WD 3 - 3000 - 114/21 (7. Juni 2021) © 2021 Deutscher Bundestag Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab dem jeweiligen Fachbereich anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen. Durch die Föderalismusreform im Jahre 2006 wurde die sogenannte Abweichungsgesetzgebung in Art. 72 Abs. 3 Grundgesetz (GG) geregelt. Hat der Bund auf dem Gebiet der konkurrierenden Gesetzgebung von seiner Gesetzgebungszuständigkeit Gebrauch gemacht, können die Länder hiervon auf bestimmten Gebieten abweichende Regelungen treffen, Art. 72 Abs. 3 S. 1 GG. Diese Gebiete werden in Art. 72 Abs. 3 S. 1 Nr. 1 bis Nr. 7 GG abschließend aufgezählt. Von den Bundesgesetzen geht keine Sperrwirkung aus;1 stattdessen geht im Verhältnis von Bundesund Landesrecht das jeweils spätere Gesetz vor, Art. 72 Abs. 3 S. 3 GG. Dabei handelt es sich um einen Anwendungsvorrang des jeweils späteren Gesetzes. Anders als bei einem Geltungsvorrang treten die jeweils früheren Gesetze also nicht außer Kraft; sie leben bei Wegfall des späteren Rechts wieder auf.2 Die Befugnis der Landesgesetzgeber zum Erlass abweichender Regelungen knüpft an den Erlass eines Bundesgesetzes auf den im Katalog des Art. 72 Abs. 3 S. 1 GG genannten Gebieten an.3 Ob vor Erlass des Bundesgesetzes bereits Länderregelungen erlassen worden sind, ist für die Abweichungsbefugnis daher nicht relevant. Zulässig ist auch der wiederholte Erlass von Bundesgesetzen und abweichenden Landesgesetzen auf demselben Gebiet.4 Die Abweichungsbefugnis der Länder ist nicht grenzenlos. Art. 72 Abs. 3 GG betrifft nur die Frage der Gesetzgebungszuständigkeit, nicht sonstige formale oder materielle Anforderungen. An verfassungs-, europa- und völkerrechtliche Vorgaben sind die Länder in gleicher Weise gebunden wie der Bund.5 *** 1 Uhle, in: Maunz/Dürig, GG, 93. EL Oktober 2020, Art. 72 Rn. 267. 2 Kment, in: Jarass/Pieroth, GG, 16. Auflage 2020, Art. 72 Rn. 32. 3 Uhle, in: Maunz/Dürig, GG, 93. EL Oktober 2020, Art. 72 Rn. 265. 4 Oeter, in: von Mangoldt/Klein/Starck, GG, 7. Auflage 2018, Art. 72 Rn. 127. 5 Uhle, in: Maunz/Dürig, GG, 93. EL Oktober 2020, Art. 72 Rn. 228. Wissenschaftliche Dienste Kurzinformation Abweichungsgesetzgebung nach Art. 72 Abs. 3 GG