Nr. WD 3 - 3000 - 120/16 (14. April 2016) © 2016 Deutscher Bundestag Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab dem jeweiligen Fachbereich anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen. Vor dem Hintergrund der von den Bundesländern durchgeführten Aufnahmeprogramme für Flüchtlinge wurde gefragt, ob auch auf Bundesebene die Durchführung entsprechender Aufnahmeprogramme möglich sei und inwieweit dabei Länderkompetenzen berührt würden. Es wurde darum gebeten, die insoweit in einem Telefonat erläuterten rechtlichen und tatsächlichen Zusammenhänge noch einmal kurz zusammenzufassen. Die Rechtsgrundlage für die Durchführung von Aufnahmeprogrammen für Flüchtlinge findet sich in § 23 Aufenthaltsgesetz (AufenthG). Die Flüchtlinge, die im Rahmen eines solchen Programmes nach Deutschland kommen, werden auch als Kontingentflüchtlinge bezeichnet. § 23 Abs. 1 AufenthG bezieht sich auf Landes-Aufnahmeprogramme. Danach kann eine oberste Landesbehörde aus völkerrechtlichen oder humanitären Gründen oder zur Wahrung politischer Interessen der Bundesrepublik anordnen, dass Ausländern aus bestimmten Staaten oder in sonstiger Weise bestimmten Ausländergruppen eine Aufenthaltserlaubnis erteilt wird. Die Anordnung kann dabei unter der Maßgabe erfolgen, dass eine Verpflichtungserklärung bezüglich der Haftung für den Lebensunterhalt nach § 68 AufenthG abgegeben wird. Zur Wahrung der Bundeseinheitlichkeit bedarf die Anordnung des Einvernehmens mit dem Bundesministerium des Innern. Eine Übersicht über die Aufnahmeprogramme der einzelnen Bundesländer findet sich beispielsweise unter https://www.proasyl.de/thema/aufnahmeprogramme/syrien-aufnahmeprogramme/ (zuletzt abgerufen am 13. April 2016). § 23 Abs. 2 AufenthG stellt die Rechtsgrundlage für Bundes-Aufnahmeprogramme dar. Danach kann das Bundesministerium des Innern zur Wahrung besonders gelagerter politischer Interessen der Bundesrepublik im Benehmen mit den obersten Landesbehörden anordnen, dass das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge Ausländern aus bestimmten Staaten oder in sonstiger Weise bestimmten Ausländergruppen eine Aufnahmezusage erteilt. Den betroffenen Ausländern ist entsprechend der Aufnahmezusage durch die Ausländerbehörden eine Aufenthaltserlaubnis oder Niederlassungserlaubnis zu erteilen, wobei letztere mit einer wohnsitzbeschränkenden Auflage versehen werden kann. Wissenschaftliche Dienste Kurzinformation Bundes-Aufnahmeprogramme für Flüchtlinge Kurzinformation Bundes-Aufnahmeprogramme für Flüchtlinge Fachbereich WD 3 (Verfassung und Verwaltung) Wissenschaftliche Dienste Seite 2 Eine Anordnung nach § 23 AufenthG kann gemäß § 23 Abs. 3 AufenthG vorsehen, dass § 24 AufenthG, der der Umsetzung der Massenzustrom-Richtlinie dient, ganz oder teilweise entsprechende Anwendung findet. Auf Bundesebene gab es bislang drei Programme für die Aufnahme syrischer Flüchtlinge in Deutschland (Mai 2013, Dezember 2013 und Juli 2014). Die Anordnung des Bundesministeriums des Innern vom 18. Juli 2014, die dem dritten Bundes-Aufnahmeprogramm zugrunde liegt, kann abgerufen werden unter https://www.proasyl.de/wp-content/uploads/2015/12/01_2014-07- 20_BMI_Anordnung_HAP_10.000-3_Syrien_mit_Anlagen.pdf (zuletzt abgerufen am 13. April 2016). Auf dem Internetauftritt des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge finden sich weitere Informationen zu den Bundes-Aufnahmeprogrammen, unter anderem ein ausführliches Merkblatt zum dritten Bundes-Aufnahmeprogramm (siehe http://www.bamf.de/DE/Migration/Aufnahme- Syrien/aufnahmeverfahren-syrien-node.html, zuletzt abgerufen am 13. April 2016). In Hinblick auf die Wahrung der Länderkompetenzen ist festzuhalten, dass die Entscheidung des Bundesministeriums des Innern über ein Bundes-Aufnahmeprogramm zumindest im Benehmen mit den Innenministern und -senatoren der Länder ergehen muss, § 23 Abs. 2 S. 1 AufenthG. In der Anordnung des Bundesministeriums des Innern vom 18. Juli 2014 zum dritten Bundes- Aufnahmeprogramm heißt es beispielsweise sogar, dass die Entscheidung im Einvernehmen mit den Innenministern und -senatoren getroffen worden sei. Da sich die Bundes-Aufnahmeprogramme im Schwerpunkt auf Personen beziehen, die bereits Beziehungen nach Deutschland haben, wurde zudem vereinbart, dass der überwiegende Teil der Vorschläge für die Kontingente durch die Bundesländer erfolgt. Abschließend ist auf Sinn und Zweck der Regelung des § 23 Abs. 2 AufenthG einzugehen. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts kann mittels des § 23 Abs. 2 AufenthG bei Aufnahmeentscheidungen, die typischerweise eine größere Zahl von Ausländern in gleicher oder vergleichbarer Weise betreffen, ein gleichmäßiger Verwaltungsvollzug (durch den Bund) sichergestellt werden (BVerwG, Urteil vom 15. November 2011, 1 C 21/10, Rn. 11 – zitiert nach juris). Da Aufnahmeanordnungen der Länder durch den Bund nicht vollzogen werden können, bedurfte es für einen Bundesvollzug der Schaffung einer Rechtsgrundlage für Bundes-Aufnahmeprogramme in § 23 Abs. 2 AufenthG sowie einer Aufgabenzuweisung an das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge in § 75 Nr. 8 AufenthG (siehe BT-Drs. 16/4444, S. 6). Ende der Bearbeitung