WD 3 - 3000 - 121/21 (18. Juni 2021) © 2021 Deutscher Bundestag Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab dem jeweiligen Fachbereich anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen. Nach § 14 Abs. 1 Parteiengesetz (PartG) sind die Parteien zur Bildung von Schiedsgerichten verpflichtet , gemäß Abs. 4 müssen dazu Schiedsgerichtsordnungen mit gewissen Verfahrensgarantien erlassen werden. 1. Regelungen zur Parteizugehörigkeit von Beiständen/Anwälten Die im Bundestag vertretenen Parteien haben in ihren Schiedsgerichtsordnungen jeweils eigene Regelungen getroffen. So verlangt die CDU die Parteizugehörigkeit zu CDU oder CSU von Beiständen/Anwälten in einem solchen Verfahren1. Bei der SPD kann die Schiedskommission auf Antrag je ein Parteimitglied als Beistand zulassen2. Die FDP3 hingegen erlaubt einen Beistand oder einen Verfahrensbevollmächtigten ohne Erfordernis der Parteizugehörigkeit, ebenso die Grünen4. Die CSU5 gestattet die Zuziehung eines Beistands ebenfalls ohne Voraussetzung der jeweiligen Parteizugehörigkeit. Vor dem Schiedsgericht 1 § 18 Abs. 2 Halbsatz 1 Parteigerichtsordnung (PGO) der Christlich Demokratischen Union Deutschlands (CDU), Stand: 25. Februar 2019, verfügbar unter https://archiv.cdu.de/system/tdf/media/dokumente/statutenbroschuere _cdu_verlinkt.pdf?file=1&type=field_collection_item&id=353. 2 § 11 Schiedsordnung (SchO) der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands (SPD), Stand: 06.12.2019, verfügbar unter https://www.spd.de/fileadmin/Dokumente/Parteiorganisation/SPD_OrgaStatut_2020.pdf. 3 § 17 Schiedsgerichtsordnung (SchGO) der Freien Demokratischen Partei, Stand: 7. Juni 2021, verfügbar unter https://www.fdp.de/sites/default/files/2021-06/FDP-Schiedsgerichtsordnung_2021.pdf. 4 § 2 Abs. 3 Schiedsgerichtsordnung BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, Stand: 18.12.2020, verfügbar unter https://cms.gruene.de/uploads/documents/201218-Satzung-Bundesverband-mit-verlinktem-Inhaltsverzeichnis .pdf. 5 § 7 Abs. 5 Schiedsgerichtsordnung der Christlich-Sozialen Union in Bayern e.V. (CSU), Stand: 8. Dezember 2016, verfügbar unter https://www.csu.de/common/csu/content/csu/hauptnavigation/partei/satzung/Satzung _komplett.pdf. Wissenschaftliche Dienste Kurzinformation Beistände in Parteigerichtsverfahren Kurzinformation Beistände in Parteigerichtsverfahren Fachbereich WD 3 (Verfassung und Verwaltung) Wissenschaftliche Dienste Seite 2 der AfD6 sowie DIE LINKE.7 kann eine Vertretung der Verfahrensbeteiligten durch ein anderes Parteimitglied oder durch einen Rechtsanwalt erfolgen. 2. Ausnahmen vom Erfordernis der Parteizugehörigkeit Nach § 18 Abs. 2 Halbsatz 2 PGO (CDU) kann das Parteigericht Ausnahmen vom Erfordernis der Parteimitgliedschaft zulassen. Genauere Regelungen, wann eine solche Ausnahme erteilt werden kann, liegen nicht vor. Die Schiedsordnung der SPD sieht die Möglichkeit einer Ausnahme nicht vor. 3. Verfassungsrechtliche Relevanz des Erfordernisses der Parteizugehörigkeit Die Parteien sind grundsätzlich Vereine nach bürgerlichem Recht. Dieser Status wird zwar durch das Parteiengesetz überlagert und ihnen kommen besondere Rechte und Pflichten zu, die Handelnden bleiben aber im Kern Private8. Als solche sind sie nicht grundrechtsverpflichtet. Den Parteien steht die aus Art. 21 Abs. 1 S. 2 GG abgeleitete Parteienfreiheit zu. Dazu gehört auch die sog. Tendenzfreiheit, die besagt, dass alle internen Strukturen und Vorgänge auf die Tendenz einer Partei verpflichtet werden dürfen. Sie beinhaltet aber auch das Recht, alle Parteiangelegenheiten durch eigene Organe mit selbst bestimmter Zusammensetzung treffen zu lassen und nur Parteimitglieder an Willensbildungs- und Entscheidungsprozessen zu beteiligen9. Schiedsgerichtsverfahren sind Teil der innerparteilichen Aktivität und fallen als solche unter die Tendenzfreiheit. Davon ist es daher umfasst, nur Beistände und Rechtsanwälte zuzulassen, die auch Parteimitglieder sind10. Bei kleineren Parteien, bei denen es problematisch sein kann, einen Rechtsanwalt mit Parteizugehörigkeit zu finden, können Ausnahmen geboten sein, um dem Gebot eines gerechten Verfahrens aus § 14 Abs. 4 PartG gerecht zu werden11. Davon ist bei den im Bundestag vertretenen Parteien nicht auszugehen. *** 6 § 15 Abs. 1 Schiedsgerichtsordnung (SGO) Alternative für Deutschland, Stand: 29. November 2020, verfügbar unter https://cdn.afd.tools/wp-content/uploads/sites/111/2021/02/21010215-AfD-Schiedsgerichtsordnung- Stand-Kalkar.pdf. 7 § 12 Abs. 1 Schiedsordnung der Partei DIE LINKE., Stand: Juni 2018, verfügbar unter https://www.dielinke .de/fileadmin/download/grundsatzdokumente/ordnungen/die_linke_schiedsordnung_leipzig2018.pdf. 8 Morlok, in: Dreier, 3. Aufl. 2015, GG Art. 21 Rn. 23. 9 Morlok, in: Dreier, 3. Aufl. 2015, GG Art. 21 Rn. 61. 10 Streinz, in: v. Mangoldt/Klein/Starck, 7. Aufl. 2018, GG Art. 21 Rn. 160. 11 Morlok, in: NomosKommentar ParteiG, 2. Aufl. 2013, ParteiG § 14 Rn. 13.