Abteilung W, Platz der Republik 1, 11011 Berlin. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 124/14 Seite 2 Die Rolle der nationalen Parlamente im Recht der Europäischen Union Verfasser/in: Aktenzeichen: WD 3 - 3000 - 124/14 Abschluss der Arbeit: 10.06.2014 Fachbereich: WD 3: Verfassung und Verwaltung Telefon: Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 124/14 Seite 3 1. Überblick über die Entwicklung der Rolle der nationalen Parlamente im Recht der Europäischen Union Die Stellung der nationalen Parlamente in der Europäischen Union wurde seit dem Vertrag von Maastricht1 aus dem Jahr 1992 immer weiter verbessert. Dieser Vertrag legte in seiner Schlussakte in „Erklärung Nr. 13 zur Rolle der einzelstaatlichen Parlamente in der Europäischen Union“ erstmals fest, dass die nationalen Parlamente stärker an der Tätigkeit der Union beteiligt werden sollten. In dieser Erklärung wurden die nationalen Regierungen angehalten, ihre Parlamente über die Entwicklungen auf europäischer Ebene zu informieren, und es sollte die Kooperation der nationalen Parlamente untereinander und mit dem europäischen Parlament gestärkt werden. Die Schlussakte und damit auch ihre Erklärung Nr. 13 waren jedoch nicht Bestandteil des Vertrages selbst.2 Mit dem Vertrag von Amsterdam3 im Jahr 1997 wurden diese Ziele in das Protokoll Nr. 9 über die Rolle der nationalen Parlamente aufgenommen. Die Protokolle sind Teile des Vertrags, so dass die Rolle der nationalen Parlamente damit erstmals im Primärrecht verankert wurde. Durch den Vertrag von Lissabon4 im Jahr 2009 wurde das „Protokoll über die nationalen Parlamente in der Europäischen Union“ schließlich als Protokoll Nr. 1 vor 36 weitere Protokolle gestellt. Damit erhielten die nationalen Parlamente im Recht der Europäischen Union auch symbolisch einen besonderen Stellenwert. Aufgrund des erstmals mit dem Vertrag von Lissabon primärrechtlich festgeschriebenen „dualen Legitimationskonzepts“ (Art. 10 Abs. 2 UAbs. 2 EUV), haben die nationalen Parlamente maßgebliche Bedeutung für die demokratische Legitimation der Europäischen Union (dazu unten Ziff. 2). Zudem wurde im Vertrag von Lissabon ein eigener Artikel aufgenommen, durch den die nationalen Parlamente den Auftrag erhalten, in dem dort beschriebenen Rahmen zur „guten Arbeitsweise der Union“ beizutragen (dazu unten Ziff. 3). Den nationalen Parlamenten obliegt dabei insbesondere die Kontrolle darüber, ob die Organe der Union im Rahmen der europäischen Rechtsetzung die Grundsätze der Subsidiarität und Verhältnismäßigkeit einhalten (dazu unten Ziff. 4). Die Vorschläge des niederländischen Parlaments in seinem Report von Mai 2014 zielen darauf ab, die Rechte und die Stellung der nationalen Parlamente zu stärken und nicht die Kompetenzordnung der Europäischen Union zu verändern (dazu unten Ziff. 5). 1 Vertrag über die Europäische Union vom 7. Februar 1992, BGBl. 1992 II S. 1251. 2 Siehe Art. 31 Abs. 2 Buchstabe a) der Wiener Übereinkommen über das Recht der Verträge vom 23. Mai 1969 (BGBl. 1985 II S. 927); dazu auch Dörr, in: Grabitz/Hilf/Nettesheim, Das Recht der Europäischen Union, Ergänzungslieferung 45 (Stand: August 2011), Art. 51 EUV Rdnr. 5. 3 Vertrag von Amsterdam zur Änderung des Vertrags über die Europäische Union, der Verträge zur Gründung der Europäischen Gemeinschaften sowie einiger damit zusammenhängender Rechtsakte vom 2. Oktober 1997, BGBl. 1998 II S. 387. 4 Vertrag von Lissabon zur Änderung des Vertrags über die Europäische Union und des Vertrags zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft vom 13. Dezember 2007, BGBl. 2008 II S. 1038. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 124/14 Seite 4 2. Die Rolle der nationalen Parlamente im dualen Demokratiekonzept der Europäischen Union Die Europäische Union übt Hoheitsgewalt nicht allein, aber maßgeblich durch ihre Rechtsetzung aus. An dieser Rechtsetzung sind im Wesentlichen der Rat und das Europäische Parlament beteiligt .5 Die dafür und für alle sonstigen hoheitlichen Entscheidungen der Union notwendige demokratische Legitimation beruht auf dem dualen Legitimationskonzept, wie es in Art. 10 Abs. 2 EUV beschrieben ist. Danach besteht der erste Legitimationsstrang in der Vertretung der Bürgerinnen und Bürger der Europäischen Union im Europäischen Parlament. Der zweite Legitimationsstrang erfolgt über die Regierungsvertreter im Europäischen Rat und im Rat, die von ihren nationalen Parlamenten (mittelbar) gewählt sind und von ihnen kontrolliert werden. Die nationalen Parlamente vermitteln auf diese Weise zunächst ihren jeweiligen Regierungsvertretern in den Unionsorganen demokratische Legitimation, die sich dann – nach diesem Demokratiekonzept in der gemeinsamen Entscheidung in dem Unionsorgan auf das Unionsorgan überträgt. Auch wenn an diesem Demokratiekonzept seit langem unter dem Schlagwort „Demokratiedefizit der Europäischen Union“ Kritik geübt wird,6 steht jedoch gerade aus deutscher Sicht aufgrund der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts fest, dass der maßgebliche Teil der demokratischen Legitimation nur über die nationalen Parlamente erfolgen kann. Das Bundesverfassungsgericht hat in seiner Entscheidung zum Vertrag von Lissabon dem Europäischen Parlament nur eine sehr eingeschränkte Legitimationskraft zugesprochen und daher die Mitwirkungsrechte des Bundestages in europäischen Angelegenheiten gestärkt.7 Die nationalen Parlamente haben daher für die Europäische Union eine erhebliche Bedeutung. 3. Die Beteiligungsrechte der nationalen Parlamente Aufgrund dieser Bedeutung wurde mit dem Vertrag von Lissabon nicht nur festgelegt, dass die nationalen Parlamente aktiv zur guten Arbeitsweise der Union beitragen, sondern es wurden auch besondere Informations-, Kontroll- und Beteiligungsreche der Parlamente vorgesehen (Art. 12 EUV): Danach sind alle Unionsorgane verpflichtet, die nationalen Parlamente zu unterrichten und ihren die Entwürfe von Gesetzgebungsakten direkt zuzuleiten (Art. 12 Buchstabe a) EUV); 5 Die Kommission verfügt zwar überwiegend über das alleinige Initiativrecht für Rechtsakte der Europäischen Union, sie ist jedoch an den Entscheidungen über den Erlass der Rechtsakte rechtlich nicht beteiligt (Art. 17 Abs. 2 EUV, Art. 294 Abs. 2 AEUV; Ausnahmen von dem Initiativmonopol der Kommission bestehen nur in sehr begrenztem Umfang: Art. 289 Abs. 4 AEUV). 6 Vgl. statt Vieler: Häberle, Europäische Verfassungslehre, Baden-Baden, 7. Auflage 2011, S. 307 ff. m.w.N.; Ruffert, in: Calliess/Ruffert, EUV/AEUV, Kommentar, 4. Auflage 2011, Art. 9 EUV Rdnr. 4 ff.; Nettesheim, in: Grabitz/Hilf/Nettesheim, Das Recht der Europäischen Union, Loseblattsammlung, 41. Ergänzungslieferung (Stand: Juni 2010), Art. 10 EUV Rdnr. 30 f. 7 BVerfGE 123, 267, 373 ff., AbsNr. 284 ff. – Lissabon. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 124/14 Seite 5 die nationalen Parlamente sollen dafür Sorge tragen, dass die Grundsätze der Subsidiarität und Verhältnismäßigkeit (Art. 5 Abs. 3 und Abs. 4 EUV) eingehalten werden (Buchstabe b)); im Bereich der Innen- und Justizpolitik sind die nationalen Parlamente in besondere Bewertungsverfahren der Unionspolitiken in diesem Bereich (Art. 70 AEUV) sowie in die politische Kontrolle von Europol und die Bewertung der Tätigkeit von Eurojust einbezogen (Buchstabe c)); sie werden außerdem an den Verfahren zur Änderung der Verträge über die Europäische Union (Art. 48 EUV) beteiligt (Buchstabe d); die nationalen Parlamente müssen über die Anträge neuer Staaten auf Beitritt zur Europäischen Union unterrichtet werden (Buchstabe e)) und sollen sich an der interparlamentarischen Zusammenarbeit zwischen den nationalen Parlamenten und mit dem Europäischen Parlament beteiligen (Buchstabe f)). Ein besonderes Vetorecht steht den nationalen Parlamenten zu, wenn in einem vereinfachten Vertragsänderungsverfahren (Art. 48 Abs. 7 EUV) beschlossen werden soll, dass der Rat in bestimmten Fällen einen Beschluss mit qualifizierter Mehrheit fassen darf, obwohl in den Verträgen für diese Fälle Einstimmigkeit vorgesehen ist. Dies gilt auch für Vorschläge, nach denen Gesetzgebungsakte in bestimmten Bereichen nicht in einem besonderen, sondern im ordentlichen Gesetzgebungsverfahren erlassen werden dürfen. In beiden Fällen ist der jeweilige Vorschlag den nationalen Parlamenten zuzuleiten und darf nur umgesetzt werden, wenn ihn kein nationales Parlament innerhalb von sechs Monaten ablehnt. Ein ähnliches Vetorecht besteht dann, wenn die Europäische Union bestimmte Aspekte des Familienrechts mit grenzüberschreitendem Bezug bestimmen möchte, die in einem ordentlichen Gesetzgebungsverfahren geregelt werden können (Art. 81 Abs. 3 UAbs. 2 und UAbs. 3 AEUV). Dies würde bedeuten, dass in diesen Fällen der Rat den Rechtsakt nicht mehr einstimmig, wie in den sonstigen Fällen grenzüberschreitenden Familienrechts, sondern auch schon mit seiner Mehrheit beschließen könnte. Der Vorschlag, solche Aspekte zu bestimmen, muss den nationalen Parlamenten zugeleitet werden und darf auch hier nur dann umgesetzt werden, wenn dem kein nationales Parlament innerhalb von sechs Monaten widerspricht. In einer Reihe weiterer Klausen der Verträge ist festgelegt, dass bestimmte Entscheidungen der Unionsorgane nur dann in Kraft treten, wenn die Mitgliedstaaten dem im Einklang mit ihren jeweiligen „verfassungsrechtlichen Vorschriften“ zugestimmt haben.8 In diesen Fällen geht es häufig um eine Änderung oder Erweiterung der vertraglichen Grundlagen, die einer Ratifizierung in den Mitgliedstaaten bedürfen. In den Mitgliedstaaten, bei denen die Ratifizierung bzw. die erforderliche nationale Entscheidung verfassungsrechtlich von der Zustimmung der nationalen Parlamente abhängig ist (in manchen Mitgliedstaaten muss eine Volksabstimmung herbeigeführt 8 Siehe z.B. Art. 42 Abs. 2 UAbs. 1 Satz 3, Art. 48 Abs. 4 UAbs. 2, Art. 48 Abs. 6 UAbs. 2 Satz 3, Art. 49 Abs. 2 Satz 2, Art. 50 Abs. 1 EUV sowie Art. 25 Abs. 2 Satz 2, Art. 218 Abs. 8 UAbs. 2 Satz 2, Art. 223 Abs. 1 UAbs. 2 Satz 2, Art. 262 Satz 2 und Art. 331 Abs. 2 Satz 3 AEUV. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 124/14 Seite 6 werden), entscheiden somit letztlich die nationalen Parlamente darüber, ob das Vorhaben der Union in Kraft treten kann. Das Protokoll (Nr. 1) über die Rolle der nationalen Parlamente in der Europäischen Union führt schließlich die Rechte der nationalen Parlamente weiter aus. Dies gilt vor allem für die Details ihrer Unterrichtung (Art. 1 bis Art. 8 Protokoll nationale Parlamente) und die Zusammenarbeit zwischen den Parlamenten (Art. 9 und Art. 10 Protokoll nationale Parlamente). 4. Die Subsidiaritätskontrolle Seit dem Vertrag von Lissabon kommt den nationalen Parlamenten bei der Kontrolle der Einhaltung des Subsidiaritäts- und Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes (Art. 5 Abs. 3 und Abs. 4 EUV) besondere Bedeutung zu (Art. 12 Buchstabe b) EUV).9 Das Protokoll (Nr. 2) über die Anwendung der Grundsätze der Subsidiarität und der Verhältnismäßigkeit (Subsidiaritätsprotokoll) legt dabei das Verfahren fest, nach dem sich die so genannten Subsidiaritätsrügen und ihre Auswirkungen auf das betroffene Gesetzesvorhaben richtet („Frühwarnsystem“). Danach gilt Folgendes: Kommt ein Parlament zu dem Ergebnis, dass der Subsidiaritätsgrundsatz in einem Gesetzesvorhaben nicht eingehalten wird, kann es gegenüber dem Präsidenten des Europäischen Parlaments, des Rates und der Kommission eine Subsidiaritätsrüge erheben (Art. 6 Abs. 1 Satz 1 Subsidiaritätsprotokoll). Ein Gesetzesvorhaben muss allerdings erst dann durch die Organe der Union überprüft werden, wenn mindestens ein Drittel der nationalen parlamentarischen Kammern10, d.h. mindestens 19 der aktuell 56 Kammern, entsprechende Subsidiaritätsrügen erheben (Art. 7 Abs. 2 Satz 1 Subsidiaritätsprotokoll – auch „yellow card“ genannt). Ein besonderes Überprüfungsverfahren sieht das Subsidiaritätsprotokoll vor, wenn im Rahmen eines ordentlichen Gesetzgebungsverfahrens die Mehrheit der nationalen parlamentarischen Kammern, d.h. mindestens 29 der 56 Kammern, Subsidiaritätsrügen erheben (Art. 7 Abs. 3 Subsidiaritätsprotokoll – auch „red card“ genannt).11 Damit die genannten Quoren erreicht werden können, bemüht sich insbesondere die Versammlung der Europaausschüsse der Parlamente aller Mitgliedstaaten, die so genannte COSAC12, um eine Koordinierung der Subsidiaritätsprüfungen und –rügen der nationalen Parlamente. In diesem Zusammenhang wurde auch die internetbasierte Datenbank IPEX geschaffen.13 Darin finden sich zu jedem Vorhaben, insbesondere den Gesetzesvorhaben der Union, Informationen über den Stand 9 Vgl. dazu ausführlich Hölscheidt, in: Grabitz/Hilf/Nettesheim, Das Recht der Europäischen Union, Loseblattsammlung , 51. Ergänzungslieferung (Stand: September 2013), Art. 12 EUV Rdnr. 40 ff. 10 Dieses Quorum wird auf ein Viertel aller nationalen parlamentarischen Kammern gesenkt, bei Gesetzgebungsvorhaben , die den Raum der Freiheit, Sicherheit und des Rechts (Art. 7 Abs. 2 Satz 2 i.V.m. Art. 76 i.V.m. Art. 82 – Art. 89 und Art. 74 AEUV) betreffen. 11 Siehe zum Ganzen und zur Bewertung dieses Frühwarnsystems: Hölscheidt, in: Grabitz/Hilf/Nettesheim, Das Recht der Europäischen Union, Loseblattsammlung, 51. Ergänzungslieferung (Stand: September 2013), Art. 12 EUV Rdnr. 47 ff. 12 Conférence des Organes Parlementaires Spécialisés dans les Affaires de l'Union des Parlements de l'Union Européenne : http://www.cosac.eu/. 13 www.ipex.eu. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 124/14 Seite 7 und die Ergebnisse der Prüfung des Vorhabens durch die nationalen Parlamente oder deren Kammern. Auch etwaige Subsidiaritätsrügen der Parlamente bzw. Kammern werden dort eingestellt . Auf dieser Basis können die nationalen Parlamente im Vorfeld abschätzen, ob zu einem Gesetzesvorhaben das notwendige Quorum für eine Überprüfung des Vorhabens zustande kommen kann. Neben den Subsidiaritätsrügen können vor dem Gerichtshof der Europäischen Union auch Subsidiaritätsklagen gegen das Vorhaben erhoben werden (Art. 8 Subsidiaritätsprotokoll). Die Mitgliedstaaten bestimmen, von welchem nationalen Verfassungsorgan eine solche Klage im Namen des jeweiligen Staates erhoben werden kann. In Deutschland sind Bundestag und Bundesrat nach dem Grundgesetz berechtigt, eine solche Subsidiaritätsklage zu erheben (Art. 23 Abs. 1a Satz 1 GG).14 5. Die Vorschläge der niederländischen Tweede Kamer In dem Auftrag zu diesem Sachstand wird mit Bezug15 auf den Report „Voorop in Europa“ („Ahead in Europe“16) der niederländischen Tweede Kamer17 die Frage aufgeworfen, wie die Vorschläge dieses Reports in die Rechtsstellung der nationalen Parlamente in der Europäischen Union einzuordnen sind. Der „Rapporteur on Democratic legitimacy“ der Tweede Kamer, René Leegte, macht in seinem Report verschiedene Vorschläge, wie das niederländische Parlament seine Rechte in Bezug auf die Europäische Union besser wahrnehmen kann. Diese Vorschläge beziehen sich sowohl auf innerparlamentarische als auch interparlamentarische Maßnahmen. Die innerparlamentarischen Vorschläge sehen etwa verbesserte Verfahren bei der Prüfung, Priorisierung und Begleitung der europäischen Vorhaben durch die Tweede Kamer vor.18 Die interparlamentarischen Vorschläge zielen darauf ab, die Vernetzung der Parlamente der Mitgliedstaaten untereinander und zum Europäischen Parlament zu stärken.19 Diese Vernetzung soll nicht nur dazu führen, dass die nationalen Parlamente mehr Informationen untereinander austauschen, sondern vor allem dazu, dass sie die Möglichkeit besser nutzen, durch die Subsidiaritätsrügen bzw. das 14 Art. 8 i.V.m. Art. 3 des Subsidiaritätsprotokolls i.V.m. Art. 5 Abs. 3 EUV i.V.m. Art. 23 Abs. 1a GG i.V.m. § 12 Abs. 1 IntVG i.V.m. § 93d GO-BT. 15 Im Auftrag wird von einem Vorschlag des dänischen Parlaments gesprochen, tatsächlich ist aber wohl der Report des niederländischen Parlaments gemeint. 16 Der Report kann im Internet in englischer Sprache aufgerufen werden unter: http://www.tweedekamer.nl/images/Ahead_in_Europe_181-238660.pdf. 17 Die Tweede Kamer der Staten-Generaal ist die Vertretung der niederländischen Bürgerinnen und Bürger und damit die Parlamentskammer der Niederlanden. Vgl. dazu die Internetseite der Tweede Kamer (in englischer Sprache): http://www.houseofrepresentatives.nl/. 18 Vgl. Ziff. 3., S. 12 ff. des Reports. 19 Vgl. Ziff. 4., S. 25 ff. des Reports. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 124/14 Seite 8 Erreichen des notwendigen Quorums verstärkt auf die europäische Rechtsetzung Einfluss zu nehmen. Die Vorschläge dienen daher nicht dazu, die Kompetenzordnung innerhalb des europäischen Mehrebenensystems zu verändern. Sie sollen vielmehr erreichen, dass das niederländische Parlament und die anderen nationalen Parlamente ihre Rolle und ihren Einfluss im Rahmen der bestehenden Rechte besser geltend machen können.20 20 Vgl. Ziff. 1.2., S. 7 des Reports: „ This report is grounded in the conviction that strengthening the House of Representatives ’ involvement in the European decision-making process and concerted action on the part of national parliaments can contribute to better representation of European voters, stronger accountability mechanisms, and thus improve the legitimacy of decision-making.”