Änderungshistorie einschlägiger Regelungen zum Datenschutz von Ausländern seit 1998 - Ausarbeitung - © 2009 Deutscher Bundestag WD 3 - 3000 - 123/09 Wissenschaftliche Dienste des Deutschen Bundestages Verfasser/in: Änderungshistorie einschlägiger Regelungen zum Datenschutz von Ausländern seit 1998 Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 123/09 Abschluss der Arbeit: 23. April 2009 Fachbereich WD 3: Verfassung und Verwaltung Telefon: Ausarbeitungen und andere Informationsangebote der Wissenschaftlichen Dienste geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Die Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste sind dazu bestimmt, Mitglieder des Deutschen Bundestages bei der Wahrnehmung des Mandats zu unterstützen. Der Deutsche Bundestag behält sich die Rechte der Veröffentlichung und Verbreitung vor. Beides bedarf der Zustimmung der Leitung der Abteilung W. - Zusammenfassung - Datenschutzrechtliche Regelungen für Ausländer (Drittstaatsangehörige und EU- Bürger) finden sich in diversen Gesetzen und Verordnungen. Ausgehend von der Rechtslage 1998 wird aufgezeigt, welche Veränderungen und Verschärfungen in den vergangenen Jahren vom Gesetzgeber vorgenommen wurden. Gerade vor dem Hintergrund der Terroranschläge vom 11. September 2001 hat der Gesetzgeber z. B. mit dem Terrorismusbekämpfungsgesetz vom 9. Januar 2002 neue Wege gesucht, personenbezogene Daten über Ausländer und Asylbewerber zwischen den Behörden auszutauschen. So wurde etwa der Katalog der zu speichernden personenbezogenen Daten im Ausländerzentralregister erweitert und erlaubte auch die Speicherung von freiwillig gemachten Angaben zur Religionszugehörigkeit. Auch auf europäischer Ebene wurden mit dem Schengener Informationssystem und dem EU-weiten elektronischen System zur Identifizierung von Asylbewerbern (EURO- DAC) umfangreiche Datenbanken installiert. - 3 - Inhaltsverzeichnis Seite 1. Einleitung 6 2. Begriffsbestimmung 6 2.1. Ausländer / Drittstaatsangehörige 6 2.2. EU-Ausländer 6 3. Ausgangssituation 1998 8 3.1. Ausländergesetz (AuslG) 8 3.1.1. § 75 AuslG 8 3.1.2. § 76 AuslG 8 3.1.3. § 77 AuslG 9 3.1.4. § 78 AuslG 9 3.1.5. § 79 AuslG 10 3.1.6. § 80 AuslG 10 3.1.7. Kritik 11 3.2. Asylverfahrensgesetz (AsylVfG) 11 3.2.1. § 7 AsylVfG a. F. 12 3.2.2. § 8 AsylVfG a. F. 12 3.2.3. § 9 AsylVfG a. F. 12 3.2.4. § 16 AsylVfG a. F. 12 3.2.5. Kritik 13 3.3. Ausländerzentralregister (AZR) 14 3.3.1. Funktion und Zweck 14 3.3.2. Kritik 16 3.4. Ausländerdatenübermittlungsverordnung (AuslDÜV) 16 3.5. Ausländerdateienverordnung (AuslDatV) 16 3.6. Verordnung zur Durchführung des AuslG (DVAuslG) 17 3.7. Sozialgesetzbuch (SGB) X 17 4. Terrorismusbekämpfungsgesetz vom 9. Januar 2002 17 4.1. AuslG 18 4.2. AsylVfG 18 4.2.1. Änderungen 18 4.2.2. Kritik 19 4.3. Bundesverfassungsschutzgesetz (BVerfSchG) 19 - 4 - 4.3.1. §§ 18, 19 BVerfSchG 19 4.3.2. Kritik 20 4.4. AZR 21 4.4.1. Änderungen 21 4.4.2. Kritik 22 4.5. SGB 22 5. Zuwanderungsgesetz vom 30. Juli 2004 23 5.1. Aufenthaltsgesetz (AufenthG) 23 5.1.1. § 86 AufenthG 23 5.1.2. § 87 AufenthG 24 5.1.3. § 88 AufenthG 24 5.1.4. § 89 AufenthG 24 5.1.5. § 89a AufenthG 24 5.1.6. § 90 AufenthG 25 5.1.7. § 91 AufenthG 25 5.1.8. § 91a AufenthG 25 5.1.9. § 91b AufenthG 25 5.2. Aufenthaltsverordnung (AufenthV) 26 5.3. AsylVfG 26 5.4. AZR 26 6. Aufenthaltsänderungsgesetz vom 14. März 2005 26 6.1. AufenthG 27 6.2. AsylVfG 27 6.2.1. Änderung 27 6.2.2. Kritik 27 7. Gemeinsame-Dateien-Gesetz vom 22. Dezember 2006 27 8. Terrorismusbekämpfungsergänzungsgesetz vom 5. Januar 2007 28 9. Gesetz zur Umsetzung aufenthalts- und asylrechtlicher Richtlinien der Europäischen Union vom 19. August 2007 28 9.1. AufenthG 29 9.1.1. § 87 AufenthG 29 9.1.2. § 89 AufenthG 29 9.1.3. § 90 AufenthG 29 9.1.4. §§ 90a und 90b AufenthG 30 - 5 - 9.1.5. § 91 AufenthG 30 9.1.6. § 91a AufenthG 30 9.1.7. §§ 91c bis 91e AufenthG 30 9.1.8. Kritik 30 9.2. AsylVfG 31 9.3. AZR 31 9.3.1. Änderungen 31 9.3.2. Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) 31 10. Verhältnis zum allgemeinen Datenschutzrecht 32 11. Europäische Rahmenbedingungen 33 Literaturverzeichnis 35 - 6 - 1. Einleitung Die nachfolgende Ausarbeitung stellt eine Änderungshistorie einschlägiger Regelungen zum Datenschutz von Ausländern seit 1998 dar. Insbesondere werden das Terrorismusbekämpfungsgesetz (TerrorBekämpfG), das Gesetz zur Steuerung und Begrenzung der Zuwanderung und zur Regelung des Aufenthalts und der Integration von Unionsbürgern und Ausländern (ZuwandG 2004) sowie das Gesetz zur Umsetzung aufenthalts- und asylrechtlicher Richtlinien der Europäischen Union (EURLAsylUmsG) berücksichtigt. In die Ausarbeitung wurden nur solche Regelungen aufgenommen, die datenschutzrechtliche Einschränkungen für Ausländer darstellen. Die einzelnen Darstellungen der verschiedenen Regelungen wurden teilweise durch Kritik aus der Literatur ergänzt. 2. Begriffsbestimmung 2.1. Ausländer / Drittstaatsangehörige Ausländer ist nach § 2 Abs. 1 Aufenthaltsgesetz (AufenthG)1 jeder, der nicht Deutscher i. S. d. Art. 116 Abs. 1 Grundgesetz (GG) ist, d.h. jede natürliche Person, die weder die deutsche Staatsangehörigkeit besitzt noch als Flüchtling oder Vertriebener deutscher Volkszugehörigkeit oder als dessen Ehegatte oder Abkömmling im Gebiet des deutschen Reiches nach dem Stand vom 31. Dezember 1937 Aufnahme gefunden hat (Deutsche ohne deutsche Staatsangehörigkeit) oder diesen Status durch Abstammung oder – bis 31. März 1953 – durch Eheschließung erworben hat. Als Ausländer ist daher jede Person anzusehen, bei der nicht feststeht, dass sie Deutsche i. S. d. Art. 116 Abs. 1 GG ist.2 Häufig wird auch der Begriff „Drittstaatsangehöriger“ verwendet, um eine Unterscheidung zu EU-Ausländern herzustellen. 2.2. EU-Ausländer Aufgrund von § 2 Abs. 1 AufenthG (§ 1 Abs. 2 AuslG) sind die Staatsangehörigen eines EU-Mitgliedstaats in Deutschland Ausländer. Sie genießen jedoch infolge des Rechts der Europäischen Union (EU) Freizügigkeit und haben somit einen besonderen Aufenthaltsstatus .3 Gem. § 2 Abs. 2 AuslG fand auf die Ausländer, die nach Europäischem 1 Vgl. § 1 Abs. 2 AuslG: Ausländer ist jeder, der nicht Deutscher im Sinne des Artikels 116 Abs. 1 des Grundgesetzes ist. 2 Hoffmann, Holger, in: Hofmann, Rainer M./Hoffmann, Holger, Ausländerrecht, Handkommentar, 1. Auflage 2008, § 2 AufenthG Rn. 2; Hailbronner, Kay, Ausländerrecht, Kommentar, 57. Aktualisierung April 2008, § 2 AufenthG Rn. 3; Wenger, Frank, in: Storr, Christian/Wenger, Frank/Eberle, Simone/Albrecht, Rainer/Harms, Karsten/Kreuzer, Christine, Kommentar zum Zuwanderungsrecht, Aufenthaltsgesetz und Freizügigkeitsgesetz/EU, 2. Auflage 2008, § 2 AufenthG Rn. 3. 3 Kloesel, Arno/Christ, Rudolf/Häußer, Otto, Deutsches Aufenthalts- und Ausländerrecht, Kommentar und Vorschriftensammlung, Band 1, 57. Lieferung Oktober 2005, § 2 AufenthG Rn. 15. - 7 - Gemeinschaftsrecht Freizügigkeit genossen, das AuslG nur Anwendung, soweit das Europäische Gemeinschaftsrecht und das Aufenthaltsgesetz/EWG keine abweichenden Bestimmungen enthielten. Der aufenthaltsrechtliche Status von EG-Ausländern bestimmt sich nach Art. 18, 39 ff., 43 ff. EGV sowie nach Verordnungen und Richtlinien der EG. Seit dem 1. Januar 20054 ist die allgemeine Freizügigkeit von Unionsbürgern im Gesetz über die allgemeine Freizügigkeit von Unionsbürgern (FreizügG/EU)5 geregelt . Grundsätzlich sollen freizügigkeitsberechtigte Unionsbürger (wie sich auch aus § 1 Abs. 2 Nr. 1 AufenthG ergibt) aus dem Anwendungsbereich des AufenthG herausgenommen werden. Das FreizügG/EU nimmt für sich in Anspruch, das Einreise- und Aufenthaltsrecht der Unionsbürger und ihrer Familienangehörigen vom allgemeinen Ausländerrecht weitgehend gelöst eigenständig und abschließend zu regeln. In § 11 Abs. 1 Satz 1 bis 4 FreizügG/EU sind die Vorschriften des AufenthG ausdrücklich genannt, die auf Unionsbürger entsprechende Anwendung finden. Im Bereich des Datenschutzrechts sind dies die Erhebung und Übermittlung personenbezogener Daten nach §§ 86 bis 88 und § 90 AufenthG sowie die Speicherung und Löschung personenbezogener Daten nach § 91 AufenthG. Die Mitteilungspflichten nach § 87 Abs. 2 Nr. 1 bis 3 AufenthG bestehen insoweit, als die dort genannten Umstände auch für die Feststellung nach § 5 Abs. 5 und § 6 Abs. 1 FreizügG/EU entscheidungserheblich sein können (§ 11 Abs. 1 Satz 4 FreizügG/EU).6 Der Geltungsbereich des FreizügG/EU ist gem. § 12 FreizügG/EU auf Bürger der sog. Staaten des Europäischen Wirtschaftsraums (EWR-Staaten)7 und deren Familienangehörige ausgedehnt.8 Des Weiteren ist das AufenthG auf assoziationsrechtlich Privilegierte grundsätzlich anwendbar. Das sind Angehörige eines Staates, der mit der vormaligen EWG oder den heutigen Gemeinschaften und ihren Mitgliedstaaten ein Assoziationsabkommen9 geschlossen hat.10 4 Vorher waren Angehörige von EG-Mitgliedstaaten gem. § 2 Abs. 2 AuslG privilegiert. 5 Gesetz über die allgemeine Freizügigkeit von Unionsbürgern (FreizügG/EU) vom 30.07.2004, gültig ab 01.01.2005, BGBl. I 2004, 1950. 6 Harms, Karsten, in: Storr, Christian/Wenger, Frank/Eberle, Simone/Albrecht, Rainer/Harms, Karsten /Kreuzer, Christine, Kommentar zum Zuwanderungsrecht, Aufenthaltsgesetz und Freizügigkeitsgesetz /EU, 2. Auflage 2008, § 11 FreizügG/EU Rn. 3, 4. 7 Island, Liechtenstein, Norwegen, Schweiz. 8 Hoffmann, Holger, in : Hofmann, Rainer M./Hoffmann, Holger, Ausländerrecht, Handkommentar, 1. Auflage 2008, § 1 AufenthG Rn. 23. 9 Beispielsweise die Türkei, Marokko, Algerien, Tunesien. 10 Wenger, Frank, in: Storr, Christian/Wenger, Frank/Eberle, Simone/Albrecht, Rainer/Harms, Karsten /Kreuzer, Christine, Kommentar zum Zuwanderungsrecht, Aufenthaltsgesetz und Freizügigkeitsgesetz /EU, 2. Auflage 2008, § 1 AufenthG Rn. 10. - 8 - 3. Ausgangssituation 1998 3.1. Ausländergesetz (AuslG)11 In den §§ 75-80 AuslG wurde die Datenerhebung und -verarbeitung über Ausländer bereichsspezifisch geregelt, um den Anforderungen des Volkszählungsurteils des BVerfG12 genüge zu tun.13 3.1.1. § 75 AuslG Zum Regelungsinhalt des § 75 AuslG gehörten: Die Voraussetzungen der Datenerhebung (Abs. 1), die zulässigen Erhebungsquellen (Abs. 2) und die Hinweispflichten der erhebenden Stelle (Abs. 3).14 § 75 AuslG regelte die Erhebung personenbezogener Daten von Ausländern durch die mit der Durchführung des Ausländergesetzes betrauten Stellen.15 § 75 AuslG begründete im Gegensatz zu § 76 AuslG oder § 28 Abs. 2 Bundesdatenschutzgesetz (BDSG) für andere Stellen kein Recht auf Datenübermittlung. Der Zweck der Datenerhebung war nach § 75 Abs. 1 AuslG beschränkt auf die Ausführung des Ausländergesetzes und ausländerrechtliche Bestimmungen in anderen Gesetzen, soweit dies zur ordnungsgemäßen Aufgabenerfüllung erforderlich war (Grundsatz der Verhältnismäßigkeit). Für die Aufgabenerfüllung erforderlich waren Daten, deren Kenntnis für eine beabsichtigte aus länderrechtliche Entscheidung oder Maßnahme unerlässlich waren.16 Die Datenerhebung erfolgte grundsätzlich unmittelbar bei dem Betroffenen. Ohne seine Mitwirkung durften Daten bei einer anderen Stelle ohne sein Wissen erhoben werden, wenn eine der in § 75 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 bis 5 AuslG genannten Voraussetzungen gegeben war.17 3.1.2. § 76 AuslG § 76 AuslG regelte die Übermittlung von personenbezogenen Daten an die mit der Durchführung des Ausländergesetzes betrauten Behörden. In § 76 AuslG wurde differenziert zwischen der Datenübermittlung auf Ersuchen (§ 76 Abs. 1 AuslG) und Verpflichtung zur Datenübermittlung ohne vorangegangenes Ersuchen (§ 76 Abs. 2, 4 und 5 AuslG). Die Übermittlungspflichten nach § 76 Abs. 5 AuslG i. V. m. der Ausländer- 11 Gesetz über die Einreise und den Aufenthalt von Ausländern im Bundesgebiet, Ausländergesetz (AuslG) vom 09.07.1990, gültig ab 01.01.1991, außer Kraft am 31.12.2004, BGBl. I 1990, 1354. 12 BVerfGE 65, 1. 13 Renner, Günter, Ausländerrecht, Kommentar, 7. Auflage 1999, § 75 AuslG Rn. 2. 14 Welte, Hans-Peter, Ausländerrecht, 1. Auflage 2000, Rn. 761. 15 Vgl. § 63 AuslG. 16 Welte, Hans-Peter, Ausländerrecht, 1. Auflage 2000, Rn. 760. 17 Welte, Hans-Peter, Ausländerrecht, 1. Auflage 2000, Rn. 762. - 9 - datenübermittlungsverordnung (AuslDÜV)18 standen neben den allgemeinen Verpflichtungen nach § 76 Abs. 2 und 4 AuslG, die bestimmte Sachverhalte betrafen. Die Datenübermittlungspflicht wurde jedoch begrenzt durch die besonderen gesetzlichen Verwendungsregelungen des § 77 AuslG. 19 3.1.3. § 77 AuslG In § 77 Abs. 1 AuslG waren Fälle geregelt, in denen eine Datenübermittlung nach § 76 AuslG wegen besonderer gesetzlicher Verwendungsrege lungen unzulässig war. Bei den besonderen gesetzlichen Verwendungsregelungen handelte es sich insbesondere um folgende Vorschriften: § 203 Strafgesetzbuch (STGB); § 35 Sozialgesetzbuch (SGB) I i. V. m. § 76 SGB X, § 65 SGB VIII; § 30 Abgabenordnung (AO); § 138 Baugesetzbuch (BauGB); § 23 Nr. 2 Bundesverfassungsschutzgesetz (BVerfSchG) und entsprechende Regelungen der Landesverfassungsschutzgesetze; Art. 1 § 7 Abs. 3 des Gesetzes zu Art. 10 GG (G 10); § 21 Gesetz zur Verbesserung der Sicherheit der Seefahrt durch die Untersuchung von Seeunfällen und anderen Vorkommnissen (SUG) oder § 16 Gesetz über die Statistik für Bundeszwecke (BStatG). In § 77 Abs. 2 und 3 AuslG waren Ausnahmefälle geregelt, in denen Daten unter bestimmten Voraussetzungen übermittelt werden durften. Nach § 77 Abs. 4 AuslG ga lt entsprechendes auch für Datenübermittlungen durch die mit der Durchführung des Ausländergesetzes betrauten Stellen (vgl. § 79 AuslG) sowie durch nicht öffentliche Stellen. 20 3.1.4. § 78 AuslG Spezielle Vorschriften über die Behandlung erkennungsdienstlicher Unterlagen fanden sich in § 78 AuslG, der folgendes beinhaltete: Absatz 1 verpflichtete das Bundeskriminalamt zur Auswertung der erkennungsdienstlichen Unterlagen im Wege der Amtshilfe (vgl. §§ 41, 41a AuslG), Absatz 2 regelte die Aufbewahrung dieser Unterlagen, Absatz 3 deren anderweitige Nutzung und Absatz 4 die Vernichtung dieser Unterlagen. Für die Behandlung der erkennungsdienstlichen Unterlagen in Asylverfahren und für die Sicherung der Identität von Ausländern aus Kriegs- und Bürgerkriegsgebieten (§ 41a Abs. 3 AuslG) galten die Vorschriften des Asylverfahrensgesetzes21 (AsylVfG).22 18 S. unter 3.4. 19 Renner, Günter, Ausländerrecht, Kommentar, 7. Auflage 1999, § 76 AuslG Rn. 20; Welte, Hans- Peter, Ausländerrecht, 1. Auflage 2000, Rn. 763. 20 Welte, Hans-Peter, Ausländerrecht, 1. Auflage 2000, Rn. 768 f. 21 S. unter 3.2. 22 Welte, Hans-Peter, Ausländerrecht, 1. Auflage 2000, Rn. 770. - 10 - 3.1.5. § 79 AuslG § 79 Abs. 1 AuslG regelte die Datenübermittlung durch die Ausländerbehörden. Die mit der Ausführung des Ausländergesetzes betrauten Behörden waren aufgrund von § 79 Abs. 1 und 3 AuslG verpflichtet, verschiedene Stellen (z.B. Sozialleistungsträger) über bestimmte einen Ausländer betreffende Sachverhalte zu unterrichten. Nach § 79 Abs. 2 AuslG hatten diese Behörden (z.B. Krankenversicherungsträger, Finanzbehörden, Träger der Unfallversicherung, die für den Arbeitsschutz und die Bekämpfung der Schwarzarbeit zuständigen Landesbehörden, Hauptzollämter, Gewerbebehörden, Handelskammern ) bei der Verfolgung und Ahndung von Verstößen gegen das Ausländergesetz (vgl. §§ 92ff. AuslG) zusammenzuarbeiten. Die Zusammenarbeit bestand vor allem in gegenseitiger Unterrichtung und Amtshilfe sowie in der Abstimmung der jeweiligen Aktivitäten. 23 § 79 Abs. 3 AuslG enthie lt die Rechtsgrundlage für Datenübermittlungen der nach § 63 AuslG zuständigen Behörden an die für die Gewährung von Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz zuständigen Behörden. 24 3.1.6. § 80 AuslG § 80 AuslG regelte die Speicherung und Löschung personenbezogener Daten. § 80 Abs. 1 AuslG stellte die Ermächtigungsgrundlage für den Erlass der Ausländerdateienverordnung (AuslDatV)25 dar. Dort waren die Dateien der Ausländerbehörden (§ 63 Abs. 1 AuslG) und der Auslandsvertretungen (§ 63 Abs. 3 AuslG) geregelt. Erhoben werden durften die in § 80 Abs. 1 Satz 2 AuslG genannten Daten, wie z.B. Staatsangehörigkeit und Anschrift des Ausländers, Angaben zum Pass, über ausländerrechtliche Maßnahmen und über die Erfassung im Ausländerzentralregister. Die Speicherung von Daten in Akten richtete sich nach § 14 Abs. 1 BDSG i. V. m. § 80 Abs. 2, 3 AuslG. § 80 Abs. 2 AuslG enthielt die Fristen über die Vernichtung der zu den Ausländerakten gehörenden Unterlagen über die Ausweisung und Abschiebung, die mit dem Ablauf der Sperrwirkung des § 80 Abs. 2 Satz 3 AuslG begannen. Die nach § 76 Abs. 1 bis 5 AuslG an die zuständige Ausländerbehörde übermittelten Daten waren nach § 80 Abs. 3 AuslG unverzüglich zu vernichten, wenn sie für eine anstehende ausländerrechtliche Entsche idung nicht erheblich werden konnten.26 23 Renner, Günter, Ausländerrecht, Kommentar, 7. Auflage 1999, § 79 AuslG Rn. 4; Krämer, Walter, Datenschutz und Ausländerrecht, VBlBW 1999, 325 (325, 329f.); Welte, Hans-Peter, Ausländerrecht , 1. Auflage 2000, Rn. 771. 24 Renner, Günter, Ausländerrecht, Kommentar, 7. Auflage 1999, § 79 AuslG Rn. 5; Welte, Hans- Peter, Ausländerrecht, 1. Auflage 2000, Rn. 772. 25 S. unter 3.5. 26 Bäumler, Helmut, Datenschutz für Ausländer, NVwZ 1995, 239 (241); Krämer, Walter, Datenschutz und Ausländerrecht, VBlBW 1999, 325 (325, 332); Welte, Hans-Peter, Ausländerrecht, 1. Auflage 2000, Rn. 775. - 11 - 3.1.7. Kritik Die behördlichen Befugnisse zur Erhebung, Übermittlung und Speicherung von Daten über Ausländer wurden in generalklauselartiger Form geregelt. Auch wenn es der Grundsatz der Normenklarheit nicht schlechthin verbietet, Befugnistatbestände in Form von Generalklauseln zu schaffen, so muss gleichwohl der Gesetzgeber bemüht sein, soviel Präzision wie möglich zu beachten. Bäumler sieht daher die Grenze des unter Gesichtspunkten der Normenklarheit verfassungsrechtlich Hinnehmbaren bei den §§ 75-80 AuslG in einigen Punkten als überschritten an. So fehlte es etwa der in § 76 Abs. 1 AuslG verwandten Formulierung, wonach öffentliche Stellen auf Ersuchen den mit der Ausführung des Ausländergesetzes betrauten Behörden „ihnen bekannt gewordene Umstände mitzuteilen“ haben, an jeglichem konkretisierenden, Tatbestandlichkeit verleihenden, Eingriffe begrenzenden und damit Freiheit verbürgenden Element. Der Zweck der Verarbeitung der erhobenen oder übermittelten Daten sei nur an wenigen Stellen (etwa § 77 Abs. 2 Nr. 2, § 78 Abs. 3 AuslG) geregelt. Insgesamt seien vor allem die Übermittlungsvorschriften so vage und ausufernd formuliert, dass der Bundesminister des Innern umfangreiche „vorläufige Verwaltungsvorschriften" erlassen ha tte. Diese waren für die Länder zwar nicht bindend, gaben aber Hinweise, in welcher Form die §§ 76 und 77 AuslG einschränkend ausgelegt werden können, damit eine Flut nicht erforderlicher Datenübermittlungen vermieden und eine verfassungskonforme Anwendung angestrebt werden konnte.27 Nach Auffassung von Renner wurde § 75 Abs. 1 AuslG den Anforderungen des Volkszählungsurteils an die Bestimmtheit des Erhebungszwecks personenbezogener Daten wegen seiner generalklauselartigen Form nicht gerecht.28 3.2. Asylverfahrensgesetz (AsylVfG)29 Mit den Regelungen der §§ 7 und 8 AsylVfG a. F. versuchte der Gesetzgeber ähnlich wie mit §§ 75 bis 80 AuslG, der verfassungsrechtlichen Forderung nach einer bereichsspezifischen gesetzlichen Ermächtigungsgrundlage für die zwangsweise Erhebung personenbezogener Daten und deren Verarbeitung nachzukommen. 30 Im AsylVfG fehlten Regelungen über die Speicherung personenbezogener Daten der Asylbewerber, über Löschung und Sperrung sowie Auskunftsrechte der Betroffenen. Da es sich um asylspe- 27 Bäumler, Helmut, Datenschutz für Ausländer, NVwZ 1995, 239 (239). 28 Renner, Günter, Ausländerrecht, Kommentar, 7. Auflage 1999, § 75 AuslG Rn. 4. 29 Asylverfahrensgesetz (AsylVfG) neugefasst durch Bekanntmachung 02.09.2008, gültig ab 01.07.1992, BGBl. I 2008, 1798. 30 Renner, Günter, Ausländerrecht, Kommentar, 7. Auflage 1999, § 7 AsylVfG Rn. 2. - 12 - zifische Datensammlungen handelt, waren die für das allgemeine Ausländerrecht geschaffenen Vorschriften des § 80 AuslG analog anwendbar.31 3.2.1. § 7 AsylVfG a. F. Zur Datenerhebung nach § 7 AsylVfG a. F. waren alle mit der Ausführung des AsylVfG betrauten Behörden befugt, also außer dem Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge (BAFl.) und der Ausländerbehörde insbesondere auch Grenzbehörden , Länderpolizeien, Verteilungs- und Zuweisungsstellen und Aufnahmeinrichtungen sowie Strafverfolgungsbehörden. 32 3.2.2. § 8 AsylVfG a. F. Die Regelungen über Mitteilungsverpflichtungen und Datenverwendung in § 8 Abs. 1 AsylVfG a. F. entsprachen weitgehend §§ 76 Abs. 1 und 77 Abs. 1 AuslG. § 8 Abs. 1 AsylVfG a. F. regelte die Übermittlungspflicht auf Ersuchen. Demgegenüber legte § 8 Abs. 2 AsylVfG a. F. ausschließlich für den beschränkten Zweck des Auslieferungsverfahrens eine spontane Übermittlungspflicht fest. § 8 Abs. 4 AsylVfG a. F. verwies auf andere Datenübermittlungsbestimmungen. 33 3.2.3. § 9 AsylVfG a. F. § 9 AsylVfG a. F. regelte einerseits in seinem Abs. 1 das Recht der Asylsuchenden und Flüchtlinge, sich an die Vertretung des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Flüchtlinge (UNHCR) zu wenden, sowie andererseits Umfang und Grenzen der Datenübermittlung an den UNHCR (§ 9 Abs. 2 bis 4 AsylVfG a. F.). Datenschutzgründe standen der Regelübermittlung der vorgetragenen Asylgründe nicht entgegen, weil die Verwendung eng begrenzt war und eine zweckwidrige Verwendung durch den UNHCR hinreichend sicher ausgeschlossen erschien.34 3.2.4. § 16 AsylVfG a. F. § 16 Abs. 1 AsylVfG a. F. ordnete ausnahmslos die Durchführung erkennungsdienstlicher Maßnahmen bei jedem Asylantragsteller an. Nach § 16 Abs. 5 AsylVfG a. F. war die Verarbeitung und Nutzung der nach § 16 Abs. 1 AsylVfG a. F. gewonnenen Unter- 31 Hailbronner, Kay, Ausländerrecht, Kommentar, 59. Aktualisierung August 2008, § 7 AsylVfG Rn. 6; Marx, Reinhard, Kommentar zum Asylverfahrensgesetz, 4. Auflage 1999, § 7 Rn. 6; Renner, Günter, Ausländerrecht, Kommentar, 7. Auflage 1999, § 7 AsylVfG Rn. 4. 32 Renner, Günter, Ausländerrecht, Kommentar, 7. Auflage 1999, § 7 AsylVfG Rn. 5. 33 Marx, Reinhard, Kommentar zum Asylverfahrensgesetz, 4. Auflage 1999, § 8 Rn. 1; Renner, Günter , Ausländerrecht, Kommentar, 7. Auflage 1999, § 8 AsylVfG Rn. 3. 34 Marx, Reinhard, Kommentar zum Asylverfahrensgesetz, 4. Auflage 1999, § 9 Rn. 1, 8; Renner, Günter, Ausländerrecht, Kommentar, 7. Auflage 1999, § 9 AsylVfG Rn. 8. - 13 - lagen nicht lediglich zur Sachaufklärung im Asylverfahren, sondern insbesondere auch zu strafverfahrens- sowie polizeirechtlichen Zwecken zulässig.35 3.2.5. Kritik § 7 Abs. 1 AsylVfG a. F. bestimmte, dass die Erhebung personenbezogener Daten zulässig war, soweit dies zur Erfüllung der Aufgaben der mit der Ausführung des AsylVfG betrauten Behörden erforderlich war. Mit einer derart ausufernden und unbestimmten Ermächtigungsgrundlage genüge § 7 Abs. 1 AsylVfG a. F. nach Auffassung von Marx nicht den verfassungsrechtlichen Anforderungen, denen zufolge der Verwendungszweck bereichsspezifisch und präzise zu bestimmen sei und die Ermächtigungsgrundlage insbesondere dem rechtsstaatlichen Gebot der Normenklarheit genügen müsse .36 Der Erhebungszweck sei nur durch eine nach allen Seiten offene Generalklausel umschrieben ; auch durch § 8 Abs. 1 AsylVfG a. F. sei er nicht näher eingegrenzt. Die Voraussetzung der Erforderlichkeit für die jeweilige Aufgabenerfüllung sei so ungenau und weit gefasst, dass der Erhebungszweck dadurch auch nicht mit der notwendigen Bestimmtheit definiert sei.37 Hailbronner hält der Kritik entgegen, dass es sich bei § 7 AsylVfG a. F. gerade um eine Generalklausel handele, die per se in einem letztlich unauflösbaren Konflikt zum Erfordernis einzelspezifischer Regelungen stehe. Erachte man mit Blick auf diesen diametralen Gegensatz Generalklauseln im datenrechtlichen Bereich nicht von vornherein für unzulässig, so sei das dadurch entstehende Spannungsverhältnis nach Möglichkeit im Wege der verfassungskonformen Auslegung aufzulösen. Unsicherheiten darüber, für welchen konkreten Zweck in welchem Umfang Datenerhebungen im Asylverfahren zulässig seien, könnten so sukzessive abgemildert werden. 38 § 8 AsylVfG a. F. sollte die datenschutzrechtlichen Erfordernisse bei der Datenübermittlung berücksichtigen. In der Literatur wurde kritisiert, dass § 8 AsylVfG a. F. auch im Zusammenspiel mit § 7 AsylVfG a. F. diesem Ziel kaum gerecht werde. Ebenso wie bei § 7 AsylVfG a. F. sei das Verhältnis zu den allgemeinen für Ausländer geltenden Bestimmungen der §§ 75 ff. AuslG unklar.39 Gleichermaßen wie bei § 7 AsylVfG a. F. seien die Regelungen in § 8 Abs. 1 sowie Abs. 3 AsylVfG a. F. zu unbestimmt.40 35 Marx, Reinhard, Kommentar zum Asylverfahrensgesetz, 4. Auflage 1999, § 16 Rn. 4, 14. 36 Marx, Reinhard, Kommentar zum Asylverfahrensgesetz, 4. Auflage 1999, § 7 Rn. 7. 37 Renner, Günter, Ausländerrecht, Kommentar, 7. Auflage 1999, § 7 AsylVfG Rn. 6. 38 Hailbronner, Kay, Ausländerrecht, Kommentar, 59. Aktualisierung August 2008, § 7 AsylVfG Rn. 2. 39 Renner, Gü nter, Ausländerrecht, Kommentar, 7. Auflage 1999, § 8 AsylVfG Rn. 2. 40 Marx, Reinhard, Kommentar zum Asylverfahrensgesetz, 4. Auflage 1999, § 8 Rn. 2, 8. - 14 - Gegen die Verfassungsmäßigkeit des § 16 AsylVfG a. F. bestanden ebenfalls Bedenken in der Literatur. Diese rein prophylaktische Datengewinnung auf Vorrat sei nicht pauschal geboten und wirke für den Einzelnen unverhältnismäßig. 41 Mit Blick auf das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung wurden verfassungsrechtliche Bedenken gegen eine derartige Regelpraxis wie sie § 16 AsylVfG a. F. normierte, erhoben. Jede erkennungsdienstliche Behandlung sei ein Eingriff in das Persönlichkeitsrecht des Betroffenen. Er bedürfe daher einer besonderen Legitimation durch überwiegende präventivpolizeiliche Gemeinschaftsinteressen.42 Nach Auffassung von Hailbronner seien diese Bedenken, die aus einer Qualifikation der erkennungsdienstlichen Maßnahmen nach § 16 Abs. 1 AsylVfG a. F. als „rein prophylaktische Datengewinnung auf Vorrat“ hergeleitet wurden, zurückzuweisen. Die Effizienz des Verfahrens und auch die Notwendigkeit, missbräuchliche Mehrfachantragstellungen zu verhindern, seien legitime, im öffentlichen Interesse liegende gesetzgeberische Zwecke. Da der Asylbewerber somit nicht zum Objekt einer Datengewinnung „zu unbestimmten oder noch nicht bestimmbaren Zwecken“ gemacht werde, stünde es dem Gesetzgeber frei, das Recht auf informationelle Selbstbestimmung gegenüber den betroffenen öffentlichen Interessen nachrangig anzusehen. 43 Ferner sei der erkennungsdienstliche Datenaustausch auch im Hinblick auf das Schengener und Dubliner System notwendig. Zur Vermeidung unkontrollierter Weiterwanderung und Doppelantragstellungen sei es unerlässlich, die Identität von Asylbewerbern so präzise wie möglich festzustellen und festzuhalten, um Missbrauchsmöglichkeiten so effizient wie möglich auszuschließen . 44 3.3. Ausländerzentralregister (AZR) 3.3.1. Funktion und Zweck Das Bundesverwaltungsamt in Köln ist Regierungsbehörde für das Ausländerzentralregister (AZR), eines der wenigen großen zentralen Register in Deutschland. Im AZR werden Daten über Ausländer, die sich nicht nur vorübergehend in Deutschland aufhalten oder aufgehalten haben oder in einer besonderen Beziehung zu Deutschland stehen, in einem allgemeinen Datenbestand und einer Visadatei gespeichert und von dort an öffentliche Stellen übermittelt. Zweck des AZR ist es, die mit der Durchführung ausländer - oder asylrechtlicher Vorschriften betrauten Behörden und andere öffentliche Stel- 41 Renner, Gü nter, Ausländerrecht, Kommentar, 7. Auflage 1999, § 16 AsylVfG Rn. 4, 8. 42 Marx, Reinhard, Kommentar zum Asylverfahrensgesetz, 4. Auflage 1999, § 16 Rn. 1. 43 Hailbronner, Kay, Ausländerrecht, Kommentar, 61. Aktualisierung Dezember 2008, § 16 AsylVfG Rn. 3. 44 Hailbronner, Kay, Ausländerrecht, Kommentar, 61. Aktualisierung Dezember 2008, § 16 AsylVfG Rn. 5. - 15 - len zu unterstützen. 45 Rechtsgrundlage des AZR ist das Gesetz über das Ausländerzentralregister (AZRG)46 sowie die AZRG-Durchführungsverordnung (AZRG-DV)47 und die Allgemeinen Verwaltungsvorschriften (AZR-VV)48. Den Begriff „Ausländer“ verwendet das AZRG i. S. d. § 1 Abs. 2 AuslG. Das AZRG enthält Regelungen über die erfassten Personen, die gespeicherten Daten, die Art der Datennutzung (u.a. Suchvermerke , Gruppenauskunft) sowie Vorschriften über Zugriffsbefugnisse. Die Vorschriften des AZRG gehen als bereichsspezifisch den Datenschutzgesetzen des Bundes und der Länder sowie §§ 75-80 AuslG und §§ 7 f. AsylVfG vor.49 Das Register hat drei hauptsächliche Funktionen: Durch Speicherung und Übermittlung bestimmter personenbezogener Daten ermöglicht es allen öffentlichen Stellen zur Erfüllung ihrer Aufgaben, Ausländer zu identifizieren (Identifizierungsfunktion). Außerdem weist es den für die Anwendung des Ausländer- und Asylrechts zuständigen Behörden und Gerichten zentral nach, wo sie weitere Informationen erhalten können, die sie für ihre Entscheidungen benötigen (Nachweisfunktion). Das geschieht z.B. durch die im Register verfügbare Angabe der für den betreffenden Ausländer zuständigen Ausländerbehörde . Schließlich gibt das Register über wichtige, insbesondere für Eilentsche idungen notwendige Erkenntnisse auch außerhalb der allgemeinen Dienstzeiten, an Wochenenden und Feiertagen selbst Auskunft (Substitutionsfunktion).50 Das Register besteht aus einem allgemeinen Datenbestand (geregelt in §§ 2 bis 27 AZRG) und einer Visadatei (geregelt in §§ 28 bis 33 AZRG). Das AZRG ist bezüglich beider Daten systematisch wie folgt aufgebaut: Es regelt zunächst in § 2 AZRG (Visadatei : § 28 AZRG), aus welchem Anlass die Daten eines Ausländers in den allgemeinen Datenbestand des Registers bzw. in die Visadatei zu übermitteln sind. Sodann in §§ 3 bis 5 AZRG (Visadatei: § 29 AZRG), welche Daten in das Register aufgenommen werden dürfen und anschließend in §§ 6 bis 8 AZRG (Visadatei: § 30 AZRG), welche Stellen verpflichtet oder berechtigt sind, die in §§ 3 bis 5 AZRG (Visadatei: § 29 AZRG) aufgeführten Daten an die Registerbehörde zu übermitteln. Welche Stellen unter welchen Voraussetzungen Daten aus dem Register abrufen dürfen, ergibt sich eindeutig aus 45 Vgl. § 1 Abs. 2 AZRG. 46 Gesetz über das Ausländerzentralregister, AZR-Gesetz (AZRG) vom 02.09.1994, gültig ab 01.10.1994, BGBl. I 1994, 2265. 47 Verordnung zur Durchführung des Gesetzes über das Ausländerzentralregister, AZRG- Durchführungsverordnung (AZRG-DV) vom 17.05.1995, gültig ab 25.05.1995, BGBl. I 1995, 695. 48 Verwaltungsvorschrift zum Gesetz über das Ausländerzentralregister und zur AZRG- DurchführungsVO (AZR-VV) vom 04.06.1996, gültig ab 05.06.1996, Aktenz. M I 6 - 936 050/300. 49 Renner, Günter, Ausländerrecht, Kommentar, 7. Auflage 1999, § 75 AuslG Rn. 2, § 7 AsylVfG Rn. 10; Streit, Christian, Datenschutzregelungen des Ausländerzentralregistergesetzes, DuD 1994, 559 (559); Streit, Christian/Srocke, Frank-Rüdiger, Der Datenbestand des Ausländerzentralregisters, ZAR 1999, 109 (109). 50 Streit, Christian, Datenschutzregelungen des Ausländerzentralregistergesetzes, DuD 1994, 559 (559f.). - 16 - den §§ 10 bis 21 AZRG (Visadatei: § 32 AZRG). Besondere Beachtung verdient dabei, dass gem. §§ 10, 11 AZRG nicht jede Stelle alle gespeicherten Daten erhält, sondern jeweils nur diejenigen, die sie für die Erfüllung ihrer Aufgaben benötigt. § 12 AZRG betrifft die sog. „Gruppenauskunft“. Gruppenauskunft bedeutet die Übermittlung von Daten einer „Mehrzahl“ von Ausländern, die aufgrund im Register gespeicherter Merkmale zu einer Gruppe gehören. Das automatisierte Abrufverfahren für Polizeibehörden , Staatsanwaltschaften und Nachrichtendienste ist in § 22 AZRG geregelt.51 3.3.2. Kritik Eine derart umfassende Datensammlung ist nach Auffassung von Bäumler über deutsche Staatsangehörige bislang noch nicht angelegt worden. Ob eine solche Sonderbehandlung von Ausländern mit Art. 3 GG vereinbar sei, bleibe der verfassungsgerichtlichen Nachprüfung vorbehalten. Eine derart weit gefasste Befugnis zur Rasterfahndung sei dem gesamten übrigen Datenverarbeitungsrecht fremd und dürfe mit dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit kaum zu vereinbaren sein. 52 3.4. Ausländerdatenübermittlungsverordnung (Aus lDÜV) Die Verpflichtungen zur Datenübermittlung sind in der AuslDÜV geregelt. Inhaltlich beschränkt sich die AuslDÜV im Wesentlichen auf die Regelung von den bei den einzelnen Behörden anfallenden Bearbeitungsdaten. 53 Die AuslDÜV schränkt den Anwendungsbereich der Übermittlungspflichten nach § 76 Abs. 5 AuslG in mehrfacher Hinsicht ein. Pass- und Personalausweisbehörden, Sozialund Jugendämter, Polizei- und Ordnungsbehörden sowie Finanz- und Hauptzollämter sind der besonderen Übermittlungspflicht des § 76 Abs. 5 AuslG nicht unterworfen. Die mitzuteilenden Daten (§§ 1 Abs. 2 bis 6 AuslDÜV) sind dem Aufgabenbereich der jeweiligen Behörde entnommen. 54 3.5. Ausländerdateienverordnung (AuslDatV)55 In der AuslDatV war u. a. die Führung der „Ausländerdatei A“ und „Ausländerdatei B“ geregelt. Sie ermöglichte eine automatisierte Datenverarbeitung. Außerdem waren dort 51 Bäumler, Helmut, Datenschutz für Ausländer, NVwZ 1995, 239 (242); Streit, Christian, Datenschutzregelungen des Ausländerzentralregistergesetzes, DuD 1994, 559 (560); Streit, Christian/ Srocke , Frank-Rüdiger, Der Datenbestand des Ausländerzentralregisters, ZAR 1999, 109 (110). 52 Bäumler, Helmut, Datenschutz für Ausländer, NVwZ 1995, 239 (242). 53 Schriever-Steinberg, Angelika, Die Regelungen zur Verarbeitung personenbezogener Daten im neuen Ausländerrecht, ZAR 1991, 66 (69). 54 Renner, Günter, Ausländerrecht, Kommentar, 7. Auflage 1999, § 76 AuslG Rn. 21. 55 Verordnung über die Führung von Ausländerdateien durch die Ausländerbehörden und die Auslandsvertretungen , Ausländerdateienverordnung (AuslDatV) vom 18.12.1990, gültig ab 01.01.1991, außer Kraft am 31.12.2004, BGBl I 1990, 2999. - 17 - die zulässigen Inhalte der bei den Auslandsvertretungen geführten Dateien über erteilte und abgelehnte Visa sowie die Voraussetzungen für die Löschung von Daten (§ 6 Aus l- DatV) festgelegt.56 3.6. Verordnung zur Durchführung des AuslG (DVAuslG)57 § 22 Abs. 3 DVAuslG regelte die Führung von Dateien über die Ausstellung von Passersatzpapieren . 58 3.7. Sozialgesetzbuch (SGB) X59 § 71 Abs. 1 SGB X sieht eine umfassende Durchbrechung des Sozialgeheimnisses für Ausländer vor.60 § 71 Abs. 2 Nr. 1 SGB X enthält einen Katalog, der festlegt, für welche Zwecke dem Sozialgeheimnis unterliegende Daten übermittelt werden dürfen. 61 Nach § 71 Abs. 2 Nr. 2 SGB X ist eine Übermittlung von Sozialdaten zulässig, soweit sie erforderlich ist für die Erfüllung der in § 76 Abs. 2 AuslG bezeichneten Mitteilungspflichten . § 71 Abs. 2 Nr. 2 SGB X begründet daher für die an das Sozialgeheimnis gebundenen Stellen eine generelle Offenbarungspflicht.62 4. Terrorismusbekämpfungsgesetz vom 9. Januar 2002 Als Konsequenz der Terroranschläge von New York und Washington vom 11. September 2001 hat der Bundestag am 9. Januar 2002 das Terrorismusbekämpfungsgesetz (TerrorBekämpfG)63 verabschiedet, welches am 1. Januar 2002 in Kraft getreten ist. Infolgedessen wurden u. a. das AuslG, das Bundesverfassungsschutzgesetz (BVerfSchG) und das AZRG geändert. Die Änderungen in den genannten Gesetzen 56 Renner, Günter, Ausländerrecht, Kommentar, 7. Auflage 1999, § 80 AuslG Rn. 2; Krämer, Walter, Datenschutz und Ausländerrecht, VBlBW 1999, 325 (326, 332). 57 Verordnung zur Durchführung des Ausländergesetzes (DVAuslG) vom 18.12.1990, gültig ab 01.01.1991, außer Kraft 31.12.2004, BGBl I 1990, 2983. 58 Schriever-Steinberg, Angelika, Die Regelungen zur Verarbeitung personenbezogener Daten im neuen Ausländerrecht, ZAR 1991, 66 (70). 59 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz (SGB X), neugefasst durch Bek. vom 18. 1.2001, gültig ab 01.01.1981, BGBl I 2001, 130. 60 Schriever-Steinberg, Angelika, Die Regelungen zur Verarbeitung personenbezogener Daten im neuen Ausländerrecht, ZAR 1991, 66 (66). 61 Schriever-Steinberg, Angelika, Die Regelungen zur Verarbeitung personenbezogener Daten im neuen Ausländerrecht, ZAR 1991, 66 (68). 62 Mazanke, Engelhard, Nochmals: Der Umfang der Übermittlung von Sozialdaten unerlaubt aufhältlicher Ausländer an Polizei und Ausländerbehörde, LKV 1999, 172 (173); Schriever-Steinberg, Angelika , Die Regelungen zur Verarbeitung personenbezogener Daten im neuen Ausländerrecht, ZAR 1991, 66 (68). 63 Gesetz zur Bekämpfung des internationalen Terrorismus, Terrorismusbekämpfungsgesetz (Terror- BekämpfG) vom 09.01.2002, gültig ab 01.01.2002, BGBl. I 2002, 361. - 18 - traten jeweils am 1. Januar 2002 in Kraft. In der Gesetzesbegründung64 zum Entwurf des TerrorBekämpfG wird darauf verwiesen, dass die Bekämpfung terroristischer Gewalt in erster Linie eine polizeiliche Aufgabe ist. „Um diese Aufgabe effektiv und erfolgreich bewältigen zu können, bedarf es eines intensiven polizeiinternen Informationsaustausches sowie einer engen Zusammenarbeit mit allen übrigen Sicherheitsbehörden . Zur polizeilichen Aufgabenerfüllung erforderlich ist ferner ein intensiver Informationsaustausch mit den Ordnungsbehörden, wie beispielsweise den Ausländerbehörden. Hierzu bedarf es einer engeren Verzahnung der verschiedenen Datenbestände der einzelnen Behörden.“ 4.1. AuslG § 78 AuslG (Verfahren bei erkennungsdienstlichen Maßnahmen) wurde insofern geändert , als die Befugnisse gem. § 41 Abs. 2 AuslG (Feststellung und Sicherung der Ident ität )65 auf Sprachaufzeichnungen erweitert worden sind.66 4.2. AsylVfG 4.2.1. Änderungen § 16 AsylVfG (Sicherung der Identität) ist durch das TerrorBekämpfG teilweise neu gefasst und verschärft worden. Dabei ist insbesondere für die in der Verwaltungspraxis bereits angewandten Sprachanalysen in § 16 Abs. 1 Satz 2 AsylVfG eine Rechtsgrundlage geschaffen worden. 67 In § 16 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG wurde das bis dahin bestehende Hindernis, dass erkennungsdienstliche Maßnahmen gegenüber Asylsuchenden, die im Zeitpunkt des Asylersuchens im Besitz einer unbefristeten Aufenthaltserlaubnis waren, unzulässig sind, aufgehoben. 68 Nach § 16 Abs. 5 AsylVfG ist die Verarbeitung und Nutzung der nach Abs. 1 gewonnen Unterlagen nicht lediglich zur Sachaufklärung im Asylverfahren, sondern insbesondere auch zu strafverfahrens- sowie polizeirechtlichen Zwecken zulässig. Der Verwendungszweck ist damit durch das TerrorBekämpfG erweitert worden. 69 Der Vernichtungsanspruch gem. § 16 Abs. 6 AsylVfG entsteht nicht 64 BT-Drs. 14/7386, S. 35. 65 § 41 Abs. 2 AuslG: Zur Feststellung der Identität können die in § 81b der Strafprozeßordnung bezeichneten erkennungsdienstlichen Maßnahmen durchgeführt werden, wenn die Identität in anderer Weise, insbesondere durch Anfragen bei anderen Behörden nicht oder nicht rechtzeitig oder nur unter erheblichen Schwierigkeiten festgestellt werden kann. Zur Bestimmung des Herkunftsstaates oder der Herkunftsregion des Ausländers kann das gesprochene Wort des Ausländers auf Ton- oder Datenträger aufgezeichnet werden. Diese Erhebung darf nur erfolgen, wenn der Ausländer vorher darüber in Kenntnis gesetzt wurde. Die Sprachaufzeichnungen werden bei der aufzeichnenden Behörde aufbewahrt. 66 Petri, Thomas, in: Fritz, Roland/Vormeier, Jürgen (Hrsg.), Gemeinschaftskommentar zum Aufenthaltsgesetz , 24. Aktualisierung März 2008, § 89 Rn. 1. 67 Marx, Reinhard, Kommentar zum Asylverfahrensgesetz, 5. Auflage 2003, § 16 Rn. 5. 68 Marx, Reinhard, Kommentar zum Asylverfahrensgesetz, 5. Auflage 2003, § 16 Rn. 7. 69 Marx, Reinhard, Kommentar zum Asylverfahrensgesetz, 5. Auflage 2003, § 16 Rn. 25. - 19 - mehr automatisch, z. B. nach Erteilung einer unbefristeten Aufenthaltsgenehmigung, sondern in allen Fällen erst nach zehn Jahren. 70 4.2.2. Kritik Die Neuregelung in § 16 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG wird von Marx als praxisfremd krit isiert . Es sei kaum denkbar, dass jemand, der im Besitz der unbefristeten Aufenthaltserlaubnis sei, um Asyl nachsucht.71 Die Verschärfung des Vernichtungsanspruchs gem. § 16 Abs. 6 AsylVfG dürfte kaum mit dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit in Einklang zu bringen sein. 72 4.3. Bundesverfassungsschutzgesetz (BVerfSchG)73 4.3.1. §§ 18, 19 BVerfSchG Durch den neu eingeführten § 18 Abs. 1a BVerfSchG erhalten das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF)74 und die Ausländerbehörden das Recht, von sich aus den Verfassungsschutzbehörden personenbezogene Informationen über Bestrebungen nach § 3 Abs. 1 BVerfSchG zu übermitteln, „wenn tatsächliche Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass die Übermittlung für die Erfüllung der Aufgaben der Verfassungsschutzbehörden erforderlich ist.“ § 3 BVerfSchG beschränkt sich nicht auf Terrorismusbekämpfung oder auf gewaltbereite Bestrebungen, sondern schließt bloße extremistische Bestrebungen mit ein. 75 In der Gesetzesbegründung76 heißt es, „Behörden, bei denen Asylanträge oder Anträge auf Erteilung oder Verlängerung von Aufenthaltstiteln gestellt werden, können häufig nicht erkennen, ob sich der Antragsteller an geheimdienstlichen Tätigkeiten oder gewaltgeneigten Bestrebungen in Deutschland beteiligt oder beteiligen wird.“ Die Übermittlung der Informationen über Bestrebungen nach § 3 Abs. 1 BVerfSchG „ist in der Regel erforderlich, wenn eine Person in ihrer Heimat einer islamistischen gewaltbereiten Organisation angehört. (…) Bei der Nutzung dieser Informationen hat das Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) insbesondere auch die Schutzvorschrift des § 19 Abs. 3 Satz 2 BVerfSchG zu beachten. Zu den schutzwürdigen Interessen des betroffenen im 70 Marx, Reinhard, Kommentar zum Asylverfahrensgesetz, 5. Auflage 2003, § 16 Rn. 31. 71 Marx, Reinhard, Kommentar zum Asylverfahrensgesetz, 5. Auflage 2003, § 16 Rn. 7. 72 Marx, Reinhard, Kommentar zum Asylverfahrensgesetz, 5. Auflage 2003, § 16 Rn. 31. 73 Gesetz über die Zusammenarbeit des Bundes und der Länder in Angelegenheiten des Verfassungsschutzes und über das Bundesamt für Verfassungsschutz, Bundesverfassungsschutzgesetz (BVerfSchG) vom 20.12.1990, gültig ab 30.12.1990, BGBl. I 1990, 2954. 74 Bisher Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge (BAFl.). 75 Weichert, Thilo, Datenschutz für Ausländer - nach dem 11. September 2001, DuD 2002, 423 (424). 76 BT-Drs. 14/7386, S. 41. - 20 - Sinne dieser Vorschrift gehört auch die persönliche Sicherheit der im Heimatstaat verbliebenen Angehörigen.“ Nach § 19 Abs. 3 Satz 1 BVerfSchG ist das BfV befugt, personenbezogene Daten an ausländische öffentliche Stellen sowie an über- und zwischenstaatliche Stellen zu übermitteln , wenn die Übermittlung zur Erfüllung seiner Aufgaben oder zur Wahrung erheblicher Sicherheitsinteressen des Empfängers erforderlich ist. Daher war die im Verlauf des Gesetzgebungsverfahrens gehegte Befürchtung, das BfV könne die ihm gem. § 18 Abs. 1a BVerfSchG übermittelten Daten des BAMF und der Ausländerbehörden an ausländische Behörden übermitteln, nicht von der Hand zu weisen. 77 Diesen Bedenken versucht § 18 Abs. 1a Satz 2 BVerfSchG Rechnung zu tragen. Er verbietet eine entsprechende Übermittlung personenbezogener Daten, „es sei denn, die Übermittlung ist völkerrechtlich geboten“.78 4.3.2. Kritik Die erst im Verlauf der parlamentarischen Beratungen aufgenommene Klarstellung in § 18 Abs. 1a Satz 2 BVerfSchG wird als unzureichend kritisiert. Es hätte nämlich einer exakten begrifflichen Präzisierung bedurft, unter welchen Voraussetzungen eine Ausnahme von jener Übermittlungssperre in Betracht käme. Dies könnte beispielsweise dann der Fall sein, wenn eine Person verdächtig ist, Völkermord begangen oder einen Straftatbestand des Katalogs der „Verbrechen gegen die Menschlichkeit“ bzw. der „Kriegsverbrechen“ i. S. der Art. 6-8 des Römischen Statuts des Internationalen Strafgerichtshofs vom 17. Juli 199879, verwirklicht zu haben. 80 Kritisiert wird weiterhin, dass durch die Regelungen in § 18 BVerfSchG einfaches und legales politisches Engagement von Ausländern zulässig von den Asyl- und Ausländerbehörden an die Verfassungsschutzbehörden weitergegeben werden kann. Mangels Kenntnis der geheimdienstlichen Bewertungen drohe dabei ein Übermaß an Daten übermittelt zu werden. Problematisch sei die Übermittlungsbefugnis für den Bereich des BAMF, da dieses bei der Entgegennahme der Begründungen von Asylanträgen sensible politische Informationen erfahre. Diese Asylgründe könne das BAMF nach der durch 77 Huber, Berthold, Die Änderungen des Ausländer- und Asylrechts durch das Terrorismusbekämpfungsgesetz , NVwZ 2002, 787 (793). 78 Diese Übermittlungssperre war in der ursprünglichen Fassung nicht enthalten. Die entsprechende amtliche Begründung verwies lediglich auf die Schutzvorschrift des § 19 Abs. 3 Satz 2 BVerfSchG: „Die Übermittlung unterbleibt, wenn auswärtige Belange der Bundesrepublik Deutschland oder überwiegende schutzwürdige Interessen des Betroffenen entgegenstehen“. Als solche schutzwürdigen Interessen wurde die persönliche Sicherheit der im Heimatstaat verbliebenen Angehörigen ausdrücklich erwähnt (BT -Dr 14/7386, S. 41). 79 BGBl. II 2000, 1393; vgl. auch BT -Drs. 14/7386, S. 38 f. 80 Huber, Berthold, Die Änderungen des Ausländer- und Asylrechts durch das Terrorismusbekämpfungsgesetz , NVwZ 2002, 787 (793, 794). - 21 - das TerrorBekämpfG neu geschaffenen Rechtslage von sich aus an den behördlichen Verfassungsschutz weiterleiten. Die schutzwürdigen Belange von Asylsuchenden seien nicht erwähnt und dürften nach dem Wortlaut des Gesetzes nicht berücksichtigt werden .81 Nach Einschätzung von Marx ist die Neuregelung des § 18 Abs. 1a BVerfSchG zu unbestimmt und genügt nicht dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Das Bundesamt und die Ausländerbehörde würden nach der Gesetzesbegründung zu einer extensiven Übermittlung angehalten, da diese Behörden häufig nicht erkennen könnten, ob sich der Antragsteller an gewaltgeneigten Bestrebungen beteilige. Das Bundesamt werde deshalb eher zu viele als zu wenige Informationen weiterleiten. 82 4.4. AZR 4.4.1. Änderungen Das TerrorBekämpfG ändert auch einige Vorschriften des AZR und der zu dessen Durchführung erlassenen Verordnung (AZRG-DV). Neben lediglich redaktionellen Korrekturen wird sowohl der Katalog der zu speichernden personenbezogenen Daten erweitert, als auch die Anzahl der an das AZR mitzuteilenden Daten. Darüber hinaus ist das Bundesverwaltungsamt in größerem Umfang als bisher gehalten, Auskunftsersuchen anderer öffentlicher Stellen zu entsprechen. § 3 Nr. 5 AZRG83 erlaubt nun die Speicherung von „freiwillig gemachten Angaben zur Religionszugehörigkeit“. Die wichtigste Änderung besteht in dem Ausbau der bisherigen AZR-Visadatei zu einer Visaentscheidungsdatei. Während bisher nur Daten zu Visaanträgen im AZR gespeichert wurden, werden nunmehr auch solche zu Visaerteilungen und -versagungen aufgenommen (§ 29 AZRG). Damit soll eine verbesserte Kontrolle der Einreise von Ausländern gewährleistet werden. Insbesondere Polizeibehörden wird damit die Möglichkeit eröffnet, bei allgemeinen Personenkontrollen sofort feststellen zu können, ob eine Person mit gültigem Visum einer deutschen Auslandsvertretung eingereist ist. Darüber hinaus können auf diese Weise Auslandsvertretungen vor einer Visaerteilung erfahren, ob und gegebenenfalls welche Entscheidungen über Visaanträge andere Auslandsvertretungen in der Vergangenheit zur Person des Antragstellers getroffen haben. Schließlich sieht das Gesetz vor, dass sich Polizeibehörden im Rahmen der Gefahrenabwehr sofort über das Vorliegen anderer Aufenthaltsrechte informieren können (§ 16 Abs. 4 AZRG). Entgegen der bisherigen Rechtslage werden nunmehr auch Personen mit ve rfestigtem Aufenthaltsstatus in eine Gruppenauskunft nach § 12 AZRG einbezogen. Ferner erha lten die Nachrichtendienste die Möglichkeit, den gesamten Datenbestand des AZR über 81 Weichert, Thilo, Datenschutz für Ausländer - nach dem 11. September 2001, DuD 2002, 423 (424). 82 Marx, Reinhard, Kommentar zum Asylverfahrensgesetz, 6. Auflage 2005, § 7 Rn. 30. 83 Vgl. § 29 Abs. 1 Nr. 3 AZRG. - 22 - eine betroffene Person ohne die bisherigen Einschränkungen im automatisierten Abrufverfahren nutzen zu können (§§ 22, 33 AZRG). Die Änderungen der AZRG-DV betreffen größtenteils die Anpassung der Anlage zur AZRG-DV an die zuvor dargelegten Änderungen des AZRG. 84 4.4.2. Kritik Wiechert kritisiert, dass das AZRG unverhältnismäßige Eingriffe in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung auf Basis unbestimmter Regelungen legitimiere. Die sicherheitsbehördliche Nutzung des AZR sei eine sachlich nicht begründ- und rechtfertigbare Ungleichbehandlung gegenüber Deutschen. Statt diese vorhandenen Defizite abzubauen, würden mit dem TerrorBekämpfG weitere Verfassungsverstöße programmiert . Die Datenerhebung verletze Art. 4 GG sowie den die Religionsfreiheit konkretisierenden und über Art. 140 GG gültigen Art. 136 Abs. 3 Weimarer Reichsverfassung, der Behörden verbiete, nach der Zugehörigkeit zu einer Religionsgesellschaft zu fragen, wenn davon nicht Rechte und Pflichten abhingen. Durch den umfassenden geheimdienstlichen Zugriff im automatisierten Abrufverfahren gem. § 22 AZRG werde die Trennung zwischen Geheimdiensten und Verwaltung ausgehöhlt.85 Garstka hält auch den Erkenntnisgewinn des § 3 Nr. 5 AZRG für zweifelhaft. Grundsätzlich seien eine Freiwilligkeit bei Obliegenheiten sowie die fehlende Überprüfbarkeit und das Missbrauchsris iko des Datenbestandes problematisch.86 4.5. SGB Gem. § 68 Abs. 3 SGB X ist eine Übermittlung der Angaben zur Staats- und Religionsangehörigkeit , früherer Anschriften der Betroffenen, von Namen und Anschriften früherer Arbeitgeber der Betroffenen sowie von Angaben über an Betroffene erbrachte oder demnächst zu erbringende Geldleistungen zulässig, soweit sie zur Durchführung einer nach Bundes- oder Landesrecht zulässigen Rasterfahndung erforderlich ist. Damit ist nach Petri der gesteigerte Schutz von Sozialdaten in Bezug auf bestimmte Datenkategorien (Personalgrunddaten, Staats- und Religionszugehörigkeit, Anschriften 84 Huber, Berthold, Die Änderungen des Ausländer- und Asylrechts durch das Terrorismusbekämpfungsgesetz , NVwZ 2002, 787 (792); Streit, Christian, Die Auswirkungen des Terrorismusbekämpfungsgesetzes auf die Regelungen zum Ausländerzentralregister, ZAR 2002, 237 (238 ff.); Weichert , Thilo, Datenschutz für Ausländer - nach dem 11. September 2001, DuD 2002, 423 (427). 85 Weichert, Thilo, Datenschutz für Ausländer - nach dem 11. September 2001, DuD 2002, 423 (427, 428). 86 Garstka, Hansjürgen, Terrorismusbekämpfung und Datenschutz – Zwei Themen im Konflikt, NJ 2002, 524 (525). - 23 - des Betroffenen sowie seiner Arbeitgeber, Geldleistungen) in Bezug auf die polizeiliche Datenerhebung durchbrochen worden. 87 5. Zuwanderungsgesetz vom 30. Juli 2004 Das Gesetz zur Steuerung und Begrenzung der Zuwanderung und zur Regelung des Aufenthalts und der Integration von Unionsbürgern und Ausländern (ZuwandG 2004)88 dient der Steuerung und Begrenzung des Zuzugs von Ausländern in die Bundesrepublik Deutschland. Es ermöglicht und gestaltet Zuwanderung unter Berücksicht igung der Aufnahme- und Integrationsfähigkeit sowie der wirtschaftlichen und arbeitsmarktpolitischen Interessen der Bundesrepublik Deutschland. Das Gesetz dient zugleich der Erfüllung der humanitären Verpflichtungen der Bundesrepublik Deutschland. Es regelt hierzu die Einreise, den Aufenthalt, die Erwerbstätigkeit und die Förderung der Integration von Ausländern. 89 5.1. Aufenthaltsgesetz (AufenthG) Die bis zum 31. Dezember 2004 geltenden §§ 75 bis 80 AuslG wurden durch das Zuwand G 2004 in modifizierter Fassung in die §§ 86 bis 91b AufenthG übernommen. 5.1.1. § 86 AufenthG Gem. § 86 Satz 1 AufenthG dürfen die mit der Ausführung des AufenthG betrauten Behörden zum Zweck der Ausführung dieses Gesetzes und ausländerrechtlicher Bestimmungen in anderen Gesetzen, etwa dem AsylVfG, personenbezogene Daten erheben , soweit dies zur Erfüllung ihrer Aufgaben nach diesem Gesetz und nach ausländerrechtlichen Bestimmungen in anderen Gesetzen erforderlich ist. Daten im Sinne des § 3 Abs. 9 des BDSG sowie entsprechender Vorschriften der Datenschutzgesetze der Länder dürfen nach § 86 Satz 2 AufenthG erhoben werden, soweit dies im Einzelfall zum Erfüllen der Aufgaben der zuständigen Behörden erforderlich ist. Dies sind sensible personenbezogene Daten über die rassische und ethnische Herkunft, politische Meinungen , religiöse oder philosophische Überzeugungen, Gewerkschaftszugehörigkeit, Gesundheit oder Sexualleben. 90 87 Petri, Thomas, in: Fritz, Roland/Vormeier, Jürgen (Hrsg.), Gemeinschaftskommentar zum Aufenthaltsgesetz , 18. Aktualisierung Juni 2007, Vor §§ 86 ff. Rn. 46. 88 Gesetz zur Steuerung und Begrenzung der Zuwanderung und zur Regelung des Aufenthalts und der Integration von Unionsbürgern und Ausländern, Zuwanderungsgesetz (ZuwandG 2004) vom 30.07.2004, gültig ab 01.01.2005, BGBl. I 2004, 1950. 89 BGBl. I 2004, 1952. 90 Huber, Berthold/Göbel-Zimmermann, Ausländer- und Asylrecht, 2. Auflage 2008, Rn. 1348. - 24 - 5.1.2. § 87 AufenthG § 87 regelt die Übermittlung personenbezogener Daten an die Ausländerbehörden. Nach § 87 Abs. 1 AufenthG haben öffentliche Stellen91 ihnen bekannt gewordene Umstände den in § 86 Satz 1 AufenthG genannten Stellen (Ausländerbehörden, Grenzbehörden, Polizeibehörden, Auslandsvertretungen) auf Ersuchen mitzuteilen, soweit dies für die dort genannten Zwecke erforderlich ist. Die Übermittlung setzt demnach eine entsprechende Anfrage der zuständigen Behörde an eine öffentliche Stelle voraus. Demgegenüber normiert § 87 Abs. 2 Satz 1 AufenthG eine von einem Ersuchen unabhängige Pflicht, personenbezogene Daten zu übermitteln. § 87 Abs. 3 AufenthG enthält Sonderregelungen für die Bundesbeauftragte der Bundesregierung für Migration, Flüchtlinge und Integration, während Abs. 4 sich auf Unterrichtungspflichten von Stellen bezieht, die für die Verfolgung von Straftaten und Ordnungswidrigkeiten zuständig sind.92 5.1.3. § 88 AufenthG § 88 AufenthG berücksichtigt, dass gesetzliche Geheimhaltungspflichten den Übermittlungspflichten nach § 87 entgegenstehen können. 93 5.1.4. § 89 AufenthG Die Vorschrift betrifft erkennungsdienstliche Maßnahmen und den Umgang mit den daraus gewonnenen Daten. § 89 Abs. 1 bis 3 AufenthG entsprechen inhaltlich im Wesentlichen dem § 78 AuslG. § 89 Abs. 4 AufenthG sieht die Weiterverwendung von Daten vor, die nach Abs. 3 zu löschen wären, aber zu Strafverfolgungs- und Gefahrenabwehrzwecken weiterhin benötigt werden. 94 5.1.5. § 89a AufenthG § 89a AufenthG erschließt sich nur in der Zusammenschau mit den §§ 49a und 49b AufenthG. Während § 49a AufenthG95 die Ermächtigungsgrundlage zum Führen einer Fundpapier-Datenbank bildet, die Zuständigkeit dafür dem Bundesverwaltungsamt zu- 91 Vgl. § 2 BDSG. 92 Huber, Berthold/Göbel-Zimmermann, Ausländer- und Asylrecht, 2. Auflage 2008, Rn. 1349ff; Petri, Thomas, in: Fritz, Roland/Vormeier, Jürgen (Hrsg.), Gemeinschaftskommentar zum Aufenthaltsgesetz , 24. Aktualisierung März 2008, § 87 Rn. 1. 93 Petri, Thomas, in: Fritz, Roland/Vormeier, Jürgen (Hrsg.), Gemeinschaftskommentar zum Aufenthaltsgesetz , 24. Aktualisierung März 2008, § 88 Rn. 1. 94 Petri, Thomas, in: Fritz, Roland/Vormeier, Jürgen (Hrsg.), Gemeinschaftskommentar zum Aufenthaltsgesetz , 24. Aktualisierung März 2008, § 89 Rn. 1. 95 § 49a Abs. 1 AufenthG: Das Bundesverwaltungsamt führt eine Datenbank, in der Angaben zu in Deutschland aufgefundenen, von ausländischen öffentlichen Stellen ausgestellten Identifikationspapieren von Staatsangehörigen der in Anhang I der Verordnung (EG) Nr. 539/2001 (ABl. EG L 81/1) genannten Staaten gespeichert werden (Fundpapier-Datenbank). Zweck der Speicherung ist die Feststellung der Identität oder Staatsangehörigkeit eines Ausländers und die Ermöglichung der Durchführung einer späteren Rückführung. - 25 - weist und eine Übersendungspflicht für Fundpapiere statuiert, regelt § 49b AufenthG den Inhalt der Fundpapier-Datenbank. § 89a AufenthG enthält die notwendigen Ergänzungen zum Verfahren bei einer Abfrage dieser Datenbank.96 5.1.6. § 90 AufenthG § 90 AufenthG regelt die Übermittlung personenbezogener Daten durch die Ausländerbehörden . Die Vorschrift entspricht inhaltlich dem § 79 AuslG. Sie wurde begrifflich an die veränderte Systematik des Zugangs zum Arbeitsmarkt angepasst.97 5.1.7. § 91 AufenthG § 91 AufenthG enthält einige bereichsspezifische Ergänzungen zu § 20 BDSG, der Regelungen zur Berichtigung, Sperrung und Löschung von Daten enthält. § 91 Abs. 1 und 2 AufenthG entsprechen inhaltlich § 80 Abs. 2 und 3 AuslG. § 91 Abs. 3 AufenthG bestimmt , dass § 20 Abs. 5 BDSG sowie entsprechende Vorschriften in den Datenschutzgesetzen der Länder keine Anwendung finden. 98 5.1.8. § 91a AufenthG § 91a AufenthG regelt Einzelheiten des Registers zum vorübergehenden Schutz. In dieses werden nach Maßgabe dieser Vorschrift die personenbezogenen Daten von Drit tstaatsangehörigen , die ein Visum oder eine Aufenthaltserlaubnis nach § 24 Abs. 1 Aufenth G beantragt haben, und die ihrer Familienangehörigen eingegeben. § 91a Abs. 5 AufenthG normiert im einzelnen Fragen der Übermittlung der eingetragenen Daten an andere Behörden. 99 5.1.9. § 91b AufenthG § 91b AufenthG enthält eine besondere Befugnis zur Übermittlung von Daten i. S. des § 91a AufenthG durch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge als nationale Kontaktstelle nach Art. 27 Abs. 1 der Richtlinie 2001/55/EG100.101 96 Wenger, Frank, in: Storr, Christian/Wenger, Frank/Eberle, Simone/Albrecht, Rainer/Harms, Karsten /Kreuzer, Christine, Kommentar zum Zuwanderungsrecht, Aufenthaltsgesetz und Freizügigkeitsgesetz /EU, 2. Auflage 2008, § 89a AufenthG Rn. 3. 97 BT-Drs. 15/420, S. 97; Huber, Berthold/Göbel-Zimmermann, Ausländer- und Asylrecht, 2. Auflage 2008, Rn. 1357. 98 BT-Drs. 15/420, S. 98; Huber, Berthold/Göbel-Zimmermann, Ausländer- und Asylrecht, 2. Auflage 2008, Rn. 1361f.; Petri, Thomas, in: Fritz, Roland/Vormeier, Jürgen (Hrsg.), Gemeinschaftskommentar zum Aufenthaltsgesetz, 24. Aktualisierung März 2008, § 91 Rn. 1. 99 Huber, Berthold/Göbel-Zimmermann, Ausländer- und Asylrecht, 2. Auflage 2008, Rn. 1363. 100 Richtlinie 2001/55/EG des Rates vom 20. Juli 2001 über Mindestnormen für die Gewährung vorübergehenden Schutzes im Falle eines Massenzustroms von Vertriebenen und Maßnahmen zur Förderung einer ausgewogenen Verteilung der Belastungen, die mit der Aufnahme dieser Personen und den Folgen dieser Aufnahme verbunden sind, auf die Mitgliedstaaten (ABl. L 212/12 vom 7. August 2001). - 26 - 5.2. Aufenthaltsverordnung (AufenthV) Die Führung von Ausländerdateien durch die Ausländerbehörden und die Auslandsvertretungen ist im Rahmen des ZuwandG 2004 in §§ 62 ff AufenthV, die Datenübermittlungen an die Auslandsvertretungen sind seither in §§ 71 ff. AufenthV geregelt.102 5.3. AsylVfG § 7 Abs. 1 Satz 2 AsylVfG wurde durch das ZuwandG 2004 eingeführt. Mit dieser Bestimmung soll sichergestellt werden, dass wie bisher sensitive Daten, wie z.B. Angaben zur Ethnie, Rasse oder Religion, als asylrelevante Daten erhoben werden können und vom allgemeinen Erhebungsverbot der EU-Datenschutzrichtlinie ausgeschlossen ble iben .103 Abs. 5 des § 8 AsylVfG wurde ebenfalls durch das ZuwandG 2004 in die Vorschrift eingefügt. Diese Regelung bezweckt den Ausschluss des allgemeinen Widerspruchrechtes des Betroffenen gegen rechtmäßige Datenverarbeitung, um eine beschleunigte Durchführung des AsylVfG zu gewährleisten. 104 5.4. AZR Auch das AZRG wurde durch das ZuwandG 2004 erweitert. In § 18a AZRG sollen auch Sozialbehörden Zugriff auf das AZR erhalten. Des Weiteren wird in § 37 Abs. 1 AZRG den Betroffenen das Widerspruchsrecht gegen besondere Formen der Datenverarbeitung vorenthalten. 105 6. Aufenthaltsänderungsgesetz vom 14. März 2005 Im Aufenthaltsgesetz, im Dritten Buch Sozialgesetzbuch, im Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetz sowie in weiteren Gesetzen bestand aufgrund der nicht vorhersehbaren gleichzeitigen Verabschiedung des Zuwanderungsgesetzes, des Kommunalen Optionsgesetzes und des Gesetzes zur Intensivierung der Bekämpfung der Schwarzarbeit und damit zusammenhängender Steuerhinterziehung Änderungsbedarf, da die jeweils getroffenen Regelungen nicht vollständig aufeinander abgestimmt werden konnten. Das Aufenthaltsgesetz musste zudem an weitere mit dem Vierten Gesetz für moderne Diens tleistungen am Arbeitsmarkt zusammenhängende Regelungen angepasst werden. Die 101 Huber, Berthold/Göbel-Zimmermann, Ausländer- und Asylrecht, 2. Auflage 2008, Rn. 1363. 102 Hailbronner, Kay, Ausländerrecht, Kommentar, 59. Aktualisierung August 2008, § 86 AufenthG Rn. 3. 103 Marx, Reinhard, Kommentar zum Asylverfahrensgesetz, 6. Auflage 2005, § 7 Rn. 12. 104 Marx, Reinhard, Kommentar zum Asylverfahrensgesetz, 6. Auflage 2005, § 7 Rn. 24. 105 Weichert, Thilo, Datenschutz für Ausländer - nach dem 11. September 2001, DuD 2002, 423 (428). - 27 - erforderlichen Änderungen wurden mit dem Gesetz zur Änderung des Aufenthaltsgesetzes und weiterer Gesetze (AufenthG2004uaÄndG)106 vorgenommen.107 6.1. AufenthG In § 90 Abs. 1 AufenthG soll durch die Erwähnung der Träger der Grundsicherung für Arbeitssuchende sichergestellt werden, dass die Träger der Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch ebenso wie die Träger der Sozialhilfe von Verstößen gegen die Mitwirkungspflicht informiert werden. 108 6.2. AsylVfG 6.2.1. Änderung Durch das AufenthG2004uaÄndG ist Abs. 4a in § 16 AsylVfG eingefügt worden, um klarzustellen, dass die im Rahmen der erkennungsdienstlichen Behandlung von Asylbewerbern gewonnenen Unterlagen zur Feststellung der Identität und Staatsangehörigkeit des Ausländers auch mit den in der Fundpapier-Datenbank gespeicherten Daten abgeglichen werden dürfen. 109 6.2.2. Kritik Ein vernünftiger Grund, die Verwendung der in § 16 AsylVfG gewonnen Daten und die Identitätsfeststellung zu ausländerrechtlichen Zwecken zu beschränken, ist für Hailbronner nicht ersichtlich. 110 7. Gemeinsame-Dateien-Gesetz vom 22. Dezember 2006 Das Gesetz zur Errichtung gemeinsamer Dateien von Polizeibehörden und Nachrichtendiensten des Bundes und der Länder (Gemeinsame-Dateien-Gesetz - GTDG)111 enthält in seinem Artikel 1 das Gesetz zur Errichtung einer standardisierten zentralen Antiterrordatei von Polizeibehörden und Nachrichtendiensten von Bund und Ländern (Antiterrordateigesetz – ATDG). Die Datei wird beim BKA als Verbunddatei geführt. Nach § 3 ATDG ist dabei zwischen Grunddaten (Personennamen und weitere Identifikationsmerkmale ) und erweiterten Grunddaten, zu denen u. a. Angaben zur Volkszugehörigkeit und Religionszugehörigkeit zählen, zu unterscheiden. Die beteiligten Sicherheitsbehör- 106 Gesetz zur Änderung des Aufenthaltsgesetzes und weiterer Gesetze (AufenthG2004uaÄndG) vom 14.03.2005, gültig ab 18.03.2005, BGBl. I 2005, 721. 107 BT-Drs. 15/3784, S. 1. 108 BT-Drs. 15/3784, S. 8. 109 Hailbronner, Kay, Ausländerrecht, Kommentar, 61. Aktualisierung Dezember 2008, § 16 AsylVfG Rn. 2. 110 Hailbronner, Kay, Ausländerrecht, Kommentar, 61. Aktualisierung Dezember 2008, § 16 AsylVfG Rn. 20. 111 BGBl. I 2006, 3409. - 28 - den sind zur Mitteilung bestimmter Daten regelmäßig verpflichtet, gleichzeitig ist ihnen der Zugriff im Rahmen eines automatisierten Abrufverfahrens ausgestaltet (§ 5 ATDG).112 8. Terrorismusbekämpfungsergänzungsgesetz vom 5. Januar 2007 Die im TerrorBekämpfG geschaffenen Datenverwendungsbefugnisse der Sicherheitsbehörden sind durch das Gesetz zur Ergänzung des Terrorismusbekämpfungsgesetzes (TerrorBekämpfErgG)113 nochmals erheblich erweitert worden. Neben einer Angle ichung der Befugnisse des Bundesnachrichtendienstes (BND) an die des BfV sieht beispielsweise § 17 Abs. 3 BVerfSchG nunmehr vor, dass neben den Strafverfolgungsbehörden auch das BfV ausländische Personen zur europaweiten verdeckten Registrierung ausschreiben lassen kann.114 Petri kritisiert, dass durch die Befugniserweiterung in § 17 Abs. 3 BVerfSchG das Prinzip der Trennung von Polizei und Nachrichtendiensten durchbrochen wird. Mittelbar erhalte der Verfassungsschutz hierdurch polizeiliche Befugnisse, ohne dabei die für die Strafverfolgungsorgane geltende rechtsstaatliche Schwelle des Tatverdachts beachten zu müssen. 115 9. Gesetz zur Umsetzung aufenthalts- und asylrechtlicher Richtlinien der Europäischen Union vom 19. August 2007 Auf der Grundlage des EG-Vertrags, der zum schrittweisen Aufbau eines Raums der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts die Annahme von Maßnahmen in den Bereichen Asyl, Einwanderung und zum Schutz der Rechte von Drittstaatsangehörigen vorsieht, sind im Zeitraum von November 2002 bis Dezember 2005 zehn Richtlinien der Europäischen Gemeinschaft aus dem Bereich des Ausländer- und Asylrechts erlassen worden. Zudem ist das Aufenthaltsrecht der Unionsbürger in einer Richtlinie neu geordnet worden .116 EG-Richtlinien bedürfen der Umsetzung in das nationale Recht, soweit dieses nicht bereits mit den harmonisierten Regelungen in Einklang steht.117 Das Gesetz zur 112 Petri, Thomas, in: Fritz, Roland/Vormeier, Jürgen (Hrsg.), Gemeinschaftskommentar zum Aufenthaltsgesetz , 18. Aktualisierung Juni 2007, Vor §§ 86 ff. Rn. 49. 113 Gesetz zur Ergänzung des Terrorismusbekämpfungsgesetzes, Terrorismusbekämpfungsergänzungsgesetz (TerrorBekämpfErgG) vom 05.01.2007, gültig ab 11.01.2007, BGBl. I, 2007, 2. 114 Petri, Thomas, in: Fritz, Roland/Vormeier, Jürgen (Hrsg.), Gemeinschaftskommentar zum Aufenthaltsgesetz , 18. Aktualisierung Juni 2007, Vor §§ 86 ff. Rn. 47. 115 Petri, Thomas, in: Fritz, Roland/Vormeier, Jürgen (Hrsg.), Gemeinschaftskommentar zum Aufenthaltsgesetz , 18. Aktualisierung Juni 2007, Vor §§ 86 ff. Rn. 47. 116 BT-Drs. 16/5065, S. 1. 117 Streinz, Rudolf, Europarecht, 8. Auflage 2008, Rn. 437 ff. - 29 - Umsetzung aufenthalts- und asylrechtlicher Richtlinien der Europäischen Union (EUR- LAsylUmsG)118 hat diese Regelungen in das deutsche Recht umgesetzt. 9.1. AufenthG 9.1.1. § 87 AufenthG Das EURLAsylUmsG hat in § 87 Abs. 2 und Abs. 5 AufenthG zusätzliche Verpflichtungen öffentlicher Stellen zur Unterrichtung der Ausländerbehörden über ausländerrechtlich relevante Tatsachen (Integrationsbedürftigkeit, Widerrufsgründe usw.) eingeführt . Nach § 87 Abs. 2 Satz 2 AufenthG sollen öffentliche Stellen unverzüglich die zuständige Ausländerbehörde unterrichten, wenn sie im Zusammenhang mit dem Erfüllen ihrer Aufgaben von einer besonderen Integrationsbedürftigkeit i. S. einer nach § 43 Abs. 4 AufenthG erlassenen Rechtsverordnung, d. h. der Integrationsverordnung, Kenntnis erlangen. Gem. § 87 Abs. 2 Satz 3 AufenthG übermitteln die Auslandsvertretungen der zuständigen Ausländerbehörde personenbezogene Daten eines Ausländers, die geeignet sind, dessen Identität oder Staatsangehörigkeit festzustellen, wenn sie davon Kenntnis erlangen, dass die Daten für die Durchsetzung der vollziehbaren Ausreisepflicht gegenüber dem Ausländer gegenwärtig von Bedeutung sein können. 119 9.1.2. § 89 AufenthG In § 89 Abs. 1 Satz 1 AufenthG wird in Ergänzung der bisherigen Regelung eine Regelung zur Identitätsprüfung anhand der biometrischen Daten im Rahmen des Konsultationsverfahrens nach § 73 AufenthG120 aufgenommen. Durch einen Abgleich der im Visumverfahren erhobenen biometrischen Daten des Antragstellers mit den im Bundeskriminalamt geführten zentralen Datenbanken können die zu einer Person bekannten Aliasidentitäten festgestellt werden. 121 9.1.3. § 90 AufenthG Die Ausländerbehörden sind in § 90 Abs. 4 AufenthG zur Unterrichtung der nach § 72 Abs. 6 AufenthG zu beteiligenden Stellen verpflichtet worden. 122 118 Gesetz zur Umsetzung aufenthalts - und asylrechtlicher Richtlinien der Europäischen Union (EUR- LAsylUmsG) vom 19.08.2007, gültig ab 28.08.2007, BGBl. I, 2007, 1970. 119 Welte, Hans-Peter, Die Reform des Zuwanderungsrechts 2007, Umsetzung der aufenthalts- und asylrechtlichen Richtlinien der Europäischen Union – Synopse mit ausführlichen Erläuterungen, Regensburg, Berlin 2008, S. 135 f.; Hailbronner, Kay, Ausländerrecht, Kommentar, 59. Aktualisierung August 2008, § 86 AufenthG Rn. 4; Huber, Berthold/Göbel-Zimmermann, Ausländer- und Asylrecht , 2. Auflage 2008, Rn. 1352. 120 § 73 AufenthG: Sonstige Beteiligungserfordernisse im Visumverfahren und bei der Erteilung von Aufenthaltstiteln. 121 BT-Drs. 16/5065, S. 196. 122 Hailbronner, Kay, Ausländerrecht, Kommentar, 59. Aktualisierung August 2008, § 86 AufenthG Rn. 4. - 30 - 9.1.4. §§ 90a und 90b AufenthG Die neuen Bestimmungen der §§ 90a und 90b AufenthG regeln die Mitteilungspflicht der Ausländerbehörden und den Datenabgleich zwischen Ausländerbehörden und Meldebehörden . 123 9.1.5. § 91 AufenthG In § 91 Abs. 1 AufenthG wurde ein Redaktionsversehen, das Vergessen der Zurückschiebung , beseitigt.124 9.1.6. § 91a AufenthG § 91a AufenthG Abs. 2 Nr. 1 a und d wurden durch das EURLAsylUmsG an die neue Bestimmung des § 91e AufenthG angepasst.125 9.1.7. §§ 91c bis 91e AufenthG In Umsetzung der Richtlinien über langfristig aufenthaltsberechtigte Drittstaatsangehörige 2003/109126, der Studentenrichtlinie 2004/114127 und der Richtlinie über den vorübergehenden Schutz 2001/55128 ist die innergemeinschaftliche Datenübermittlung und Einrichtung von Datenspeicherungseinrichtungen in den §§ 91c bis 91e AufenthG teilweise völlig neu geregelt worden. 129 9.1.8. Kritik Nach § 87 Abs. 2 Satz 2 AufenthG sollen öffentliche Stellen unverzüglich die zuständ ige Ausländerbehörde unterrichten, wenn sie im Zusammenhang mit dem Erfüllen ihrer 123 Hailbronner, Kay, Ausländerrecht, Kommentar, 59. Aktualisierung August 2008, § 86 AufenthG Rn. 4. 124 Wenger, Frank, in: Storr, Christian/Wenger, Frank/Eberle, Simone/Albrecht, Rainer/Harms, Karsten /Kreuzer, Christine, Kommentar zum Zuwanderungsrecht, Aufenthaltsgesetz und Freizügigkeitsgesetz /EU, 2. Auflage 2008, § 91 AufenthG Rn. 2. 125 Wenger, Frank, in: Storr, Christian/Wenger, Frank/Eberle, Simone/Albrecht, Rainer/Harms, Karsten /Kreuzer, Christine, Kommentar zum Zuwanderungsrecht, Aufenthaltsgesetz und Freizügigkeitsgesetz /EU, 2. Auflage 2008, § 91a AufenthG Rn. 2. 126 Richtlinie 2003/109/EG des Rates vom 25. November 2003 betreffend die Rechtsstellung der langfristig aufenthaltsberechtigten Drittstaatsangehörigen. (ABl. L 16/44 vom 23.1.2004) 127 Richtlinie 2004/114/EG des Rates vom 13. Dezember 2004 über die Bedingungen für die Zulassung von Drittstaatsangehörigen zur Absolvierung eines Studiums oder zur Teilnahme an einem Schüleraustausch , einer unbezahlten Ausbildungsmaßnahme oder einem Freiwilligendienst (ABl. L 375/12 vom 23.12.2004). 128 Richtlinie 2001/55/EG des Rates vom 20. Juli 2001 über Mindestnormen für die Gewährung vorübergehenden Schutzes im Falle eines Massenzustroms von Vertriebene und Maßnahmen zur Förderung einer ausgewogenen Verteilung der Belastungen, die mit der Aufnahme dieser Personen und den Folgen dieser Aufnahme verbunden sind, auf die Mitgliedstaaten (ABl. L 212/12 vom 7.8.2001). 129 Hailbronner, Kay, Ausländerrecht, Kommentar, 59. Aktualisierung August 2008, § 86 AufenthG Rn. 4. - 31 - Aufgaben von einer besonderen Integrationsbedürftigkeit Kenntnis erlangen. Da keine näheren inhaltlichen Vorgaben gemacht werden, ist eine solche Verpflichtung jedoch nach Auffassung von Huber und Göbel-Zimmermann verfassungsrechtlich nicht haltbar .130 9.2. AsylVfG Im Rahmen des EURLAsylUmsG wurde der Abs. 5 in § 9 AsylVfG eingefügt, wonach die § 9 Abs. 1 bis 4 AsylVfG entsprechend für Organisationen gelten, die im Auftrag des UNHCR auf der Grundlage einer Vereinbarung mit der BRD im Bundesgebiet tätig sind.131 9.3. AZR 9.3.1. Änderungen Zudem sieht das EURLAsylUmsG die Speicherung des Lichtbildes des Ausländers auch im allgemeinen Datenbestand des AZR zu Zwecken der Identitätssicherung und - feststellung vor. Mit weiteren Änderungen des AZRG sollen Möglichkeiten zur Optimierung der Erkenntnisgewinnung aus dem Register genutzt werden. Sie betreffen eine Identifizierung mit Hilfe elektronischer Gesichtsbilderkennung, die Recherche mittels Angaben zum Ausweispapier sowie eine Vereinfachung des Zugriffs von Polizei und Justiz auf den Datenbestand sowie den Onlinezugriff für oberste Bundes- und Landesbehörden , die ausländerrechtliche Entscheidungen treffen.132 9.3.2. Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH)133 Der EuGH hat am 16. Dezember 2008 ein Urteil über die Rechtsmäßigkeit der Speicherung von personenbezogenen Daten von Unionsbürgerinnen und Unionsbürgern im AZR gefällt. Die Erfassung solcher Daten von Unionsbürgerinnen und Unionsbürgern im AZR sei zwar „zur Unterstützung der mit der Anwendung aufenthaltsrechtlicher Vorschriften betrauten Behörden grundsätzlich legitim“. Allerdings kam der EuGH zu folgenden Schlussfolgerungen: Ein System zur Verarbeitung personenbezogener Daten von Unionsbürgerinnen und Unionsbürgern im AZR entspreche nur dann dem Erforderlichkeitsgebot der Datenschutzrichtlinie aus dem Jahr 1995134, wenn es Daten entha lte, die für die Anwendung aufenthaltsrechtlicher Vorschriften durch die hierfür zuständ i- 130 Huber, Berthold/Göbel-Zimmermann, Ausländer- und Asylrecht, 2. Auflage 2008, Rn. 1352. 131 Hailbronner, Kay, Ausländerrecht, Kommentar, 61. Aktualisierung Dezember 2008, § 9 AsylVfG Rn. 1. 132 BT-Drs. 16/5065, S. 4. 133 Aktenzeichen C- 524/06. 134 Richtlinie 95/46/EG des Rates vom 24. Oktober 1995 zum Schutz natürlicher Personen bei der Ve rarbeitung personenbezogener Daten und zum freien Datenverkehr (ABl. L 281/31 vom 24.10.1995). - 32 - gen Behörden erforderlich seien und wenn die mit dem AZR verbundene zentralisierte Speicherung dieser personenbezogenen Daten effizienter sei als eine Speicherung z. B. im Einwohnermelderegister. Die bisherige Praxis in Deutschland, personenbezogene Daten von Unionsbürgerinnen und Unionsbürgern im AZR u. a. auch zu statistischen Zwecken zu speichern bzw. zu verarbeiten, entspreche jedoch nicht dem Erforderlichkeitsgebot im Sinne der o. g. Datenschutzrichtlinie. Zudem verstoße die Nutzung der im AZR enthaltenen Daten zur Bekämpfung der Kriminalität deswegen gegen das europäische Antidiskriminierungsrecht (und damit gegen das Gemeinschaftsrecht), weil im AZR zwar Daten von Unionsbürgerinnen und Unionsbürgern (sowie von Drittstaatsangehörigen ), aber keine Daten von Deutschen erfasst würden. 10. Verhältnis zum allgemeinen Datenschutzrecht Im Bundesgebiet befindliche Ausländer können sich ebenso auf das aus dem Recht auf informationelle Selbstbestimmung gem. Art. 2 Abs. 1 i. V. m. Art. 1 Abs. 1 GG abgele itete Grundrecht auf Datenschutz berufen wie Deutsche.135 Aus dem Benachteiligungsverbot gem. Art. 3 Abs. 3 Satz 1 GG folgt überdies, dass niemand wegen seines Geschlechts , seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft , seines Glaubens sowie seiner religiösen oder politischen Anschauungen wegen benachteiligt oder bevorzugt werden darf. Daraus ergibt sich, dass besondere Datenverarbeitungs - und Datenschutzbestimmungen über Ausländer zwar die Ausländereigenschaft zum Anknüpfungspunkt nehmen dürfen. Die Regelungen müssen aber ein Schutzniveau aufweisen, das dem der deutschen Staatsbürger entspricht. Sachlich gerechtfertigte Differenzierungen sind nur dann verfassungsrechtlich unbedenklich, wenn sie aus der Natur der Sache heraus notwendig sind. Im Übrigen gilt der Grundsatz, dass Ausländer den gleichen verfassungsrechtlichen Datenschutz genießen wie Deutsche.136 Die Rechtsgrundlagen für Eingriffsmaßnahmen müssen sich aus den Spezialregelungen des Ausländerrechts ergeben, subsidiär ist das allgemeine Datenschutzrecht anwendbar, denn nach § 1 Abs. 3 BDSG gehen andere Rechtsvorschriften des Bundes auf personenbezogene Daten den Regelungen des BDSG vor. Insbesondere sind die Vorschriften über Einzelheiten der Datenverarbeitung sowie zum Schutz der Betroffenen aus dem BDSG und den Datenschutzgesetzen der Länder heranzuziehen. Denn dies ist im ausländerrechtlichen Datenschutz nur lückenhaft geregelt. Über das AufenthG hinausgehende Befugnisnormen dürfen jedoch nicht den allgemeinen Datenschutzgesetzen von Bund und Ländern entnommen werden. Neben § 86 AufenthG, der die Erhebung personenbezogener Daten abschließend regelt, kann nicht die Ermächt igung nach § 13 BDSG zur Datenerhebung ergänzend herangezogen werden. Dagegen kann für die Verarbei- 135 BVerfGE 65, 1. 136 Bäumler, Helmut, Datenschutz für Ausländer, NVwZ 1995, 239 (239). - 33 - tung personenbezogener Daten in Akten das Erforderlichkeitsprinzip des § 14 Abs. 1 BDSG137 i.V.m. § 91 Abs. 1 und 2 AufenthG zur Anwendung kommen. Die Rechte der Betroffenen sind nur teilweise bereichsspezifisch geregelt (in §§ 89 Abs. 3, 91 Abs. 1 und 2 AufenthG). Der Anspruch auf Auskunft richtet sich nach §§ 6, 19 und 34 BGSG, der Anspruch auf Berichtigung, Löschung und Sperrung nach §§ 6, 20, 35 BDSG. Ein Anspruch auf Schadensersatz bei unzulässiger oder unrichtiger Datenverarbeitung besteht nach § 7 BDSG. 138 11. Europäische Rahmenbedingungen Dem durch den weitgehenden Wegfall der EU-internen Grenzkontrollen entstandenen Sicherheitsdefizit wird auf europäischer Ebene mittels Datenaustauschs und gemeinsamen Datenbanken begegnet. Vor 1998 wurden u.a. das Schengener Informationssystem (SIS) (Art. 92 – 119 Schengener Durchführungsübereinkommen (SDÜ)) in „Schengen I“139 und EUROPOL gegründet. Der Austausch von Daten über Asylsuchende wurde im Dubliner Abkommen 1990 geregelt. Im März 2003 wurde das Dubliner Übereinkommen durch die Verordnung (EG) Nr. 343/2003 des Rates140 ersetzt („Dublin II-VO“). Fragen der Datenübermittlung und des Informationsaustauschs hinsichtlich asylsuchender Drittstaatsangehöriger sind in Art. 21 der VO „Dublin II“ geregelt. Das EURODAC-System zum europaweiten Austausch erkennungsdienstlicher Daten über Asylsuchende dient der Durchsetzung der Ziele der Dublin II-VO. Dabei werden Fingerabdrücke von allen Asylantragstellern und bei einem illegalen Grenzübertritt festgestellten Personen aufgenommen und einer zentralen Datenbank zur Verfügung gestellt.141 Nach Art. 12 EGV ist jede Diskriminierung aus Gründen der Staatsangehörigkeit im Anwendungsbereich der EG verboten. Jedoch ist nicht jegliche nationale Kontrolle der Unionsbürger ausgeschlossen, sondern es sind solche Erfassungen zulässig, die aus 137 Nach § 14 Abs. 1 BDSG ist das Speichern, Verändern oder Nutzen personenbezogener Daten zulässig, wenn es zur Erfüllung der in der Zuständigkeit der verantwortlichen Stelle liegenden Aufgaben erforderlich ist und es für die Zwecke erfolgt, für die die Daten erhoben worden sind. (…). 138 Petri, Thomas, in: Fritz, Roland/Vormeier, Jürgen (Hrsg.), Gemeinschaftskommentar zum Aufenthaltsgesetz , 18. Aktualisierung Juni 2007, Vor §§ 86 ff. Rn. 56 ff.; Hailbronner, Kay, Ausländerrecht , Kommentar, 59. Aktualisierung August 2008, § 86 AufenthG Rn. 7 ff.. 139 Übereinkommen zwischen den Regierungen der Staaten der Benelux-Wirtschaftsunion, der Bundesrepublik Deutschland und der französischen Republik betreffend den schrittweisen Abbau der Kontrolle an den gemeinsamen Grenzen vom 14. Juni 1985 (GMBl. 1986, S. 79). 140 Verordnung (EG) Nr. 343/2003 des Rates vom 18. Februar 2003 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedsstaates, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen in einem Mitgliedsstaat gestellten Asylantrag zuständig ist, VO „Dublin II“ (ABl. L 50/1 vom 25.2.2003) 141 Renner, Günter, Ausländerrecht, Kommentar, 7. Auflage 1999, § 75 AuslG Rn. 2; Hailbronner, Kay, Ausländerrecht, Kommentar, 59. Aktualisierung August 2008, § 86 AufenthG Rn. 19. - 34 - Gründen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung notwendig sind.142 Die Grundsätze der Verhältnismäßigkeit und der Inländergleichbehandlung gebieten es, dass die Maßnahmen solchen vergleichbar sind, die bei Inländern bei Vorliegen desselben Sachverhalts getroffen würden. 143 Durch objektive Erfordernisse gerechtfertigt ist die Erfassung der personenbezogenen Daten von Unionsbürgern, da nur auf diese Weise effektiv der aufenthaltsrechtliche Status der Unionsbürger zuverlässig ermittelt und ggf. aufenthaltsbeendende Maßnahmen ergriffen werden können. Die Befugnis der Mitgliedstaaten zur Anwendung der allgemeinen ausländerrechtlichen Vorschriften in Bezug auf bestimmte Einreiseformalitäten, Geltungsbereich und Dauer des EG-Aufenthaltsrechts sowie Kontrollmaßnahmen gilt unbeschadet des Art. 12 EG. 144 142 Hailbronner, Kay, Ausländerrecht, Kommentar, 59. Aktualisierung August 2008, § 86 AufenthG Rn. 17. 143 EuGH vom 28. Oktober 1975, Rs. 36/75 „Rutili“, Slg. 1975, 1219. 144 Hailbronner, Kay, Ausländerrecht, Kommentar, 59. Aktualisierung August 2008, § 86 AufenthG Rn. 18. - 35 - Literaturverzeichnis - Bäumler, Helmut, Datenschutz für Ausländer, NVwZ 1995, 239. - Garstka, Hansjürgen, Terrorismusbekämpfung und Datenschutz – Zwei Themen im Konflikt, NJ 2002, 524. - Hailbronner, Kay, Ausländerrecht, Kommentar, 57. Aktualisierung April 2008. - Hailbronner, Kay, Ausländerrecht, Kommentar, 59. Aktualisierung August 2008. - Hailbronner, Kay, Ausländerrecht, Kommentar, 61. Aktualisierung Dezember 2008. - Harms, Karsten, in: Storr, Christian/Wenger, Frank/Eberle, Simone/Albrecht, Rainer/Harms, Karsten/Kreuzer, Christine, Kommentar zum Zuwanderungsrecht , Aufenthaltsgesetz und Freizügigkeitsgesetz/EU, 2. Auflage 2008. - Hoffmann, Holger, in: Hofmann, Rainer M./Hoffmann, Holger, Ausländerrecht, Handkommentar, 1. 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