WD 3 - 3000 - 120/21 (18. Juni 2021) © 2021 Deutscher Bundestag Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab dem jeweiligen Fachbereich anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen. Gefragt wird, ob eine Eilzuständigkeit der Polizei beim Vorliegen einer unmittelbaren Gefahr für Leib und Leben besteht, sodass diese parallel zu den Rettungsdienstkräften alarmiert werden kann, um erste Hilfe und einfache Wiederbelebungsmaßnahmen zu leisten. Die Frage betrifft das Verhältnis des allgemeinen Polizei- und Ordnungsrechts zum besonderen Rettungsdienstrecht, das die Notfallrettung und den Krankentransport zum Gegenstand hat.1 Da sich die Befugnisse der Polizei überwiegend aus den Polizeigesetzen der Bundesländer ergeben, kann nur ein allgemeiner Überblick gegeben werden. Für das Gefahren- und Abwehrrecht sind nach Art. 30, Art. 70 Grundgesetz grundsätzlich die Länder zuständig. Alle Bundesländer haben Regelungen für die Rettungsdienste erlassen, sei es als eigenständiges Gesetz oder zusammenhängend mit den anderen Regelungsmaterien des sogenannten Hilfeleistungsrechts: dem Feuerwehr- und Brandschutz- sowie dem Katastrophen- und Zivilschutzrechts.2 Das Rettungsdienstrecht ist dem besonderen Ordnungsrecht zuzuordnen. Dieses geht dem allgemeinen Polizei- und Ordnungsrecht vor, soweit es besondere Regelungen für Maßnahmen der Gefahrenabwehr enthält.3 Um eine Zuständigkeitskonkurrenz zwischen den verschiedenen Gefahrenabwehrbehörden zu vermeiden, regeln sämtliche Polizeigesetze der Bundesländer , dass die Polizei aus eigener Initiative nur subsidiär tätig werden darf.4 Zu beachten ist, dass für die Polizei nach den Landespolizeigesetzen eine Not- bzw. Eilzuständigkeit besteht. Soweit ein Handeln der nach besonderem Ordnungsrecht zuständigen Behörde zur Gefahrenabwehr nicht oder nicht rechtzeitig möglich erscheint, hat die Polizei in eigener Zuständigkeit tätig zu werden. Die Zuständigkeit der Ordnungsbehörde bleibt davon unberührt. Die 1 Zum Begriff des Rettungsdienstrecht siehe Kniesel, in: Lisken/Denninger (Hrsg.), Handbuch des Polizeirechts, 6. Aufl. 2018, J. Gefahrenabwehr durch Ordnungsverwaltung Teil III Rn. 51. 2 Siehe die Auflistung für die einzelnen Bundesländer von Kniesel, (Fn.1), Rn. 16 ff. 3 Kniesel, (Fn.1), Rn. 2 ff. 4 Denninger, in: Lisken/Denninger (Hrsg.), (Fn.1), D. Polizeiaufgaben Teil IV Rn. 241 f. Wissenschaftliche Dienste Kurzinformation Eilzuständigkeit der Polizei beim Vorliegen unmittelbarer Lebensgefahr Kurzinformation Eilzuständigkeit der Polizei beim Vorliegen unmittelbarer Lebensgefahr Fachbereich WD 3 (Verfassung und Verwaltung) Wissenschaftliche Dienste Seite 2 Not- bzw. Eilzuständigkeit bleibt indes nur so lange aufrechterhalten, bis die Ordnungsbehörde selbst eingreifen kann. Die Entscheidung darüber, ob ein Not- bzw. Eilfall vorliegt, beurteilt sich nach den Umständen des Einzelfalls und dem Erkenntnisstand im Zeitpunkt der Anordnung der Maßnahme durch die Polizei.5 Daher wäre die Polizei bei einem medizinischen Notfall nur zuständig , wenn aus ihrer Sicht nach Abwägung der Umstände im Einzelfall die Abwehr der Gefahr durch den Rettungsdienst nicht oder nicht rechtzeitig möglich erscheint. Ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass sich aufgrund der konkreten Einsatzsituation eine andere eigene Zuständigkeit der Polizei ergeben kann. So ist die Polizei bspw. im Rahmen eines Verkehrsunfalls verpflichtet, die Unfallstelle zu sichern.6 In diesem Fall wären unterschiedliche Zuständigkeiten von Polizei und Rettungsdiensten betroffen und beide Behörden zu informieren. Sollte die Polizei zuerst am Einsatzort eintreffen, wäre sie bis zur Ankunft des Rettungsdienstes zur Leistung von Erste-Hilfe-Maßnahmen verpflichtet. *** 5 Zum Ganzen siehe Keller, in: Möstl/Kugelmann (Hrsg.), BeckOK Polizei- und Ordnungsrecht Nordrhein-Westfalen , 17. Edition, Stand: 01.03.2021, § 11 POG NRW Rn. 2.1. 6 Eisinger/Gräff, in Dirnberger u.a. (Hrsg), PdK Rheinland-Pfalz, Brand- und Katastrophenschutz in Rheinland- Pfalz (PdK PhPf K-16), Zusammenarbeit Polizei und Rettungsdienst, Punkt 4.4.