© 2018 Deutscher Bundestag WD 3 - 3000 - 114/18 Formelles parlamentarisches Fragerecht in ausgewählten europäischen und nordamerikanischen Ländern (Aktualisierung der Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 037/10 vom 8. Juni 2010) Ausarbeitung Wissenschaftliche Dienste Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. 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Interpellationen 11 3. Bulgarien 11 3.1. Einzelfragen zur mündlichen oder schriftlichen Beantwortung 12 3.2. Anfragen 12 4. Dänemark 12 4.1. Regierungsbefragung 13 4.2. Schriftliche Fragen einzelner Abgeordneter 13 4.3. Fragen eines Ausschusses 14 4.4. Interpellationen 14 5. Deutschland 15 5.1. Große und Kleine Anfragen der Fraktionen 15 5.2. Einzelfragen zur schriftlichen und mündlichen Beantwortung 15 5.3. Regierungsbefragung 16 6. Estland 16 6.1. Fragestunde 17 6.2. Schriftliche Fragen 17 6.3. Interpellationen 17 7. Finnland 18 7.1. Interpellation 18 7.2. Schriftliche Fragen 18 7.3. Fragestunde 19 7.4. Aktuelle Debatte 19 8. Frankreich 19 8.1. Regierungsbefragung 19 8.2. Mündliche Einzelfragen 20 8.3. Regierungskontrollwoche 20 8.4. Schriftliche Einzelfragen 21 9. Griechenland 22 9.1. Schriftliche Fragen 22 9.2. Aktuelle Fragen 22 Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 114/18 Seite 4 9.3. Dokumentenanforderung 23 9.4. Interpellationen 23 9.5. Aktuelle Interpellationen 24 10. Irland 24 10.1. Fragen zur mündlichen Beantwortung 24 10.2. Prioritäre Fragen 25 10.3. Fragen zur schriftlichen Beantwortung 25 11. Italien 25 11.1. Fragen im Abgeordnetenhaus 26 11.1.1. Fragen zur mündlichen Beantwortung 26 11.1.2. Dringliche Fragen zur mündlichen Beantwortung 27 11.1.3. Fragen zur schriftlichen Beantwortung 27 11.1.4. Verweigerung der Annahme oder der Antwort 27 11.2. Interpellationen 28 12. Kroatien 28 12.1. Regierungsbefragung 29 12.2. Schriftliche Fragen 29 12.3. Interpellation 30 13. Lettland 30 14. Litauen 32 14.1. Regierungsbefragung 32 14.2. Allgemeine Fragestunde 33 14.3. Fragen zur schriftlichen Beantwortung 33 14.3.1. Einfache Anfragen 33 14.3.2. Enquêtes 34 15. Luxemburg 34 15.1. Fragestunde 34 15.2. Aktuelle Stunde 35 15.3. Dringende Fragen 35 15.4. Ergänzende Fragen 35 15.5. Schriftliche Fragen 35 15.6. Interpellation 36 16. Niederlande 36 16.1. Interpellationen 36 16.2. Schriftliche Fragen 37 16.3. Fragestunde 37 16.4. Befragung von Personen, die eine neue Regierung bilden 38 Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 114/18 Seite 5 17. Norwegen 38 17.1. Regierungsbefragung 38 17.2. Schriftliche Fragen zur mündlichen Beantwortung/gewöhnliche Fragestunde 39 17.3. Schriftliche Fragen zur schriftlichen Beantwortung 39 17.4. Interpellationen 40 17.5. Fragen ans Präsidium 40 18. Österreich 40 18.1. Mündliche Anfrage/Fragestunde 41 18.2. Schriftliche Anfrage, „Dringliche Anfrage“ und „Kurze Debatte“ 42 19. Polen 42 19.1. Interpellationen 42 19.2. Anfragen nach aktuellen Informationen 43 19.3. Abgeordnetenfragen 43 19.4. Dringlichkeitsfragen 43 19.5. Anwesenheitspflicht 43 19.6. Fragerecht im Senat 43 20. Portugal 43 20.1. Aktuelle Stunde 44 20.2. Debatte des Premierministers 44 20.3. Dringlichkeitssitzung 44 20.4. Ministerialdebatte 44 20.5. Schriftliche Einzelfragen 44 21. Rumänien 44 21.1. Fragen 45 21.2. Mündliche Antworten 45 21.3. Schriftliche Antworten 46 21.4. Verweigerung der Antwort 46 21.5. Interpellationen 46 21.6. Beantragung von Debatten 47 22. Schweden 47 22.1. Interpellationen 47 22.2. Schriftliche Fragen 48 22.3. Mündliche Fragen 48 22.4. Verweigerung der Antwort 48 23. Slowakei 49 23.1. Fragestunde 49 23.2. Interpellation 49 Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 114/18 Seite 6 24. Slowenien 50 24.1. Mündliche Fragen/Fragestunde 50 24.2. Schriftliche Fragen 51 24.3. Interpellation 51 25. Spanien 51 25.1. Fragen zur mündlichen Beantwortung 52 25.2. Fragen zur schriftlichen Beantwortung 53 25.3. Interpellationen 53 26. Tschechische Republik 54 26.1. Mündliche Interpellation 54 26.2. Schriftliche Interpellation 55 27. Ungarn 55 27.1. Interpellationen 55 27.2. Gewöhnliche Fragen 56 27.3. Sofortige Fragen 56 27.4. Schriftliche Einzelfragen 56 28. Vereinigtes Königreich 56 28.1. Fragestunde 57 28.1.1. Einreichung von Fragen (allgemein) 57 28.1.2. Besonderheiten für Fragen zur mündlichen Beantwortung 58 28.1.3. Ablauf des ersten Teils der Fragestunde 59 28.1.4. Aktuelle Fragen in der Fragestunde 59 28.1.5. Fragen an den Premierminister 60 28.2. Fragen zur schriftlichen Beantwortung 60 28.3. Dringlichkeitsfragen 61 29. Zypern 61 30. Kanada 61 30.1. Fragezeit 62 30.2. Stellen von Fragen während der parlamentarischen Fragezeit 62 30.3. Antworten während der parlamentarischen Fragezeit 63 30.4. Schriftliche Fragen 64 30.5. „Verschobene Beratungen“ 65 31. Vereinigte Staaten von Amerika 65 Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 114/18 Seite 7 1. Einleitung und Zusammenfassung Die Kontrolle der Regierung gehört zu den traditionellen Aufgaben von Parlamenten und dient in jeder Demokratie der Mäßigung von Macht und der Sicherstellung der Effizienz staatlichen Handelns .1 Zentrales Kontrollinstrument ist das parlamentarische Fragerecht. Die Typen und Verfahren parlamentarischer Fragerechte haben in den einzelnen Staaten je nach historischer Entwicklung eine unterschiedliche Ausgestaltung erfahren.2 Das Frage- und Kontrollrecht der einzelnen Parlamente hängt von der jeweiligen Verfasstheit des Regierungssystems, insbesondere von der parlamentarischen Verantwortlichkeit der Regierung ab.3 In einigen Ländern ist es in den Verfassungen angelegt oder sogar ausgestaltet. Die vorliegende Ausarbeitung soll eine Übersicht über die formelle Ausgestaltung des parlamentarischen Fragerechts in ausgewählten Staaten liefern. Die Begrifflichkeiten in den verschiedenen Parlamenten sind sehr unterschiedlich. Soweit gleiche Termini verwendet werden, ist diesen nicht notwendigerweise die gleiche Bedeutung zuzumessen . Im Deutschen Bundestag wird zwischen „Regierungsbefragung“ und „Fragestunde“ unterschieden : In der Regierungsbefragung werden aktuelle Fragen, insbesondere solche zu der vorangegangenen Kabinettssitzung gestellt; in der Fragestunde werden vorher schriftlich eingereichte Einzelfragen ohne inhaltliche Eingrenzung behandelt. Im Westminster-System, vor allem im Vereinigten Königreich, wird unterschieden zwischen der Question Time zu Beginn einer jeden Parlamentssitzung, in der sich rotierend die einzelnen Minister den Fragen der Abgeordneten stellen, und der Prime Minister’s Question Time, in der zunächst der Oppositionsführer sechs und danach der Führer der zweitstärksten Oppositionsfraktion zwei Fragen stellen kann. Während die Fragestunde in Westminster zu den Höhepunkten des Parlamentsalltages gehört, finden Regierungsbefragung und Fragestunde im Deutschen Bundestag wenig öffentliche Aufmerksamkeit . Die Fragen werden selten von Regierungsmitgliedern beantwortet. Dafür findet der Schlagabtausch zwischen Bundeskanzlerin bzw. Bundesministern und Opposition eher in einer Aktuellen Stunde statt, die unter anderem zu der Antwort der Bundesregierung auf eine mündliche Anfrage verlangt werden kann. Die einzelnen Frageinstrumente sind jeweils in der Gesamtschau des parlamentarischen Verfahrens , insbesondere der sonstigen Kontrollrechte und ihrer praktischen Anwendung zu betrachten . Daher ist ein Vergleich nur eingeschränkt möglich. Erscheint die Ausgestaltung eines Fragerechts wenig umfassend und wirksam, lässt sich hieraus nicht notwendigerweise auf ein geringeres parlamentarisches Kontrollniveau schließen. Abgesehen von Zypern und den Vereinigten Staaten von Amerika kennen alle untersuchten Parlamente mündliche Fragestunden im Parlament mit mehr oder weniger spontanen Befragungen 1 Krause, Der Bedeutungswandel parlamentarischer Kontrolle: Deutscher Bundestag und US-Kongress im Vergleich , ZParl 1999, S. 534 f. 2 Wissenschaftliche Dienste des Deutschen Bundestages, Das Fragerecht der Abgeordneten in den Parlamenten europäischer Staaten und der USA sowie im Europäischen Parlament, WF I – 6/92, S. 1. 3 Vgl. hierzu: Wissenschaftlichen Dienste des Bundestages, Die Regierungssysteme der EU-Mitgliedstaaten, Auswertung und Analyse der Verfassungen der Mitgliedstaaten, WD 3 - 3000 - 77/09 Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 114/18 Seite 8 der Regierung sowie die mündliche Beantwortung vorher eingereichter schriftlicher Fragen, auf deren Beantwortung sich die Regierung vorbereiten kann. Auch Fragen, die schriftlich beantwortet werden, kennen alle Parlamente. Daneben gibt es schriftliche Interpellationen, die eine ausführlichere Beantwortung erlauben und teilweise im Zusammenhang mit Sachanträgen oder Vertrauensabstimmungen stehen. Unterschiedlich sind die Zulassung der Fragen, die Fristen zur Einreichung und Beantwortung sowie die im Plenum für Frage und Antwort zur Verfügung stehende Zeit. Unterschiedlich sind auch Regeln und Übung der Präsenz von Regierungsmitgliedern . Lebendigkeit und öffentliches Interesse an den Regierungsbefragungen scheinen vor allem von der Präsenz, der Spontaneität und der Kürze von Frage und Antwort abzuhängen. Die Ausarbeitung befasst sich vor allem mit den Regeln zum Fragerecht. Über die praktische Durchführung des Fragerechts und ihren Erfolg ließen sich nicht durchgängig Informationen ermitteln . Die Darstellung beschränkt sich auf die Ausgestaltung des parlamentarischen Fragerechts und die Praxis der Fragestunde in der parlamentarischen Hauptkammer eines jeweiligen Landes (z. B. Frankreich: Assemblée nationale, Vereinigtes Königreich: House of Commons). Wegen der unterschiedlichen Begrifflichkeit ist in geeigneten Fällen die Bezeichnung eines Frageinstruments in der Originalsprache oder der Sprache, die der Bearbeitung zugrunde lag, in Klammern angefügt worden, um Übersetzungsunschärfen zu verringern. 2. Belgien Belgien ist eine konstitutionelle Monarchie mit einem bikameralen Parlament, bestehend aus den beiden föderalen Kammern, dem Abgeordnetenhaus (Kamer van volksvertegenwoordigers bzw. Chambre des représentants) und dem Senat (Senaat bzw. Sénat). Die Regierung ist zwar vom König eingesetzt, aber der Abgeordnetenkammer gegenüber verantwortlich, von der sie auch gestürzt werden kann.4 Im belgischen Abgeordnetenhaus wird zwischen dem Fragerecht und dem Interpellationsrecht unterschieden. Frage- und das Interpellationsrecht stehen jedem einzelnen Abgeordneten zu. Eine Frage richtet sich an einen einzelnen Minister, die Interpellation an die gesamte Regierung oder einen einzelnen Minister. Im Zusammenhang mit einer Interpellation kann eine Debatte, ein konstruktives Misstrauensvotum oder eine Vertrauensabstimmung verbunden werden. Für das Fragerecht bestehen keine Quoren. Jeder Abgeordnete kann jedes Regierungsmitglied mündlich im Plenum und in den Ausschüssen und auch schriftlich befragen. Wenn aber die Anzahl der Fragen eine vollständige Bearbeitung nicht zulässt, werden zunächst die Fragen der Fraktionen im Parlament behandelt.5 4 Belgische Verfassung, http://www.dekamer.be/kvvcr/pdf_sections/publications/constitution/grondwetFR.pdf, Auf Deutsch: http://www.senate.be/deutsch/const_de.html. 5 Geschäftsordnung des Abgeordnetenhauses, http://www.dekamer.be/kvvcr/pdf_sections/publications/reglement /reglementNL.pdf. Auf Deutsch http://www.dekamer.be/kvvcr/pdf_sections/publications/reglement /Regl.%20all.%204%202%202015.pdf. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 114/18 Seite 9 Das Fragerecht der Abgeordneten des Abgeordnetenhauses wird verfassungsrechtlich aus dem in der belgischen Verfassung festgeschriebenen Zitierrecht abgeleitet. Das Interpellationsrecht, das nur dem Abgeordnetenhaus, nicht aber dem Senat zusteht, ergibt sich auch aus der Verantwortlichkeit der Regierung gegenüber dem Abgeordnetenhaus. Regierungsmitglieder, deren Anwesenheit vom Plenum oder von einem Ausschuss verlangt wird, müssen erscheinen. Der Beschluss zur Herbeirufung bedarf jeweils der absoluten Mehrheit der anwesenden Mitglieder. Die zitierten Regierungsmitglieder können aber schweigen. Eine Antwortpflicht besteht nicht. 2.1. Unzulässige Fragen Der Präsident des Abgeordnetenhauses entscheidet über die Zulässigkeit. Unzulässig sind Fragen und Interpellationen, – die eine persönliche Angelegenheit oder ein zu spezielles Interesse betreffen, – die dem öffentlichen Interesse entgegenstehen, wenn zum Beispiel nach vertraulichen Informationen gefragt wird, – die eine bloße Datenabfrage darstellen, – die nach einer Rechtsauffassung fragen oder – die Aufgaben der Judikative betreffen. Ferner sind rhetorische Fragen und Interpellationen als Erwiderung zu einer beantworteten Frage oder Interpellation und polemisierende Fragen und Interpellationen, sowie Fragen oder Interpellationen , die bereits als Frage oder Interpellation in einem Ausschuss oder im Plenum gestellt wurden, unzulässig. 2.2. Fragen zur mündlichen Beantwortung Mindestens einmal pro Woche, zumeist donnerstagnachmittags, findet eine Fragestunde im Plenum statt. Bei Bedarf kann eine zweite Fragestunde unmittelbar im Anschluss an die Kabinettssitzung durchgeführt werden. Die im Plenum zu behandelnden Fragen müssen aktuell und von allgemeinem Interesse sein. Grundsätzlich hat jede Fraktion das Recht, zwei Fragen in der Fragestunde zu stellen. Ist ein Abgeordneter fraktionslos, entscheidet der Präsident des Abgeordnetenhauses nach seinem Ermessen , wie oft er fragen darf. Fragen zur mündlichen Beantwortung müssen vorher nicht offenbart werden. Allerdings sind das Thema der Frage und der Adressat beim Präsidenten des Abgeordnetenhauses schriftlich spätestens bis 11 Uhr desselben Tages über den Fraktionsvorsitzenden anzumelden. Der zuständige Minister wird umgehend informiert. Dieser muss nach der Geschäftsordnung selbst antworten. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 114/18 Seite 10 Der Präsident ruft abwechselnd Fragen von Opposition und Mehrheit auf. Der Fragende hat grundsätzlich zwei Minuten um zu fragen, der Antwortende zwei Minuten zu antworten, der Fragende wiederum eine Minute für eine Erwiderung. Ist die Frage Gegenstand einer Debatte, kann der Präsident im Einvernehmen mit den Fraktionsführern, den Präsidenten oder nach Konsultation des Plenums die Frage auf die Tagesordnung vor eine Debatte setzen. Dann kann der Fragende zwei Minuten fragen und die Regierung fünf Minuten antworten. Ist der Fragende bei Aufruf nicht anwesend, gilt die Frage als zurückgezogen und der Abgeordnete darf nicht noch einmal zu demselben Thema fragen. Fragen zur mündlichen Beantwortung können auch zur Beantwortung in einem Ausschuss gestellt werden. Für im Ausschuss zu beantwortende Fragen gibt es mindestens einmal die Woche eine Fragestunde. Die Anzahl der im Ausschuss zu stellenden Fragen ist nicht beschränkt. Der Fragende hat im Ausschuss zweieinhalb Minuten zum Fragen, der Antwortende zweieinhalb Minuten zum Antworten, der Fragende wiederum eine Minute für eine Erwiderung, der Antwortende eine Minute für eine Entgegnung auf die Erwiderung. Der Präsident kann eine Frage, die für die Beantwortung im Plenum eingereicht worden ist, an den zuständigen Ausschuss überweisen, um dort beantwortet zu werden, wenn er diese Frage für weniger wichtig hält. Umgekehrt kann er eine Frage zur Beantwortung im Ausschuss im Plenum aufrufen. Mehrere Fragen, die ein aktuelles Thema betreffen, kann er mit Zustimmung der Fraktionsvorsitzenden oder des Ältestenrates oder nach Befassung des Plenums zusammenfassen und im Anschluss an die Fragestunde zum Gegenstand einer Aktuellen Stunde machen. In der Aktuellen Stunde kann jeder Fragesteller bis zu zwei Minuten reden; die Regierung erhält fünf Minuten zur Beantwortung, jede Fraktion zwei Minuten. Auf den Redebeitrag der Regierung können die Fragesteller jeweils innerhalb weiterer zwei Minuten reagieren. Für dringende Fragen zur mündlichen Beantwortung gelten dieselben Verfahrensregeln, mit der Ausnahme, dass sie auch außerhalb der Fragestunde auf die Tagesordnung gesetzt werden können . Der Präsident entscheidet nach seinem Ermessen über die Dringlichkeit. Fragen, die mangels Zeit nicht am selben Tag beantwortet werden können, werden in der nächsten Fragestunde wieder aufgerufen. 2.3. Fragen zur schriftlichen Beantwortung Fragen zur schriftlichen Beantwortung sind gewöhnlich weniger aktuell, von geringerer Wichtigkeit oder betreffen örtliche Angelegenheiten. Sie können unbegrenzt gestellt werden. Gerichtet werden Fragen zur schriftlichen Beantwortung an ein bestimmtes Regierungsmitglied, das auch zu antworten hat. Die Beantwortung muss innerhalb von 20 Tagen erfolgen. Fragen und Antworten werden einmal wöchentlich in einer gesonderten Drucksache (Bulletin des Questions et Réponses) veröffentlicht. Wird die Frage nicht, oder nicht fristgemäß beantwortet, wird sie ebenfalls in der Drucksache veröffentlicht. Die Antworten der Regierung können nicht zum Gegenstand einer Debatte gemacht werden. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 114/18 Seite 11 2.4. Interpellationen Interpellationen sind Informationsverlangen an die Regierung. Sie werden schriftlich eingereicht, aber immer mündlich behandelt, entweder im Ausschuss oder im Plenum. Grundsätzlich werden Interpellationen vom Präsidenten an einen Ausschuss überwiesen. Sind sie von allgemeinem oder einem besonderen Interesse, können sie vom Ältestenrat auf die Tagesordnung des Plenums gesetzt werden. Mit Zustimmung des Ältestenrates kann der Präsident auch entscheiden, eine Interpellation in eine Frage zur mündlichen oder schriftlichen Beantwortung umzuwandeln. Interpellationen werden grundsätzlich innerhalb von zwei Wochen auf die Tagesordnung gesetzt. Wenn zwanzig Prozent der Mitglieder des Abgeordnetenhauses ihre Dringlichkeit beantragen, wird die Interpellation noch in derselben Woche behandelt. Mit Zustimmung der Regierung kann eine Interpellation auch am selben Tag behandelt werden. Die Dringlichkeit kann auch vom Ältestenrat beschlossen werden, wenn eines oder mehrere seiner Mitglieder, das oder die ein Fünftel des Parlaments repräsentieren, dies unterstützt. Der Fragende hat zehn Minuten zum Fragen, sind es mehrere Fragende, hat jeder fünf Minuten, die Regierung hat zehn Minuten zu antworten; beantwortet sie mehrere Interpellationen, hat sie 20 Minuten. Danach haben der Fragende und drei andere Mitglieder jeder fünf Minuten Zeit für eine Erwiderung. Interpellationen können mit folgenden Anträgen verbunden werden: Ein konstruktiver Misstrauensantrag , der auf die Abbestellung der Regierung und die Ernennung eines neuen Premierministers durch den König zielt, ein einfaches Misstrauensvotum, das lediglich auf Abbestellung der Regierung zielt, ein Antrag auf einen einfachen Beschluss oder ein Antrag auf eine Empfehlung des Parlaments für weiteres Regierungshandeln. 3. Bulgarien Bulgarien hat einen direkt gewählten Präsidenten, der den von der stärksten Fraktion im Parlament Nominierten zum Premierminister ernennt. Die Regierung, der Ministerrat, besteht aus dem Premierminister, zwei Stellvertretern und den Ministern. Sie ist dem aus einer Kammer bestehenden Parlament, der Volksversammlung, verantwortlich und von deren Vertrauen abhängig.6 Nach der Geschäftsordnung der Volksversammlung7 wird unterschieden zwischen Einzelfragen zur mündlichen oder schriftlichen Beantwortung und sogenannten Anfragen. Beide Arten werden in den Plenarsitzungswochen jeweils in den letzten drei Stunden am Freitag behandelt.8 6 Bulgarische Verfassung vom 13. Juli 1991, http://www.parliament.bg/?page=const&lng=en. 7 Rules of Organisation and Procedure of the National Assembly, Article 82 – 94, http://www.parliament .bg/?page=app&lng=en&aid=6. 8 Wegen des Sitzungskalenders und des Ablaufs einer Sitzungswoche vergleiche: http://www.parliament .bg/?page=app&lng=en&aid=3. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 114/18 Seite 12 3.1. Einzelfragen zur mündlichen oder schriftlichen Beantwortung Jeder Abgeordnete kann aktuelle Fragen von öffentlichem Interesse an den Premierminister, seine Stellvertreter und an die Minister richten. Die Fragen sind 48 Stunden vor der Fragestunde beim Parlamentspräsidenten einzureichen. Die Fragen müssen präzise und klar formuliert sein, dürfen keine Beschimpfungen und Beleidigungen beinhalten und müssen eigenhändig unterschrieben sein. Die Beantwortung kann mündlich oder innerhalb von sieben Tagen schriftlich erfolgen. Auf Ersuchen des Adressaten kann die Beantwortungsfrist um sieben Tage verlängert werden. Pro Sitzung darf jeder Abgeordnete nur zwei Fragen einreichen. Für die Präsentation der Frage stehen zwei Minuten, für die Antwort drei Minuten zur Verfügung. Der fragestellende Abgeordnete kann innerhalb von zwei Minuten erwidern, worauf der Adressat erneut zwei Minuten antworten kann. 3.2. Anfragen Jeder Abgeordnete kann an den Premierminister, seine Stellvertreter und die Minister sogenannte „Anfragen“ (enquiries) richten, die innerhalb von vierzehn Tagen mündlich oder schriftlich zu beantworten sind. Die Anfragen betreffen die Hauptaspekte des Regierungshandelns. An den Premierminister sind die Anfragen zu der allgemeinen Regierungspolitik zu richten. Wird die Anfrage nicht in der vorgeschriebenen Zeit beantwortet, muss das angesprochene Regierungsmitglied innerhalb von zehn Tagen persönlich vor dem Parlament erscheinen. Der Parlamentspräsident lädt regelmäßig zu Sitzungen, die der parlamentarischen Kontrolle gewidmet sind. In diesen Kontrollsitzungen haben der Premierminister, seine Stellvertreter oder Minister die Anfragen persönlich zu beantworten. Der Fragesteller kann die Anfrage innerhalb von drei Minuten näher ausführen. Für die Antwort stehen fünf Minuten zur Verfügung. Für eine Zusatzfrage hat der Fragesteller zwei, für deren Beantwortung hat das Regierungsmitglied drei Minuten. Anschließend kann der Fragesteller in zwei Minuten seine Meinung zu der Beantwortung äußern. Eine Gegenäußerung der Regierung ist unzulässig. Auf Antrag eines Fünftels der Abgeordneten kann die Anfrage zum Gegenstand einer Debatte und einer Beschlussfassung gemacht werden. Beides findet in der nachfolgenden Sitzung, die der parlamentarischen Kontrolle gewidmet ist, statt. Diese Debatte soll in Gegenwart des betreffenden Regierungsmitgliedes stattfinden. Sie ist auf eine Stunde begrenzt. Die Zeit wird entsprechend der Stärke der Fraktionen aufgeteilt, wobei die kleinste Fraktion und alle Fraktionslosen zusammen jeweils fünf Minuten Redezeit erhalten. 4. Dänemark Die konstitutionelle Monarchie verfügt neben dem nur repräsentative Funktionen wahrnehmenden Staatsoberhaupt über ein Einkammerparlament (Folketing) und einer Regierung mit dem vom König ernannten „Staatsminister“ an der Spitze. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 114/18 Seite 13 Die dänische Verfassung regelt in Artikel 53 die Verantwortlichkeit der Minister gegenüber dem Parlament. Das Parlament hat das Recht, über öffentliche Angelegenheiten von den Ministern Rechenschaft zu verlangen.9 Daraus wird das Frage- und Interpellationsrecht abgeleitet, das in der Geschäftsordnung des Folketings weiter ausgestaltet ist.10 Unterschieden wird zwischen dem Frage- und dem Interpellationsrecht. Fragen werden entweder mündlich in der Regierungsbefragung, als schriftliche Fragen einzelner Abgeordneter zur mündlichen oder schriftlichen Beantwortung oder durch einen Ausschuss gestellt. Sie werden schriftlich oder mündlich in der Fragestunde beantwortet. Im Anschluss an die Fragestunde findet die Regierungsbefragung statt. Eine rechtliche Anwesenheitspflicht von Ministern besteht nicht. In der Praxis ist es üblich, dass die zuständigen Minister anwesend sind; eine Abwesenheit kann politische Konsequenzen haben . Der Premierminister bestimmt, wer von den Ministern anwesend ist. 4.1. Regierungsbefragung Der Premierminister kann die Fragestunde (Question Hour), die jeweils dienstags um 13 Uhr stattfindet, mit einer bis zu fünf Minuten langen Stellungnahme zum Regierungshandeln einleiten . Dies hat er bis spätestens 10 Uhr des Vortages anzukündigen. In diesem Fall gibt der Präsident des Folketings nach der Einleitung des Regierungschefs den Abgeordneten Gelegenheit, anzuzeigen , ob sie Fragen stellen wollen. Jeder Fragende hat zwei Minuten für seine Frage, auf die der Minister wiederum in zwei Minuten erwidert. Darauf hat der Fragende noch zweimal die Möglichkeit eine Minute zu sprechen und der Minister jeweils eine Minute, um zu antworten. Gibt der Premierminister keine Stellungnahme ab, reicht es, wenn die mündlichen Fragen zur mündlichen Beantwortung bis zur Eröffnung der Fragestunde angezeigt werden. Der Abgeordnete muss dabei nur anmelden, dass er, nicht jedoch was er fragen will. Der jeweilige Minister soll so keine Gelegenheit haben, eine Antwort vorzubereiten. Der Premierminister bestimmt, welche der Minister in der Fragestunde anwesend sind und antworten. Der Fragende hat maximal zwei Minuten, um zu fragen, der Minister zwei Minuten, um zu antworten . Danach darf der Fragende zweimal bis zu einer Minute reden. Der Minister darf daraufhin jeweils bis zu einer Minute antworten. Der Minister darf auch erklären, dass er die Antwort ablehnt. Von diesen Vorschriften darf in speziellen Ausnahmen abgewichen werden. 4.2. Schriftliche Fragen einzelner Abgeordneter Einzelne Abgeordnete können an Minister schriftliche Fragen zu öffentlichen Angelegenheiten richten, mit denen die persönlichen Ansichten oder Einstellungen des Ministers im Lichte der diesem zur Verfügung stehenden Informationen abgefragt werden. Eine ausschließliche Fakten- 9 Verfassung Dänemark, http://www.ft.dk/~/media/pdf/publikationer/english/my_constitutional_act_with_explanations .ashx. 10 Geschäftsordnung Folketings, http://www.ft.dk/~/media/pdf/publikationer/english/standing_orders _of_the_danish_parliament.ashx. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 114/18 Seite 14 oder Datenabfrage ist nicht zulässig. Die Fragen sind kurz und präzise mit einer knappen Begründung abzufassen. Fragen können zur schriftlichen oder zur mündlichen Beantwortung gestellt werden. Der Präsident des Folketings urteilt nach seinem Ermessen über die Zulässigkeit von Fragen und setzt sie auf die Tagesordnung. Fragen zur mündlichen Beantwortung werden in der Fragezeit (Question Time) im Anschluss an die Regierungsbefragung (Quesion Hour) beantwortet. Dazu muss die Frage spätestens drei Werktage vor der Fragestunde bis 12 Uhr eingereicht werden. Jeder Abgeordnete darf zwei Fragen zur mündlichen Beantwortung pro Fragestunde einreichen. Die Fragen werden noch im Plenum nicht verlesen. Der Minister hat zwei Minuten um zu antworten, der Fragende bis zu dreimal zwei Minuten für eine Erwiderung, für deren Beantwortung dem Minister jeweils eine Minute verbleibt. Fragen zur schriftlichen Beantwortung sollen innerhalb von sechs Tagen (exklusive Sonntag) beantwortet werden. Eine Rechtspflicht der Regierungsmitglieder zu antworten, besteht nicht. In der Praxis ist aber eine Antwortverweigerung die Ausnahme. 4.3. Fragen eines Ausschusses Fragen eines Ausschusses sind vor allem Informationsverlangen. Anders als bei den Einzelfragen der Abgeordneten sind auch reine Fakten- oder Datenabfragen und Fragen zu Informationen, über die der Minister noch nicht verfügt, zulässig. Die Fragen können zur schriftlichen oder zur mündlichen Beantwortung im Ausschuss gestellt werden. Für Fragen zur schriftlichen Beantwortung kann eine Frist gesetzt werden. Wird keine Frist gesetzt, gilt eine maximale Frist von vier Wochen, innerhalb derer der Minister antworten oder mitteilen soll, wann eine Antwort erfolgen wird oder dass keine Antwort gegeben wird. Grundsätzlich soll der Minister unverzüglich antworten. Die Anzahl der zulässigen Fragen von Ausschüssen ist unbegrenzt. 4.4. Interpellationen Interpellationen sind umfangreiche Anfragen zur mündlichen Beantwortung im Plenum die eine Debatte nach sich ziehen. Hervorzuheben ist, dass das Interpellationsrecht ein Mehrheitsrecht des Parlaments ist. Der einzelne Abgeordnete kann Interpellationen einreichen über deren Zulässigkeit dann die Mehrheit des Folketings entscheidet. Interpellationen sind schriftlich präzise formuliert beim Präsidenten einzureichen. Stimmt das Folketing der Interpellation zu, wird sie auf die Tagesordnung einer Sitzung spätestens zehn Tage nach der Zustimmung gesetzt. Der in der Interpellation adressierte Minister kann geltend machen , dass eine öffentliche Debatte über das entsprechende Thema innerhalb des vorgesehenen Zeitraums dem Interesse des Landes entgegenstehe. Dann wird die Interpellation vertagt. In anderen Fällen können Interpellationen nur vertagt werden, wenn der Fragende dem zustimmt. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 114/18 Seite 15 Im Plenum hat der Fragende drei Minuten für die Rechtfertigung seiner Interpellation. Dann hat der adressierte Minister 15 Minuten zum Antworten. Der Fragende hat dann zweimal die Möglichkeit für eine Erwiderung von jeweils maximal fünf Minuten. Anschließend haben die Fraktionssprecher die Gelegenheit einmal fünf Minuten und ein zweites Mal drei Minuten zu sprechen . Die Fraktionssprecher haben nicht Gelegenheit zu sprechen, wenn sie Verfasser der Interpellation sind. Anderen Abgeordneten bleiben dann noch drei Minuten zu reden. Der Minister hat als Erwiderung auf die jeweils Sprechenden beim ersten Mal zehn Minuten, beim zweiten und dritten Mal fünf Minuten zur Verfügung. Dringende Interpellationen werden auf Verlangen einer Fraktion mit Zustimmung des adressierten Ministers so früh wie möglich auf die Tagesordnung gesetzt. In der Woche, in der eine dringende Interpellation behandelt wird, findet keine Fragestunde statt. 5. Deutschland Nach dem deutschen Verfassungsrecht gehört es zu den Statusrechten eines Abgeordneten, sich an der Ausübung des Frage- und Informationsrechts des Parlaments zu beteiligen. Dieses Beteiligungsrecht wird in der Geschäftsordnung des Deutschen Bundestages durch Verfahrensregeln konkretisiert: es gibt sogenannte „Große Anfragen“, „Kleine Anfragen“, Einzelfragen zur schriftlichen und mündlichen Beantwortung (Fragestunde im Plenum) sowie das Fragerecht in der Regierungsbefragung . 5.1. Große und Kleine Anfragen der Fraktionen Große und Kleine Anfragen sind schriftliche Anfragen an die Bundesregierung, zumeist in Katalogform , die auf einer Parlamentsdrucksache an alle Mitglieder des Bundestages verteilt werden. Sie können von einer Fraktion oder von fünf vom Hundert der Mitglieder des Bundestages eingebracht werden. Die Antwort der Bundesregierung wird ebenfalls auf einer Parlamentsdrucksache verteilt. Der Unterschied zwischen Großen und Kleinen Anfragen ist keine Frage des Umfangs oder des Inhalts, sondern allein eine Verfahrensfrage. Große Anfragen können auf die Tagesordnung des Plenums gesetzt und debattiert werden, Kleine Anfragen werden ausschließlich im schriftlichen Verfahren behandelt und müssen in der Regel innerhalb von vierzehn Tagen beantwortet werden. 5.2. Einzelfragen zur schriftlichen und mündlichen Beantwortung Jeder Abgeordnete ist berechtigt, kurze Einzelfragen zur mündlichen oder schriftlichen Beantwortung an die Bundesregierung zu richten. Zur mündlichen Beantwortung kann jeder Abgeordnete für jede Sitzungswoche zwei Fragen einreichen . Die Fragen müssen am Freitag der Vorwoche bis 10 Uhr beim Parlamentspräsidenten eingereicht werden und spätestens bis 12 Uhr dem Bundeskanzleramt vorliegen. Beantwortet werden die Fragen von einem Mitglied der Bundesregierung oder seinem Beauftragten in der Fragestunde , die jeweils mittwochs stattfindet. In der Praxis werden die Fragen von Parlamentarischen Staatssekretären beantwortet. Der Fragesteller hat in der Fragestunde Gelegenheit, bis zu zwei Zusatzfragen zu stellen, die nicht vorher eingereicht worden sind. Andere Abgeordnete kön- Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 114/18 Seite 16 nen zu jeder Frage eine Zusatzfrage stellen. Liegt ein dringliches öffentliches Interesse an der sofortigen Behandlung einer Frage vor (Dringlichkeitsfrage), verkürzt sich die Einreichungsfrist auf 12 Uhr des Vortages. Zu der mündlichen Antwort auf eine Einzelfrage kann unmittelbar nach Schluss der Fragestunde von einer Fraktion oder von fünf vom Hundert der Mitglieder des Bundestages die sofortige Durchführung einer Aktuellen Stunde verlangt werden. Zur schriftlichen Beantwortung kann jeder Abgeordnete bis zu vier Fragen im Monat stellen. Die Bundesregierung muss die Fragen innerhalb eine Woche schriftlich beantworten. Die Antworten werden mit der Frage auf einer Parlamentsdrucksache verteilt. 5.3. Regierungsbefragung Im Anschluss an die wöchentliche Kabinettsitzung findet im Plenum des Bundestages eine „Befragung der Bundesregierung“ statt. Zunächst berichtet ein Mitglied der Bundesregierung kurz (bis zu fünf Minuten) über einen zentralen Punkt der vorangegangenen Kabinettsitzung. Anschließend können die Abgeordneten Fragen zu dieser Kabinettsitzung stellen. Erlaubt sind auch Fragen von aktuellem Interesse zu anderen Themen aus dem Verantwortungsbereich der Bundesregierung . Die Fragen müssen vorher nicht eingereicht werden. Sie werden sofort mündlich beantwortet . Insgesamt soll die Regierungsbefragung 30 Minuten dauern. Im Bundestag besteht keine Anwesenheitspflicht für Regierungsmitglieder während der Regierungsbefragung . Das Parlament kann jedoch mit Mehrheit der abgegebenen Stimmen die Anwesenheit jedes Regierungsmitgliedes verlangen (Zitierrecht). 6. Estland Die Republik Estland ist eine parlamentarische Demokratie. Das Parlament besteht aus einer Kammer, der Staatsversammlung (Riigikogu). Es wählt auf Vorschlag des Staatspräsidenten den Premierminister, der die weiteren Regierungsmitglieder dem Präsidenten zur Benennung vorschlägt . Die Regierung sowie ihre Mitglieder sind dem Parlament verantwortlich. Die Staatsversammlung kann jedem einzelnen Regierungsmitglied das Misstrauen aussprechen. In diesem Fall wird das Regierungsmitglied entlassen.11 Das Fragerecht teilt sich nach der Geschäftsordnung ein in mündliche und schriftliche Fragen sowie in Interpellationen.12 11 Verfassung Estland, https://www.riigiteataja.ee/en/eli/530102013003/consolide. 12 Geschäftsordnung, https://www.riigiteataja.ee/en/eli/518112014003/consolide. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 114/18 Seite 17 6.1. Fragestunde Jeden Mittwoch einer Plenarwoche in der Zeit von 13 bis 14 Uhr findet im Riigikogu eine Fragestunde statt, in der der Premierminister und die Minister auf mündliche Fragen der Abgeordneten antworten. Grundsätzlich sind alle Regierungsmitglieder einschließlich des Premierministers verpflichtet, an jeder Fragestunde teilzunehmen; ist ein Regierungsmitglied verhindert, lässt es sich allerdings durch ein anderes Regierungsmitglied vertreten. Zwei Tage vor der Fragestunde wird der Parlamentspräsident vom Premierminister darüber unterrichtet, welche Regierungsmitglieder in der Fragestunde anwesend sind. Jeder Abgeordnete kann nur eine Frage stellen; die muss kurz sein und eine kurze Antwort erlauben . Bis um 12 Uhr des Vortages muss die Frage schriftlich angemeldet werden. Darin sind der Adressat und der Gegenstand der Frage zu benennen. In welcher Reihenfolge die Fragen gestellt werden, entscheidet das Präsidium. Es hat dabei alle Fraktionen zu berücksichtigen. Zu Beginn der Fragestunde wird die Reihenfolge der Fragen vorgetragen. Der Fragesteller erhält eine Minute. Antworten muss der Angesprochene; ein Recht zur Delegation der Antwort besteht nicht. Für die Antwort stehen zwei Minuten zur Verfügung. Dem Fragesteller können Zusatzfragen gewährt werden. Ob eine Frage hinreichend (adequate) beantwortet ist, entscheidet der Vorsitzende. Verweigert werden darf die Antwort, wenn die Frage nicht den angemeldeten Gegenstand betrifft, ein Staatsgeheimnis verrät oder die Antwort die nationale Sicherheit gefährdet. 6.2. Schriftliche Fragen Schriftliche Fragen können unbegrenzt gestellt werden. Sie werden innerhalb von zehn Arbeitstagen schriftlich beantwortet. Die Antworten werden an alle Abgeordneten verteilt. 6.3. Interpellationen Eine Interpellation ist die Frage eines Abgeordneten an die Regierung oder eines ihrer Mitglieder bzw. an den Leiter einer bestimmten Behörde, welche die Einhaltung der Kompetenz- und Zuständigkeitsordnung (compliance with legislation regulating the powers) betrifft. Dies schließt Fragen aus, die nur auf die Erlangung von Informationen, z.B. statistischem Material, gerichtet sind. Die Interpellation muss schriftlich eingereicht werden und den Hintergrund der Fragestellung genau beschreiben. Sie wird veröffentlicht. Innerhalb von 20 Sitzungstagen muss auf die Interpellation im Rahmen einer Parlamentssitzung mündlich geantwortet werden. In Abstimmung mit dem Einreichenden und dem Adressaten wird die Interpellation vom Parlamentspräsidium (board) auf die Tagesordnung gesetzt. Zur Einführung und Begründung der Interpellation erhält der Einreichende fünf Minuten das Wort. Für die Antwort stehen dem Adressaten 15 Minuten zur Verfügung. Im Anschluss kann jeder Abgeordnete eine Frage stellen. Schließlich findet eine Aussprache statt. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 114/18 Seite 18 7. Finnland An der Spitze der Republik Finnland steht ein direkt gewählter „Präsident der Republik“. Das Parlament besteht aus einer Kammer (Eduskunta). Der Ministerpräsident wird vom Parlament gewählt , die Minister auf seinen Vorschlag vom Präsidenten ernannt. Die Mitglieder des Staatsrates (Ministerpräsident und Minister) sind dem Parlament für ihre Amtshandlungen verantwortlich und müssen das Vertrauen des Parlaments genießen. Genießt der Staatsrat oder ein Minister nicht mehr das Vertrauen des Parlaments, wird er vom Präsidenten entlassen.13 In der Verfassung sind Interpellations- und Fragerechte der Abgeordneten festgeschrieben: Das Parlament hat das Recht, vom Staatsrat die für die Beratung der Angelegenheiten erforderlichen Informationen zu bekommen. Der zuständige Minister hat dafür zu sorgen, dass ein Ausschuss oder ein anderes Parlamentsorgan unverzüglich die benötigten, im Besitz einer Behörde befindlichen Dokumente und sonstigen Informationen erhält. Jeder Ausschuss hat das Recht, von dem Staatsrat oder dem zuständigen Ministerium eine Klärung über eine Angelegenheit seines Zuständigkeitsbereiches zu bekommen. Jeder Abgeordnete hat das Recht, von einer Behörde die Informationen , die sich in Besitz dieser Behörde befinden und für die Ausübung des Abgeordnetenmandats erforderlich sind, zu bekommen, soweit diese Informationen der Geheimhaltungspflicht nicht unterliegen und die in der Vorbereitung befindliche Haushaltsvorlage nicht betreffen . 7.1. Interpellation Eine Gruppe von mindestens zwanzig Abgeordneten kann eine Interpellation an den Staatsrat oder einen Minister zu einer in deren Geschäftsbereich gehörenden Angelegenheit richten. Die Interpellation soll 15 Tage nach dem Tag, an dem sie dem Staatsrat zur Kenntnis gebracht worden ist, in der Plenarsitzung des Parlaments beantwortet werden. Nach der Beantwortung der Interpellation findet in der Regel eine mehrstündige Debatte statt. Im Anschluss wird eine Abstimmung über das dem Staatsrat oder dem Minister erwiesene Vertrauen durchgeführt, wenn während der Debatte der Vorschlag eingebracht worden ist, dem Staatsrat oder dem Minister das Misstrauen auszusprechen. Interpellationen werden in der Praxis ausschließlich von der Opposition eingebracht und betreffen wichtige politische Angelegenheiten. Gewöhnlich werden drei bis fünf Interpellationen pro Jahr eingebracht. 7.2. Schriftliche Fragen Jeder Abgeordnete hat das Recht, unbegrenzt an die Regierungsmitglieder Fragen zu Angelegenheiten ihres Zuständigkeitsbereiches zu richten. Die Fragen sind innerhalb von 21 Tagen zu beantworten . 13 Verfassung, http://www.finlex.fi/fi/laki/kaannokset/1999/de19990731.pdf. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 114/18 Seite 19 7.3. Fragestunde In der Fragestunde können alle Abgeordneten kurze mündliche Fragen (eine Minute) an die Minister richten. Zu antworten hat der jeweils zuständige Minister. Die Fragestunde findet jeden Donnerstag zwischen 16 und 17 Uhr statt. Welche Frage aufgerufen wird, entscheidet der Parlamentspräsident . Während der Fragestunde dürfen alle Minister anwesend sein. Sie sind hierzu aber nicht verpflichtet . 7.4. Aktuelle Debatte In der Plenarsitzung kann eine Debatte zu einer aktuellen Angelegenheit durchgeführt werden. 8. Frankreich Der direkt gewählte Präsident der Republik ist dem Parlament gegenüber nicht verantwortlich. Er ernennt den Premierminister und auf Vorschlag des Premierministers die übrigen Regierungsmitglieder . Das Parlament besteht aus zwei Kammern, der Nationalversammlung (Assemblée nationale ) und dem indirekt gewählten Senat (Sénat). Die Regierung ist beiden Kammern gegenüber verantwortlich, muss deren Fragen beantworten und kann von beiden einer Untersuchung ausgesetzt werden. Allerdings ist die Regierung nur vom Vertrauen der Nationalversammlung abhängig und kann von dieser durch ein Misstrauensvotum gestürzt werden.14 In der französischen Nationalversammlung gibt es vier Arten von Fragen: – Regierungsbefragung (les questions au Gouvernement), – Mündliche Einzelfragen ohne Debatte (les questions orales sans débat), – Regierungskontrollwoche (semaine de contrôle), – Schriftliche Fragen (les questions écrites). 8.1. Regierungsbefragung Die Assemblée nationale veranstaltet abwechselnd dienstags von 16.45 bis 17.30 Uhr und donnerstags von 15 bis 16 Uhr eine Regierungsbefragung (questions au Gouvernement), selbst in der Haushaltswoche. Bis 14 Uhr desselben Tages reichen die Fraktionen beim Parlamentspräsidenten entsprechend des ihnen zustehenden Zeitanteils die Namen der Fragesteller und der Minister, an die der jeweilige Fragesteller sich richten will, sowie das Thema der Frage ein. Die Frage selber wird der Regierung nicht bekannt gegeben. 14 Verfassung Frankreich, http://www.conseil-constitutionnel.fr/conseil-constitutionnel/root/bank_mm/allemand /constitution_allemand.pdf. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 114/18 Seite 20 Der Inhalt der Fragen ist völlig frei. Nur Beleidigungen und Drohungen sind unzulässig. Allerdings hat die Conférence des Présidents (Ältestenrat) im Jahre 2003 entschieden, dass an jedem ersten Mittwoch im Monat die erste Frage einer jeden Fraktion eine europäische Angelegenheit betreffen muss. Im Übrigen werden in der Praxis der Regierungsbefragung vor allem Fragen von allgemeinem Interesse gestellt. In der Sitzung ruft der Präsident die Fragen nach einer bestimmten Ordnung auf, die es jeder Fraktion erlaubt, einmal als erste ihre Fragen zu stellen, und eine Abwechslung der Fragen zwischen Mehrheit und Opposition sicherstellt.15 Frage und Antwort zusammen sind auf vier Minuten begrenzt; so können dienstags zehn und donnerstags zwölf Fragen pro Sitzung aufgerufen werden. Die Fragezeit steht hälftig Mehrheit und Opposition zu. Alle zwei Monate kann ein fraktionsloser Abgeordneter eine Frage stellen. An der Regierungsbefragung nimmt auch der Premierminister teil. Er ergreift nicht in jeder Sitzung das Wort, behält sich aber vor, diejenigen Fragen, die er für am wichtigsten hält, selbst zu beantworten. Ihm wird gestattet, von der zeitlichen Begrenzung für die Antwort abzuweichen. Während der Regierungsbefragung ist der Plenarsaal sehr gut besucht. Auch die Minister sind meist vollzählig anwesend. Die Regierungsbefragung wird vom Fernsehen übertragen. Sie gilt als Höhepunkt der Parlamentswoche. 8.2. Mündliche Einzelfragen Mündliche Einzelfragen in der Fragestunde werden von den einzelnen Abgeordneten direkt an die Minister gerichtet. Die Fraktionen nehmen hierauf keinen Einfluss. Sie müssen schriftlich eingereicht werden und auf das für ihr Verständnis Notwendige beschränkt sein. Außer in der Periode der Haushaltsberatung werden mündliche Fragen dienstags vormittags gestellt. Gegenstand der mündlichen Fragen sind zumeist lokale Angelegenheiten aus dem Wahlkreis des Fragestellers. In jeder Sitzung werden 25 Fragen behandelt, die zwischen Mehrheit und Opposition proportional zu ihrer Größe aufgeteilt werden. Für Frage und Antwort stehen je sieben Minuten zur Verfügung. Der Fragende kann diese Zeit aufteilen, um auf die Antwort des Ministers wenn nötig erwidern zu können. Die Antwort muss nicht zwingend der zuständige Minister geben. Nach dem Grundsatz der Unteilbarkeit der Regierung ist jedes vom Premierminister ernannte Mitglied der Regierung befugt, die Fragen der Parlamentarier zu beantworten. 8.3. Regierungskontrollwoche Einmal im Monat wird eine semaine de contrôle durchgeführt, in der eine zusätzliche Fragezeit für Fragen an die Minister von eineinhalb Stunden zur Verfügung steht. Auch hier wird die Fragezeit proportional zu ihrer Größe zwischen den Fraktionen aufgeteilt. Dem einzelnen Fragesteller stehen für seine Frage zwei Minuten, dem Minister für die Antwort 15 http://www.assemblee-nationale.fr/connaissance/questions_gouvt.asp#nouvelles-modalites. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 114/18 Seite 21 ebenfalls zwei Minuten zur Verfügung. Der Fragesteller kann einminütig auf die Antwort des Ministers erwidern. Diese Minute wird auf die Fragezeit seiner Fraktion angerechnet. Abwechselnd bestimmen die Fraktionen, welcher oder welche Minister für die Befragung eingeladen werden. Die Minister werden zu ihrem gesamten Geschäftsbereich befragt. Die Funktion der Regierungskontrollwoche ähnelt der vereinbarten Aktuellen Stunde im Deutschen Bundestag. 8.4. Schriftliche Einzelfragen Die questions écrites werden mit dem Ziel gestellt, Klärung zu erhalten über Einzelpunkte der Gesetzgebung, oder um die Regierung zur Präzisierung ihrer Politik zu veranlassen. Schriftliche Einzelfragen müssen innerhalb von einem Monat nach ihrer Bekanntgabe beantwortet werden. Die Minister können jedoch innerhalb dieser Frist entweder schriftlich erklären, dass sie aufgrund des öffentlichen Interesses keine Antwort abgeben können, oder ausnahmsweise eine Fristverlängerung um höchstens einen Monat verlangen, um das für ihre Antworten erforderliche Material zusammenzutragen. Die Fragen und Antworten werden in einer besonderen Anlage des Journal Officiel veröffentlicht. Die Fragen müssen kurz sein und dürfen nicht mehr enthalten, als notwendig, um sie zu verstehen . Sie dürfen keine persönlichen Anschuldigungen eines namentlich genannten Dritten enthalten . Wegen der Gewaltenteilung dürfen durch die Fragen die Handlungen des Präsidenten der Republik nicht in Frage gestellt werden. Inhaltlich reichen die schriftlichen Fragen von lokalen bis nationalen Angelegenheiten; auch individuelle Probleme werden angesprochen. In der Praxis betrifft die Hälfte der Fragen fiskalische oder soziale Angelegenheiten. Sie müssen sich an einen bestimmten Minister richten. Fragen, die sich auf die allgemeine Politik beziehen, sind an den Premierminister zu richten. Quantitativ ist das Fragerecht bisher unbegrenzt; jeder Abgeordnete kann so viele Fragen stellen, wie er möchte. Inzwischen werden die Fragen elektronisch über ein spezielles Internetportal eingereicht . Die schriftlichen Fragen sind inzwischen Opfer ihres eigenen Erfolges. Die Regierung hat zunehmend Schwierigkeiten, die Flut an Fragen rechtzeitig zu beantworten. Zur Disziplinierung wird mit den Antworten auch eine Liste der Fragen, die nicht fristgerecht beantwortet wurden, veröffentlicht . Nach einer Verabredung benennen die Fraktionsvorsitzenden einen Teil der unbeantworteten Fragen als hervorgehobene Fragen, etwa 25 pro Woche (also etwa zwei von Hundert). Diese questions signalées werden von der Regierung zuverlässig innerhalb von zehn Tagen beantwortet . Mit Ausnahme von Fragen zu finanziellen Angelegenheiten und der Interpretation von Rechtstexten der Regierung haben die Antworten keinerlei rechtlichen Wert und binden die Regierung nicht. In steuerlichen Einzelfragen kommt den Antworten jedoch die Bedeutung eines Runderlasses bei. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 114/18 Seite 22 9. Griechenland Der Präsident der Hellenischen Republik wird vom Parlament gewählt. Er ernennt den Premierminister , der sich anschließend einem Vertrauensvotum des Parlaments stellen muss. Auf Vorschlag des Premierministers ernennt der Präsident die übrigen Regierungsmitglieder. Das Parlament besteht aus einer Kammer. Es kann der Regierung insgesamt oder einzelnen Mitgliedern das Vertrauen entziehen. Entzieht das Parlament der Regierung das Vertrauen, entlässt sie der Präsident .16 Die Geschäftsordnung des Hellenischen Parlaments kennt fünf unterschiedliche Fragetypen: Schriftliche Fragen, Aktuelle Fragen, die Dokumentenanforderung, Interpellationen und Aktuelle Interpellationen.17 Frageberechtigt ist jedes einzelne Parlamentsmitglied. Die Regierung ist grundsätzlich verpflichtet zu antworten. Sie darf die Antwort aber verweigern, wenn sie diplomatische, militärische oder sonstige Geheimnisse offenbaren müsste, welche die Sicherheit des Staates berühren . 9.1. Schriftliche Fragen Schriftliche Fragen werden an einen bestimmten Minister gerichtet. Sie müssen kurz und präzise sein und darauf zielen, Informationen von allgemeinem oder lokalem Interesse über das Regierungshandeln zu erlangen; sie können auch darauf gerichtet sein zu erfahren, welche Maßnahmen die Regierung in Betracht zieht, um ein bestimmtes Problem zu lösen. Der verantwortliche Minister muss innerhalb von 25 Tagen schriftlich antworten. Wird diese Frist nicht eingehalten, entscheidet der Fragesteller, ob seine Frage nach den Regeln über „Aktuelle Fragen“ im Plenum behandelt wird oder erneut als Schriftliche Frage beantwortet werden muss. Jeden Dienstag werden nicht oder nicht rechtzeitig beantwortete Schriftliche Fragen im Plenum behandelt. Die schriftlichen Antworten werden ins Sitzungsprotokoll des Parlaments aufgenommen. 9.2. Aktuelle Fragen Erst seit dem Jahr 1987 gibt es die Möglichkeit, Fragen an Regierungsmitglieder zur mündlichen Beantwortung zu richten. Das genaue Verfahren ist seither vielfach geändert worden.18 Aktuelle Fragen werden schriftlich eingereicht, sie müssen kurz und präzise sein und Angelegenheiten von aktuellem und öffentlichem Interesse betreffen. Ob eine Aktuelle Frage diesen Anforderungen genügt, entscheidet das Präsidium (Conférence des Présidents); wenn das nicht der Fall ist, wird sie wie eine schriftliche Frage behandelt. 16 Verfassung, http://www.hellenicparliament.gr/en/Vouli-ton-Ellinon/To-Politevma/Syntagma/. 17 Geschäftsordnung, http://www.hellenicparliament.gr/en/Vouli-ton-Ellinon/Kanonismos-tis-Voulis/. 18 Foundethakis, The Hellenic Parliament: The new rules of the game, in: The Journal of Legislative Studies, 2003, S. 85 [96]. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 114/18 Seite 23 In Plenarsitzungswochen werden Aktuelle Fragen jeden Montag, Donnerstag und Freitag im Plenum behandelt, bei Bedarf auch in der Sommerpause. Beantwortet werden die Aktuellen Fragen grundsätzlich vom Premierminister oder dem verantwortlichen Minister persönlich. Das verantwortliche Regierungsmitglied hat anwesend zu sein. Sollte der Minister verhindert sein, wird die Aktuelle Frage vertagt. Mindestens einmal pro Woche muss der Premierminister zwei Fragen, die er sich aussuchen kann, persönlich beantworten. Ein Minister, an den in einer Woche bereits zwei Aktuelle Fragen gerichtet worden sind, kann für den Rest der Woche die Beantwortung weiterer Fragen an einen anderen Minister oder einen Staatssekretär delegieren. Eingereicht werden müssen die Aktuellen Fragen für die Donnerstagsfragestunde bis 10 Uhr am Montag und für die Freitagsfragestunde bis 10 Uhr am Dienstag. Die Fraktionsvorsitzenden oder ihre Beauftragten wählen jeweils zwei Fragen von Abgeordneten ihrer eigenen Fraktion aus, die im Plenum besprochen werden sollen. Fragen, die weder am Donnerstag noch am Freitag zum Zuge kommen, werden auf den folgenden Montag verschoben. Deren Behandlungsreihenfolge wird per Los entschieden. Der Fragesteller hat zwei Minuten Zeit seine Frage zu formulieren. Sofern die Frage an den Premierminister gerichtet ist, hat dieser sechs Minuten Zeit zu antworten. Anschließend hat der Fragende nochmals vier Minuten und der Premierminister drei Minuten Zeit. Ist die Frage an den zuständigen Minister gerichtet, beträgt die Antwortzeit drei Minuten. Danach haben der Fragesteller und der Minister nochmal jeweils drei Minuten Zeit. 9.3. Dokumentenanforderung Schriftlich können Abgeordnete die Vorlage aller Dokumente zu öffentlichen Angelegenheiten verlangen; ausgenommen sind Dokumente, die diplomatische oder militärische Geheimnisse enthalten oder sonst die Sicherheit des Staates berühren. Die Dokumente sind innerhalb von 30 Tagen vorzulegen. 9.4. Interpellationen Interpellationen dienen Regierungskontrolle durch Aufklärung von Regierungshandeln und von Missständen. Sie werden schriftlich eingereicht. Ihre Behandlung erfolgt in Form einer Debatte jeweils freitags. Eine schriftliche Antwort der Regierung unterbleibt. Ein Abgeordneter, der eine Frage oder eine Dokumentenanforderung gestellt hat, mit deren Beantwortung er nicht zufrieden war, kann eine Interpellation einreichen. Die Interpellation muss ihren Gegenstand klar definieren. Eine Interpellation wird von dem Einreichenden innerhalb von zehn Minuten mündlich vorgestellt . An der Diskussion beteiligen sich die Unterzeichner und der zuständige Minister. In Ausnahmefällen kann sich auch der Vorsitzende der Fraktion, der die Unterzeichner angehören, beteiligen . Im Anschluss erhalten alle Fraktionsvorsitzenden das Wort. Insgesamt darf der Erstunterzeichner 15 Minuten, die weiteren Unterzeichner je fünf Minuten reden. Dem verantwortlichen Minister stehen insgesamt 25 Minuten zur Verfügung. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 114/18 Seite 24 Wegen außergewöhnlichen Umständen kann der Minister beantragen, die Beratung der Interpellation auf die nachfolgende Kontrollsitzung zu verschieben. In diesem Fall erhält die Interpellation bei der Bestimmung der Tagesordnung Priorität. Auf Antrag des Ministers oder von 15 Abgeordneten kann das Plenum beschließen, mehrere Interpellationen gemeinsam zu beraten. 9.5. Aktuelle Interpellationen In der Regel werden jeden Montag in der Plenarsitzung schriftlich eingereichte Aktuelle Interpellationen debattiert. An der Debatte beteiligt sich der verantwortliche Minister. 10. Irland An der Spitze der Irischen Republik steht ein direkt vom Volk gewählter Präsident. Das Parlament besteht aus dem Präsidenten sowie den zwei Kammern, dem Repräsentantenhaus (Dáil Éireann) und dem Senat (Seanad Éireann). Auf Vorschlag des Repräsentantenhauses ernennt der Präsident den Premierminister. Die weiteren Minister werden auf Vorschlag des Premierministers mit vorheriger Zustimmung des Repräsentantenhauses vom Präsidenten ernannt. Der Präsident ist keiner der Parlamentskammern gegenüber verantwortlich, kann aber im Falle einer festgestellten Pflichtwidrigkeit durch ein Impeachment vom Gesamtparlament abgelöst werden. Die Regierung ist gegenüber dem Repräsentantenhaus verantwortlich.19 Das Repräsentantenhaus kennt mündliche und schriftliche Fragen. Dienstags, mittwochs und donnerstags führt das Repräsentantenhaus Fragestunden durch. Der Premierminister beantwortet Fragen am Dienstag und Mittwoch. Die übrigen Regierungsmitglieder stellen sich den Fragen nach einem Rotationsverfahren. Jeder Minister kommt etwa alle fünf Wochen an die Reihe. Die Antworten werden als Teil des Official Report täglich veröffentlicht.20 Alle Fragen müssen öffentliche Angelegenheiten und den Verantwortungsbereich des Adressaten betreffen. Der Parlamentspräsident prüft die Fragen auf ihre Vereinbarkeit mit der Geschäftsordnung . Gegebenenfalls verändert der Parlamentsdirektor eine Frage nach Rücksprache mit dem Fragesteller. Fragen müssen darauf gerichtet sein, Informationen zu erhalten, Tatsachen oder die Regierungspolitik zu erhellen und so kurz wie möglich formuliert sein. 10.1. Fragen zur mündlichen Beantwortung Unzulässig sind Fragen zur mündlichen Beantwortung, die bereits in den letzten vier Monaten mündlich beantwortet wurden. Die Fragen müssen vier Tage vorher schriftlich eingereicht werden. Der Premierminister kann von allen Abgeordneten dienstags von 14.30 Uhr bis 15.15 Uhr befragt werden. Mittwochs steht 19 Verfassung von Irland, https://www.taoiseach.gov.ie/eng/Historical_Information/The_Constitution/February _2015_-_Constitution_of_Ireland_.pdf. 20 Geschäftsordnung, http://www.oireachtas.ie/parliament/media/about/standingorders/Seanad-Standing-Orders- 2017.pdf. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 114/18 Seite 25 der Premier den Fraktionsvorsitzenden für weitere 45 Minuten zur Verfügung. Die Befragung der übrigen Kabinettsmitglieder erfolgt dienstags von 15.15 Uhr bis 16.15 Uhr, mittwochs von 14.30 Uhr bis 15.45 Uhr und donnerstags von 15.30 Uhr bis 16.45 Uhr. Jeder Abgeordnete kann täglich bis zu zwei Fragen an jedes Regierungsmitglied stellen. Die Reihenfolge für die Behandlung der Fragen wird ausgelost. Ähneln sich Fragen, wird nur die besser platzierte berücksichtigt. Für die Behandlung einer ausgewählten Frage stehen sechs Minuten zur Verfügung. Zunächst hat der antwortende Minister zwei Minuten. Zusatzfragen und deren Beantwortung dürfen jeweils nicht länger als eine Minute dauern. Mehrere ausgeloste Fragen und ihre Beantwortung können gebündelt werden. Dafür steht die Summe der für die einzelnen Fragen vorgesehenen Zeit, aber nicht mehr als 18 Minuten zur Verfügung . Wo es angezeigt ist, kann das antwortende Regierungsmitglied mehrere Fragen zusammenhängend beantworten. 10.2. Prioritäre Fragen Im Namen der Opposition können fünf Fragen als prioritär eingereicht werden. Die Einreichungsfrist verkürzt sich auf drei Tage. Behandelt werden die prioritären Fragen vor den übrigen Fragen . Prioritäre Fragen dürfen nicht zusammenhängend beantwortet werden. 10.3. Fragen zur schriftlichen Beantwortung Unzulässig sind Fragen zur schriftlichen Beantwortung, die bereits in den letzten zwei Wochen mündlich oder schriftlich beantwortet wurden. Die Beantwortung erfolgt innerhalb von drei Tagen. Die Antwort erfolgt im Official Report. 11. Italien An der Spitze der Italienischen Republik steht der vom Parlament und von den Vertretern der Regionen gewählte Staatspräsident. Das Parlament besteht aus zwei gleichberechtigten Kammern, dem Abgeordnetenhaus (Camera dei deputati) und dem Senat (Senato della Repubblica). Der Präsident der Republik ernennt den Ministerpräsidenten und auf dessen Vorschlag die Minister. Die Regierung ist vom Vertrauen beider Kammern des Parlaments abhängig. Jede einzelne Kammer kann die Regierung durch ein Misstrauensvotum stürzen.21 Sowohl das italienische Abgeordnetenhaus als auch der Senat kennen Fragen und Interpellationen . Fragen können zur schriftlichen oder zur mündlichen Beantwortung gestellt werden, wobei in letzterem Falle sowohl die Beantwortung im Rahmen einer Fragestunde im Plenum, als auch 21 Verfassung vom 22. September 1947, http://en.camera.it/4?scheda_informazioni=23. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 114/18 Seite 26 während einer Ausschusssitzung beantragt werden kann. Interpellationen sind Informationsverlangen , die Abgeordneten ermöglichen die Regierung nach den Gründen und Absichten zu fragen , die hinter ihren Handlungen stehen. Sie können eingesetzt werden, um eine parlamentarische Debatte über das Regierungshandeln zu eröffnen. Sowohl Fragen zur mündlichen Beantwortung, als auch Interpellationen können als dringlich gestellt werden. Diese Möglichkeit ist allerdings quotiert und erfordert eine Einreichung über die Fraktionsvorsitzenden. Alle parlamentarischen Fragen bedürfen der schriftlichen Einreichung beim Parlamentspräsidenten. 11.1. Fragen im Abgeordnetenhaus22 Jeder Abgeordnete kann Fragen an die Regierung beim Parlamentspräsidenten schriftlich einreichen . Er kann eine schriftliche oder eine mündliche Beantwortung, wahlweise vor dem Plenum oder einem Ausschuss, beantragen. Bei Fragen zur mündlichen Beantwortung besteht die Möglichkeit , die Frage als dringlich zu stellen. Für alle gilt, dass es sich um eine einfache Frage handeln muss, die sich etwa danach erkundigt, ob eine verlautbarte Tatsache korrekt ist, ob die Regierung gewisse Informationen besitzt und diese ans Parlament weiterzuleiten gedenkt oder ob die Regierung beabsichtigt, zu einem bestimmten Thema tätig zu werden. 11.1.1. Fragen zur mündlichen Beantwortung Fragen zur mündlichen Beantwortung werden beim Parlamentspräsidenten schriftlich eingereicht und zwei Wochen später auf die Tagesordnung der nächsten Sitzung gesetzt, für welche eine Fragestunde vorgesehen ist. Zu Beginn jedes Sitzungstages, soweit dieser nicht vollständig für ein anderes Thema reserviert ist, sind mindestens vierzig Minuten für die Beantwortung von Fragen vorgesehen. Die Regierung kann mit Begründung eine spätere Behandlung verlangen. Pro Fragestunde kann jeder Abgeordnete höchstens zwei Fragen einreichen. Die Frage gilt als zurückgenommen , wenn der Fragende bei der vorgesehenen Fragestunde nicht anwesend ist. Während der Fragestunde wird die eingereichte Frage durch ein Mitglied der Regierung beantwortet . Im Anschluss daran kann der Fragende erklären, ob er mit der Beantwortung zufrieden war. Dazu hat er höchstens fünf Minuten Zeit. Alle Fragen, die in der vorgesehen Zeit nicht beantwortet werden konnten, werden auf die nächste Fragestunde verschoben. Auf Wunsch des Fragenden kann die Frage auch stattdessen in einem Ausschuss beantwortet werden. In diesem Fall informiert der Parlamentspräsident den Vorsitzenden des betroffenen Ausschusses, welcher die Frage auf die Tagesordnung der nächsten Ausschusssitzung setzt, die mindestens fünfzehn Tage nach Einreichung der Frage liegt. Auch hier kann der Fragesteller nach Beantwortung der Frage erklären, ob er mit der Antwort zufrieden ist. 22 Die Regelungen im Senat sind ähnlich. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 114/18 Seite 27 11.1.2. Dringliche Fragen zur mündlichen Beantwortung Eine Frage kann von der Regierung als dringlich erklärt oder vom Fragesteller zur sofortigen Beantwortung gestellt werden. Hält die Regierung eine Frage für dringlich, so antwortet sie darauf zu Beginn der nächsten Sitzung. Stellt ein Abgeordneter eine Frage zur mündlichen Beantwortung als dringlich, so muss sie in der nächsten für dringliche Fragen reservierten Fragezeit behandelt werden. Diese finden wöchentlich, üblicherweise mittwochs statt. Sie müssen bis 12 Uhr am Tag vor dieser Sitzung eingereicht werden. Als dringlich gestellte Fragen muss jeder Abgeordnete über den Vorsitzenden seiner Fraktion einreichen, wobei pro Fraktion und Sitzungswoche nur eine solche Frage gestellt werden kann. Fragen als dringlich zu stellen ist nur zulässig, wenn sie aktuelle Themen betreffen. Der Parlamentspräsident lädt die Minister ein, an deren Ressorts die meisten Fragen gestellt wurden. Während dieser Fragestunde erhält der Fragende eine Minute Redezeit, um seine Frage zu stellen. Die Antwort soll maximal drei Minuten lang sein. Darauf ist eine Erwiderung des Fragenden bis zu zwei Minuten zulässig. Wird eine Frage an den Ministerpräsidenten gerichtet, so muss sie sich auf seinen Verantwortungsbereich beziehen. Wird der Minister, welchen eine Fraktion befragen wollte, nicht eingeladen, so muss ihr Gelegenheit gegeben werden, eine andere Frage einzureichen . Dringliche Fragen müssen wöchentlich behandelt werden. Vom Regierungschef oder seinem Vertreter wird erwartet, dass er zweimal an Sitzungen zur Behandlung von Dringlichkeitsfragen teilnimmt , von dem Minister, in dessen Zuständigkeit die Frage fällt, wird erwartet, einmal anwesend zu sein. Ausschüsse müssen zwei Termine pro Monat für dringliche Fragen, die zur mündlichen Beantwortung in einem Ausschuss gestellt wurden, bereithalten. Das Verfahren entspricht den Regelungen für das Plenum. Jedoch kann der Ausschussvorsitzende auch einen Staatssekretär zur Beantwortung der Fragen einladen. Dringliche Fragen dürfen nach ihrer Beantwortung nicht noch mal als Anfrage zur schriftlichen oder mündlichen Beantwortung eingereicht werden. 11.1.3. Fragen zur schriftlichen Beantwortung Jeder Abgeordnete kann Fragen zur schriftlichen Beantwortung an die Regierung stellen, die beim Parlamentspräsidenten einzureichen sind. Diese müssen innerhalb von zwanzig Tagen beantwortet werden. Die Regierung kann die Antwortfrist verlängern. Wird die Frist nicht eingehalten , wird die Frage auf Antrag des Fragestellers auf die Tagesordnung des zuständigen Ausschusses gesetzt. Jede Antwort wird im Sitzungsprotokoll veröffentlicht. 11.1.4. Verweigerung der Annahme oder der Antwort Der Parlamentspräsident kann die Annahme einer Frage verweigern, wenn sie irrelevant oder in unangemessener Sprache verfasst ist oder deren Annahme bereits verweigert wurde. Wenn der Fragesteller gleichwohl auf die Einreichung der Frage besteht und der Parlamentspräsident die Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 114/18 Seite 28 Konsultation des Hauses als angemessen erachtet, wird dieses zur abschließenden Entscheidung angerufen, wobei allerdings nur abgestimmt und nicht debattiert wird. Die Regierung kann, unter Angabe der hierfür maßgeblichen Gründe, die Beantwortung einer Frage verweigern. 11.2. Interpellationen Interpellationen sind Informationsverlangen, die nach den Gründen und Absichten der Handlungen der Regierung fragen. Sie sind beim Parlamentspräsidenten schriftlich einzureichen. Grundsätzlich sollen sie innerhalb von zwei Wochen beantwortet werden. Die Regierung kann aber unter Angabe der maßgeblichen Gründe eine Verlängerung der Frist um bis zu zwei Wochen verlangen . Bei Verstreichen der Frist wird die Frage auf die Tagesordnung gesetzt. Während der Interpellation darf der Fragesteller höchstens 15 Minuten zu seiner Frage sprechen und nach der Beantwortung eine Erwiderung von bis zu zehn Minuten geben. Die Redezeit kann bei hoher politischer Bedeutsamkeit des Themas durch den Parlamentspräsidenten verlängert werden. Jeder Abgeordnete darf höchstens zwei Interpellationen zu jeder Sitzung einreichen. Der Fragesteller kann, wenn er mit der Beantwortung der Frage durch die Regierung unzufrieden ist, beantragen, eine Debatte hierüber zu führen. Dringende Interpellationen bedürfen der Unterstützung eines Fraktionsvorsitzenden, einer Gruppe oder von mindestens 30 Abgeordneten. Solche Interpellationen werden, wenn sie bis zum Dienstag der Vorwoche beantragt wurden, am Donnerstag der Folgewoche abgehalten. Jeder Gruppenvorsitzende darf nur zwei dringende Interpellationen pro Monat einreichen, jeder Abgeordnete nur eine. 12. Kroatien In der parlamentarischen Republik Kroatien ist der alle fünf Jahre direkt vom Volk gewählte Präsident das Staatsoberhaupt. Er ernennt formal die Regierung und kann neue Parlamentswahlen einberufen. Der Premierminister leitet die Regierung, die neben ihm selbst aus seinen Stellvertretern und den Ministern besteht. Das kroatische Parlament (Sabor) wird alle vier Jahre direkt vom Volk gewählt. Seit der Verfassungsänderung 2001 gibt es ein Einkammersystem.23 Zuvor gab es ein Zweikammersystem, das sich aus dem Abgeordnetenhaus (Zastupnički dom) und der Gespanschaftsvertretung (Županijski dom), der Vertretung der Regionen, zusammensetzte.24 23 Verfassung Kroatien, http://www.sabor.hr/important-legislation0001 24 Kroatische Verfassung vom 21. Dezember 1990, http://www.verfassungen.eu/hr/verf90-i.htm Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 114/18 Seite 29 Die Geschäftsordnung des kroatischen Parlaments kennt mündliche und schriftliche Fragen sowie Interpellationen.25 12.1. Regierungsbefragung Die Abgeordneten können die Regierung sowie einzelne Regierungsmitglieder zu ihren verfassungsrechtlich verankerten Rechten und Pflichten befragen. Zulässig sind insbesondere Fragen zu der Arbeit einzelner Ministerien, anderer Behörden der Staatsverwaltung sowie juristischer Personen, die der öffentlichen Gewalt unterliegen, sowie Fragen zur Ausführung einzelner Gesetze oder zu Bereichen des sozialen Lebens. Mündliche Fragen sind in Art. 131 bis 139 der Geschäftsordnung des kroatischen Parlaments geregelt . Sie können während der „morgendlichen Fragestunde“ (morning question time) gestellt werden. Die Fragestunde findet zu Beginn von Parlamentssitzungen statt bevor zur Tagesordnung übergegangen wird. Während der morgendlichen Fragestunde können in Fraktionen organisierte Abgeordnete bis zu 40 Fragen stellen. Die Anzahl von Fragen der einzelnen Fraktionen bemisst sich proportional nach der Anzahl ihrer Sitze im Parlament. Fraktionslose Abgeordnete können bei jeder zweiten Sitzung eine Frage stellen. Der Parlamentspräsident lost öffentlich aus, welche Fragen gestellt werden können. Die mündliche Frage ist durch den Abgeordneten 24 Stunden vor Beginn der Parlamentssitzung schriftlich beim Sekretariat des Parlaments einzureichen. Dabei soll auch das Thema der Frage angegeben werden. Dieses kann zwar geändert werden, allerdings ist eine Änderung spätestens eine Stunde vor Beginn der Parlamentssitzung dem Parlamentspräsidenten und dem Premierminister mitzuteilen. Für das Stellen der Frage hat der Abgeordnete maximal zwei Minuten Zeit. Die Frage muss kurz und eindeutig formuliert sein, sodass sie gleich beantwortet werden kann. Das Regierungsmitglied , an das sie gerichtet wurde, hat die Frage umgehend zu beantworten. Andernfalls hat es die Gründe darzulegen, warum eine Antwort nicht möglich ist. Sollte die Frage nicht in den Befugnisbereich des Regierungsmitglieds fallen, kann die Antwort verweigert werden. Die Antwort selbst darf vier Minuten nicht überschreiten. Andere Abgeordnete dürfen weder zu der Frage selbst noch zu der Antwort Stellung nehmen. Nach der Antwort kann der Abgeordnete seine (Un-)Zufriedenheit unter Darlegung von Gründen innerhalb von maximal einer Minute kundtun. Sofern er mit der Beantwortung der Frage unzufrieden ist, kann er auch eine schriftliche Antwort von der Regierung oder einem einzelnen Minister verlangen, die in der Regel innerhalb von 30 Tagen mitzuteilen ist. 12.2. Schriftliche Fragen Der Parlamentspräsident leitet schriftliche Fragen der Abgeordneten an die Regierung bzw. einzelne Regierungsmitglieder weiter, sofern sie der Maßgabe der Geschäftsordnung entsprechen. 25 Geschäftsordnung des kroatischen Parlaments, http://www.sabor.hr/croatian Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 114/18 Seite 30 Grundsätzlich ist die schriftliche Antwort innerhalb von 30 Tagen mitzuteilen. Sollte diese Frist nicht eingehalten werden können, ist der Abgeordnete durch den Parlamentspräsidenten über die Gründe und die Zeit einer voraussichtlichen Antwort zu informieren. Sofern die Regierung es ohne Angabe von Gründen unterlässt, innerhalb der angegebenen Zeit zu antworten, informiert der Parlamentspräsident die anderen Abgeordneten über den Inhalt der Frage und verlangt von der Regierung eine Antwort innerhalb von acht Tagen. 12.3. Interpellation Während der Parlamentssitzung kann durch eine Interpellation eine Debatte über die Arbeit der Regierung oder einzelner Ministerien eröffnet werden, sofern sie von der festgelegten Politik oder der gängigen Gesetzesumsetzung abweichen. Des Weiteren kann der Abgeordnete eine Interpellation einreichen, wenn er mit einer schriftlichen Antwort der Regierung oder eines Regierungsmitglieds unzufrieden ist und die Frage und Antwort einen besonders berechtigten Grund für eine Parlamentsdebatte aufweisen. Sollte eine Interpellation abgewiesen oder zurückgezogen werden, darf danach für drei Monate keine Interpellation, die dasselbe Thema betrifft, gestellt werden. Die Interpellation ist schriftlich einzureichen und von mindestens einem Zehntel der Abgeordneten zu unterzeichnen. Sie muss präzise gestellt und begründet werden. Der Parlamentspräsident übersendet die Interpellation innerhalb von 15 Tagen an den Premierminister . Die Regierung schickt dem Parlamentspräsidenten innerhalb von 15 Tagen einen Bericht mit einer Stellungnahme, die ihre Ansichten enthält. Innerhalb von weiteren 15 Tagen sendet der Parlamentspräsident diesen Bericht an die Abgeordneten weiter. Nach Zustellung des Regierungsberichts wird die Interpellation auf die Tagesordnung der nächsten Parlamentssitzung gesetzt. Die Abgeordneten, die die Interpellation veranlasst haben, bestimmen einen Vertreter, der den Inhalt der Interpellation während der Sitzung wiedergibt. Der Premierminister erläutert den Regierungsbericht mündlich, sofern die Interpellation die Arbeit der Regierung betrifft. Betrifft die Interpellation hingegen die Arbeit eines Ministeriums, erläutert der zuständige Minister den Bericht. Dann findet im Parlament eine Debatte statt. Im Anschluss daran kann das Parlament auch ein Misstrauensvotum gegenüber dem Premierminister, einem einzelnen Regierungsmitglied oder der gesamten Regierung stellen. 13. Lettland Lettland ist eine parlamentarische Demokratie. Das Parlament heißt Saeima und besteht aus nur einer Kammer. Präsident und Premierminister werden vom Parlament gewählt. Der Premierminister und alle Minister bedürfen des Vertrauens der Saeima; sie können auch einzeln durch ein Misstrauensvotum gestürzt werden.26 Nach der Verfassung ist die Saeima berechtigt, an den Ministerpräsidenten oder einen einzelnen Minister Auskunftsersuchen und Anfragen zu richten, welche diese oder von ihnen bevollmächtigte verantwortliche Amtspersonen zu beantworten haben. Der Premierminister oder Minister ist 26 Verfassung von Lettland, http://www.saeima.lv/en/legislation/constitution (zuletzt abgerufen am 11.04.18). Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 114/18 Seite 31 verpflichtet, auf Verlangen der Saeima oder deren Kommissionen diesen die betreffenden Dokumente und Akten vorzulegen. Die Ausschüsse sind berechtigt, die für ihre Tätigkeit erforderlichen Materialien und Erläuterungen von den einzelnen Ministern und Kommunalbehörden zu verlangen, wie auch die verantwortlichen Vertreter der betreffenden Ministerien aufzufordern, in den Ausschusssitzungen Erläuterungen abzugeben. Nach der Geschäftsordnung27 können Fragen gerichtet werden an den Premierminister, den stellvertretenden Premierminister, einen Minister, einen Staatsminister oder an den Gouverneur der Zentralbank. Gestellt werden muss eine Frage von mindestens fünf Abgeordneten. Die Anzahl der Fragen, die gestellt werden dürfen, ist nicht begrenzt. Es wird nicht danach unterschieden, ob eine Frage schriftlich oder mündlich beantworten werden soll. Fragen müssen vorher schriftlich eingereicht werden und so formuliert sein, dass sie kurz und präzise beantwortet werden können. Inhaltliche Beschränkungen gibt es nicht. Es steht der Regierung frei, ob sie schriftlich oder mündlich antwortet: Einen Tag bevor eine Frage beantwortet werden soll, ist die Antwort entweder schriftlich beim Präsidium einzureichen oder sie ist in der Fragezeit mündlich zu geben. Die einstündige Fragezeit findet üblicherweise donnerstags nachmittags um 17 Uhr statt. Während einer regulären Parlamentssitzung berichtet das Präsidium über die eingereichten Fragen unter Nennung der Fragesteller und der Adressaten. Abgearbeitet werden die Fragen in der Reihenfolge ihres Eingangs. Berücksichtigt werden sollen Fragen, deren Antwort nicht älter als sechs Tage ist. Mündlich beantwortet werden Fragen, wenn der Fragesteller mit der schriftlichen Antwort nicht zufrieden ist. Ist eine Frage bereits schriftlich beantwortet, der Fragesteller mit der Antwort aber unzufrieden, kann zwei Minuten mündlich geantwortet werden. Für die Beantwortung einer schriftlich unbeantworteten Frage stehen fünf Minuten zur Verfügung. Für Anschlussfragen steht dem Fragesteller eine Minute zur Verfügung. Nach deren Beantwortung können die anderen Abgeordneten bis zu drei Anschlussfragen stellen. Die Antwort darf nicht länger als zwei Minuten dauern. Irrelevante Fragen werden zurückgewiesen. Fragen, für deren Beantwortung keine Zeit mehr ist, werden innerhalb von 48 Stunden schriftlich beantwortet. Das gleiche gilt, wenn der Fragesteller nicht anwesend ist. Beantwortet werden die Fragen grundsätzlich von demjenigen, an den sie gerichtet sind. Allerdings kann der Premierminister seinen Stellvertreter, einen anderen Minister oder einen Staatssekretär antworten lassen. Fragen an Minister können von Staatssekretären beantwortet werden. Der Zentralbankchef kann seinen Stellvertreter antworten lassen. Dringliche Fragen müssen innerhalb von 48 Stunden beantwortet werden. Werden Fragen als dringlich bezeichnet, ist dies zu begründen. 27 Geschäftsordnung, http://www.saeima.lv/Likumdosana_eng/likumdosana_kart_rullis.html. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 114/18 Seite 32 14. Litauen Litauen ist eine parlamentarische Demokratie mit einem direkt gewählten Präsidenten. Der Seimas , Litauens Parlament, besteht aus einer Kammer. Die Regierung muss vom Seimas bestätigt werden und ist diesem verantwortlich.28 Das Frage- und Interpellationsrecht des Seimas ist in der Verfassung verankert und in der Geschäftsordnung näher ausgeführt.29 Im Seimas wird unterschieden zwischen der „Regierungsstunde“ (Government hour), in der jeden Donnerstag Mitglieder der Regierung mündlich befragt werden, und der „Regierungshalbestunde “(Government half hour), in der auch alle Behördenleiter, die vom Seimas eingesetzt worden sind (mit Ausnahme der Richter an den Obersten Gerichten), befragt werden können. Fragen zur schriftlichen Beantwortung unterteilen sich in einfache Fragen zur schriftlichen Beantwortung und Enquêtes, wobei letztere eine Diskussion im Parlament nach sich ziehen. Die Interpellation wird schriftlich beantwortet und innerhalb von fünf Tagen zum Gegenstand einer Debatte gemacht. 14.1. Regierungsbefragung In der Regierungsbefragung („Regierungsstunde“) dürfen mündliche Fragen von großer Dringlichkeit und Bedeutung gestellt werden. Fragen, die nicht dringlich oder wichtig (socially significant) erscheinen, kann der Vorsitzende nach seinem Ermessen ablehnen. Der Seimas kann die Anwesenheit von Regierungsmitgliedern verlangen. Spätestens 24 Stunden vor der Sitzung ist vom Ältestenrat festzulegen, wer von der Regierungsseite anwesend sein und Fragen beantworten muss. Für die Gefragten besteht eine Antwortpflicht für alle Angelegenheiten aus ihrem Verantwortungsbereich. Wer Fragen stellen möchte, ist gehalten, das entsprechende Regierungsmitglied vorab über das Thema der beabsichtigten Frage zu informieren (may advise the Government Member in advance ). Als Erster stellt der Oppositionsführer zwei Fragen. Danach sind die Vertreter der Fraktionen an der Reihe, wobei die Oppositionsfraktionen Vorrang haben. Die Fragenden haben jeweils eine Minute, die Antwortenden zwei Minuten zur Verfügung. Zusätzliche Fragen kann der Vorsitzende nach seinem Ermessen zulassen. Jedes Seimas-Mitglied ist berechtigt, zusätzliche Fragen zu stellen; die ursprünglich Fragenden werden aber bevorzugt. 28 Verfassung von Litauen, http://www3.lrs.lt/home/Konstitucija/Constitution.htm. 29 Geschäftsordnung, http://www.legislationline.org/download/action/download /id/838/file/1d3069e22bf427292ff15e253dd9.htm/preview. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 114/18 Seite 33 Wird eine Frage nicht zufriedenstellend oder gar nicht beantwortet, darf der Fragende sie schriftlich einreichen. Das befragte Regierungsmitglied kann die Beantwortung einer Frage ablehnen oder auf die nächste Regierungsbefragung verlegen. Betrifft die Frage den Zuständigkeitsbereich eines anderen Regierungsmitglieds, kann der Befragte darum ersuchen, dass die Frage von diesem Regierungsmitglied beantwortet wird. Erfordert eine Frage nach Einschätzung des Regierungsmitglieds oder des Vorsitzenden eine umfangreiche oder detaillierte Beantwortung, muss diese Frage schriftlich eingereicht werden. Eine Anzahl von mindestens zehn Seimas-Mitgliedern darf vor der Sitzung eine dringende schriftliche Anfrage zur mündlichen Behandlung einreichen. Das befragte Regierungsmitglied hat 20 Minuten Zeit für die Antwort. Die Antwort darf um bis zu drei Tage hinausgezögert werden. Während der Regierungsbefragung sind die Entscheidungen des Vorsitzenden nicht in Frage zu stellen. Allerdings kann ein Fragesteller, dessen Frage als nicht dringlich oder unbedeutend zurückgewiesen wurde oder wenn er mit der Antwort nicht zufrieden ist, im Anschluss an die Befragung erklären, dass die Frage nun schriftlich eingereicht wird. 14.2. Allgemeine Fragestunde In der jeden Dienstagabend stattfindenden „Regierungshalbestunde“(Government half hour) können neben den Regierungsmitgliedern auch alle Behördenleiter, die vom Seimas eingesetzt oder bestätigt worden sind (mit Ausnahme der Richter an den Obersten Gerichten), vom Parlament befragt werden. Ziel ist es, Informationen über die Aktivitäten dieser Personen oder die ihnen nachgeordneten Behörden zu erlangen. Bei Festsetzung der Tagesordnung für die Sitzungswoche wird festgelegt, welcher Behördenleiter befragt werden soll. Die Fragen sind spätestens zwei Tage vor der Sitzung schriftlich einzureichen . Für die Beantwortung der Fragen werden insgesamt 15 Minuten veranschlagt. Weitere 15 Minuten sind für ergänzende Fragen vorgesehen, welche die Fraktionsführer beginnend mit den Oppositionsfraktionen entsprechend ihrer Größe stellen. Der Seimas kann die Anwesenheit von Vertretern staatlicher Institutionen, die von dem Seimas ernannt oder bestätigt worden sind, verlangen. 14.3. Fragen zur schriftlichen Beantwortung Bei den Fragen zur schriftlichen Beantwortung ist zwischen einfachen Anfragen und Enquêtes zu unterscheiden. Erstere werden nur schriftlich beantwortet, während letztere noch eine mündliche Diskussion im Parlament nach sich ziehen. 14.3.1. Einfache Anfragen Nach ihrem Belieben können Fraktionen und einzelne Seimas-Mitglieder schriftliche Anfragen zur schriftlichen Beantwortung stellen. Sie sollen innerhalb von zehn Tagen beantwortet werden. Der Gefragte kann schriftlich begründet eine Fristverlängerung von bis zu einem Monat verlangen . Die Fragen und Antworten werden in den Drucksachen des Parlaments veröffentlicht. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 114/18 Seite 34 14.3.2. Enquêtes Enquêtes sind schriftliche Anfragen zu Entscheidungen oder dem Verhalten der Regierung. Sie müssen innerhalb von zehn Tagen beantwortet werden, wobei auch hier auf schriftlich begründeten Antrag die Möglichkeit der Fristverlängerung bis zu einem Monat besteht. Innerhalb von zehn Tagen sollen Enquêtes auf die Tagesordnung des Plenums gesetzt werden. Mindestens zweimal im Monat werden Enquêtes behandelt. Wenn ein Fünftel der Mitglieder des Seimas es verlangt, müssen Enquêtes zwingend behandelt werden. Vorrang haben die Enquêtes der Opposition. Ist der Repräsentant der Fragenden unentschuldigt abwesend, verfällt die Enquête ; bei entschuldigtem Fehlen, wird sie auf die nächste Sitzung verschoben. Zunächst spricht der Fragende bis zu fünf Minuten. Innerhalb von 15 Minuten wird geantwortet. Auf Verlangen einer Fraktion oder eines Ausschusses schließt sich hieran eine Debatte an. Wenn keine Diskussion zugelassen wird, dürfen nur vier weitere Seimas-Mitglieder sprechen, wobei sich Befürworter und Gegner der Enquête abwechseln sollen. Falls ein Fragender mit der gegebenen Antwort nicht zufrieden ist, kann der Seimas einen die Antwort bewertenden Beschluss fassen . 15. Luxemburg Das Großherzogtum Luxemburg ist eine repräsentative Demokratie in Form einer konstitutionellen Monarchie. Es verfügt neben dem Großherzog als Staatsoberhaupt über eine Abgeordnetenkammer (Chambre des Députés), einen Staatsrat (Conseil d’État) als beratendes Organ bei Gesetzgebungsverfahren sowie eine Regierung mit dem vom Großherzog ernannten „Staatsminister“ an der Spitze.30 Die Abgeordneten können den Regierungsmitgliedern Fragen bezüglich Angelegenheiten von politischem oder öffentlichem Interesse vorlegen. Sie werden entweder mündlich während der öffentlichen Sitzung oder schriftlich gestellt. Fragen sind kurz und präzise zu formulieren. Die Zulässigkeit der Frage hängt von dem allgemeinen Interesse, ihrer Bedeutung oder Aktualität ab. Allein der Parlamentspräsident entscheidet über die Zulässigkeit.31 15.1. Fragestunde Die Fragestunde (heure de questions) findet während der Sitzungswochen in der Regel jeden Dienstag zu Beginn der öffentlichen Sitzungen statt. 30 Vgl. Verfassung vom 17. Oktober 1868, http://data.legilux.public.lu/file/eli-etat-leg-recueil-constitution- 20161020-fr-pdf.pdf. 31 Geschäftsordnung der Abgeordnetenkammer vom 16. Januar 2018, http://www.chd.lu/wps/wcm/connect/public/471d269f-9eed-4fbe-ac8a-d828a981cb70/reglement _05022018.pdf?MOD=AJPERES&CVID=m5C8hMa&CVID=m5C8hMa. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 114/18 Seite 35 Der Fragende hat zwei Minuten Zeit, um zu fragen, die Regierung hat maximal vier Minuten Zeit, um zu antworten. Der Parlamentspräsident überlässt abwechselnd einem Abgeordneten der parlamentarischen Mehrheit sowie einem Abgeordneten der Opposition das Wort und achtet dabei auf ein ausgewogenes Gleichgewicht. Die Frage muss dem Parlamentspräsidenten gemeinsam mit der Angabe des zuständigen Ministers spätestens drei Stunden vor Beginn der Fragestunde schriftlich übermittelt werden. Die mündlichen Fragen werden vorab an die Regierung gesandt und anschließend vor Beginn der Fragestunde auf der Internetseite des Parlaments veröffentlicht. Diejenigen Fragen, die wegen Zeitmangels nicht gestellt werden konnten, werden so behandelt als seien sie zurückgezogen worden. Sie können dann bei einer weiteren Fragestunde gestellt werden. 15.2. Aktuelle Stunde Die sog. Aktuelle Stunde (heure d’actualité) findet während der Sitzungswochen dienstags im Anschluss an die Fragestunde statt, sofern sie am vorherigen Donnerstag von Parlamentsmitgliedern angefordert wurde. Die Redezeit von den Abgeordneten, die die Aktuelle Stunde angefordert haben, beträgt zehn Minuten und die der weiteren Abgeordneten fünf Minuten. Die Regierung hat 15 Minuten Zeit die Fragen zu beantworten. 15.3. Dringende Fragen Dringende Fragen teilt der Abgeordnete schriftlich dem Parlamentspräsidenten mit. Dieser überprüft , ob die Frage zulässig ist. Wird die Frage akzeptiert, hat der Fragesteller fünf und die Regierung zehn Minuten Zeit, um sie zu beantworten. Sollte zu der Zeit keine Parlamentssitzung stattfinden , antwortet der Minister schriftlich innerhalb von einer Woche. 15.4. Ergänzende Fragen Während Sitzungswochen plant das Parlament Zeit für ergänzende Fragen ein. Der Parlamentspräsident sendet die Fragen mindestens zwei Wochen vorher an die Regierung. Nachdem die Regierung auf die Frage geantwortet hat, kann der Abgeordnete eine mündliche Zusatzfrage stellen, die präzise formuliert sein muss. Insgesamt hat der Fragesteller fünf Minuten Zeit für seine Frage und ggf. die Zusatzfrage. Die Regierung hat zehn Minuten Zeit, um die Fragen zu beantworten. 15.5. Schriftliche Fragen Der Abgeordnete, der eine schriftliche Frage an die Regierung stellen möchte, übergibt sie dem Parlamentspräsidenten. Dieser übermittelt die Frage an den zuständigen Minister. Die Antwort des Ministers wird innerhalb eines Monats an den Parlamentspräsidenten gerichtet. Sollte es dem Minister nicht möglich sein, innerhalb dieser Frist zu antworten, kann der dies dem Parlamentspräsidenten unter Angabe der Gründe und des voraussichtlichen Zeitraums für eine Antwort mitteilen. Die Frage und die Antwort sind vollständig im Parlamentsprotokoll zu veröffentlichen . Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 114/18 Seite 36 15.6. Interpellation Bei der Interpellation handelt es sich um eine schriftliche Aufforderung zur öffentlichen Diskussion über Angelegenheiten des öffentlichen Interesses. Jeder Abgeordnete hat das Recht, eine Interpellation an die Regierung zu richten. Der Abgeordnete, der vorschlägt, die Regierung zu befragen , informiert den Parlamentspräsidenten mittels schriftlicher Erklärung über den Inhalt seiner Frage. Die Interpellation ist innerhalb von sechs Monaten nach Einreichung des Antrags zu behandeln , es sei denn, es liegt eine anderweitige Abmachung mit den Fragestellern vor. 16. Niederlande Im Königreich der Niederlande werden der Ministerpräsident und die Minister (Ministerrat) vom König ernannt. Das Parlament besteht aus einer Ersten und einer Zweiten Kammer. Nur die Zweite Kammer geht aus allgemeinen Wahlen hervor. Die Erste Kammer wird von den Landtagen der zwölf Provinzen gewählt. Nach der Staatspraxis hat der Ministerrat oder ein einzelner Minister zurückzutreten, wenn er nicht mehr das Vertrauen der Mehrheit des Parlaments hat.32 Die Zweite Kammer (Tweede Kamer der Staten-Generaal) hat seiner Geschäftsordnung nach eine Vielzahl parlamentarischer Kontrollinstrumente. Neben der Möglichkeit jedes Abgeordneten, schriftlich Fragen an einen Minister zu stellen, die dieser wahlweise schriftlich oder mündlich beantworten kann, führt das niederländische Parlament in jeder Sitzungswoche eine Fragestunde durch, für die schriftlich Fragen angemeldet werden können. Ferner kann sich das Parlament durch eine Interpellation Informationen beschaffen. 16.1. Interpellationen Wenn ein Mitglied des Parlamentes Informationen über ein Thema, das nicht auf der aktuellen Tagesordnung steht, von einem oder mehreren Ministern benötigt, kann er das Parlament um Erlaubnis bitten, eine Interpellation abzuhalten. Ein solcher Antrag kann auch mündlich gestellt werden und muss die wesentlichen Punkte, nach welchen gefragt werden soll, benennen. Soweit das Parlament dem Antrag entspricht, legt es einen Termin für die Interpellation fest. Wenn die Angelegenheit von hoher Dringlichkeit und der befragte Minister zugegen sind, kann das Parlament die Interpellation auch augenblicklich durchführen. In diesem Fall soll der Minister die erfragten Informationen sofort erbringen, soweit er dazu in der Lage ist. Ist dies nicht möglich, vertagt das Parlament die Interpellation. Wird die Interpellation nicht augenblicklich durchgeführt, soll der Antragsteller den Präsidenten des Parlamentes schnellstmöglich über die konkreten Fragen in Kenntnis setzen, die er während der Interpellation zu stellen gedenkt. Hat der Präsident des Parlamentes hinsichtlich der Form oder des Inhalts der Fragen keine ernstlichen Einwände, leitet er diese an den betroffenen Minister weiter. 32 Die Verfassung gibt über das Verhältnis von Regierung und Parlament wenig Auskunft, vgl. https://www.government.nl/ministries/ministry-of-the-interior-and-kingdom-relations/documents/regulations /2012/10/18/the-constitution-of-the-kingdom-of-the-netherlands-2008. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 114/18 Seite 37 Während der Interpellation darf der Antragsteller höchstens zweimal sprechen, andere Mitglieder des Parlamentes höchstens einmal. Mit Erlaubnis des Parlamentes kann hiervon abgewichen werden. 16.2. Schriftliche Fragen Jedes Mitglied des Parlamentes kann schriftliche Fragen an einen oder mehrere Minister stellen. Sie sollen kurz gehalten und klar formuliert sein. Die Fragen sind beim Präsidenten des Parlamentes einzulegen, der sie, soweit er hinsichtlich der Form oder des Inhalts der Fragen keine ernstlichen Einwände hat, an den betroffenen Minister weiterleitet. Der Präsident des Parlamentes soll ferner die Mitglieder des Parlamentes über die weitergeleiteten Fragen informieren und diese veröffentlichen. Wenn der Minister die Fragen nicht innerhalb von drei Wochen beantworten kann, soll er den Präsidenten des Parlamentes informieren und die Gründe hierfür darlegen. Sollten die Fragen nach sechs Wochen nicht beantwortet sein, werden sie an den Anfang der Fragestunde gesetzt, wenn der Fragesteller keine Ausnahme hiervon gewährt. Der Minister kann den Präsidenten des Parlamentes darüber informieren, dass er eine Frage mündlich und nicht schriftlich zu beantworten wünscht. In diesem Fall ist die Frage während der nächsten Fragestunde zu beantworten. Die Frage wird mitsamt der schriftlichen Antwort dem stenografischen Plenarprotokoll als Anhang beigefügt. 16.3. Fragestunde Die Fragestunde findet in jeder Sitzungswoche dienstags zu Beginn der Sitzung statt. Der Präsident des Parlamentes legt jeweils den Zeitpunkt fest, zu dem die Fragestunde beendet wird. Will ein Mitglied des Parlamentes Fragen innerhalb der Fragestunde stellen, muss es den Präsidenten des Parlamentes hierüber bis spätestens Dienstag 12 Uhr unter Nennung des Themas schriftlich informieren. Unter besonderen Umständen kann das Haus die Fragestunde zu einem anderen Zeitpunkt durchführen. In diesem Fall bestimmt der Präsident des Parlamentes die Frist, bis zu der Fragen bei ihm anzumelden sind. Der Präsident des Parlamentes lädt die zuständigen Minister zur Fragestunde ein und informiert sie über den Gegenstand der Fragen. Anschließend veröffentlicht er den Gegenstand der Fragen. Der Präsident bestimmt die Reihenfolge, in welcher die Themen der Fragestunde aufgerufen werden . Ist der Gegenstand der Frage nicht hinreichend beschrieben, kann er den Aufruf der Frage ablehnen. Der Fragesteller hat höchstens zwei Minuten, um seine Frage zu stellen und diese zu erklären. Der Minister darf höchstens fünf Minuten zum Plenum sprechen, um die Frage zu beantworten . Für ergänzende Fragen an den Minister oder an Mitglieder des Parlamentes hat der Fragesteller im Anschluss weitere zwei Minuten. Jeder, dem solche ergänzenden Fragen gestellt werden, darf höchstens drei Minuten sprechen, um sie zu beantworten. Themen, die während der Fragestunde nicht mehr behandelt werden konnten, sind hinfällig. Während der Fragestunde kann kein Antrag auf Interpellation gestellt werden. Unterbrechungen sind nicht zulässig. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 114/18 Seite 38 16.4. Befragung von Personen, die eine neue Regierung bilden Nachdem die Person oder die Personen, die den Regierungsauftrag erhalten haben, die Arbeiten zur Bildung einer Regierung abgeschlossen haben, können sie vom Parlament eingeladen werden, um Informationen über den Gang der Verhandlungen zu erfragen. 17. Norwegen Oberstes Organ der vollziehenden Gewalt ist im Königreich Norwegen formell der „König im Staatsrat“, also der König, beraten durch die Mitglieder der Regierung („Staatsrat“), die aus dem Ministerpräsidenten („Staatsminister“) und den Ministern besteht. Der König beruft den Staatsrat , dem das direkt gewählte Parlament jedoch das Vertrauen entziehen kann.33 Das Parlament (Stortinget) besteht aus einer Kammer. Das parlamentarische Fragerecht steht jedem einzelnen Mitglied zu. Unterschieden wird zwischen der Interpellation und drei Fragetypen . Die Interpellation ist der Großen Anfrage im Bundestag ähnlich. Die Fragen werden unterschieden in schriftliche Fragen zur mündlichen oder schriftlichen Beantwortung und mündliche Fragen zur mündlichen Beantwortung (Regierungsbefragung). Das Frage- und Interpellationsrecht ist nicht ausdrücklich verfassungsrechtlich geregelt, sondern in der Geschäftsordnung des Stortinget ausgestaltet. Die wöchentlich stattfindende Fragestunde beginnt mit der Regierungsbefragung und endet mit den schriftlichen Fragen zur mündlichen Beantwortung. Das Zitierrecht ist als Mehrheitsrecht ausgestaltet. Es ist in der Praxis kaum relevant, da die Regierungsmitglieder in der Fragestunde in der Regel anwesend sind.34 17.1. Regierungsbefragung Die Fragestunde, die normalerweise mittwochs um 10 Uhr durchgeführt wird, beginnt mit der Regierungsbefragung (oral question time), den mündlichen Fragen zur mündlichen Beantwortung . Sie dauert im Normalfall etwa eine Stunde. Spätestens am Montag um 11 Uhr vor der Fragestunde teilt der Premierminister dem Präsidenten des Stortinget mit, welche Regierungsmitglieder anwesend sein werden. Jeder Abgeordnete darf maximal eine Frage während der Regierungsbefragung stellen. Wer eine Frage stellen will, informiert im Voraus die Parlamentsverwaltung. Der Parlamentspräsident entscheidet, wer zum Zuge kommt und bestimmt die Reihenfolge. Für seine Frage hat der Abgeordnete zwei Minuten Zeit. Für die Beantwortung der Frage stehen dem Regierungsmitglied ebenfalls zwei Minuten zur Verfügung. Der Fragende darf maximal eine Minute erwidern. Danach darf der Präsident anderen Abgeordneten jeweils maximal eine Minute für eine Erwiderung geben, wobei das gefragte Regierungsmitglied jeweils eine Minute zum Sprechen nach jeder Erwiderung hat. 33 Verfassung Norwegen, https://www.stortinget.no/globalassets/pdf/english/constitutionenglish.pdf. 34 Geschäftsordnung, http://www.stortinget.no/Global/pdf/Diverse/StortingetsForretENGELSK.pdf. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 114/18 Seite 39 Der Präsident entscheidet, wann die Regierungsbefragung beendet ist. Anschließend findet die gewöhnliche Fragestunde (ordinary Question Time) statt. 17.2. Schriftliche Fragen zur mündlichen Beantwortung/gewöhnliche Fragestunde Jeder Abgeordnete darf schriftliche Fragen zur mündlichen Beantwortung stellen. Die Anzahl von schriftlichen Anfragen zur mündlichen Beantwortung ist pro Sitzungswoche auf eine Frage begrenzt. In jeder Sitzungswoche findet normalerweise am Mittwoch um 10 Uhr eine Fragestunde statt. Die schriftlichen Fragen zur mündlichen Beantwortung werden im Anschluss an die Regierungsbefragung gestellt. Sie müssen spätestens am Donnerstag, 14 Uhr vor der Fragestunde beim Präsidenten eingereicht werden, sofern der Donnerstag kein Werktag ist, spätestens am letzten vorherigen Werktag. Der Präsident lehnt schriftliche Fragen zur mündlichen Beantwortung ab, wenn sie außerhalb des Verantwortungsbereichs der Regierung fallen oder wenn sie bereits als Interpellation oder Frage eingereicht wurden. Der Fragende hat Gelegenheit, die Frage im Plenum zu stellen und zu begründen, er muss die Frage aber nicht begründen. Ist er nicht anwesend, kann ein anderer Abgeordneter die Frage stellen . Stellt kein anderer Abgeordneter die Frage, gilt sie als zurückgezogen. Der Minister soll nicht länger als drei Minuten antworten. Darauf dürfen der Fragende und der Minister jeweils noch einmal bis zu einer Minute reden. Der Fragende darf während dieser Zeit auch Zusatzfragen zum selben Thema stellen. Fragen und Antworten werden als Drucksache veröffentlicht . 17.3. Schriftliche Fragen zur schriftlichen Beantwortung Jedes Mitglied ist nach seinem Belieben berechtigt, schriftliche Fragen zur schriftlichen Beantwortung an Regierungsmitglieder zu stellen. Die Fragen müssen dabei kurz, ohne unangemessene oder beleidigende Sprache abgefasst sein und dürfen eine DIN A4 Seite nicht überschreiten. Die Fragen werden schriftlich beim Präsidenten des Stortinget eingereicht. Dieser reicht sie an die Adressaten weiter oder lehnt sie ab, wenn sie außerhalb des Verantwortungsbereichs der Regierung liegen. Jedes Mitglied darf insgesamt innerhalb einer Kalenderwoche nur zwei schriftliche Anfragen zur schriftlichen Beantwortung stellen; stellt das Mitglied auch eine Anfrage zur mündlichen Beantwortung , darf es nur eine schriftliche Anfrage zur schriftlichen Beantwortung stellen. In der Sommerpause (1. Juli bis zum 14. August) werden keine schriftlichen Fragen zur schriftlichen Beantwortung beantwortet. Die Antwort, die schriftlich begründete Ablehnung einer Antwort oder der Hinweis, dass und warum die Frage später beantwortet wird, soll dem Abgeordneten innerhalb von sechs Werktagen zugehen. Die Antwort soll grundsätzlich nicht länger als zwei DIN A4 Seiten sein. Fragen und Antworten werden als Drucksache des Stortinget veröffentlicht. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 114/18 Seite 40 17.4. Interpellationen Interpellationen sind umfangreiche schriftliche Fragen zur mündlichen Beantwortung, die eine Debatte im Plenum nach sich ziehen. Jeder Abgeordnete kann ein solches Informationsverlangen schriftlich und knapp verfasst beim Präsidenten einreichen. Der Präsident lehnt Interpellationen ab, die außerhalb des Verantwortungsbereichs der Regierung liegen, deren Themen in einem Ausschuss behandelt werden, wenn sie Angelegenheiten betreffen , zu denen Beschlussempfehlungen gemacht wurden, die aber noch nicht im Plenum behandelt wurden, oder zu Angelegenheiten, die bereits als Interpellation oder Frage behandelt wurden und deren Beantwortung noch aussteht. Die Interpellation soll spätestens innerhalb eines Monats nach Einreichung im Plenum beantwortet werden, wenn das Präsidium nicht einer späteren Beantwortung zustimmt. Die Sommerpause vom 1. Juli bis zum 14. August wird bei Berechnung der Frist nicht berücksichtigt. Im Plenum hat der Fragende zehn Minuten, um die Gründe für seine Interpellation darzulegen. Der Premierminister und andere Minister, deren Ministerien durch die Interpellation betroffen sind, haben ebenfalls zehn Minuten für die Beantwortung. In der sich anschließenden Debatte haben der Fragende und das adressierte Regierungsmitglied jeweils drei Minuten, um zu reden. Danach dürfen andere Abgeordnete jeweils maximal fünf Minuten sprechen. Abschließend sprechen noch einmal der Fragende und das adressierte Regierungsmitglied für jeweils maximal drei Minuten. Insgesamt darf die Interpellation nicht länger als eineinhalb Stunden dauern, wobei die Redezeiten der nicht adressierten Minister und des Premierministers nicht mitgerechnet werden. Interpellationen werden als Drucksachen veröffentlicht. 17.5. Fragen ans Präsidium Auch an das Präsidium können Fragen gestellt werden: Zur Arbeit des Parlaments oder zu Entscheidungen des Präsidiums. Diese Fragen sind schriftlich beim Präsidenten einzureichen und müssen so schnell wie möglich beantwortet werden. Der Fragesteller hat fünf Minuten, um die Gründe seiner Frage zu erläutern. Das zuständige Präsidiumsmitglied antwortet in derselben Zeit. Mit Zustimmung des Parlaments kann der Präsident bis zu zehn Minuten antworten. Anschließend können Fragesteller und Antwortender jeweils weitere drei Minuten sprechen, wobei der Fragesteller auch eine Zusatzfrage stellen kann. 18. Österreich Das österreichische Parlament besteht aus zwei Kammern, dem Nationalrat und dem Bundesrat. Der Bundeskanzler und auf dessen Vorschlag die übrigen Mitglieder der Bundesregierung werden vom Bundespräsidenten ernannt. Der Bundeskanzler und die Regierungsmitglieder sind auf das Vertrauen des Nationalrates angewiesen; spricht der Nationalrat der Bundesregierung oder Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 114/18 Seite 41 einem ihrer Mitglieder das Misstrauen aus, wird die Bundesregierung oder das Regierungsmitglied vom Bundespräsidenten abberufen.35 Nach der Geschäftsordnung des Nationalrates findet das Fragerecht des Parlaments statt in Form von mündlichen Anfragen in der Fragestunde, schriftlichen Anfragen, dringlichen Fragen und in einer „kurzen Debatte“.36 18.1. Mündliche Anfrage/Fragestunde Grundsätzlich beginnt jede Sitzung des Nationalrats mit einer Fragestunde, die 60 Minuten nicht überschreiten soll. Findet eine „Aktuelle Stunde“ statt, entfällt die Fragestunde. Von der Durchführung der Fragestunde kann der Präsident nach Beratung in der Präsidialkonferenz absehen. In der Regel findet pro Sitzungswoche eine Fragestunde statt. Jeder Abgeordnete kann monatlich bis zu vier kurze, mündliche Anfragen an die Mitglieder der Bundesregierung richten. Mündliche Anfragen müssen spätestens 48 Stunden vor der Sitzung, in der sie aufgerufen werden sollen – Samstage, Sonntage und gesetzliche Feiertage nicht eingerechnet – bei der Parlamentsdirektion schriftlich eingebracht werden. Die Parlamentsdirektion übermittelt die Anfragen unverzüglich an das befragte Regierungsmitglied. Anfragen müssen sich an Mitglieder der Regierung richten, Fragen an Staatssekretäre sind nicht zulässig. Insgesamt werden in einer Fragestunde sieben Fragen aufgerufen. Zunächst ist eine eingereichte Frage sinngemäß wiederzugeben. Das befragte Mitglied der Bundesregierung oder der ein Regierungsmitglied vertretende Staatssekretär ist verpflichtet, die Anfragen mündlich in derselben Sitzung , in der sie aufgerufen werden, zu beantworten. Ist den Genannten die Erteilung der gewünschten Auskunft nicht möglich, so haben sie dies in der Beantwortung zu begründen. Zu jeder Frage kann jede Fraktion eine Zusatzfrage stellen. Redezeit für Frage und Antwort ist jeweils eine Minute, mit Ausnahme der Beantwortung der Anfrage, die zwei Minuten in Anspruch nehmen darf. Die Zusatzfragen müssen in unmittelbarem Zusammenhang mit der jeweiligen Anfrage stehen, jedoch nicht vorab bekannt gegeben werden. In der Praxis steht für jede Fragestunde ein Regierungsmitglied zur Verfügung. Die Anwesenheitspflicht ist nicht ausdrücklich im Gesetz vorgesehen. Aus dem Grundsatz der parlamentarischen Demokratie wird jedoch abgeleitet, dass das von einer Anfrage betroffene bzw. das zuständige Regierungsmitglieder zur Anwesenheit verpflichtet ist. Mit einfacher Mehrheit kann der Nationalrat Regierungsmitglieder zur Anwesenheit zwingen. 35 Bundes-Verfassungsgesetz, https://www.ris.bka.gv.at/GeltendeFassung/Bundesnormen/10000138/B- VG%2c%20Fassung%20vom%2016.04.2018.pdf. 36 Geschäftsordnungsgesetz, §§ 89 ff., http://www.parlament.gv.at/PA/RG/GONR/default_Portal.shtml. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 114/18 Seite 42 18.2. Schriftliche Anfrage, „Dringliche Anfrage“ und „Kurze Debatte“ Abgeordnete können schriftliche Anfragen an die Bundesregierung oder an eines ihrer Mitglieder richten. Gegenstand dieser Anfragen ist die Geschäftsführung der Bundesregierung und ihrer Mitglieder , insbesondere Regierungsakte und die Angelegenheiten der behördlichen Verwaltung oder der Verwaltung des Bundes als Träger von Privatrechten. Eine solche Anfrage muss von fünf Abgeordneten unterschrieben sein. Eine schriftliche Anfrage an die Bundesregierung oder eines ihrer Mitglieder ist binnen zwei Monaten ab Übergabe an die Präsidentin des Nationalrates zu beantworten. Schriftliche Anfragen können unbegrenzt gestellt werden. Von mindestens fünf Abgeordneten kann verlangt werden, dass die schriftliche Anfrage an dem Sitzungstag, an dem sie eingereicht wird, im Plenum mündlich begründet wird und hierzu eine Debatte stattfindet („Dringliche Anfrage“). Diese Debatte findet nach Erledigung der Tagesordnung , spätestens jedoch 15 Uhr, frühestens aber drei Stunden nach Eingang in die Tagesordnung statt. Jeder Abgeordnete darf innerhalb eines Jahres nur eine Dringliche Anfrage unterstützen. Jeder Fraktion (Parlamentsklub) stehen vier weitere solche Verlangen pro Jahr zu. Auf Verlangen von fünf Abgeordneten ist über eine innerhalb der letzten zwei Monate eingegangene Beantwortung einer schriftlichen Anfrage eine Plenardebatte durchzuführen („Kurze Debatte “). 19. Polen Die Republik Polen ist nach der Verfassung eine parlamentarische Demokratie mit präsidialen Elementen. Staatsorgane sind der direkt gewählte Staatspräsident, Ministerrat und Parlament. Der Ministerrat wird vom Parlament gewählt und kann nur durch ein konstruktives Misstrauensvotum gestürzt werden. Der Vorsitzende des Ministerrats (Ministerpräsident) kann Minister berufen und abberufen. Das Parlament besteht aus zwei Kammern, dem Sejm und dem Senat. Für die Kontrolle über die Tätigkeit des Ministerrates ist der Sejm zuständig. Nach der Verfassung sind der Vorsitzende des Ministerrates und die anderen Mitglieder des Ministerrates verpflichtet, innerhalb von 21 Tagen Interpellationen und Anfragen der Abgeordneten (des Sejm) zu beantworten . In jeder Sitzung des Sejm sind Fragen über laufende Angelegenheiten zu beantworten.37 Unterschieden wird zwischen Interpellationen, Anfragen nach aktuellen Informationen, Abgeordnetenfragen und Dringlichkeitsfragen. 19.1. Interpellationen Jeder Abgeordnete ist berechtigt, schriftliche Interpellationen zu bestimmten Angelegenheiten der Regierungspolitik zu stellen. Eine Interpellation soll aus einer kurzen Darstellung des Sachverhalts sowie aus Einzelfragen hierzu bestehen. Die Beantwortung erfolgt nach 21 Tagen schriftlich . 37 Verfassung Polen, http://www.sejm.gov.pl/prawo/konst/niemiecki/kon1.htm. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 114/18 Seite 43 19.2. Anfragen nach aktuellen Informationen Eine Gruppe von mindestens 15 Abgeordneten kann eine „Anfrage nach aktuellen Informationen “ (request for providing current information) einreichen, die von einem Regierungsmitglied mündlich zu beantworten ist. Die Anfrage ist am Vorabend bis spätestens 21 Uhr einzureichen. Sie ist zu begründen und muss ihren Adressaten bezeichnen. Das Präsidium wählt nach Konsultation des Ältestenrates aus, welche Anfrage im Plenum behandelt wird. 19.3. Abgeordnetenfragen Abgeordnetenfragen sind schriftliche Einzelfragen von Abgeordneten zu Angelegenheiten der Regierungspolitik und der öffentlichen Verwaltung. Sie werden innerhalb von 21 Tagen beantwortet . 19.4. Dringlichkeitsfragen In jeder Sitzung des Sejm können von den Abgeordneten mündliche Dringlichkeitsfragen (questions on current issues) gestellt werden, die sofort zu beantworten sind. Am Vorabend muss der allgemeine Gegenstand einer Dringlichkeitsfrage bis 21 Uhr angemeldet werden. Das Präsidium wählt aus, welche Frage gestellt werden kann und informiert die Abgeordneten über die Auswahl . Beantwortet werden die Dringlichkeitsfragen von dem angesprochenen Minister. Nur in Ausnahmefällen darf dieser einen Vertreter benennen. Pro Sitzungstag werden elf Dringlichkeitsfragen behandelt. 19.5. Anwesenheitspflicht Grundsätzlich sind Mitglieder der Regierung zur Teilnahme an Plenarsitzungen verpflichtet. Sind sie verhindert, müssen sie sich vertreten lassen. 19.6. Fragerecht im Senat Nach der Polnischen Verfassung haben die Senatoren kein Interpellationsrecht. Doch können auch sie Fragen an die Regierung richten. Sie können diese mit „Senatorischen Erklärungen“ einschließlich Anträgen und Bemerkungen verbinden, die innerhalb von 30 Tagen zu beantworten sind. 20. Portugal Die Portugiesischen Republik ist eine parlamentarische Demokratie mit einem Einkammerparlament , der „Versammlung der Republik“ (Assembleia da República). Der direkt gewählte Staatspräsident ernennt den Premierminister und auf dessen Vorschlag die Mitglieder des Ministerrats. Der Ministerrat kann vom Parlament durch ein Misstrauensvotum gestürzt werden. Die Abgeordneten haben nach der Verfassung vorbehaltlich der gesetzlichen Bestimmung über Staatsgeheimnisse das Recht, an die Regierung Fragen zu allen Maßnahmen der Regierung oder der öffentlichen Verwaltung zu richten und eine Antwort in angemessener Frist zu erhalten und von der Regierung oder den Organen jeder beliebigen öffentlichen Einrichtung alle für die Ausübung ihres Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 114/18 Seite 44 Mandats als nützlich erachteten Unterlagen, Auskünfte und amtlichen Veröffentlichungen zu verlangen.38 20.1. Aktuelle Stunde Alle 15 Tage wird auf Antrag einer Fraktion eine Aktuelle Stunde (debate on current affairs) durchgeführt. 20.2. Debatte des Premierministers Alle zwei Wochen soll der Premierminister an einer Plenarsitzung teilnehmen, um sich den Fragen der Abgeordneten zu stellen. Hierfür sind zwei Varianten vorgesehen. Nach der einen hält der Premierminister eine Eingangsrede, über deren Thema er das Parlament 24 Stunden im Voraus informiert. Im andern Fall wird mit einer Reihe von Abgeordnetenfragen begonnen. Über die Themen der Fragen wird die Regierung 24 Stunden im Voraus unterrichtet. In der zweiten Variante kann der Premierminister die Beantwortung an seine Minister delegieren. 20.3. Dringlichkeitssitzung Zu aktuellen Angelegenheiten von internationaler oder nationaler Bedeutung kann auf Antrag einer Fraktion oder der Regierung eine Dringlichkeitssitzung anberaumt werden, in der Gelegenheit zu einer Regierungsbefragung besteht. 20.4. Ministerialdebatte Jeder Minister soll mindestens einmal pro Sitzungsperiode an einer Plenarsitzung teilnehmen, um sich den Fragen der Abgeordneten zu seinem Verantwortungsbereich zu stellen. Hierbei darf er sich von Mitarbeitern seines Ministeriums begleiten lassen. Die Einberufung einer solchen Ministerialdebatte bedarf einer Frist von mindestens einem Monat. 20.5. Schriftliche Einzelfragen Schriftliche Fragen zur schriftlichen Beantwortung können von Abgeordneten in unbegrenzter Menge und unbegrenztem Umfang an die Regierung gerichtet werden. Diese sind innerhalb von 30 Tagen zu beantworten. 21. Rumänien Das parlamentarische Regierungssystem Rumäniens verfügt über ein Parlament mit zwei Kammern , der Abgeordnetenkammer (Camera Deputaţilor) und dem Senat (Senatul). Der vom direkt 38 Verfassung Portugal, http://www.en.parlamento.pt/Legislation/CRP/Constitution7th.pdf. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 114/18 Seite 45 gewählten Präsidenten ernannte Premierminister und die von diesem ernannten Minister bedürfen der Bestätigung durch ein Vertrauensvotum des gesamten Parlaments (beide Kammern) und sind diesem gegenüber Rechenschaft schuldig.39 Sowohl die Abgeordneten als auch die Senatoren haben das Recht zu mündlichen und schriftlichen Fragen sowie zu Interpellationen. Jeder Abgeordnete und jeder Senator kann Fragen an die Regierung als Ganzes, an einzelne Minister oder auch Leiter der öffentlichen Behörden schriftlich oder mündlich stellen. Fragen sind darauf beschränkt, zu klären, ob eine bestimmte Information des Fragestellers den Tatsachen entspricht , ob die Regierung vorhat, dem Parlament die angeforderten Informationen oder Unterlagen zur Verfügung zu stellen, oder ob die Regierung die Absicht hat, eine Entscheidung in einem bestimmten Problembereich zu fällen. Interpellationen können von einzelnen Abgeordneten, von mehreren Abgeordneten gemeinsam oder von Fraktionen schriftlich beantragt werden. Sie haben das Vorgehen der Regierung in wichtigen Bereichen in der Innen -und Außenpolitik zum Gegenstand. Die Sitzungen für Fragen und Interpellationen finden im Wechsel montags statt. 21.1. Fragen Schriftliche Fragen werden dem zuständigen Regierungsmitglied oder Behördenleiter zugeleitet. Mündliche Fragen können von Abgeordneten in der alle zwei Wochen montags stattfindenden Sitzung vorgestellt werden. Die Fragen sollen nicht länger als zwei Minuten Zeit in Anspruch nehmen. Mindestens eine Woche davor, muss das Thema der Frage dem Sekretariat der Abgeordnetenkammer schriftlich mitgeteilt werden. Ein Abgeordneter darf nicht mehr als zwei Fragen in derselben Sitzung stellen. Die Frage richtet sich an das Regierungsmitglied, dessen Politikfeld betroffen ist oder an den Ministerpräsidenten. Die Fragen werden nicht unmittelbar beantwortet, eine Antwort muss aber innerhalb von fünfzehn Tagen erfolgen. Sie müssen, je nach Anforderung des Fragenden, schriftlich oder mündlich beantwortet werden. 21.2. Mündliche Antworten Mündliche Antworten werden in einer, alle zwei Wochen montags stattfindenden Sitzung beantwortet . Dabei soll die Antwort nicht länger als drei Minuten dauern. Die Antwort auf eine Frage kann aus wichtigen Gründen um eine Woche verschoben werden. Derjenige, an den sich die Frage richtet, muss anwesend sein; ist er es nicht, so muss die Antwort auf die nächste Sitzung, in welcher Fragen beantwortet werden, verschoben werden. Verschobene Antworten müssen vom Präsidenten des Abgeordnetenhauses dem Ministerpräsidenten gemeldet werden. Die Antwort kann vom Fragesteller kommentiert bzw. präzisiert werden. Hierfür hat er nicht mehr als zwei Minuten Zeit. 39 Verfassung Rumänien, http://www.cdep.ro/pls/dic/site.page?id=258&idl=4. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 114/18 Seite 46 Ist der Abgeordnete, der eine mündliche Antwort auf seine Frage angefordert hat, nicht anwesend , so muss die Antwort schriftlich erfolgen. In Ausnahmefällen kann der anberaumte Termin einmal verschoben werden, soweit der Abgeordnete Einwände zur der Antwort vorbringen wollte. 21.3. Schriftliche Antworten Schriftliche Antworten müssen dem Fragesteller innerhalb von fünfzehn Tagen zugesendet werden . Die Antwort wird gemeinsam mit der Frage auf der Internetseite der rumänischen Abgeordnetenkammer veröffentlicht. 21.4. Verweigerung der Antwort Die Adressaten der Fragen können ihre Beantwortung verweigern, soweit sich die Fragen auf persönliche oder private Angelegenheiten beziehen, auf bloße Rechtsberatung abzielen, anhängige Gerichtsverfahren betreffen oder gerichtliche Entscheidungen beeinflussen können. Fragen, die sich auf die Arbeit von Personen beziehen, die kein öffentliches Amt bekleiden, sind unzulässig. Nicht beantwortete Fragen werden im Amtsblatt veröffentlicht. 21.5. Interpellationen Interpellationen, die sich an Minister richten, werden alle zwei Wochen montags in öffentlicher Sitzung eingebracht und danach an den Ministerpräsidenten weitergeleitet. Richten sie sich direkt an den Ministerpräsidenten, müssen sie mittwochs bis 14 Uhr in der Woche vor ihrer Behandlung an den Ministerpräsidenten geleitet werden. Alle Interpellationen müssen schriftlich und hinreichend bestimmt erfolgen. Ergänzungen im Nachhinein sind nicht zulässig. Sie müssen innerhalb von zwei Wochen beantwortet werden; diese Frist kann aber in Ausnahmefällen verlängert werden. Auch die Beantwortung von Interpellationen findet jeden zweiten Montag statt. Zunächst erhält der Interpellierende für nicht mehr als drei Minuten und anschließend der Minister oder ein Staatssekretär zur Beantwortung das Rederecht. Die Antwort auf eine Interpellation darf fünf Minuten nicht überschreiten. Der Interpellierende hat das Recht auf Zwischenfragen und Kommentare ; beides darf insgesamt nicht länger als zwei Minuten dauern. Auf Zwischenfragen und Kommentare kann der Minister oder Staatssekretär ebenfalls zwei Minuten Zeit antworten. Danach sind keine weiteren Zwischen- oder Zusatzfragen zulässig. Der angerufene Minister oder der ihn vertretende Staatssekretär muss in der entsprechenden Sitzung anwesend sein. Pro Fraktion darf in einer Sitzung nicht mehr als eine Interpellation vorgetragen werden, es sei denn der zeitliche Rahmen lässt eine weitere zu. Bei Interpellationen, die sich direkt an den Ministerpräsidenten richten, dürfen Zwischenfragen und Kommentare erst nach der Antwort des Ministerpräsidenten erfolgen. Außerdem können die Interpellationen an den Ministerpräsidenten unter Umständen um bis zu einer Woche aufgeschoben werden. Alle Interpellationen werden in eine besondere Sammlung aufgenommen. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 114/18 Seite 47 21.6. Beantragung von Debatten Der Antrag für eine Debatte muss mindestens sechs Tage vor ihrem geplanten Termin im hierfür zuständigen Parlamentsbüro schriftlich eingereicht werden. In der Debatte müssen der Minister, dessen Politikbereich betroffen ist, als auch der Ministerpräsident anwesend sein. Eine Fraktion darf nur eine Debatte pro Sitzungsperiode beantragen. Der Ministerpräsident darf nicht mehr als zwei Debatten pro Sitzungsperiode beantragen. 22. Schweden Im Königreich Schweden wird der Ministerpräsident vom Parlament, das aus einer Kammer besteht , gewählt. Dieser ernennt die Minister. Die Regierung ist dem Parlament gegenüber verantwortlich . Genießen der Ministerpräsident oder ein anderer Minister nicht mehr das Vertrauen des Parlaments, ist der Minister zu entlassen. Das Parlament kontrolliert die Regierung und Verwaltung .40 Der schwedische Reichstag (Sveriges Riksdag) kennt mündliche und schriftliche Fragen sowie Interpellationen.41 Mündliche Fragen werden an jedem Donnerstag einer Sitzungswoche in einer Fragestunde gestellt und unmittelbar beantwortet. Schriftliche Fragen werden innerhalb kurzer Frist schriftlich durch einen Minister beantwortet und durch das Parlament veröffentlicht. Interpellationen werden schriftlich an einen Minister gestellt und durch diesen mündlich im Parlament in Form einer Stellungnahme beantwortet. Die Anzahl von Fragen und Interpellationen, die ein einzelner Abgeordneter stellen kann, ist nicht begrenzt. In der Praxis sind die Fragen regelmäßig kurz gehalten. 22.1. Interpellationen Jeder Abgeordnete kann schriftlich eine Interpellation beantragen, die eine mündliche Beantwortung im Parlament durch einen Minister erhält. Sie soll sich mit einem konkreten Thema beschäftigen und eine Erklärung zur Motivation für die Fragestellung enthalten. Sie wird einem Minister gestellt und muss sich auf dessen Verantwortungsbereich beziehen. Fragen, die sich auf nachgeordnete Behörden oder gerichtliche Entscheidungen beziehen, sind unzulässig. Der Parlamentspräsident entscheidet, ob eine Interpellation zulässig ist. Soweit sie mit geltendem Recht in Konflikt steht, soll er ihre Annahme verweigern und seine Gründe hierfür darlegen. Verlangt das Parlament gleichwohl die Annahme der Interpellation, muss der Parlamentspräsident den Verfassungsausschuss zur abschließenden Entscheidung anrufen. Ist eine Interpellation angenommen , leitet der Präsident sie an den befragten Minister weiter. Eine Interpellation wird nach der Überweisung an einen Minister binnen zwei Wochen von diesem beantwortet; hiervon bestehen Ausnahmen, etwa während der Parlamentspausen oder zum 40 Verfassung Schweden, https://www.riksdagen.se/en/SysSiteAssets/07.-dokument--lagar/the-constitution-ofsweden -160628.pdf/ 41 Geschäftsordnung, http://www.riksdagen.se/en/documents-and-laws/ Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 114/18 Seite 48 Ende einer Legislaturperiode. Wird die Interpellation nicht mehr innerhalb der Wahlperiode beantwortet , verfällt sie. Die Beantwortung der Interpellationen erfolgt durch den Minister im Parlament zu einem Termin , den der Präsident in Rücksprache mit dem Minister und dem Fragesteller festsetzt. Sie soll in Form einer mündlichen Stellungnahme erfolgen, die höchstens sechs Minuten dauern darf. Sowohl dem Fragesteller als auch dem Minister selbst stehen höchstens drei Interventionen, anderen Mitgliedern des Parlamentes höchstens zwei Interventionen zu. Die Antwort kann bereits im Voraus an die Mitglieder des Parlamentes verteilt werden. 22.2. Schriftliche Fragen Jeder Abgeordnete kann schriftliche Fragen an einen Minister stellen, um hierauf eine schriftliche Antwort zu erhalten. Eine solche schriftliche Frage besteht üblicherweise aus einem einzelnen Satz und kann eine Erklärung zur Motivation der Fragestellung oder knappe einleitende Erklärungen enthalten. Sie muss in gleicher Weise wie eine Interpellation durch den Präsidenten angenommen werden. Eine schriftliche Frage muss bis spätestens Freitag 10 Uhr eingereicht sein, um am folgenden Mittwoch bis spätestens 12 Uhr eine schriftliche Antwort zu erhalten. Frage und Antwort werden durch das Parlament veröffentlicht. 22.3. Mündliche Fragen Während einer speziellen Fragestunde im Parlament, die in jeder Sitzungswoche donnerstags stattfindet, kann jeder Abgeordnete unangekündigte, mündliche Fragen stellen. Diese werden unmittelbar durch einen Minister mündlich beantwortet. Die Regierung informiert das Parlament spätestens bis Freitag der vorangehenden Woche, welche Minister die Fragestunde wahrnehmen. Während der Fragestunde erteilt der Parlamentspräsident das Wort und kann Interventionen auf eine Minute beschränken. Soweit das Parlament stark ausgelastet ist, kann der Präsident entscheiden, dass die Fragestunde verschoben werden oder ausfallen soll. 22.4. Verweigerung der Antwort Die Regierung ist zur Beantwortung von Fragen oder Interpellationen nicht verpflichtet. Lediglich für Interpellationen ist geregelt, dass, soweit keine (fristgerechte) Beantwortung erfolgt, der betroffene Minister das Parlament hierüber informieren und die Gründe nennen soll. Eine solche Erklärung soll nicht Anlass zu einer parlamentarischen Debatte bieten. Die Verweigerung einer Antwort ist in der Praxis aber eine seltene Ausnahme. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 114/18 Seite 49 23. Slowakei Die Slowakei ist eine parlamentarische Demokratie mit einem Einkammerparlament, dem Nationalrat (Národná rada Slovenskej republiky).42 Der direkt gewählte Präsident ernennt selbstständig den Ministerpräsidenten und im Einvernehmen mit ihm die Minister. Die Regierung benötigt nach ihrem Antritt das Vertrauen des Nationalrats und kann von diesem durch ein Misstrauensvotum zum Rücktritt gezwungen werden. Neben der Regierung haben sich auch andere staatlichen Behörden, die vom Nationalrat kreiert werden oder bei deren Kreierung er mitwirkt hat, gegenüber dem Nationalrat zu verantworten.43 Im Nationalrat steht jedem einzelnen Abgeordneten das Recht zu Interpellationen und Fragen zu. Die Adressaten sind verpflichtet in einer gesetzlich vorgegebenen Form zu antworten. 23.1. Fragestunde Jeden Donnerstag einer Sitzungswoche findet um 14 Uhr die Fragestunde statt. Während der Fragestunde haben alle Regierungsmitglieder anwesend zu sein. Auf Beschluss des Nationalrates werden in der Fragestunde nur Fragen zu einem bestimmten Thema behandelt. In diesem Fall genügt es, wenn der fachlich zuständige Minister anwesend ist. Die Fragen sind am Vortag bis 12 Uhr schriftlich einzureichen. Die Reihenfolge der Fragen bestimmt das Los. Fragen müssen kurz sein und kurze Antworten erlauben. Der Fragesteller hat das Recht für eine Zusatzfrage, die zwei Minuten dauern darf. Fragen, die mündlich nicht beantwortet werden, werden innerhalb von 30 Tagen schriftlich beantwortet. Die Fragestunde beginnt mit 15 Minuten, in denen der Ministerpräsident Fragen beantwortet. Er hat es in der Hand, ob er Fragen ausführlich oder kurz beantwortet. Hiervon hängt ab, wie viele Fragen er beantwortet. In den übrigen 45 Minuten beantworten zumeist Minister, aber auch höhere Beamte wie der Generalstaatsanwalt oder der Rechnungshofpräsident die Fragen. 23.2. Interpellation In jeder Sitzung wird eine Interpellation behandelt. Beantwortet wird eine Interpellation in der Regel schriftlich; der Adressat kann aber auch mündlich antworten. Auf die Beantwortung erklärt der Steller der Interpellation, ob er mit der Antwort zufrieden ist. Im Falle seiner Unzufriedenheit kann er beantragen, dass darüber durch den Nationalrat befunden wird. Die Regierung kann mit dieser Abstimmung die Vertrauensfrage verbinden. 42 Homepage des Nationalrats, http://www.nrsr.sk/default.aspx?sid=nrsr/poslanie. 43 Verfassung der Slowakischen Republik, https://www.prezident.sk/upload-files/46422.pdf. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 114/18 Seite 50 Während Interpellationen verhandelt werden, sollen alle Regierungsmitglieder anwesend sein. 24. Slowenien Das Parlament der Republik Slowenien besteht aus zwei Kammern, der Staatsversammlung (Državni zbor)44 und dem Staatsrat (Državni svet). Die Staatsversammlung wählt auf Vorschlag des direkt gewählten Staatspräsidenten den Ministerpräsidenten und auf Vorschlag des Ministerpräsidenten die Minister. Die Regierung und jeder einzelne Minister sind der Staatsversammlung gegenüber verantwortlich. Die Regierung kann durch ein konstruktives Misstrauensvotum der Staatsversammlung gestürzt werden. Auf Antrag von zehn Abgeordneten kann die Arbeit der Regierung oder eines ihrer Mitglieder zum Gegenstand einer Interpellation gemacht werden, in deren Folge die Regierung oder das Regierungsmitglied durch ein Misstrauensvotum gestürzt werden kann.45 Die Geschäftsordnung der Versammlung46 kennt mündliche und schriftliche Fragen, die jeder einzelne Abgeordnete stellen kann, sowie Interpellationen. Fragen müssen kurz und prägnant sein. Einmal im Monat findet eine Fragestunde statt, während der die Mitglieder der Regierung anwesend sein müssen. 24.1. Mündliche Fragen/Fragestunde Wann und wie lange die einmal im Monat stattfindende Fragestunde durchgeführt wird, entscheidet der Ältestenrat (Council). Gewöhnlich findet die Fragestunde nachmittags statt. Pro Fragestunde darf jeder Abgeordnete zwei mündliche Fragen stellen, die bis spätestens zum Mittag des Vortages beim Parlamentspräsidenten angemeldet werden müssen, der diese unmittelbar an die Regierung weiterleitet. In dringlichen Fällen müssen die Fragen bis zwei Stunden vor Sitzungsbeginn eingereicht werden; dringlich ist eine Frage, wenn das Ereignis, auf das sie sich bezieht, nach Ablauf der regulären Einreichungsfrist stattgefunden hat. Mündliche Fragen zu lokalen Angelegenheiten werden vom Parlamentspräsidenten an die Regierung mit der Bitte um schriftliche Beantwortung weitergeleitet. Bei der Auswahl der Fragen stellt der Präsident sicher, dass alle Fraktionen berücksichtigt werden . Die ersten vier Fragen werden von der Opposition und dann eine von einem Vertreter der Regierungskoalition gestellt. Im Anschluss folgen jeweils auf zwei Fragen der Opposition eine der Regierungskoalition. Will ein Abgeordneter zwei Fragen stellen, kommt er mit der zweiten Frage erst an die Reihe, nachdem alle anderen ihre erste Frage gestellt haben. 44 Staatsversammlung Slowenien, http://www.dz-rs.si. 45 Verfassung der Republik Slowenien, http://www.us-rs.si/media/vollstandiger.text.der.verfassung.pdf. 46 Geschäftsordnung der Staatsversammlung, http://imss.dz-rs.si/imis/71944837315a42bb600e.pdf. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 114/18 Seite 51 Dem Abgeordneten stehen für das Fragestellen drei Minuten zur Verfügung. Die Regierung antwortet innerhalb von fünf Minuten. Ist die Antwort unbefriedigend, kann der Abgeordnete innerhalb von zwei Minuten eine Zusatzfrage stellen, die innerhalb von drei Minuten beantwortet wird. Die Antworten der Regierung können zum Gegenstand einer Debatte gemacht werden. Kann ein Regierungsmitglied die Antwort nicht in der Sitzung liefern, erläutert es dies mündlich und antwortet innerhalb von 30 Tagen schriftlich. Wer eine Frage beantwortet, entscheidet die Regierung. Dies kann ein Minister, der Generalsekretär der Regierung oder ein Vertreter der Regierung sein. Beziehen sich die ersten vier Fragen auf die Planung oder Aufführung der Regierungspolitik (formulation or impementation of Government policy), muss der Regierungschef selbst antworten. 24.2. Schriftliche Fragen Schriftliche Fragen müssen innerhalb von 30 Tagen beantwortet werden, Zusatzfragen zu schriftlichen Fragen innerhalb von 15 Tagen. 24.3. Interpellation Eine Interpellation muss sich auf die Arbeit der Regierung oder eines ihrer Mitglieder beziehen. Sie ist von mindestens zehn Abgeordneten zu unterzeichnen und muss ihren Gegenstand präzise angeben. Sie ist zu begründen. Der Parlamentspräsident übersendet eine Interpellation unmittelbar an das angesprochene Regierungsmitglied und setzt eine Beantwortungsfrist von mindestens 15 und höchstens 30 Tagen. Die Interpellation sowie die dazugehörende Antwort werden an alle Abgeordneten verteilt. 15 Tage nach Verteilung der Antwort der Regierung wird die Interpellation auf die Tagesordnung gesetzt. Zunächst erhält einer der Antragsteller das Wort zur Erläuterung der Interpellation, worauf die Regierung antworten kann. Im Anschluss findet eine Debatte statt, an deren Ende über eine Beurteilung der Arbeit der Regierung abgestimmt werden kann. Auf Antrag von mindestens zehn Abgeordneten kann ein Misstrauensvotum erfolgen. Richtet sich das Misstrauensvotum gegen die Regierung insgesamt, ist das Votum erfolgreich, wenn gleichzeitig ein neuer Regierungschef gewählt wird. Wird einem einzelnen Minister das Misstrauen ausgesprochen, muss er entlassen werden. 25. Spanien Im Königreich Spanien ernennt der König den Ministerpräsidenten und kann diesen seines Amtes entheben. Auf Vorschlag des Ministerpräsidenten ernennt und entlässt er die Mitglieder der Regierung. Die Regierung ist dem Abgeordnetenhaus für ihre politische Amtsführung verantwortlich . Das Parlament (Cortes Generales) besteht aus zwei Kammern, dem Abgeordnetenhaus (Congreso de los Diputados) und dem Senat (Senado). Beide kontrollieren die Regierungstätigkeit. Das Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 114/18 Seite 52 Abgeordnetenhaus kann durch ein konstruktives Misstrauensvotum die Regierung zur politischen Verantwortung ziehen.47 Im spanischen Abgeordnetenhaus steht das parlamentarische Fragerecht (interpelaciones y preguntas ) jedem einzelnen Abgeordneten zu. In der Praxis werden Anfragen nur von Fraktionen eingereicht . Unterschieden wird zwischen Fragen zur schriftlichen und zur mündlichen Beantwortung sowie Interpellationen. Fragen zur mündlichen Beantwortung werden entweder im Rahmen einer Fragezeit, welche in jeder Sitzungswoche mittwochs stattfindet, oder während einer Ausschusssitzung beantwortet. Interpellationen sind keine Fragen im eigentlichen Sinne. Sie betreffen Angelegenheiten der allgemeinen Politik und dienen dazu, Resolutionsentwürfe zur Diskussion und Abstimmung zu stellen. Sie müssen Angelegenheiten der Regierungspolitik von allgemeinem Interesse und größerer Wichtigkeit betreffen und führen zu vertieften Debatten des Parlaments mit einem Minister. Einzelfragen hingegen können jeden Gegenstand betreffen. Wenn die Einordnung einer Anfrage als Einzelfrage oder Interpellation schwierig ist, entscheidet das Parlamentssekretariat . Es kann eine Interpellation auch als Einzelfrage annehmen.48 Alle Fragen, auch solche zur mündlichen Beantwortung, müssen vorher schriftlich eingereicht werden. Unzulässig sind Fragen, die – ausschließlich von persönlichem Interesse für den Fragesteller sind, – Rechtsberatung beinhalten, – Beleidigungen gegenüber dem Parlament, einem seiner Mitglieder, Einrichtungen des Staates oder anderen Personen enthalten. Fragen müssen knapp und präzise sein. Sie müssen eine bestimmte Tatsache, einen Umstand oder eine Einzelinformation erfragen oder sie müssen fragen, ob die Regierung in bestimmter Weise tätig geworden ist oder tätig werden wird oder ob die Regierung beabsichtigt, dem Parlament ein Dokument vorzulegen oder es über einen Gegenstand zu unterrichten. Die Regierung hat in der Regel keine Möglichkeit, die Beantwortung einer Frage zu verweigern. Sie kann die Beantwortung nur hinausschieben. Allerdings kann die Regierung auch nur innerhalb ihres Kompetenzbereichs antworten. Grenzen ergeben sich aus den Zuständigkeiten der Autonomen Gemeinschaften. Für Staatsgeheimnisse besteht ein gesondertes Verfahren. 25.1. Fragen zur mündlichen Beantwortung Fragen zur mündlichen Beantwortung sind bis 20 Uhr am Donnerstag der Vorwoche schriftlich einzureichen. Dringlichkeitsfragen zu laufenden Angelegenheiten müssen montags um 12 Uhr vorliegen. 47 Verfassung Spanien, http://www.congreso.es/constitucion/ficheros/c78/cons_ingl.pdf. 48 Geschäftsordnung Abgeordnetenhaus, http://www.congreso.es/portal/page/portal/Congreso/Congreso/Hist_Normas /Norm/standing_orders_02.pdf. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 114/18 Seite 53 Für Fragen zur mündlichen Beantwortung im Plenum stehen in jeder Sitzungswoche mindestens zwei Stunden zur Verfügung. Gewöhnlich findet die Fragezeit mittwochs von 9 bis 11 Uhr statt. Die Fragezeit wird zwischen den Fraktionen proportional zu ihrer Stärke aufgeteilt. Die Regierung kann in begründeten Fällen beantragen, dass eine bestimmte Frage erst in der nachfolgenden Sitzungswoche beantwortet wird. Ist nichts anderes bestimmt, wird angenommen, dass die Beantwortung im Ausschuss erfolgen kann. Soll die Antwort im Plenum erfolgen, ist dies anzugeben. Fragen von Abgeordneten, die bisher noch keine gestellt haben, werden bevorzugt behandelt. Für das Stellen der Frage hat der Abgeordnete fünf Minuten. Auf die Antwort der Regierung hat er Gelegenheit für eine Anschlussfrage. Die Regierung kann bestimmen, von welchem Regierungsmitglied eine Frage mündlich beantwortet wird: Vom Ministerpräsidenten, seinem Stellvertreter oder einem Minister. In der Regel antwortet der zuständige Minister. In besonderen Fällen, insbesondere wenn der Oppositionsführer eine sehr politische Frage stellt, antwortet der Ministerpräsident. Dieser antwortet ausschließlich vor dem Plenum. Zutritt zum Plenarsaal haben nur die Mitglieder der Regierung selbst. Keinem anderen Amtsträger ist die Teilnahme an einer Plenarsitzung gestattet. Nur in Ausschüssen werden Fragen auch von Staatssekretären oder Unterstaatssekretären beantwortet. Regierungsmitglieder sind zwar nicht verpflichtet, an der Fragestunde teilzunehmen. Allerdings fehlen Mitglieder sehr selten. Eine Woche im Voraus erhält das Parlament eine Liste der Regierungsmitglieder , die während der Fragestunde abwesend sein werden. Die Anwesenheit eines bestimmten Mitgliedes der Regierung kann vom Parlament nicht erzwungen werden. 25.2. Fragen zur schriftlichen Beantwortung Fragen zur schriftlichen Beantwortung müssen innerhalb von 20 Tagen nach ihrer Veröffentlichung beantwortet werden. Auf Antrag, der begründet werden muss, kann vom Parlamentssekretariat eine Verlängerung um weitere 20 Tage gewährt werden. Es können unbegrenzt Fragen gestellt werden. 25.3. Interpellationen In ihrer Funktion ähneln sie der Großen Anfrage im Deutschen Bundestag. Sie sind darauf gerichtet , eine parlamentarische Initiative einzubringen. Die Interpellation steht den einzelnen Abgeordneten und den Fraktionen zu. Für Interpellationen bestehen keine quantitativen Begrenzungen. Allerdings findet eine gewisse Disziplinierung durch die Parlamentskollegen statt. Sie muss schriftlich beim Parlamentssekretariat eingereicht werden und mit einer Begründung versehen sein, aus der sich ergibt, welche Intention verfolgt wird und ob es um Regierungshandeln in allgemeinen politischen Angelegenheiten oder eines einzelnen Ressorts geht. Entspricht die Interpellation nicht den Anforderungen, wird sie zurückgegeben oder in eine Frage zur mündlichen oder schriftlichen Beantwortung umgewandelt. Eine Interpellation kann 15 Tage nach ihrer Veröffentlichung auf die Tagesordnung des Plenums gesetzt werden. Interpellationen von Fraktionen genießen Vorrang. Von einer Fraktion wird nie Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 114/18 Seite 54 mehr als eine Interpellation auf die Tagesordnung gesetzt. Der Initiant erhält zehn Minuten zur Erläuterung. Nach der Antwort der Regierung haben die anderen Gruppen fünf Minuten für Redebeiträge . Kann eine Interpellation nicht durchgeführt werden, wandelt sie sich in eine Frage zur schriftlichen Beantwortung um, es sei denn der Initiator beantragt, sie in der nächsten Sitzung zu behandeln . 26. Tschechische Republik Das tschechische Parlament verfügt über zwei Kammern, Abgeordnetenhaus (Poslanecká sněmovna ) und Senat (Senát). Chef der Exekutive ist der von beiden Kammern des Parlaments auf fünf Jahre gewählte Präsident. Dieser ernennt den Premierminister und auf dessen Vorschlag die übrigen Regierungsmitglieder. Eine vom Präsidenten ernannte Regierung muss innerhalb von dreißig Tagen das Vertrauen des Abgeordnetenhauses erringen; andernfalls ernennt der Präsident einen Premierminister auf Vorschlag des Präsidenten des Abgeordnetenhauses. Die Regierung ist dem Abgeordnetenhaus gegenüber verantwortlich und kann durch ein Misstrauensvotum zum Rücktritt gezwungen werden. Der Präsident hingegen hat sich niemandem gegenüber zu verantworten .49 Jeder Abgeordnete kann an die Regierung als Ganzes oder an einzelne ihrer Mitglieder Interpellationen richten. Nach der Geschäftsordnung des Abgeordnetenhauses50 ist zwischen mündlichen und schriftlichen Interpellationen zu unterscheiden. 26.1. Mündliche Interpellation Jeden Donnerstag findet zwischen 14.30 Uhr und 18 Uhr eine Fragestunde statt. Die ersten anderthalb Stunden sind reserviert für Fragen an den Premierminister. In der übrigen Zeit können Fragen an die anderen Regierungsmitglieder gestellt werden. Die Fragen sind am selben Tag bis 11 Uhr unter Nennung ihres Gegenstandes einzureichen. Jeder Abgeordnete kann unbegrenzt Fragen stellen. Fragen müssen von demjenigen beantwortet werden , an den sie gerichtet worden sind. Allerdings besteht für die Regierungsmitglieder keine Anwesenheitspflicht . Im Falle der Abwesenheit des Adressaten wird die Frage innerhalb von 30 Tagen schriftlich beantwortet. Für die mündliche Präsentation der Frage stehen dem Abgeordneten zwei Minuten zur Verfügung . Geantwortet wird innerhalb von fünf Minuten. Eine Zusatzfrage darf eine Minute dauern, die Antwort darauf zwei Minuten. 49 Verfassung der Tschechischen Republik, http://www.psp.cz/en/docs/laws/constitution.html. 50 Verwaltung des Abgeordnetenhauses des Parlaments der Tschechischen Republik, Kontrolle der Regierung durch das Parlament in der Tschechischen Republik, http://www.psp.cz/files/okv/de_Parliamentary_control .pdf. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 114/18 Seite 55 26.2. Schriftliche Interpellation Schriftliche Interpellationen, die jeder Abgeordnete in unbegrenzter Anzahl stellen kann, sind innerhalb von 30 Tagen zu beantworten. Wird die Frist versäumt, informiert der Parlamentspräsident das Plenum in seiner nächsten Sitzung. Die Fragen und Antworten werden nur gedruckt und verteilt, wenn der Fragesteller mit der Antwort nicht zufrieden ist und beantragt, dies auf die Tagesordnung zu setzen. In diesem Falle kann das Abgeordnetenhaus die Beantwortung auf Antrag des Fragestellers zum Gegenstand seiner Beschlussfassung machen. Äußert sich das Abgeordnetenhaus negativ, muss das angesprochene Regierungsmitglied die Frage innerhalb von 30 Tagen erneut beantworten. 27. Ungarn In der Republik Ungarn orientiert sich das Verhältnis zwischen Staatsoberhaupt, Parlament und Regierung unter anderem am deutschen Grundgesetz von 1949. Für die Regierungstätigkeit trägt der Premierminister gegenüber dem Parlament die Verantwortung. Er kann durch ein konstruktives Misstrauensvotum gestürzt werden. Dem vom Parlament gewählten Staatspräsidenten fallen überwiegend repräsentative Aufgaben zu.51 Jeder Abgeordnete hat das Recht, sich mit Fragen oder Interpellationen an die Regierung und ihre Mitglieder zu wenden. Unterschieden werden nach der Geschäftsordnung der Ungarischen Nationalversammlung Interpellationen, gewöhnliche Fragen, Sofortige Fragen und schriftliche Einzelfragen .52 Fragen und Interpellationen werden im Plenum in aller Regel montags behandelt. Von 14 bis 15 Uhr werden Interpellationen beraten, von 15 bis 16 Uhr Sofortige und von 16 bis 16.30 Uhr gewöhnliche Fragen. Die Aufsetzung auf die Tagesordnung erfolgt in der Reihenfolge ihres Eingangs , wobei sicherzustellen ist, dass von jeder Fraktion mindestens eine Interpellation und eine Frage berücksichtigt wird. 27.1. Interpellationen Die Besonderheit der Interpellation besteht darin, dass ihre Beantwortung zum Gegenstand der Beschlussfassung des Parlaments gemacht werden kann, wenn der Fragesteller mit der Antwort nicht einverstanden ist. Lehnt das Plenum die Beantwortung ab, wird sie einem Ausschuss überwiesen , der einen Bericht und eine Beschlussempfehlung für das Plenum verfasst. Eine Interpellation muss vier Tage vor ihrer Behandlung im Plenum schriftlich eingereicht werden . Der Antragsteller präsentiert die Interpellation in drei Minuten. Geantwortet wird in vier 51 Verfassung Ungarn, http://www.parlament.hu/documents/125505/138476/The+Constitution/9101ae2d-02d7- 4864-b1c4-6d5bdfd2d33c?version=1.0&inheritRedirect=true. 52 Geschäftsordnung, http://www.parlament.hu/documents/125505/138409/Resolution+on+certain+provisions +of+the+Rules+of+Procedure/968f2e08-f740-4241-a87b-28e6dc390407?version=1.2&inheritRedirect=true. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 114/18 Seite 56 Minuten. Innerhalb einer weiteren Minute erklärt der Antragsteller, ob der die Antwort akzeptiert . Sofern die Interpellation die ganze Regierung betrifft, antwortet der Premierminister, ansonsten der zuständige Minister. Bei Zweifeln über die Zuständigkeit, entscheidet der Premierminister. 27.2. Gewöhnliche Fragen Einzureichen sind gewöhnliche Fragen bis 12 Uhr des Vortages. Der Fragesteller trägt seine schriftlich eingereichte Frage im Plenum vor und erhält eine mündliche Antwort. Für Frage und Antwort stehen je zwei Minuten zur Verfügung. 27.3. Sofortige Fragen Anders als bei gewöhnlichen Fragen muss vorab nur der Gegenstand der Frage, nicht aber die Frage selbst schriftlich eingereicht werden und zwar eine Stunde vor Sitzungsbeginn. Für den Minister, der zu antworten hat, besteht Präsenzpflicht. Im Falle seiner Verhinderung wegen einer dringenden öffentlichen Verpflichtung informiert er den Parlamentspräsidenten und benennt einen Vertreter. Besteht der Fragesteller auf einer Antwort durch den angesprochenen Premierminister oder Minister, so hat dieser spätestens in der dritten folgenden Fragestunde in Person zu antworten. Der Fraktionsvorsitzende des Fragestellers hat sich darum zu kümmern, dass diese Befragung bei der Reihung der weiteren Fragen entsprechende Berücksichtigung findet ; andernfalls erlischt die persönliche Antwortpflicht. Gefragt und geantwortet wird jeweils innerhalb von zwei Minuten. Fragendem und Antwortendem stehen für Erwiderungen je eine weitere Minute zu. 27.4. Schriftliche Einzelfragen Schriftliche Einzelfragen werden innerhalb von 15 Tagen schriftlich beantwortet. 28. Vereinigtes Königreich Im Parlamentarismus britischer Prägung nimmt das parlamentarische Fragerecht eine besondere Rolle ein. Das Unterhaus des Vereinigten Königreiches (House of Commons) kennt mehrere unterschiedliche parlamentarische Frageinstrumente. Am bedeutsamsten und populärsten ist die Fragestunde. Für diese Question Time können Fragen zur mündlichen Beantwortung eingereicht werden. Es besteht auch Raum für aktuelle, unangekündigte Fragen. Im Anschluss an die Fragestunde können Dringlichkeitsfragen, die von öffentlicher Wichtigkeit sind, zugelassen werden. Daneben können alle Abgeordneten Fragen zur schriftlichen Beantwortung einreichen, um vertiefte Informationen oder Handeln von der Regierung zu verlangen. Allen Antworten ist gemein, dass sie veröffentlicht werden. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 114/18 Seite 57 28.1. Fragestunde Im britischen Unterhaus beginnt jede Plenarsitzung von Montag bis Donnerstag mit der Fragestunde (Question Time), es sei denn, sie wird aus besonderem Grunde abgesagt. Sie ist der zentrale Ort für den Schlagabtausch zwischen Regierung und Opposition. Hier werden Fragen im Plenum zur mündlichen Beantwortung gestellt. Nach einem zwischen Regierung und Opposition verabredeten rotierenden System werden abwechselnd die einzelnen Ministerien befragt. Von den Regierungsmitgliedern wird erwartet, dass sie sich den Fragen persönlich stellen. Sie dürfen sich von Juniorministern begleiten und unterstützen lassen. In der Praxis antwortet jede zur Beantwortung von Fragen zuständige Stelle (etwa Ministerien und Kommissionen) alle fünf Wochen den Fragen der Abgeordneten. An einigen Tagen teilen sich mehrere Stellen die Zeit einer Fragestunde. Die Fragestunde im House of Commons ist zweigeteilt. Zunächst werden vorher eingereichte Fragen beantwortet. Im Anschluss werden aktuelle Fragen (topical questions), die nicht vorher eingereicht worden sind, behandelt. Beide Arten von Fragen müssen beim Tagungsbüro (Table Office) angemeldet werden. Jedes Mitglied kann für jedes an einem Tag antwortende Ressort eine Frage, insgesamt maximal zwei Fragen anmelden. Die Reihenfolge der Fragen wird ausgelost. Die vorher einzubringenden Fragen müssen mindestens drei Tage vor der Befragung beim Tagungsbüro sein, wobei Freitag, Samstag und Sonntag nicht zählen. Nachdem eine angemeldete Frage beantwortet worden ist, gibt der Präsident des Unterhauses, the speaker, dem Fragesteller Gelegenheit zu einer Anschlussfrage zum selben Gegenstand. Dann dürfen andere Parlamentsmitglieder Anschlussfragen stellen, wobei zwischen Regierung und Opposition abgewechselt wird. Der Parlamentspräsident bestimmt das Tempo der Fragestunde: Er entscheidet, wann genügend Nachfragen gestellt worden sind. Damit hat er es in der Hand, ob ein Minister zu einem Thema sehr intensiv befragt wird oder ob viele eingereichte Fragen zur Beantwortung kommen. Fragen, die in der mündlichen Beantwortung nicht zum Zuge gekommen sind, werden schriftlich beantwortet. Eine Sonderstellung nimmt die Prime Minister’s Question Time ein, die jeden Mittwoch zwischen 12 Uhr und 12.30 Uhr stattfindet. Vor zumeist vollem Haus kann der Oppositionsführer sechs Fragen stellen, der Vorsitzenden der zweitstärksten Oppositionsfraktion folgt mit zwei weiteren Fragen. Die übrigen Abgeordneten müssen sich mit der verbleibenden Zeit begnügen. Die Fragestunde findet in der Medienberichterstattung breiten Raum. Zum Verfahren im Einzelnen: 28.1.1. Einreichung von Fragen (allgemein) Im ersten Teil der Fragestunde werden Fragen aufgerufen und beantwortet, die zuvor zur mündlichen Beantwortung beim sog. Table Office eingereicht und von diesem überprüft worden sind. Jede Frage muss so sorgfältig wie möglich entworfen sein und den parlamentarischen Konventionen entsprechen. Ferner muss jede Frage: – Informationen verlangen oder auf ein Handeln drängen, Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 114/18 Seite 58 – auf Fakten basieren und sich nicht etwa auf Gerüchte oder bloß auf Medienberichte beziehen , – sachlich auf den Verantwortungsbereich des angesprochenen Ministers bezogen sein; unzulässig wäre etwa eine Frage, die sich auf die parteipolitische Tätigkeit des Ministers oder Untersuchungen von Dritten bezieht; sie darf nicht: – eine Meinungsäußerung darstellen oder eine solche ersuchen, – Informationen weiterleiten, Vorschläge unterbreiten oder Diskussionen vorantreiben, – die Interpretation eines Gesetzes verlangen, da dies in den Verantwortungsbereich der Gerichte fällt, – auf eine Sache bezogen sein, die vor einem nationalem Gericht verhandelt wird, – nach Informationen fragen, die anderenorts abrufbereit sind oder bereits im selben Jahr durch das Ministerium erbracht oder verweigert worden, – hypothetischen Inhalts sein oder offensichtlich Oppositionspolitik darstellen. Dem Table Office kommt die Aufgabe zu, die Abgeordneten zu beraten und bei der Einhaltung dieser Anforderungen zu unterstützen. Soweit ein Abgeordneter mit der Entscheidung oder der Beratung des Table Office unzufrieden ist, kann er sich an den Präsidenten (Speaker) wenden, der abschließend über die Zulassung der Frage entscheidet. 28.1.2. Besonderheiten für Fragen zur mündlichen Beantwortung Fragen zur mündlichen Beantwortung müssen sich in einer einzigen Frage erschöpfen, welche keine lange Antwort erfordert. Die Frage muss präzise sein und die Richtung, in die Anschlussfragen gehen könnten, andeuten. Die Frage muss einen Adressaten ausweisen und sich an die zur Beantwortung der Frage zuständige Stelle der Regierung (in aller Regel einen Minister) richten. Ist nicht der befragte Minister, sondern ein anderes Mitglied der Regierung für die Beantwortung der Frage zuständig, so wird die Frage an dieses weitergeleitet. Dann wird sie in aller Regel schriftlich beantwortet. Eingereicht werden muss eine Frage zur mündlichen Beantwortung mindestens drei Tage (ohne Freitag und Wochenende) vor dem rotationsmäßigen Auftritt der befragten Stelle in der Fragestunde . Am letzten Tag der Frist muss sie bis spätestens 12.30 Uhr beim Table Office eingegangen sein. Jedes Mitglied des Parlamentes kann pro Tag höchstens zwei Fragen zur mündlichen Beantwortung einreichen, höchstens allerdings eine Frage pro Zuständigkeitsbereich. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 114/18 Seite 59 Aufgrund der großen Anzahl eingereichter Fragen zur mündlichen Beantwortung, kann nur ein Bruchteil von diesen während der hierfür vorgesehenen Zeit im Parlament beantwortet werden. Daher ist die Reihenfolge, nach der die Fragen aufgerufen werden, von entscheidender Bedeutung . Um diese zu ermitteln, wurde ein Losverfahren etabliert. Nicht alle Fragen werden gezogen. Vielmehr gibt es eine festgelegte Quote, die sich danach richtet, wie viele Fragen die Regierungsvertreter in der ihnen gewährten Zeit realistischerweise höchstens beantworten können. Die Fragen werden in der durch das Losverfahren ermittelten Reihenfolge in der Tagesordnung des Sitzungstages der entsprechenden Fragestunde und zudem unmittelbar in den Ankündigungen des Hauses veröffentlicht. Dadurch haben die Adressaten der Fragen Gelegenheit, sich auf ihre Beantwortung vorzubereiten. Alle Fragen, die nicht im Losverfahren gezogen und in der Tagesordnung veröffentlicht wurden – mithin also die große Mehrheit der zur mündlichen Beantwortung eingereichten Fragen –, erhalten keinerlei Antwort. 28.1.3. Ablauf des ersten Teils der Fragestunde Während des ersten Teils der Fragestunde werden die Fragen durch einen Vertreter der Regierung beantwortet, die im zuvor beschriebenen Verfahren eingereicht und gezogen worden sind. Der Präsident ruft hierzu die jeweiligen Fragesteller entsprechend der ausgelosten Reihenfolge auf, die sich sodann melden und auf ihre in der Tagesordnung veröffentlichte Frage verweisen. Diese wird durch einen Minister oder einen zur Beantwortung der Fragen ausgewählten Sprecher der Regierung beantwortet. In der Praxis werden Fragen zumeist durch einen Minister beantwortet , der, im Falle größerer Ministerien, aber regelmäßig von mehreren Staatssekretären begleitet wird, die ihn bei der Beantwortung der Fragen unterstützen. Nach der Beantwortung der Frage ruft der Präsident nochmals den Fragesteller auf und gibt ihm Gelegenheit eine Anschlussfrage zu stellen. Nach deren Beantwortung wird in der Regel auch dem restlichen Plenum Gelegenheit gegeben, anschließende Fragen zu stellen. Hierbei wird üblicherweise abwechselnd Parlamentariern der Regierungspartei und der Opposition das Wort erteilt . Jede Anschlussfrage muss sich aus der ursprünglichen Frage ergeben, kann also kein neues Thema anschneiden. Deutlich wird die zentrale Rolle des Parlamentspräsidenten während der Fragestunde: er entscheidet, wie viele Anschlussfragen gestellt werden dürfen und regelt mithin die Geschwindigkeit der Fragestunde. Dies hat großen Einfluss darauf, wie viele der eingereichten Fragen tatsächlich im Plenum behandelt werden und wie intensiv ein Regierungsvertreter zu einer einzelnen Frage Stellung nehmen muss. Alle Fragen, die auf der Tagesordnung standen, aber während der Fragestunde nicht mehr behandelt worden sind, erhalten eine schriftliche Antwort. 28.1.4. Aktuelle Fragen in der Fragestunde In einem zweiten, kürzeren Teil der Fragestunde werden Fragen beantwortet, die nicht zuvor angemeldet worden sind. Dies geht auf eine Reform der parlamentarischen Fragestunde zurück, die das Parlament beleben und die Teilnahmemöglichkeiten der sog. „Hinterbänkler“ verbessern Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 114/18 Seite 60 sollte.53 Zudem ergab sich aus dem Losverfahren zur Bestimmung der Fragen für den ersten Teil der Fragestunde das Problem, dass wichtige Themen mitunter gar nicht in der Fragestunde behandelt werden konnten. 28.1.5. Fragen an den Premierminister Eine Besonderheit bildet die in jeder Sitzungswoche mittwochs stattfindende Befragung des Premierministers (Prime Minister's Question Time). Sie dauert eine halbe Stunde und folgt grundsätzlich dem Schema einer normalen Fragestunde: Der Parlamentspräsident ruft den Fragesteller der ersten in der Tagesordnung genannten Frage auf, welcher seinerseits auf diese Frage verweist. In aller Regel handelt es sich um die Aufforderung an den Premierminister, seinen geplanten Tagesablauf darzulegen. Dieser Bitte kommt der Premierminister nach, wobei er gelegentlich zuvor einige allgemeine Erklärungen abgibt. Dem Fragesteller wird die Möglichkeit gegeben, die erste Anschlussfrage zu stellen. Im Folgenden dürfen ausschließlich an die ursprüngliche Frage anschließende Fragen gestellt und keine neuen Themen aufgerufen. Das erklärt die Eingangsfrage nach dem geplanten Tagesablauf: Sie soll ein thematisch unbegrenztes Spektrum an Anschlussfragen ermöglichen. In der Praxis läuft die Befragung des Premierministers häufig diffus ab, wenn eine große Anzahl unterschiedlicher Themen Gegenstand der Anschlussfragen wird. Kritisiert wird, dass die Befragung insgesamt oberflächlich bleibt.54 28.2. Fragen zur schriftlichen Beantwortung Schriftliche Fragen sind solche, die zur schriftlichen Beantwortung an die Regierung gestellt werden . Sie können von jedem Mitglied des Parlamentes genutzt werden, um detailliertere Informationen zu erhalten oder um die Regierung zu einem Tun zu drängen. Anders als die Fragen für die Fragestunde, können die Fragen zur schriftlichen Beantwortung komplex sein und sind hinsichtlich des Umfangs der erforderlichen Antwort nicht beschränkt. Sie müssen, genauso wie Fragen zur mündlichen Beantwortung, beim Table Office eingereicht werden und den allgemeinen Erfordernissen entsprechen (siehe oben: 28.1.1). Unterschieden werden drei Typen von Fragen zur schriftlichen Beantwortung mit jeweils eigener Frist zur Beantwortung: – Fragen zur mündlichen Beantwortung, die zwar ausgelost wurden, aber in der Fragestunde nicht zum Zuge kamen, müssen noch am Tag der Fragestunde schriftlich beantwortet werden . 53 Siehe den Vorschlag des House of Commons Modernisation Committee vom 20.6.2007: http://www.publications .parliament.uk/pa/cm200607/cmselect/cmmodern/337/337.pdf (in englischer Sprache). 54 Siehe die Prime ministers question time vom 24. Februar 2010: http://www.parliamentlive .tv/Main/Player.aspx?meetingId=5831&player=windowsmedia. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 114/18 Seite 61 – Für „gewöhnliche“ Fragen ohne bezeichnetes Antwortdatum bestehen keine festen Fristen. Die Parlamentsmitglieder können jedoch damit rechnen, innerhalb einer Woche eine Antwort zu erhalten. – Fragen können mit einer Antwortfrist versehen werden, die frühestens drei Tage nach Einreichung ablaufen darf. Die Anzahl dieser Fragen ist auf fünf Fragen pro Abgeordneten pro Tag begrenzt. Zulässig ist eine Antwort, die detaillierte Information für einen späteren Zeitpunkt verspricht. 28.3. Dringlichkeitsfragen Besteht für ein Mitglied des Parlaments das Bedürfnis, einem Minister dringliche Fragen zu stellen , für deren Einreichung ob ihrer Aktualität im Rahmen des normalen Verfahrens kein Raum war, kann es eine Dringlichkeitsfrage stellen. Dringlichkeitsfragen sind solche, die dringlich und von öffentlicher Wichtigkeit sind. Ob diese Voraussetzungen vorliegen, entscheidet der Parlamentspräsident . Die Zulassung solcher Fragen muss je nach Wochentag ein bis anderthalb Stunden vor der Fragestunde beim Sprecher beantragt werden. Beantwortet werden sie unmittelbar im Anschluss an die Fragestunde bzw. – im Falle einer Beantragung an einem Freitag – um 11 Uhr. Für Anschlussfragen gilt dasselbe wie in der Fragestunde. Abgesehen von den Fristen gelten für Dringlichkeitsfragen die gleichen Anforderungen wie für sonstige Fragen (siehe oben: 28.1.1.). 29. Zypern Die Republik Zypern ist eine Präsidialdemokratie mit einem Einkammerparlament.55 Eine Regierungsbefragung oder eine andere Form von Fragestunde ist nicht vorgesehen. Allerdings können Minister und andere Regierungsbeamte zu einer Ausschusssitzung des Parlaments eingeladen werden, um die Parlamentsmitglieder über eine bestimmte Angelegenheit zu unterrichten oder um auf entsprechende Fragen zu antworten.56 30. Kanada Das kanadische Parlament besteht aus der Königin, dem Senat (Senate bzw. Sénat) und dem Unterhaus (House of Commons bzw. Chambre des Communes). Die Regierungsgeschäfte stehen formal der Königin zu; in der Praxis werden sie jedoch durch den Premierminister und den von ihm ernannten Ministern ausgeübt. Diese Regierung ist dem Unterhaus verantwortlich.57 55 Verfassung Zypern, http://www.parliament.cy/easyconsole.cfm/id/492. 56 Geschäftsordnung, http://www.parliament.cy/en/general-information/the-political-role-and-the-responsibilitiesof -the-house-. 57 Verfassung Kanada, http://laws.justice.gc.ca/eng/Const/page-15.html. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 114/18 Seite 62 Das Unterhaus hat an jedem Sitzungstag eine Fragezeit, welche als Schlagabtausch von Regierung und Opposition konzipiert ist und großes mediales und öffentliches Interesse erfährt. Darüber hinaus können die Abgeordneten schriftliche Fragen zur schriftlichen oder mündlichen Beantwortung stellen. Die parlamentarischen Fragerechte des kanadischen Unterhauses sind allerdings nur zu einem geringen Teil positiv geregelt; sie sind vor allem Gegenstand parlamentarischer Konventionen und Traditionen, auf deren Ausübung und Entwicklung der jeweilige Parlamentspräsident großen Einfluss hat.58 30.1. Fragezeit Die an jedem Sitzungstag stattfindende fünfundvierzig Minuten dauernde Fragezeit im Parlament spiegelt das politische Geschehen wider und wird mit großem Interesse von Presse und Öffentlichkeit verfolgt. Ihre wesentlichen Themen finden sich häufig in den Abendnachrichten im Fernsehen und in Schlagzeilen der Zeitungen des nächsten Morgens. Die Fragezeit ist die Zeit, in der die Regierung Rechenschaft über ihre Politik und das Handeln ihrer Minister ablegen muss. Theoretisch kann jeder Abgeordnete Fragen im Rahmen der Fragezeit stellen, die Zeit ist aber fast ausschließlich für die Oppositionsparteien reserviert. Gerade sie sollen Gelegenheit bekommen, die Regierung für ihr Handeln zur Verantwortung zu ziehen und auf mögliche Missstände öffentlich aufmerksam zu machen. Da die Fragezeit aber gleichzeitig der Regierung die Möglichkeit gibt, ihr Handeln zu erklären und der Kritik der Opposition zu entgegnen, wird sie allgemein als beiden Seiten dienlich betrachtet. 30.2. Stellen von Fragen während der parlamentarischen Fragezeit Während der Fragezeit ruft der Parlamentspräsident die jeweiligen Fragesteller auf, welche ihre Frage mündlich stellen, ohne dass diese zuvor angemeldet werden musste; manche Abgeordnete informieren den betroffenen Minister des betroffenen Ministeriums allerdings – aus Höflichkeit – vorab. Jede Frage muss eine dringende Angelegenheit im Verantwortungsbereich der Regierung betreffen. Eine Frage darf nicht: – bloß eine Stellungnahme darstellen, – hypothetisch sein, – lediglich um eine Meinungsäußerung ersuchen oder eine solche darstellen, – nach Informationen verlangen, die der Verschwiegenheit unterliegen, – auf Vorgänge im Senat bezogen sein, – sich auf Sachverhalte außerhalb des Verantwortungsbereichs der Regierung, wie etwa die parteipolitische Tätigkeit eines Ministers, beziehen, 58 Geschäftsordnung des Unterhauses, http://www.ourcommons.ca/About/StandingOrders/Index-e.htm. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 114/18 Seite 63 – Unruhe stiften, – in Vertretung eines anderen gestellt werden, – rein persönliche Motive verfolgen, – eine ausführliche Beantwortung erfordern, welche durch eine schriftliche Frage angemessener ersucht werden könnte oder – einer Diskussion von Angelegenheiten verlangen, die Gegenstand eines gerichtlichen Verfahrens oder einer strafrechtlichen Ermittlung sind, da hierdurch eine Beeinflussung des Verfahrens zu befürchten wäre. Der Parlamentspräsident wacht über die Einhaltung dieser Vorgaben. Er kann eine Frage ablehnen oder ihre Umformulierung verlangen. Soweit er eine Frage nicht für dringlich erachtet oder der Ansicht ist, dass sie technischer Natur ist bzw. eine lange Beantwortung erfordert, kann er ihre Behandlung als schriftliche Frage anordnen. In der Praxis wurde von dieser Möglichkeit allerdings in den letzten Jahren kein Gebrauch gemacht. Eine Einleitung zu einer Frage sollte nicht länger als ein Satz sein. Der Parlamentspräsident gibt zunächst dem durch die „offizielle Opposition“ (Her Majesty's Loyal Opposition bzw. L'Opposition Loyale de Sa Majesté) berufenen Fragesteller – meist dem Führer der offiziellen Opposition – die Möglichkeit, zwei Fragen zu stellen. Im Anschluss kann ein weiterer Abgeordneter der offiziellen Opposition zwei Fragen stellen, sodass dieser insgesamt vier Fragen zustehen. Hiernach erhalten zwei Abgeordnete der zweitgrößten Oppositionsfraktion die Möglichkeit, jeweils zwei Fragen zu stellen. Schließlich kann ein Abgeordneter der drittgrößten Oppositionsfraktion weitere zwei Fragen stellen. Dies Zahlen variieren jedoch je nach der Anzahl und Größe der Fraktionen im Parlament. Auch kann die Fraktion der Partei, die die Regierung stellt, Fragen anbringen. Sie macht hiervon allerdings nicht häufig Gebrauch. Jenen Abgeordneten , die keiner Fraktion angehören, werden pro Monat etwa zwei Fragen zugestanden. Die Reihenfolge und Anzahl der Fragen kann auch Gegenstand interfraktioneller Absprachen sein. Jede Fraktion entscheidet täglich, welche ihrer Abgeordneten in der Fragezeit sprechen sollen und reicht eine entsprechende Liste beim Parlamentspräsidenten ein. Ohne hieran gebunden zu sein, ruft dieser üblicherweise die Fragesteller gemäß dieser Liste auf. Üblicherweise erlaubt der Parlamentspräsident zu jeder Frage eine oder mehrere Anschlussfragen , soweit sich die Fragezeit nicht bereits dem Ende nähert. Bei einer Anschlussfrage ist kein einleitender Satz zulässig. Vielmehr muss sie sich unmittelbar aus dem Vortrag des Vertreters der Regierung ergeben. 30.3. Antworten während der parlamentarischen Fragezeit Auch wenn Fragen in der Regel an einen bestimmten Minister gestellt werden, entscheidet aber allein die Regierung, wer die Frage beantwortet. Der Parlamentspräsident oder die Abgeordneten des Parlamentes besitzen keinerlei Möglichkeit, die Beantwortung einer Frage durch einen bestimmten Minister zu erzwingen. Die Regierung kann sich durch den Premierminister, den stellvertretenden Premierminister, einem Minister oder – soweit das betroffene Regierungsmitglied Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 114/18 Seite 64 nicht anwesend ist – einem parlamentarischen Staatssekretär vertreten lassen. Jede Frage wird stets nur durch einen einzigen Vertreter der Regierung beantwortet. Anschlussfragen können hingegen durch einen anderen Vertreter der Regierung beantwortet werden. Üblicherweise sind während der Fragezeit die meisten Minister anwesend, welche in der Regel auch selbst die in ihren Zuständigkeitsbereich fallenden Fragen beantworten. Antworten sollen den Gegenstand der Frage behandeln, so kurz wie möglich sein und sich einer angemessenen Sprache bedienen. Dabei kann eine Erwiderung auf die Frage entweder die Frage beantworten, eine Antwort vertagen, oder erklären, warum derzeit keine Beantwortung erfolgen kann. Auch kann der Vertreter der Regierung jegliche Äußerung verweigern. Abgeordnete können die Verweigerung einer Antwort nicht unmittelbar hinterfragen; eine Diskussion über die Verweigerung ist unzulässig. Der Fragesteller kann eine Aussprache über die Beantwortung der Frage im Rahmen der „verschobenen Beratungen“ (siehe 30.5) beantragen. 30.4. Schriftliche Fragen Jeder Abgeordnete hat die Möglichkeit, schriftliche Fragen zur schriftlichen oder mündlichen Beantwortung an ein Ministerium zu stellen. Im Gegensatz zu mündlichen Fragen, die unmittelbar im Plenum während der täglichen Fragezeit gestellt und beantwortet werden, müssen diese Fragen zunächst schriftlich eingereicht werden. Sie werden frühestens achtundvierzig Stunden später im sog. Order Paper veröffentlicht und erhalten eine Nummer. Ab diesem Zeitpunkt kann die Regierung die Frage beantworten. Eine Frist, bis zu der die Beantwortung erfolgt sein muss, besteht grundsätzlich nicht. Abgeordnete können allerdings durch einen Zusatz zur Frage verlangen , dass eine Antwort binnen fünfundvierzig Tagen erfolgt. Grundsätzlich werden alle schriftlich eingereichten Fragen auch schriftlich beantwortet. Der Fragesteller kann jedoch durch einen Vermerk erbitten, dass die Frage im Plenum mündlich beantwortet wird (sog. starred questions). Schriftliche Fragen sind häufig ausschweifend und verlangen nach detaillierten, längeren oder technischen Antworten. Jeder Abgeordnete darf stets höchstens vier Fragen offen haben. Von diesen dürfen höchstens drei Fragen zur mündlichen Beantwortung gestellt sein. Es steht Abgeordneten frei, offene Fragen zurückzuziehen. Antworten auf schriftliche Fragen werden an jedem Sitzungstag im Plenum, üblicherweise durch einen parlamentarischen Staatssekretär, vorgestellt. Dieser ruft die Nummern der Fragen auf, deren Antworten an dem entsprechenden Tag fertig gestellt worden sind. Diese werden einschließlich der entsprechenden Fragen sodann in den Plenarprotokollen veröffentlicht. In der Regel fragt der parlamentarische Staatssekretär auch, ob er solche Fragen, die zur mündlichen Beantwortung eingereicht worden sind, ebenso behandeln kann, ob sie also als beantwortet gelten, ohne dass die Beantwortung tatsächlich mündlich erfolgte. Stimmt das Plenum diesem Vorschlag nicht zu, liest er die vorbereiteten Antworten vor. Die Regierung kann die Beantwortung einer schriftlichen Frage verweigern, indem sie verkündet, dass ihr die Beantwortung der Frage nicht möglich ist. Erfolgt die Beantwortung einer schriftlichen Frage, die vom Fragesteller zur Beantwortung binnen fünfundvierzig Tagen gestellt wurde, nicht innerhalb dieser Zeit, wird die Angelegenheit an Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 114/18 Seite 65 einen Ausschuss nach Wahl des Fragestellers übergeben. Der Ausschussvorsitzende muss innerhalb von fünf Tagen eine Ausschusssitzung ansetzen, die untersuchen soll, warum es der Regierung nicht gelang, die Frage zu beantworten. Gleichwohl hat weder der Ausschuss noch das Parlament die Möglichkeit die Beantwortung einer Frage durch die Regierung zu erzwingen. 30.5. „Verschobene Beratungen“ Am Ende jedes Sitzungstages, außer Freitags, ist eine halbe Stunde für verschobene Beratungen (sog. Adjournment Proceedings) reserviert. Jeder Abgeordnete, der mit der Beantwortung seiner Frage im Rahmen der Fragezeit nicht zufrieden ist oder dessen Frage aufgrund mangelnder Dringlichkeit vom Parlamentspräsidenten nicht zugelassen wurde, kann hierüber eine Aussprache im Rahmen der verschobenen Beratungen beantragen. Ebenso kann beantragt werden, schriftliche Fragen, die zur Beantwortung binnen fünfundvierzig Tagen gestellt wurden, deren Beantwortung aber nicht fristgerecht erfolgte, hier zu behandeln, wenn der Fragesteller keine Überstellung an einen Ausschuss wünscht. Üblicherweise gibt es weit mehr Anträge auf Behandlung einer Frage innerhalb der verschobenen Beratungen, als Zeit verfügbar ist. Daher erfolgt eine entsprechende Aussprache häufig nicht mehr am selben Sitzungstag. Welche Themen wann behandelt werden, entscheidet der Parlamentspräsident. Die Aussprache erfolgt in Form einer höchstens zehnminütigen Diskussion zu den jeweiligen Fragen. Dabei erhält zunächst der Antragssteller vier Minuten, um die Angelegenheit darzustellen . Dann antwortet ein Minister oder ein parlamentarischer Staatssekretär weitere vier Minuten. Im Anschluss können sowohl der Antragsteller als auch der Antwortende jeweils eine weitere Minute sprechen. Auch während dieser Zeit ist der Vertreter der Regierung nicht gezwungen Fragen zu beantworten. Vielmehr kann er auch jegliche Antwort verweigern. Die Zeitbeschränkungen werden vom Parlamentspräsidenten überwacht und streng durchgesetzt. Es gibt keinerlei Verlängerung der Redezeit. 31. Vereinigte Staaten von Amerika Im Präsidialsystem der Vereinigten Staaten ist der direkt gewählte Präsident dem Parlament gegenüber nicht verantwortlich. Nach der Doktrin der separation of power hat kein Gewaltenzweig das Recht, sich in den Bereich einer anderen Gewalt einzuschalten. Unter Hinweis auf dieses Prinzip haben Präsidenten dem Kongress wiederholt Informationen vorenthalten.59 Ob der Kongress überhaupt das Recht hat, von der Regierung Informationen verlangen zu können , war lange Zeit streitig. Erst in der Watergate-Affäre anerkannte der Supreme Court ein öffentliches Interesse daran, dass der Kongress die Informationen erhält, die seiner Untersuchungszuständigkeit entsprechen.60 59 Rosenberg, CRS Report for Congress, Presidential Claims of Executive Privilege: History, Law, Practice and Recent Developments, 2008, http://www.fas.org/sgp/crs/secrecy/RL30319.pdf. 60 Nixon v. Administrator of General Services, 433 U.S. 425 (1977); http://caselaw.lp.findlaw.com/scripts/getcase.pl?court=US&vol=433&invol=425. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 114/18 Seite 66 Weder das Repräsentantenhaus noch der Senat der Vereinigten Staaten von Amerika kennen irgendeine Form von Fragestunde oder Regierungsbefragung. Den Abgeordneten und Senatoren stehen keine formellen Frage- und Interpellationsrechte zu.61 Die Einführung von Fragestunden bzw. parlamentarischen Fragemöglichkeiten wird aber seit langem diskutiert.62 Die Kontrolle der Regierung durch den Kongress findet vor allem in den ständigen Ausschüssen statt (committee system).63 Diese besitzen ein weites Instrumentarium zur Regierungskontrolle. Durch Gesetz werden Behörden verpflichtet, über ihre Arbeit regelmäßig dem Kongress Bericht zu erstatten. Jährlich werden dem Kongress über 2 000 solcher Berichte vorgelegt.64 Die Ausschüsse können Angehörige der Exekutive verhören, Behörden aufsuchen und sich zu Untersuchungsausschüssen konstituieren. Regierungsmitarbeiter haben das Recht, sich direkt an den Kongress zu wenden. Bei vermuteten Rechtsverstößen dürfen Regierungsmitarbeiter auch eingestufte Informationen an den Kongress herausgeben, ohne hierfür zur Verantwortung gezogen zu werden.65 *** 61 Wissenschaftliche Dienste des Deutschen Bundestages, Das Fragerecht der Abgeordneten in den Parlamenten europäischer Staaten und der USA sowie im Europäischen Parlament, WF I – 6/92, S. 20; eine rechtsvergleichende Darstellung des deutschen und amerikanischen Systems findet sich bei Krause, Der Bedeutungswandel parlamentarischer Kontrolle: Deutscher Bundestag und US-Kongreß im Vergleich, ZParl 1999, S. 534. 62 Siehe hierzu den Bericht des Congressional Research Service, A Parliamentary-Style Question Period: Proposals and Issues for Congress, 2009, http://www.fas.org/sgp/crs/misc/RL34599.pdf. 63 Dolan/Halchin/Garvey/Oleszek/Ginsberg, CRS Report for Congress, Congressional Oversight Manual, 2014, http://www.fas.org/sgp/crs/misc/RL30240.pdf. 64 Halchin/Kaiser, CRS Report for Congress, Congressional Oversight, 2012, http://www.fas.org/sgp/crs/misc/97- 936.pdf. 65 Dolan/Halchin/Garvey/Oleszek/Ginsberg, CRS Report for Congress, Congressional Oversight Manual, 2014, http://www.fas.org/sgp/crs/misc/RL30240.pdf.