© 2017 Deutscher Bundestag WD 3 - 3000 - 122/17 Regelung von Interessenvertretung („Lobbying“) seit 2007 Sachstand Wissenschaftliche Dienste Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab dem jeweiligen Fachbereich anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 3 - 3000 - 122/17 Seite 2 Regelung von Interessenvertretung („Lobbying“) seit 2007 Aktenzeichen: WD 3 - 3000 - 122/17 Abschluss der Arbeit: 15. Juni 2017 Fachbereich: WD 3: Verfassung und Verwaltung Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 3 - 3000 - 122/17 Seite 3 1. Fragestellung Interessenvertretung („Lobbying“) lässt sich verkürzt definieren als „gezielte Einflussnahme auf öffentliche Stellen, die […] für einen Dritten ausgeübt wird, damit die Interessen des Dritten bei Entscheidungen der Rechtsetzung oder Verwaltung möglichst vollständig Niederschlag finden.”1 Es stellt sich die Frage, inwieweit Regelungen zu Interessenvertretungen seit 2007 Änderungen erfahren haben. 2. Vorhandene Rechtsgrundlagen 2.1. Bundestag Von allen Mitgliedstaaten der EU hat Deutschland die älteste Lobbyisten-Vorschrift:2 Die 1972 eingefügte Anlage 2 zur Geschäftsordnung des Bundestages (GO-BT)3 macht die parlamentarische Anhörung von Interessenverbänden von einem kurzen Eintrag in die „Öffentliche Liste registrierter Verbände“ abhängig.4 Die Vorschrift ist seit 1972 unverändert. 2.2. Bundesregierung Eine der Anlage 2 GO-BT entsprechende Vorschrift gibt es für die Mitglieder der Bundesregierung nicht. Zu nennen ist aber das Gesetz vom 17. Juli 2015, das eine Karenzzeit für ausscheidende Mitglieder der Bundesregierung eingeführt hat.5 Dies soll Interessenkonflikte zwischen dem öffentlichrechtlichen Amtsverhältnis und einer Beschäftigung nach Amtsende verhindern.6 Zugleich wirken Karenzzeiten entgegen, dass Dritte mit dem Angebot einer künftigen lukrativen Tätigkeit auf öffentliche Funktionsträger Einfluss nehmen.7 Das Gesetz vom 17. Juli 2015 bringt die folgenden Änderungen mit sich: – Einführung einer Karenzzeit für ausscheidende Mitglieder der Bundesregierung sowie für Parlamentarische Staatssekretäre zur Verhinderung von Interessenkonflikten zwischen dem öffentlich-rechtlichen Amtsverhältnis und einer Beschäftigung nach Amtsende; 1 Hoppe, ZRP 2009, 39 (40). 2 Hoppe, ZRP 2009, 39. 3 BGBl 1972 I, 2066. 4 Zu den Einzelheiten der „Lobbyliste“: www.bundestag.de/parlament/lobbyliste. 5 Gesetz zur Änderung des Bundesministergesetzes und des Gesetzes über die Rechtsverhältnisse der Parlamentarischen Staatssekretäre vom 17. Juli 2015, BGBl 2015 I, 1322. 6 Begründung zum Gesetzentwurf, BR-Drs. 52/15, S. 1, http://dipbt.bundestag.de/extrakt/ba/WP18/651/65141.html. 7 Hoppe, Legislative Toolkit on Lobbying, 2016, S. 47 f. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 3 - 3000 - 122/17 Seite 4 – Anzeigepflicht bei beabsichtigter Aufnahme einer Beschäftigung außerhalb des öffentlichen Dienstes innerhalb der ersten 18 Monate nach Ausscheiden aus dem Amt; – Möglichkeit zur Untersagung einer angestrebten Erwerbstätigkeit bei möglicher Beeinträchtigung öffentlicher Interessen, Begrenzung der Untersagung auf 12 bis maximal 18 Monate; – Entscheidung auf Empfehlung eines beratenden Gremiums; – Anspruch auf Übergangsgeld für die Dauer der Karenzzeit. Die vorgenannten Änderungen wirken sich auf folgende Rechtsvorschriften aus: Einfügung §§ 6a bis 6d Bundesministergesetz, Änderung §§ 7 und 11 Gesetz über die Rechtsverhältnisse der Parlamentarischen Staatssekretäre sowie § 50 Verwaltungsgerichtsordnung (Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichts für Streitigkeiten). 2.3. Bundesbehörden Eine der Anlage 2 GO-BT entsprechende Vorschrift gibt es für Bundesbehörden nicht. Zu nennen ist aber die „Allgemeine Verwaltungsvorschrift zum Einsatz von außerhalb des öffentlichen Dienstes Beschäftigten (externen Personen) in der Bundesverwaltung“ vom 17. Juli 2008.8 Die Vorschrift geht auf Medienberichte aus dem Jahr 2006 zurück, wonach in Bundesministerien Lobbyisten als Mitarbeiter tätig gewesen sein sollen.9 Der Bundesrechnungshof hat hierzu angemerkt: „Die häufig unentgeltliche Tätigkeit dieser externen Beschäftigten wirft verschiedene Fragen hinsichtlich ihrer Auswirkungen auf die Neutralität, Glaubwürdigkeit und Transparenz des Handelns der öffentlichen Verwaltung auf.“10 Die Verwaltungsvorschrift legt Kriterien für die „Zulässigkeit und Steuerung des Einsatzes“ externer Personen fest, sieht eine „Risikoabschätzung im Hinblick auf mögliche Interessenkollisionen oder die Erzielung von Wettbewerbsvorteilen“ vor, begrenzt die Entlohnung durch Dritte grundsätzlich auf die Dauer von sechs Monaten, führt einen Verhaltenskodex ein, und verpflichtet das Bundesministerium des Innern zu einem jährlichen Bericht an den Bundestag „über den Einsatz der externen Personen in der Bundesverwaltung“.11 8 www.verwaltungsvorschriften-im-internet.de/bsvwvbund_17072008_O4013300111.htm. 9 BT-Drs. 16/3165, Kleine Anfrage „‘Monitor‘ – Bericht über eine neue Art von Lobbyismus in Bundesministerien“, http://dipbt.bundestag.de/dip21/btd/16/031/1603165.pdf. 10 Bericht, Mitarbeit von Beschäftigten aus Verbänden und Unternehmen in obersten Bundesbehörden, 2008, www.bundesrechnungshof.de/de/veroeffentlichungen/beratungsberichte/2008-bericht-mitarbeit-von-beschaeftigten -aus-verbaenden-und-unternehmen-in-obersten-bundesbehoerden. 11 Siehe Verwaltungsvorschrift; siehe auch: www.bmi.bund.de/DE/Themen/Moderne-Verwaltung-Oeffentlicher- Dienst/Korruptionspraevention-Sponsoring-IR/Externe-Personen/externe-personen_node.html. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 3 - 3000 - 122/17 Seite 5 3. Internationale Bezüge Der Europarat hat Deutschland im Jahr 2014 empfohlen „die Transparenz des parlamentarischen Verfahrens weiter zu verbessern, beispielsweise indem geregelt wird, wie Abgeordnete Kontakte mit Lobbyisten und anderen Dritten pflegen, die Einfluss auf die parlamentarische Arbeit anstreben “.12 Der Bericht zur Umsetzung dieser Empfehlung ist bislang noch vertraulich gestellt.13 *** 12 GRECO Eval IV Rep (2014) 1E, http://rm.coe.int/CoERMPublicCommonSearchServices/DisplayDCTMContent ?documentId=09000016806c639a . 13 www.coe.int/en/web/greco/evaluations/round-4.