© 2017 Deutscher Bundestag WD 3 - 3000 - 117/17 Asylverfahren von Asylbewerbern aus Somalia und Eritrea Sachstand Wissenschaftliche Dienste Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab dem jeweiligen Fachbereich anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 3 - 3000 - 117/17 Seite 2 Asylverfahren von Asylbewerbern aus Somalia und Eritrea Aktenzeichen: WD 3 - 3000 - 117/17 Abschluss der Arbeit: 13.06.2017 Fachbereich: WD 3: Verfassung und Verwaltung Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 3 - 3000 - 117/17 Seite 3 1. Fragestellung Es werden Fragen zu den Asylverfahren von Asylbewerbern aus Somalia und Eritrea gestellt. Konkret geht es darum, wie die Identitätspapiere von Asylbewerbern aus Somalia und Eritrea bewertet werden, ob die Durchführung ihrer Asylverfahren Vorrang genießt und wie die gegenwärtige asylrelevante Sicherheitslage in Somalia und Eritrea vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) eingeschätzt wird. 2. Bewertung der Identitätspapiere Das für die Durchführung der Asylverfahren zuständige BAMF klärt den Sachverhalt auf und erhebt die erforderlichen Beweise, § 24 Abs. 1 S. 1 Asylgesetz (AsylG). Zur Sachverhaltsklärung gehört auch die Klärung der Identität des Asylbewerbers. Neben der Anhörung des Asylbewerbers kommt als weiteres Beweismittel insbesondere die Vorlage von Identitätspapieren in Betracht. Die Asylbewerber sind insoweit zur Mitwirkung verpflichtet. Nach § 15 Abs. 2 AsylG besteht eine Pflicht zur Vorlage des Passes oder Passersatzes sowie aller Urkunden und sonstiger Unterlagen , die für die Feststellung der Identität und Staatsangehörigkeit von Bedeutung sein können (z.B. Geburtsurkunde, Führerschein), § 15 Abs. 2 Nr. 4, 5 AsylG. Die Echtheit der Dokumente wird vom BAMF im Rahmen einer physikalisch-technischen Urkundenuntersuchung überprüft. Wenn die Asylbewerber ihrer Vorlagepflicht nicht nachkommen, aber Anhaltspunkte dafür bestehen, dass sie im Besitz von Identitätspapieren sind, können die zuständigen Behörden die Ausländer und ihre Sachen durchsuchen, § 15 Abs. 4 S. 1 AsylG. Schließlich müssen Asylbewerber erkennungsdienstliche Maßnahmen, z.B. die Abnahme von Fingerabdrücken, zur Sicherung ihrer Identität dulden, § 15 Abs. 2 Nr. 7, § 16 AsylG. Zur Prüfung der Identität des Ausländers dürfen die auf dem elektronischen Speichermedium eines Passes, anerkannten Passersatzes oder sonstigen Identitätspapiers gespeicherten biometrischen Daten (Fingerabdrücke, Lichtbild und Irisbilder) und sonstigen Daten ausgelesen, die benötigten biometrischen Daten erhoben und die biometrischen Daten miteinander verglichen werden, § 16 Abs. 1a AsylG. Zulässig sind ferner Sprachaufzeichnungen , die zur Einholung von Sprachanalysen dienen, § 16 Abs. 1 S. 2 AsylG. Die Bewertung der genannten Beweismittel obliegt dem BAMF nach dem Grundsatz der freien Beweiswürdigung. Das Verfahren zur Sachverhaltsaufklärung und Beweiserhebung gilt auch für Asylbewerber aus Somalia und Eritrea. Aktuelle Informationen über die Beweiswürdigung somalischer und eritreischer Identitätspapiere in Asylverfahren liegen jedoch nicht vor. Allein aus der Antwort der Bundesregierung auf eine parlamentarische Anfrage vom Dezember 2015 ergibt sich, dass im Zeitraum vom 1. Januar 2015 bis zum 31. Oktober 2015 weniger als 10% der Asylbewerber aus Eritrea überhaupt eritreische Dokumente, und zwar überwiegend ID-Karten vorgelegt haben. Dabei seien die ID-Karten als grundsätzlich geeignet für den Nachweis der Identität angesehen worden. Im Übrigen folgt aus einer Antwort der Bundesregierung auf eine parlamentarische Anfrage vom August 2016, dass die Legalisation von Urkunden im Zusammenhang mit der Visaerteilung für den Familiennachzug in Eritrea und Somalia wegen der Unzuverlässigkeit des Urkundenwesens eingestellt wurde. 3. Vorrangige Asylverfahren? Für die Asylverfahren von Asylbewerbern aus Somalia und Eritrea gelten keinen besonderen Vorschriften in Bezug auf eine vorrangige Bearbeitung. In der Verwaltungspraxis kann es sich aber günstig auf die Bearbeitungsdauer auswirken, wenn Asylbewerber aus Ländern kommen, Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 3 - 3000 - 117/17 Seite 4 die – wie Eritrea und Somalia – eine hohe Schutzquote aufweisen. Soweit deren Asylverfahren in den neu eingerichteten Ankunftszentren des BAMF – und nicht in den „normalen“ Außenstellen des BAMF – bearbeitet werden, können sie von der verfahrensbeschleunigenden Wirkung des „systematischen Clusterverfahrens“ profitieren. Danach werden die Asylbewerber in den Ankunftszentren des BAMF in die vier Gruppen „Herkunftsländer mit hoher Schutzquote (über 50%), „Herkunftsländer mit geringer Schutzquote (bis 20%)“, „komplexe Profillagen“ und „Dublin-Fälle“ eingeteilt. Die Bearbeitungsdauer in diesen Ankunftszentren lag im Jahr 2016 für – Asylbewerber aus Eritrea bei 7,1 Monate und für – Asylbewerber aus Somalia bei 13,8 Monaten. In den „normalen“ Außenstellen des BAMF dauerte die Bearbeitung der Asylverfahren im Jahr 2016 bei – Asylbewerbern aus Eritrea 9,8 Monate und bei – Asylbewerbern aus Somalia 19,6 Monate. 4. Einschätzung der asylrelevanten Sicherheitslage Maßgeblich für die Einschätzung der asylrelevanten Sicherheitslage in den jeweiligen Herkunftsländern sind die „Herkunftsländerleitsätze“ des BAMF. Die „Herkunftsländerleitsätze“ werden durch das BAMF anhand aktueller Lageinformationen des Auswärtigen Amtes, von internationalen Organisationen, Nichtregierungsorganisationen und unter Berücksichtigung nationaler und internationaler Rechtsprechung erstellt und aktualisiert. Sie werden allerdings aus Geheimschutzgründen klassifiziert und sind nicht frei zugänglich. Nähere Informationen zur asylrelevanten Sicherheitseinschätzung des BAMF in Bezug auf Eritrea und Somalia können daher nicht zur Verfügung gestellt werden. ***