© 2019 Deutscher Bundestag WD 3 - 3000 - 112/19 Fragen zu Reichsbürgern und Besatzungsrecht Dokumentation Wissenschaftliche Dienste Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab dem jeweiligen Fachbereich anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen. Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 3 - 3000 - 112/19 Seite 2 Fragen zu Reichsbürgern und Besatzungsrecht Aktenzeichen: WD 3 - 3000 - 112/19 Abschluss der Arbeit: 22. Mai 2019 Fachbereich: WD 3: Verfassung und Verwaltung Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 3 - 3000 - 112/19 Seite 3 1. Einleitung Mit der Dokumentation wird eine Literaturrecherche zum Fortbestand des Deutschen Reiches sowie zu den Merkmalen von „Reichsbürgern“ und „Selbstverwaltern“ übermittelt. Weiterhin wird der aktuelle Stand von Besatzungsrecht in der Bundesrepublik Deutschland übersandt. 2. Literatur „Fortbestand des Deutschen Reiches“ 2.1. Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages, Zum rechtlichen Fortbestand des „Deutschen Reichs“, WD 3 - 3000 - 292/07 Die Dokumentation befasst sich mit dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts zum Vertrag vom 21. Dezember 1972 über die Beziehungen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Deutschen Demokratischen Republik1 und der Frage, ob die Bundesrepublik Deutschland Rechtsnachfolger des Deutschen Reiches ist. Anlage 1 2.2. Caspar, Christa/Neubauer, Reinhard, Durchs wilde Absurdistan – oder: Wie „Reichsbürger“ den Fortbestand des Deutschen Reiches beweisen wollen, LKV 2012, S. 529-537 Hintergrund des Beitrags ist das Phänomen, dass sich öffentliche Verwaltungen vermehrt mit Schreiben von „Reichsbürgern“ auseinandersetzen müssen, in denen das Bestehen der Bundesrepublik Deutschland geleugnet und das Rechtssystem als nicht gültig bezeichnet wird. Die Autoren setzen sich ausführlich mit den Argumenten der „Reichsbürger“ auseinander. Hierzu stellen sie den historischen Kontext dar und erörtern die Strategie der „Reichsbürger“. Anlage 2 3. Literatur „Reichsbürger und Selbstverwalter“ 3.1. Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat, Verfassungsschutzbericht 2017, S. 89-98 Das Bundesinnenministerium informiert in dem Verfassungsschutzbericht über „Reichsbürger“ und „Selbstverwalter“. Diese werden vom Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) als organisatorisch und ideologisch äußerst heterogene, zersplitterte und vielschichtige Szene eingestuft, die die Legitimität und Souveränität der Bundesrepublik Deutschlands in Frage stellen und deren Rechtsordnung ablehnen. Es werden Entwicklungstendenzen und Erscheinungsformen der beiden Gruppierungen näher dargestellt. Weiterhin erfolgt eine Einordnung der entsprechenden Personengruppen für die Bereiche Gewalt und Militanz und das daraus resultierende Gefährdungspotenzial . Anlage 3 1 BVerfGE 36, 1 - 2 BvF 1/73 (Grundlagenvertrag). Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 3 - 3000 - 112/19 Seite 4 3.2. Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN vom 18. Februar 2019, Gefahrenpotential der Reichsbürger-Szene, BT-Drs. 19/7844, S. 1 und 2 Die Bundesregierung erläutert in ihrer Vorbemerkung, dass das Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) Ende 2016 das Sammelbeobachtungsobjekt „Reichsbürger und Selbstverwalter“ eingerichtet habe; das BfV bearbeitet diese Gruppen als eigenständigen Phänomenbereich. Danach würden „Reichsbürger und Selbstverwalter“ die Existenz der Bundesrepublik Deutschland leugnen und das Rechtssystem ablehnen. In den Antworten zu den Fragen 5, 6 und 7 wird auf die Strukturen und Merkmale der „Reichsbürger und Selbstverwalter“ eingegangen. Anlage 4 3.3. Krämer, Ulrich, Die Behauptungen der Reichsbürger und ihre verfassungsgeschichtliche und verfassungsrechtliche Widerlegung, UBWV 1/2019, S. 1-8 Der Aufsatz befasst sich verfassungsgeschichtlich und verfassungsrechtlich mit den Thesen der Reichsbürger. Hierzu werden die Behauptungen, u.a. dass das Deutsche Reich anstelle der Bundesrepublik Deutschland weiterbestehe, näher betrachtet. Anlage 5 3.4. Freitag, Jan/Hüllen, Michael/Krüger, Yasemin, Entwicklung der Ideologie der „Reichsbürger“, Jahrbuch Extremismus & Demokratie, 29. Jahrgang 2017, S. 159-174 Der Aufsatz befasst sich ausführlich mit der Ideologie der Reichsbürger. Zunächst erfolgt eine geschichtliche Einordnung der Reichsbürgerbewegung und ihrer Anführer. Anschließend werden die Entwicklung der Ideologie und ihre verschiedenen Thesen thematisiert. Abschließend erfolgt eine Einordnung der Reichsbürger und ihr Gefährdungspotential. Anlage 6 4. Bereinigung von Besatzungsrecht Das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz hat auf die Frage, welche durch die Siegermächte des Zweiten Weltkrieges erlassenen Besatzungsrechtsnormen heute weiterhin in Form von Bundes- oder Landesrecht für die Bundesrepublik Deutschland fortgelten, Folgendes mitgeteilt: „Der größte Teil des Besatzungsrechts wurde, sofern die Regelungen nicht schon von den Alliierten selbst aufgehoben worden waren, bereits durch verschiedene Gesetze in den 50er Jahren aufgehoben (Gesetze zur Aufhebung von Besatzungsrecht vom 30. Mai 1956, BGBl. I S. 437, vom 30. Mai 1956, BGBl. I S. 446, vom 23. Juli 1958, BGBl. I S. 540 und vom 19. Dezember 1960, BGBl. I S. 1015). Mit Artikel 4 des ‚Zweiten Gesetzes über die Bereinigung von Bundesrecht im Zuständigkeitsbereich des Bundesministeriums der Justiz‘ vom 23. November 2007 (BGBl. 2007, Teil I, Seite 2614) ist das restliche möglicherweise noch bestehende Besatzungsrecht bis auf eine Ausnahme pauschal aufgehoben worden. Von der Aufhebung ausgenommen ist lediglich das Kontrollratsgesetz Nr. 35 über Ausgleichs- und Schiedsverfahren in Arbeitsstreitigkeiten vom 20. August 1946 (Amtsblatt des Kontrollrats, S. 174), zuletzt geändert Wissenschaftliche Dienste Dokumentation WD 3 - 3000 - 112/19 Seite 5 durch das Gesetz vom 9. Februar 1950 (Amtsblatt der Alliierten Hohen Kommission für Deutschland, S. 103).“ Die Begründung zum Gesetz zur Aufhebung von Besatzungsrecht führt auf S. 31 der BT-Drs. 16/5051 bezüglich des Kontrollratsgesetzes Nr. 35 Folgendes aus: „Allein für die Beibehaltung des Kontrollratsgesetzes Nr. 35 (vgl. den Abdruck bei Schröder, Das geltende Besatzungsrecht, 1990, S. 780 ff.) besteht Bedarf. Auf seiner Grundlage wird – auf dem Gebiet der alten Bundesrepublik – seit Jahrzehnten und in einer nicht unerheblichen Zahl von Fällen das sogenannte staatliche Schlichtungsverfahren betrieben (vgl. Schaub, Arbeitsrechtshandbuch , 11. Auflage 2004, §§ 195 ff.). Es ist nach seiner normativen Ausgestaltung ein subsidiäres und freiwilliges Verfahren. Es ergänzt gerade wegen des Freiwilligkeitsprinzips die ansonsten bestehenden Schlichtungsmöglichkeiten in einer Weise, die es angeraten erscheinen lässt, den potentiellen Verfahrensbeteiligten nicht ersatzlos die Grundlage für die Durchführung solcher Verfahren zu entziehen. Mangels entsprechender sperrender bundesgesetzlicher Regelung (die bloße Nichtaufhebung von Fremdrecht erfüllt die Voraussetzungen von Artikel 72 Abs. 1 des Grundgesetzes nicht) bleibt es den Ländern unbenommen, das Kontrollratsgesetz Nr. 35 in Landesrecht zu überführen.“ ***