© 2019 Deutscher Bundestag WD 3 - 3000 - 123/19 Aufenthaltsrechtliche Folgen des Brexit für in Deutschland lebende britische Rentner Sachstand Wissenschaftliche Dienste Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab dem jeweiligen Fachbereich anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 3 - 3000 - 123/19 Seite 2 Aufenthaltsrechtliche Folgen des Brexit für in Deutschland lebende britische Rentner Aktenzeichen: WD 3 - 3000 - 123/19 Abschluss der Arbeit: 7. Juni 2019 Fachbereich: WD 3: Verfassung und Verwaltung Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 3 - 3000 - 123/19 Seite 3 1. Fragestellung Gefragt wird nach den aufenthaltsrechtlichen Folgen eines Austritts Großbritanniens aus der Europäischen Union (sog. Brexit) mit oder ohne Austrittsabkommen für in Deutschland lebende britische Rentner. 2. Aufenthaltsrecht von in Deutschland lebenden britischen Rentnern nach einem Brexit Im Falle eines Brexits verlieren britische Staatsangehörige ohne Staatsbürgerschaft eines weiteren Mitgliedstaates der EU ihren Status als freizügigkeitsberechtigte Unionsbürger. Leben betroffene Personen in Deutschland, unterscheidet sich deren aufenthaltsrechtliche Situation nach einem erfolgten Brexit maßgeblich danach, ob dieser mit oder ohne Austrittsabkommen erfolgt. In beiden Fällen hängt das Bestehen von Aufenthalts- und Daueraufenthaltsrechten von den Umständen des konkreten Einzelfalles ab (bspw. Dauer und Zweck des bisherigen Aufenthalts in Deutschland, Sicherung des Lebensunterhaltes, bestehende Ehe oder Lebenspartnerschaft oder familiäre Lebensgemeinschaft mit einem deutschen Staatsangehörigen oder einer in Deutschland lebenden freizügigkeitsberechtigten Person). Die folgende Darstellung kann deshalb nur einen allgemeinen Überblick über die aufenthaltsrechtliche Situation von in Deutschland lebenden britischen Rentnern nach einem Brexit geben. 2.1. Situation nach einem Brexit mit Austrittsabkommen in der aktuellen Fassung Die nachfolgenden Ausführungen beziehen sich auf das zwischen der EU und Großbritannien verhandelte Austrittsabkommen in seiner Fassung vom 11. April 20191. Dieses sieht in Art. 126 eine Übergangsphase bis zum 31. Dezember 2020 vor, während der die Freizügigkeitsregeln der EU für britische Staatsbürger2 gemäß Art. 127 weitergelten sollen. Diese könnte zudem einmalig per Beschluss um ein oder zwei Jahre verlängert werden, vgl. Art. 131. Darüber hinaus ist im zweiten Teil des Austrittsabkommens insbesondere für alle britischen Staatsbürger (Art. 10 lit. b) und ihre Familienangehörigen (Art. 10 lit. e bzw. f), die ihr Recht auf Aufenthalt vor dem 31. Dezember 2020 in Mitgliedstaaten der EU wie bspw. Deutschland vor Ende des Übergangszeitraums im Einklang mit dem Unionsrecht ausgeübt haben und danach weiter dort wohnen, ein weitgehender Erhalt der Freizügigkeitsrechte (Art. 13 ff.) auf Lebenszeit (Art. 39) geregelt: 1 Abkommen über den Austritt des Vereinigten Königreichs Großbritannien und Nordirland aus der Europäischen Union und der Europäischen Atomgemeinschaft in der geänderten Fassung vom 11. April 2019, abrufbar unter https://data.consilium.europa.eu/doc/document/XT-21028-2019-INIT/de/pdf (Stand: 7. Juni 2019). 2 Vgl. zur näheren Definition Art. 2 lit. d) des Austrittsabkommens. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 3 - 3000 - 123/19 Seite 4 Für Aufenthalte in Mitgliedstaaten der EU bis zu drei Monaten müssen britische Staatsbürger gemäß Art. 13 des Abkommens i.V.m. Art. 6 Abs. 1 Freizügigkeitsrichtlinie3 lediglich im Besitz eines gültigen Personalausweises oder Reisepasses sein. Britische Rentner, die für sich und ihre Familienangehörigen über ausreichende Existenzmittel verfügen, so dass sie während ihres Aufenthalts keine Sozialhilfeleistungen des Aufnahmemitgliedstaats in Anspruch nehmen müssen, und über einen umfassenden Krankenversicherungsschutz im Aufnahmemitgliedstaat verfügen, haben gemäß Art. 13 des Abkommens i.V.m. Art. 7 Abs. 1 lit. b grundsätzlich auch ein Recht für Aufenthalte über drei Monate. Art. 15 des Abkommens gewährt in Verbindung mit Art. 17 S. 1 lit. a der Freizügigkeitsrichtlinie zudem eine Recht zum Daueraufenthalt für britische Arbeitnehmer oder Selbstständige, die ihre Erwerbstätigkeit in Deutschland mindestens während der letzten zwölf Monate ausgeübt und sich hier seit mindestens drei Jahren ununterbrochen aufgehalten haben und die zum Zeitpunkt des Ausscheidens aus dem Erwerbsleben das in Deutschland gesetzlich vorgesehene Rentenalter erreicht oder von einer Vorruhestandsregelung Gebrauch gemacht haben. Bei der Berechnung des für den Erwerb des Rechts auf Daueraufenthalt erforderlichen Zeitraums werden gemäß Art. 15 S. 2 des Abkommens die Zeiten des rechtmäßigen Aufenthalts oder der Erwerbstätigkeit im Einklang mit dem Unionsrecht vor und nach Ende des Übergangszeitraums berücksichtigt. Laut Art. 17 S. 2 Freizügigkeitsrichtlinie gelten dabei auch Zeiten unfreiwilliger Arbeitslosigkeit, die vom zuständigen Arbeitsamt ordnungsgemäß festgestellt werden, oder vom Willen des Betroffenen unabhängige Arbeitsunterbrechungen sowie krankheits- oder unfallbedingte Fehlzeiten oder Unterbrechungen als Zeiten der Erwerbstätigkeit. Verlegen britische Rentner ihren Wohnsitz erst nach Eintritt in die Rente nach Deutschland, kommt gemäß Art. 15 des Abkommens ein Daueraufenthaltsrecht nach einem im Einklang mit dem Unionsrecht stehenden rechtmäßigen ununterbrochenen Aufenthalt von fünf Jahren in Betracht. Art. 13 ff. des Abkommens enthalten weitere Regelungen etwa bezüglich Beschränkungen bzw. Bedingungen des Aufenthaltsrechts, des Rechts auf Ein- und Ausreise, der Ausstellung von Aufenthaltsdokumenten und bezüglich der Aufenthaltsrechte von Familienangehörigen von britischen Staatsbürgern. 2.2. Situation nach einem Brexit ohne Austrittsabkommen und ohne bilaterale Vereinbarung Die Erteilung von Visa und Aufenthaltstiteln richtet sich nach einem Brexit ohne Austrittsabkommen grundsätzlich nach den Bestimmungen des Aufenthaltsgesetzes (AufenthG) für Drittstaatsangehörige . Für diesen Fall beabsichtigt das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat (BMI) laut einem Rundschreiben an die Bundesländer „eine Verordnung zu erlassen, auf deren Grundlage bisher freizügigkeitsberechtigte britische Bürgerinnen und Bürger und ihre 3 Richtlinie 2004/38/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 über das Recht der Unionsbürger und ihrer Familienangehörigen, sich im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten frei zu bewegen und aufzuhalten, zur Änderung der Verordnung (EWG) Nr. 1612/68, ABl. L 158 vom 30. April 2004, S. 77; abrufbar unter: https://eurlex .europa.eu/legal-content/DE/TXT/PDF/?uri=CELEX:02004L0038-20110616&from=DE (Stand: 7. Juni 2019). Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 3 - 3000 - 123/19 Seite 5 Familienangehörigen für eine Übergangszeit von zunächst drei Monaten ohne weitere ausländerrechtliche Maßnahmen in Deutschland leben und arbeiten können wie bisher, § 99 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 2 i. V. m. Abs. 4 Aufenthaltsgesetz (AufenthG). […] Bis zum Ablauf der Übergangszeit müssen britische Bürgerinnen und Bürger einen Antrag auf ihren späteren Aufenthaltstitel bei der zuständigen Ausländerbehörde stellen und sich ggf. noch bei der für ihren Wohnort zuständigen Meldebehörde anmelden. Der weitere Aufenthalt für die Zeit zwischen der Antragstellung bis zur Entscheidung der Ausländerbehörde gilt als erlaubt. Die Ausländerbehörde prüft, welcher Aufenthaltstitel auf den Antragsteller zutrifft […]“4. Die weiteren Ausführungen geben einen allgemeinen Überblick über die aufenthaltsrechtliche Situation von in Deutschland lebenden britischen Rentnern, wie diese sich nach Ablauf der Übergangsfrist und ohne bilaterale Vereinbarungen zwischen Großbritannien und Deutschland auf Basis der aktuellen europäischen und deutschen Rechtslage darstellen würde. 2.2.1. Befristete Aufenthaltstitel Das Aufenthaltsgesetz differenziert bei der Erteilung befristeter Aufenthaltstitel („Aufenthaltserlaubnis “, § 7 Abs. 1 S. 1 AufenthG) nach dem Zweck des Aufenthaltes, § 7 Abs. 1 S. 2 AufenthG. § 37 Abs. 5 AufenthG enthält eine spezielle Regelung bezüglich des Rechts auf Wiederkehr von drittstaatsangehörigen Rentnern nach vorheriger Ausreise. Danach wird Ausländern, die von einem Träger im Bundesgebiet Rente beziehen, in der Regel eine Aufenthaltserlaubnis erteilt, wenn sie sich vor ihrer Ausreise mindestens acht Jahre rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten haben. Darüber hinaus enthält das Aufenthaltsgesetz keine speziellen Regelungen für den befristeten Aufenthalt von Rentnern und Pensionären zum (alleinigen) Zweck des Alterswohnsitzes in Deutschland. Sofern daneben weitere konkret geregelte Aufenthaltszwecke verfolgt werden (bspw. Erwerbstätigkeit, Selbstständigkeit, Ehegatten- oder Familiennachzug, humanitäre Gründe), richtet sich die Erteilung der Aufenthaltserlaubnis nach den jeweils im Einzelfall einschlägigen Bestimmungen des AufenthG. Insbesondere richtet sich die Erforderlichkeit und Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis für in anderen Mitgliedstaaten der EU langfristig aufenthaltsberechtigte Drittstaatsangehörige nach § 38a AufenthG. Gemäß § 7 Abs. 1 S. 3 AufenthG kann in begründeten Fällen auch für einen nicht im AufenthG vorgesehenen Aufenthaltszweck eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn die allgemeinen Regelerteilungsvoraussetzungen von § 5 AufenthG (insb. Sicherung des Lebensunterhalts, kein Ausweisungsinteresse) vorliegen. § 7 Abs. 1 S. 3 AufenthG begründet zwar grundsätzlich keinen gebundenen Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis, sondern stellt diese in das pflichtgemäße Ermessen der zuständigen Behörde. Allerdings setzt der Wortlaut der Norm nicht das Vorliegen einer besonderen Härte für die Antragsteller voraus. In der Kommentierung zu § 7 Abs. 1 S. 3 werden nicht erwerbstätige Rentner als Beispiel erwähnt, die keine der in §§ 16 bis 38 4 Siehe Rundschreiben des BMI an die Bundesländer vom 28. März 2019 zum Umgang mit britischen Staatsangehörigen und ihren Familienangehörigen im Fall eines ungeregelten Brexit, abrufbar unter: https://www.bmi.bund.de/SharedDocs/downloads/DE/veroeffentlichungen/themen/migration/brexit-rundschreiben .pdf?__blob=publicationFile&v=3 (Stand: 7. Juni 2019); vgl. auch die Informationen des BMI zu „Fragen und Antworten zu Auswirkungen auf die Statusrechte der Bürger im Zusammenhang mit dem Brexit“, abrufbar unter: https://www.bmi.bund.de/SharedDocs/faqs/DE/themen/migration/brexit/faqs-brexit.html (Stand: 7. Juni 2019). Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 3 - 3000 - 123/19 Seite 6 AufenthG geregelten Aufenthaltszwecke verfolgen.5 Das Verwaltungsgericht Stuttgart hat im Falle einer wohlhabenden amerikanischen Rentnerin in einem Eilverfahren im Jahr 2010 sogar das Bestehen eines Anspruchs auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 7 Abs. 1 S. 3 AufenthG für überwiegend wahrscheinlich erachtet, da das Freundschaftsabkommen6 mit der USA eine Wohlwollensklausel enthalte, die im Rahmen der Ermessensausübung zu berücksichtigen gewesen sei.7 Zuvor hatte bereits das Bundesverwaltungsgericht im Jahr 1978 bezüglich der Wohlwollensklausel im Niederlassungsvertrag8 zwischen Spanien und Deutschland jedenfalls eine ermessensbeschränkende Wirkung im Sinne einer wohlwollenden Ermessensausübung angenommen.9 Sofern ähnliche bilaterale Vereinbarungen zwischen Deutschland und Großbritannien geschlossen würden, könnten diese mithin ebenfalls im Rahmen der Ermessensausübung von § 7 Abs. 1 S. 3 AufenthG Berücksichtigung finden. Darüber hinaus hat das OVG Lüneburg eine Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 7 Abs. 1 S. 3 AufenthG im Jahr 2011 jedenfalls in Erwägung gezogen, wenn der Aufenthalt einer nichterwerbstätigen Person zum Zwecke der Kinderbetreuuung erfolgt und eine Witwenrente bezogen wird, sofern die allgemeinen Erteilungsvoraussetzungen vorliegen, also insbesondere der Lebensunterhalt gemäß § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 i.V.m. § 2 Abs. 3 AufenthG gesichert sei.10 Das AufenthG ermöglicht auch die Erteilung von Aufenthaltstiteln an Drittstaatsangehörige auf Grundlage von Anordnungen der obersten Landesbehörden aus völkerrechtlichen oder humanitären Gründen oder zur Wahrung von politischen Interessen der Bundesrepublik Deutschland (§ 23 Abs. 1 AufenthG) oder des Bundesministeriums des Innern im Benehmen mit den obersten Landesbehörden zur Wahrung besonders gelagerter Interessen der Bundesrepublik Deutschland (§ 23 Abs. 2 AufenthG). 2.2.2. Unbefristete Aufenthaltstitel Drittstaatsangehörigen, die sich seit fünf Jahren mit einem Aufenthaltstitel in Deutschland aufhalten, mindestens 60 Monate Pflichtbeiträge oder freiwillige Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung oder Aufwendungen für einen Anspruch auf vergleichbare Leistungen einer Versicherungsoder Versorgungseinrichtung oder eines Versicherungsunternehmens geleistet haben und auch die weiteren Voraussetzungen von § 9 AufenthG erfüllen, ist eine unbefristete Niederlassungserlaubnis zu erteilen. Gemäß § 11 Abs. 3 Hs. 1 Freizügigkeitsgesetz/EU entsprechen Zeiten des rechtmäßigen 5 Vgl. Dienelt, in: Bergmann/Dienelt, Ausländerrecht, 12. Auflage 2018, AufenthG, § 7 Rn. 25; Maor, in: BeckOK AuslR, 21. Auflage, Stand: 1. Februar 2019, AufenthG § 7 Rn. 11. 6 Freundschaft-, Handels und Schifffahrtsvertrag zwischen der Bundesrepublik Deutschland und den Vereinigten Staaten von Amerika vom 29. Oktober 1954, BGBl. 1956 II S. 487. 7 Vgl. VG Stuttgart, Beschluss vom 10. Juni 2010, Az.: 2 K 1260/10, juris. 8 Niederlassungsvertrag zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Spanischen Staat vom 23. April 1970, BGBl 1972 II S 1041. 9 Vgl. BVerwG, Urteil vom 27. September 1978, Az.: I C 22.76 (= BVerwGE 56, 273 ff.), juris Rz. 39. 10 Vgl. OVG Lüneburg, Beschluss vom 7. April 2011, Az.: 11 ME 72/11, juris Rz. 12. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 3 - 3000 - 123/19 Seite 7 freizügigkeitsberechtigten (Vor-)Aufenthalts unter fünf Jahren den Zeiten des Besitzes einer Aufenthaltserlaubnis . Anstelle oder auch neben11 einer Niederlassungserlaubnis können Drittstaatsangehörige, die sich seit fünf Jahren mit einem Aufenthaltstitel (§9a Abs. 2 Nr. 1 AufenthG) oder freizügigkeitsberechtigt (§ 9b Abs. 1 Nr. 3 AufenthG) in Deutschland aufhalten und in den persönlichen Anwendungsbereich der Norm fallen (§9a Abs. 3 AufenthG), auch eine sog. „Erlaubnis zum Daueraufenthalt – EU“ beantragen. Mit dieser Bestimmung hat der deutsche Gesetzgeber die Daueraufenthaltsrichtlinie12 umgesetzt. § 9a Abs. 2 AufenthG regelt die Voraussetzungen, unter denen ein Anspruch auf Erteilung der Erlaubnis zum Daueraufenthalt – EU besteht. Insbesondere müssen gemäß § 9a Abs. 2 S. 1 Nr. 2 der Lebensunterhalt des Antragstellers und etwaige Unterhaltsverpflichtungen gegenüber Angehörigen durch feste und regelmäßige Einkünfte aller Art gesichert sein. Dies kann in der Regel angenommen werden, wenn die in § 9c AufenthG bestimmten Indizien kumulativ vorliegen. Danach ist ein Kriterium, ob der Ausländer oder sein mit ihm in familiärer Gemeinschaft lebender Ehegatte im In- oder Ausland Beiträge oder Aufwendungen für eine angemessene Altersversorgung geleistet hat, soweit er hieran nicht durch eine körperliche, geistige oder seelische Krankheit oder Behinderung gehindert war (§ 9c S. 1 Nr. 2 AufenthG). Art. 5 Abs. 1 Daueraufenthaltsrichtlinie weist ausdrücklich darauf hin, dass dabei auch die Höhe von Mindestrenten berücksichtigt werden kann. Anders als bei der Niederlassungserlaubnis müssen nicht mindestens 60 Monate Pflichtbeiträge oder freiwillige Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung oder Aufwendungen für einen Anspruch auf vergleichbare Leistungen einer Versicherungs- oder Versorgungseinrichtung oder eines Versicherungsunternehmens geleistet worden sein. Sofern diese aber geleistet worden sind, dürfen nach § 9c S. 3 AufenthG keine darüberhinausgehenden Beiträge oder Aufwendungen für die Erteilung einer Erlaubnis zum Daueraufenthalt – EU gefordert werden. *** 11 Vgl. BVerwG, Urteil vom 19. März 2013, Az.: 1 C 12/12 (= BVerwGE 146, 117 ff.), juris Rz. 16. 12 Richtlinie 2003/109/EG des Rates vom 25. November 2003 betreffend die Rechtsstellung der langfristig aufenthaltsberechtigten Drittstaatsangehörigen, ABl. L 16 vom 23. Januar 2004, S. 44 geändert durch Richtlinie 2011/51/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Mai 2011 ABl. L 132 vom 19. Mai 2011, S. 1, abrufbar unter: https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/PDF/?uri=CELEX:02003L0109-20110520&from=DE (Stand: 7. Juni 2019).