Deutscher Bundestag Zur Vereinbarkeit eines Kopftuchverbots und eines Burkaverbots mit dem deutschen Recht Ausarbeitung Wissenschaftliche Dienste © 2010 Deutscher Bundestag WD 3 – 3000 – 112/10 Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 – 3000 – 112/10 Seite 2 Zur Vereinbarkeit eines Kopftuchverbots und eines Burkaverbots mit dem deutschen Recht Verfasser/in: Aktenzeichen: WD 3 – 3000 – 112/10 Abschluss der Arbeit: 31. März 2010 Fachbereich: WD 3: Verfassung und Verwaltung Telefon: Ausarbeitungen und andere Informationsangebote der Wissenschaftlichen Dienste geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Der Deutsche Bundestag behält sich die Rechte der Veröffentlichung und Verbreitung vor. Beides bedarf der Zustimmung der Leitung der Abteilung W, Platz der Republik 1, 11011 Berlin. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 – 3000 – 112/10 Seite 3 Inhaltsverzeichnis 1. Zusammenfassung 4 2. Einleitung 4 3. Zur Vereinbarkeit eines Kopftuchverbots mit dem deutschen Recht 5 3.1. Tragen eines Kopftuches im öffentlichen Raum 5 3.1.1. Derzeitige Rechtslage 5 3.1.2. Vereinbarkeit eines einfachgesetzlichen Kopftuchverbotes mit dem Grundgesetz 6 3.1.2.1. Religionsfreiheit 6 3.1.2.2. Grundrechtsadressat und personeller Anwendungsbereich 6 3.1.2.3. Schutzbereich der Religionsfreiheit 7 3.1.2.4. Verfassungsrechtliche Rechtfertigung des Eingriffs 8 3.2. Tragen eines Kopftuchs bei der Ausübung eines öffentlichen Amtes 9 3.2.1. Derzeitige Rechtslage in den Bundesländern 9 3.2.2. Untersagungsmöglichkeiten auf Ebene der Bundesländer 10 3.2.3. Derzeitige Rechtslage auf Bundesebene 11 3.2.4. Untersagungsmöglichkeit für Angehörige der Bundesverwaltung 12 3.2.4.1. Beamte 12 3.2.4.2. Tarifbeschäftigte im öffentlichen Dienst 13 4. Zur Vereinbarkeit eines Burkaverbots mit dem deutschen Recht 14 4.1. Tragen einer Burka im öffentlichen Raum 14 4.1.1. Derzeitige Rechtslage 14 4.1.2. Vereinbarkeit eines einfachgesetzlichen Burkaverbots mit dem Grundgesetz 15 4.1.2.1. Schutz des Tragens einer Burka durch die Religionsfreiheit 15 4.1.2.2. Eingriff in den Schutzbereich 15 4.1.2.3. Verfassungsrechtliche Rechtfertigung des Eingriffs 16 4.2. Tragen einer Burka bei der Ausübung eines öffentlichen Amtes 17 4.3. Tragen einer Burka als Schülerin 17 Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 – 3000 – 112/10 Seite 4 1. Zusammenfassung In der Bundesrepublik Deutschland gibt es derzeit keine Rechtsgrundlage, die das Tragen eines Kopftuches oder einer Burka im öffentlichen Raum generell verbietet. Ein einfachgesetzliches Verbot wäre auch verfassungsrechtlich nicht gerechtfertigt, da das Tragen einer Verschleierung – soweit sie aus religiösen Motiven erfolgt –, von der in Artikel 4 Grundgesetz garantierten Religionsfreiheit geschützt ist. Das Tragen eines religiös motivierten Schleiers bei der Ausübung eines öffentlichen Amtes wird derzeit schon in den meisten Bundesländern insbesondere für den Bereich der Schulen und Kindergärten verboten. Die Bundesländer Berlin und Hessen haben darüber hinausgehende Regelungen , die sich auch auf Beamte und Angestellte in der Landesverwaltung beziehen. Derartige generelle Regelungen auf Landesebene sind nur durch einfachgesetzliche Regelung möglich, die erst nach Abwägung der widerstreitenden grundrechtlich geschützten Interessen (Religionsfreiheit gegen politische Neutralität des Staates) erlassen werden darf. Im Bundesbeamtenrecht gibt es keine mit den landesgesetzlichen Regelungen vergleichbaren Verbote des Tragens religiöser Bekleidung. Das politische Mäßigungsgebot kann grundsätzlich nicht dahingehend ausgelegt werden, dass Beamtinnen das Tragen von Kopftüchern oder Burkas verboten werden kann. Ein Verbot des Tragens religiöser Symbole im öffentlichen Dienst bedürfte einer Änderung des Beamtenrechts. Eine solche Regelung dürfte aber weder konkret eine bestimmte Religion diskriminieren noch ein bestimmtes religiöses Kleidungsstück verbieten. Sie könnte auch nicht mit der Abwehr unbestimmter abstrakter Gefahren begründet werden, sondern wäre nur bei einer konkreten Gefahr für gleichrangige Verfassungsgüter gerechtfertigt. Auch für die Tarifbeschäftigten des öffentlichen Dienstes kann ein Kopftuch oder Burkaverbot nur einfachgesetzlich geregelt bzw. im Hinblick auf die Tarifautonomie gemäß Art. 9 Abs. 3 GG von den Tarifparteien tarifvertraglich vereinbart werden. Zudem darf kein Verstoß gegen das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) vorliegen. Nach § 8 Abs. 1 AGG ist eine unterschiedliche Behandlung wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes nur zulässig, wenn dieser Grund wegen der Art der auszuübenden Tätigkeit oder der Bedingungen ihrer Ausübung eine wesentliche und entscheidende berufliche Anforderung darstellt, sofern der Zweck rechtmäßig und die Anforderung angemessen ist. Das Tragen einer Burka in der Schule kann dort untersagt werden, wo es die Aufrechterhaltung der Funktionsfähigkeit der Verfassungsinstitution „Schule“ und die Erfüllung des Bildungsauftrags im Sinne des Art. 7 Abs. 1 GG erforderlich macht. 2. Einleitung Nachdem die im Rahmen des sog. Kopftuchurteils des Bundesverfassungsgerichts von 2003 über das Tragen eines Kopftuches im öffentlichen Dienst entbrannte breite öffentliche Diskussion Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 – 3000 – 112/10 Seite 5 wieder abgeebbt ist, erfährt in jüngster Zeit das Thema der Vollverschleierung von muslimischen Frauen in zahlreichen europäischen Ländern größere Aufmerksamkeit.1 So wurde etwa in Frankreich und Dänemark ein gesetzliches Verbot der Burka diskutiert. Der französische Staatspräs ident Sarkozy erklärte am 22. Juni 2009 den beiden Kammern des französischen Parlaments, dem Kongress, dass die Burka in Frankreich nicht erwünscht sei, da sie gegen französische Werte verstoße und „ein Zeichen der Unterwerfung“ der Frau sei.2 Die Nationalversammlung hat daraufhin eine parteiübergreifende Kommission eingesetzt, mit dem Auftrag, die Vollverschleierung von Frauen in Frankreich unter verschiedenen Aspekten zu untersuchen. Am 26. Januar 2010 hat die Kommission ihren Bericht vorgelegt,3 die Verabschiedung war bis zuletzt umstritten und erfolgte nur mit einer Stimme Mehrheit. Die Kommission konnte sich nicht darauf einigen, vorzuschlagen , ein Gesetz zum Verbot des Tragens einer Burka in der Öffentlichkeit zu verabschieden. Sie empfahl zunächst die Verabschiedung einer Resolution der Nationalversammlung im Frühjahr und ein gesetzliches Verbot der Burka in öffentlichen Einrichtungen und Verkehrsmitteln.4 In Deutschland wurden bisher vereinzelt Forderungen laut, das Tragen einer Burka in Teilen der Öffentlichkeit zu verbieten.5 Initiativen zum generellen Verbot des Kopftuches in der Öffentlichkeit gibt es keine. Die vorliegende Ausarbeitung untersucht, ob und inwieweit ein Kopftuch –bzw. Burkaverbot in verschiedenen Bereichen der Öffentlichkeit mit deutschem Recht vereinbar ist. 3. Zur Vereinbarkeit eines Kopftuchverbots mit dem deutschen Recht 3.1. Tragen eines Kopftuches im öffentlichen Raum 3.1.1. Derzeitige Rechtslage In der Bundesrepublik Deutschland gibt es keine Rechtsgrundlage, die das Tragen eines Kopftuches im öffentlichen Raum generell verbietet. 1 Eine erste Übersicht zu den Diskussionen bietet Spiegel-Online, http://www.spiegel.de/politik/ausland/ 0,1518,675888,00.html, [Stand: 25.02.2010]. 2 Süddeutsche Zeitung vom 24. Juni 2009, Frankfurter Allgemeine vom 10. Juli 2009. 3 Rapport d’Information Nr. 2262 vom 26. Januar 2010, http://www.assemblee-nationale.fr/13/dossiers/voile_ integral.asp [Stand: 5.03.2010]. 4 Das Parlament vom 15. Februar 2010. 5 So fordert Serkan Tören, integrationspolitischer Sprecher der FDP, im Interview mit der Frankfurter Rundschau entsprechende Bekleidungsvorschriften für staatliche Einrichtungen wie Schulen, Universitäten und Gerichte, http://www.fr-online.de/in_und_ausland/politik/aktuell/?em_cnt=2262040 [Stand: 16.02. 2010]. Andreas Schockenhoff (CDU) weist in einem Interview mit dem Parlament darauf hin, dass die Burka verfassungsmäßig nicht zu rechtfertigen ist, falls sie als eine öffentliche Demonstration der Ungleichheit von Mann und Frau getragen wird, Das Parlament vom 15. Februar 2010. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 – 3000 – 112/10 Seite 6 3.1.2. Vereinbarkeit eines einfachgesetzlichen Kopftuchverbotes mit dem Grundgesetz Ein einfachgesetzliches Verbot des Tragens eines Kopftuches im öffentlichen Raum müsste mit dem Grundgesetz vereinbar sein, insbesondere nicht die in Art. 4 GG garantierte Religionsfreiheit verletzen. 3.1.2.1. Religionsfreiheit Nach Artikel 4 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) sind die Freiheit des Glaubens, des Gewissens und die Freiheit des religiösen und weltanschaulichen Bekenntnisses unverletzlich. Diese wird noch durch Artikel 4 Abs. 2 GG verstärkt, der die ungestörte Religionsausübung gewährleistet. Neben der Freiheit, einen Glauben zu bilden und zu haben, ist auch geschützt, einen Glauben zu äußern und entsprechend zu handeln. Die in Artikel 4 geschützte Glaubens- und Bekenntnisfreiheit ist Ausdruck des weltanschaulich neutralen Staates, dem es verboten ist, einzelne religiöse oder weltanschauliche Überzeugungen zu verbieten, zu bekämpfen oder auch nur abzulehnen.6 Als spezifischer Ausdruck der in Artikel 1 Abs. 1 GG garantierten Menschenwürde schützt Artikel 4 Abs. 1 GG gerade auch die vereinzelt auftretende Glaubensüberzeugung.7 Dem Staat ist es verwehrt, bestimmte Bekenntnisse zu privilegieren8 oder den Glauben oder Unglauben seiner Bürger zu bewerten.9 3.1.2.2. Grundrechtsadressat und personeller Anwendungsbereich Der Gesetzgeber ist nach Artikel 1 Abs. 3 GG als unmittelbar geltendes Recht an das Grundrecht der Religionsfreiheit gebunden.10 Damit ist ein Kopftuchverbot durch Gesetz nur zulässig, soweit es die Religionsfreiheit nicht verletzt. Artikel 4 GG ist nicht auf Deutsche oder Christen beschränkt. Die Religionsfreiheit ist ein Menschenrecht 11, wird also auch für Ausländer und Muslime gewährleistet. Der Islam fällt sowohl unter den Begriff eines „Glaubens“ nach Artikel 4 Abs. 1 GG als auch einer „Religion“ im Sinne des Artikel 4 Abs. 2 GG.12 6 Herzog, in: Maunz/Dürig, Grundgesetz Kommentar, Bd. 1, 1988, Artikel 4 Rn. 19 f. Zum Gebot der weltanschaulich -religiösen Neutralität des Staates: BVerfGE 18, 385 (386); 19, 206 (216); 24, 236 (246); 32, 98 (106). 7 BVerfGE 33, 23 (28 f.). 8 BVerfGE 19, 206 (216); 33, 23 (28 f.). 9 BVerfGE 12, 1 (4); 33, 23 (28 f.). 10 Herzog, in: Maunz/Dürig, Grundgesetz Kommentar, Bd. 1, 1988, Artikel 4 Rn. 47. 11 Herzog, in: Maunz/Dürig, Grundgesetz Kommentar, Bd. 1, 1988, Artikel 4 Rn. 33. 12 Sarcevic, Religionsfreiheit und der Streit um den Ruf des Muezzins, DVBl. 2000, 519 (523). Zum Religionsbegriff siehe Kokott, in: Sachs, Grundgesetz Kommentar, 5. Auflage, Artikel 4, Rn. 19 ff. m.w.Nw. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 – 3000 – 112/10 Seite 7 3.1.2.3. Schutzbereich der Religionsfreiheit Die in Artikel 4 Abs. 1 GG angesprochene Freiheit des Glaubens und des religiösen und weltanschaulichen Bekenntnisses und das in Artikel 4 Abs. 2 GG angesprochene Recht der ungestörten Religionsausübung bilden ein einheitliches Grundrecht.13 Unter den Schutz des Grundrechts der Religionsfreiheit fällt nicht nur der private Glauben, sondern auch das öffentliche Bekenntnis zu der eigenen Religion.14 Dazu kommt die in Artikel 4 Abs. 2 GG ausdrücklich erwähnte Religionsausübung , also die religiöse Betätigung. Hierzu zählen alle kultischen Handlungen wie Gottesdienst , Gebet, Feier von Sakramenten.15 Auch das Tragen besonderer Kleidung, um seine religiösen Überzeugungen kundzutun, wird von Artikel 4 GG geschützt.16 Entscheidend ist, ob diese Tätigkeiten aus religiösen Motiven vorgenommen werden.17 Maßgeblich ist zudem, was nach dem Selbstverständnis der jeweiligen Religion oder religiösen Vereinigung von ihrer Religionsausübung umfasst ist.18 Da die Rechtsordnung das religiöse oder weltanschauliche Selbstverständnis voraussetze – so das Bundesverfassungsgericht –, würde der Staat die den Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften nach dem Grundgesetz gewährte Eigenständigkeit verletzen, wenn er bei der Bestimmung der Religionsausübung deren Selbstverständnis nicht berücksichtigen würde.19 Dies im Streitfall zu prüfen und zu entscheiden, obliege – als Anwendung einer Regelung der staatlichen Rechtsordnung – den staatlichen Organen, letztlich den Gerichten, die dabei freilich keine freie Bestimmungsmacht ausüben, sondern den von der Verfassung gemeinten oder vorausgesetzten, dem Sinn und Zweck der grundrechtlichen Verbürgung entsprechenden Begriff der Religion zugrunde zu legen haben.20 Verfassungsimmanente Grenzen der Religionsfreiheit sind zum einen die Grundrechte anderer Grundrechtsträger21 und die sonstigen in der Verfassung selbst verankerten Rechtsgüter, deren Beachtung dem Staat aufgegeben sind.22 Die Religionsfreiheit gewährt auch dem einzelnen Bürger nicht das Recht darauf, dass „seine Überzeugung zum Maßstabe der Gültigkeit genereller Rechts- 13 Std. Rechtsprechung des BVerfG 12, 1 (3f .); 24, 236 (245); 32, 98 (106); Germann, in: Epping/Hilgruber, Grundgesetz Kommentar 2009, Artikel 4, Rn. 19 14 BVerfGE 19, 129 (132); 24, 236 (246 f.); 53, 266 (387); 105, 279 (293 f.). 15 Muckel, in: Friauf/Höfling, Berliner Kommentar zum Grundgesetz, 2009, Artikel 4 Rn. 32, 16 Germann, in: Epping/Hilgruber, Grundgesetz Kommentar 2009, Artikel 4, Rn. 24.4.; Starck, in : v. Mangoldt /Klein/Starck, Grundgesetz Kommentar Bd. 1, 5. Auflage 2005, Art. 4 Rn. 38. 17 BVerfGE 24, 236 (49). Zustimmend Herzog, in: Maunz/Dürig, Grundgesetz Kommentar, Bd. 1, 1988, Artikel 4 Rn. 105. 18 BVerfGE 53, 366 (392 f.); 57, 220 (243); 70, 138 (163); Herzog, in: Maunz/Dürig, Grundgesetz Kommentar, Bd.1, 1988, Artikel 4 Rn. 102 f.; Muckel, in: Friauf/Höfling, Berliner Kommentar zum Grundgesetz, 2009, Artikel 4 Rn. 32. Bedenken an dieser weiten Auslegung äußert Herzog, der bei einem zu weit gehenden Zurückgreifen auf das Selbstverständnis der jeweiligen Religionsgemeinschaft das Zugestehen einer „Kompetenz-Kompetenz“ sieht (Maunz/Dürig, Grundgesetz Kommentar, Bd. 1, 1988, Artikel 4 Rn. 104 f.). 19 BVerfGE 24, 236 (248). 20 BVerfGE 83, 341, (353). 21 BVerfGE 28, 243 (260 f.); 32, 98 (108); 41, 29 (50); 52, 223 (247); Herzog, in: Maunz/Dürig, Grundgesetz Kommentar , Bd. 1, 1988, Artikel 4 Rn. 115. 22 BVerfGE 28, 243 (261); Herzog, in: Maunz/Dürig, Grundgesetz Kommentar, Bd. 1, 1988, Artikel 4 Rn. 112. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 – 3000 – 112/10 Seite 8 normen oder ihrer Anwendung gemacht wird“.23 Fehlt es an einem kollidierenden Rechtsgut mit Verfassungsrang, kommt eine Einschränkung der Religionsfreiheit nicht in Betracht. 3.1.2.4. Verfassungsrechtliche Rechtfertigung des Eingriffs Um nicht verfassungswidrig zu sein, bedarf ein Eingriff in die Religionsfreiheit der verfassungsrechtlichen Rechtfertigung. Anders als bei vielen anderen Grundrechten sieht das Grundgesetz für die Religionsfreiheit ke inen Gesetzesvorbehalt vor. Sie wird vorbehaltlos gewährleistet. Daher lehnt das Bundesverfassungsgericht eine Beschränkung der Glaubensfreiheit durch allgemeines Gesetz oder durch e ine unbestimmte Güterabwägung ab.24 Steht ein Grundrecht nicht unter dem Vorbehalt einer gesetzlichen Regelung, stellt sich die Frage, was geschieht, wenn die Ausübung eines solchen Grundrechts in Widerspruch zu anderen Grundrechten oder erheblichen Gemeinschaftsgütern gerät. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts finden die vorbehaltlos gewährleisteten Grundrechte unter dem Gesichtspunkt der Einheit der Verfassung in den kollidierenden Grundrechten Dritter und in den mit Verfassungsrang ausgestatteten Rechtsgütern ihre Grenzen. Im Kollisionsfall ist zwischen den vorbehaltlos gewährleisteten Grundrechten und den entgegenstehenden Grundrechten oder Verfassungsgütern im Wege der Abwägung und mit dem Ziel der Herstellung der praktischen Konkordanz ein angemessener Ausgleich herbeizuführen.25 Dabei darf nicht eine der widerstreitenden Rechtspositionen bevorzugt und maximal behauptet werden, sondern alle sollen einen möglichst schonenden Ausgleich erfahren.26 Die Einschränkung eines vorbehaltlos gewährleisteten Grundrechts darf nicht formelhaft mit allgemeinen Zielen, wie etwa dem „Schutz der Verfassung“ oder der „Funktionstüchtigkeit der Strafrechtspflege“ gerechtfertigt werden, sondern anhand einzelner Grundgesetzbestimmungen. Dabei sind im konkreten Fall die maßgeblichen verfassungsrechtlich geschützten Rechtsgüter herauszuarbeiten.27 Eine Beschränkung der Religionsfreiheit durch ein direkt gegen den Glauben oder die Religionsausübung gerichtetes Gesetz28 ist nicht zulässig, insbesondere dann nicht, wenn sich die Beschränkung gegen einen bestimmten Glauben oder eine bestimmte Religion richtet. Das Bundesverfassungsgericht leitet dies aus dem weltanschaulichen Toleranzgebot der Verfassung ab. In der Literatur wird dies aus dem Vergleich der vorbehaltlos gewährten Religionsfreiheit mit der unter qualifiziertem Gesetzesvorbehalt stehenden Meinungsfreiheit (Artikel 5 Abs. 2 GG) geschlossen: Einschränkungen der Bekenntnis- und Verkündungsfreiheit, die schon nach Artikel 5 Abs. 2 GG 23 BVerfGE 67, 26 (37); vgl. aber Kokott, in: Sachs, Grundgesetz Kommentar, 5. Auflage 2009, Artikel 4, Rn. 64. 24 BVerfGE 32, 98 (108); 33, 23 (29, 30 f.); 52, 223 (246); 93, 1 (21). Kritisch hierzu Starck, in: Mangoldt/Klein/Starck, Kommentar zum Grundgesetz, 5. Auflage 2005, Artikel 4 Rn. 91. 25 BVerfGE 28, 243 (260 f.); 41, 29 (50); 52, 223 (246 f., 251); 93, 1 (21). 26 BVerfGE 93, 1 (21). 27 BVerfGE 81, 278 (293). 28 Sarcevic, Religionsfreiheit und der Streit um den Ruf des Muezzins, DVBl. 2000, S. 519 [523 f.]. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 – 3000 – 112/10 Seite 9 nicht zulässig sind, können unter der Geltung des Artikels 4 GG erst recht nicht vorgenommen werden.29 Kollidierende Rechtsgüter, die dem Tragen eines religiös motivierten, einfachen Kopftuchs in der Öffentlichkeit entgegenstehen, sind nicht ersichtlich. Ein allgemeines Kopftuchverbot in der Öffentlichkeit wäre somit verfassungswidrig. 3.2. Tragen eines Kopftuchs bei der Ausübung eines öffentlichen Amtes 3.2.1. Derzeitige Rechtslage in den Bundesländern Ausgangspunkt für die Frage, ob das Tragen eines Kopftuchs in Ausübung eines öffentlichen Amtes zulässig ist, ist das sogenannte Kopftuch-Urteil des Bundesverfassungsgerichts aus dem Jahr 2003. Dieses hatte das Recht einer Lehrkraft, in der Schule ein Kopftuch zu tragen, zunächst bejaht .30 Nach Auffassung des Gerichts fehle es an einer gesetzlichen Grundlage für den Eingriff in die Religionsfreiheit und den Anspruch auf Gleichbehandlung der Lehrkraft. Ausgehend von diesem Urteil ist es in den einzelnen Ländern entsprechend ihrer kulturstaatlichen Eigenständigkeit zu verschiedenen Regelungen hinsichtlich des Tragens religiöser Symbole in Ausübung eines öffentlichen Amtes gekommen. Verbotsgesetze sind in Baden-Württemberg, Bayern, Berlin, Bremen, Hessen, Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen erlassen worden.31 Zum Teil beziehen sich die Verbotsnormen nur auf Lehrkräfte bzw. das Personal von Kindergärten (Baden-Württemberg32, Bayern33, Niedersachsen34, Nordrhein-Westfalen35, Schleswig- Holstein36), zum Teil auch auf andere Beschäftigte im öffentlichen Dienst (Berlin37, Hessen38). In Berlin wurden bei den entsprechenden Beschäftigten alle religiösen Symbole verboten. 29 Herzog, in: Maunz/Dürig, Grundgesetz Kommentar, Lfg. 27, 1988, Artikel 4 Rn. 90. 30 BVerfGE 108, 282. 31 Hofmann, Religiöse Symbole in Schule und Öffentlichkeit - Stand der Entwicklung der Landesgesetzgebung und Rechtsprechung nach der Richtungsentscheidung des BVerfG von 2003, NVwZ 2009, 74, 76 f. 32 § 38 Abs. 2 Schulgesetz Baden-Württemberg (Gesetz zur Änderung des Schulgesetzes vom 1. April 2004, GBl. S. 178, Nr. 6), § 7 Abs. 6 Kindergartengesetz Baden-Württemberg (Gesetz zur Änderung des Kindergartengesetzes vom 14. Februar 2006 (GBl. S. 30, Nr. 2). 33 Art. 59 Abs. 2 Bayerisches Gesetz über das Erziehungs- und Unterrichtswesen (Gesetz zur Änderung des Bayerischen Gesetzes über das Erziehungs- und Unterrichtswesen vom 23. November 2004, GVBl. S. 443, Nr. 21). 34 § 51 Abs. 3 und Abs. 4 Niedersächsisches Schulgesetz (Gesetz zur Änderung des Niedersächsischen Schulgesetzes und des Niedersächsischen Besoldungsgesetzes vom 29. April 2004, GVBl. S. 140-142, Nr. 12). 35 § 57 Abs. 4 Schulgesetz Nordrhein-Westfalen (Erstes Gesetz zur Änderung des Schulgesetzes für das Land Nordrhein -Westfalen vom 13. Juni 2006, GVBl. S. 270, Nr. 15). 36 § 4 Schulgesetz Schleswig-Holstein. 37 Art. 29 § 1 und § 2 Verfassung von Berlin (Gesetz zur Schaffung eines Gesetzes zu Artikel 29 der Verfassung von Berlin und zur Änderung des Kindertagesbetreuungsgesetzes vom 27. Januar 2005, Gesetz- und Verordnungsblatt für Berlin S. 92, Nr. 4). 38 § 68 Abs. 2 Hessisches Beamtengesetz (Gesetz zur Sicherung der staatlichen Neutralität vom 18. Oktober 2004, GVBl. I S. 306, Nr. 17); § 86 Abs. 3 Hessisches Schulgesetz. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 – 3000 – 112/10 Seite 10 In den übrigen Ländern gilt das Verbot nur, wenn die betreffenden Symbole - geeignet sind, die Neutralität des Landes gegenüber den Schülern und Eltern oder den politischen , religiösen und weltanschaulichen Schulfrieden zu gefährden (Baden- Württemberg, ähnlich Schleswig-Holstein und Hessen); - den Eindruck eines Auftretens gegen die Menschenwürde, die Gleichberechtigung, die Freiheitsgrundrechte oder die freiheitlich-demokratische Grundordnung hervorrufen können (Baden-Württemberg, ähnlich Nordrhein-Westfalen); - als Ausdruck einer Haltung verstanden werden können, die mit den verfassungsrechtlichen Grundwerten und Bildungszielen der Verfassung einschließlich den christlichabendländischen Bildungs- und Kulturwerten nicht vereinbar ist (Bayern). 3.2.2. Untersagungsmöglichkeiten auf Ebene der Bundesländer Der Bayerische Verfassungsgerichtshof hat in einem Urteil vom 15. Januar 2007 die Verfassungsmäßigkeit von Art. 59 Abs. 2 S. 3 BayEUG bejaht. Diese Norm verbietet Lehrkräften das Tragen von äußeren Symbolen und Kleidungsstücken, die eine religiöse oder weltanschauliche Überzeugung ausdrücken. Wie der Vergleich der Landesgesetzgebung ergeben hat, haben die Länder Berlin und Hessen nicht nur Lehrerinnen und Kindergärtnerinnen das Tragen eines Kopftuches verboten, sondern dies auch auf weitere Personen im öffentlichen Dienst erstreckt. So werden in Berlin folgende Berufsgruppen von § 1 des sogenannten Neutralitätsgesetzes umfasst:39 „Beamtinnen und Beamte, die im Bereich der Rechtspflege, des Justizvollzugs oder der Polizei40 beschäftigt sind, dürfen innerhalb des Dienstes keine sichtbaren religiösen oder weltanschaulichen Symbole, die für die Betrachterin oder den Betrachter eine Zugehörigkeit zu einer bestimmten Religions- oder Weltanschauungsgemeinschaft demonstrieren, und keine auffallenden religiös oder weltanschaulich geprägten Kleidungsstücke tragen. Dies gilt im Bereich der Rechtspflege nur für Beamtinnen und Beamte, die hoheitlich tätig sind.“ Diese Vorschrift gilt gemäß § 5 Neutralitätsgesetz ebenfalls für Angestellte und Auszubildende der Berliner Verwaltung, die in den in § 1 genannten Bereichen tätig sind. Zwar genießen auch Beamtinnen und Beamte sowie Angestellte die in der Landesverfassung und im Grundgesetz ga- 39 Art. 29 § 1 und § 2 Verfassung von Berlin (Gesetz zur Schaffung eines Gesetzes zu Artikel 29 der Verfassung von Berlin und zur Änderung des Kindertagesbetreuungsgesetzes vom 27. Januar 2005, Gesetz- und Verordnungsblatt für Berlin S. 92, Nr. 4). 40 Hervorhebung durch die Verfasser. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 – 3000 – 112/10 Seite 11 rantierte Religionsfreiheit, diese weicht jedoch in den genannten Bereichen der Verpflichtung des Landes Berlin zu weltanschaulich-religiöser Neutralität.41 Das Hessische Beamtengesetz (HBG) 42 sieht in § 68 Abs. 2 vor: „Beamte haben sich im Dienst politisch, weltanschaulich und religiös neutral zu verhalten. Insbesondere dürfen sie Kleidungsstücke, Symbole oder andere Merkmale nicht tragen oder verwenden, die objektiv geeignet sind, das Vertrauen in die Neutralität ihrer Amtsführung zu beeinträchtigen oder den politischen, religiösen oder weltanschaulichen Frieden zu gefährden. Bei der Entscheidung über das Vorliegen der Voraussetzungen nach Satz 1 und 2 ist der christlich und humanistisch geprägten abendländischen Tradition des Landes Hessen angemessen Rechnung zu tragen.“ Im Gegensatz zum Berliner Neutralitätsgesetz umfasst § 68 Abs. 2 HBG nicht lediglich die hoheitlichen Bereiche der Beamtentätigkeit wie die Rechtspflege, die Polizei oder den Justizvollzug, sondern verbietet jedem Beamten das Tragen oder Verwenden religiöser Kleidungsstücke. Der Staatsgerichtshof des Landes Hessen hat mit Urteil vom 10. Dezember 2007 im Verfahren der abstrakten Normenkontrolle entschieden, dass § 68 Abs. 2 HBG verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden ist.43 Der Staatsgerichtshof hat die Glaubensfreiheit der von der Norm nachteilig betroffenen Beamtinnen und Beamten mit der negativen Glaubensfreiheit derjenigen Personen, die Kontakt mit der dienstlichen Tätigkeit der Beamten haben sowie mit der Neutralitätspflicht der Beamtinnen und Beamten abgewogen. Er kommt zu dem Ergebnis, dass das Tragen von Kleidungsstücken , Symbolen oder anderen Merkmalen, die objektiv geeignet sind, das Vertrauen der Bürger in die Neutralität der Amtsführung zu beeinträchtigen oder den politischen, religiösen oder weltanschaulichen Frieden zu gefährden, den Dienstbetrieb stört und mit den Grundrechten derjenigen Personen kollidiert, die mit diesen Kleidungsstücken, Symbolen oder Merkmalen konfrontiert werden.44 3.2.3. Derzeitige Rechtslage auf Bundesebene Bundesbeamte unterliegen dem politischen Mäßigungsgebot, welches ihnen während ihrer Dienstzeit das Tragen oder Verwenden von Kennzeichen oder Symbolen, die eine parteipolitische Botschaft vermitteln, verbietet. Das Mäßigungsgebot ist in § 60 Abs. 2 Bundesbeamtengesetz (BBG)45 normiert; diese Vorschrift ermächtigt den Dienstherrn zugleich, Einzelverbote auszusprechen.46 Im 41 Vgl. Präambel des Neutralitätsgesetzes. 42 Hessisches Beamtengesetz (Gesetz zur Sicherung der staatlichen Neutralität vom 18. Oktober 2004, GVBl. I S. 306, Nr. 17) 43 Urteil vom 10. Dezember 2007, NVwZ 2008, 199. 44 Urteil vom 10. Dezember 2007, NVwZ 2008, 199 (204). 45 Bundesbeamtengesetz vom 5. Februar 2009 (BGBl. 2009, 160). 46 Detterbeck, „Der öffentliche Dienst als Medium der freien Selbstentfaltung? Der hessische Kopftuchstreit“ in: Recht als Medium der Staatlichkeit – Festschrift für Herbert Bethge, S. 161 (164). Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 – 3000 – 112/10 Seite 12 Bundesbeamtenrecht gibt es hingegen keine – mit der o. g. Landesgesetzgebung vergleichbaren – Regelungen, die das Tragen oder Verwenden von Kleidungstücken, Symbolen oder sonstigen Kennzeichen, denen eine religiöse Bedeutung zukommt, verbieten. Allenfalls käme ein Verstoß gegen das politische Mäßigungsgebot in Betracht, wenn das Tragen eines Kopftuches nachweisbar nicht aus religiösen Gründen geschieht, sondern als Ausdruck einer politisch-fundamentalistisch gesinnten Verfassung gedeutet werden kann, die sich gegen die Grundwerte der freiheitlichen demokratischen Grundordnung richtet.47 3.2.4. Untersagungsmöglichkeit für Angehörige der Bundesverwaltung 3.2.4.1. Beamte Durch ein umfassendes Verbot des Tragens eines Kopftuches in der Bundesverwaltung wird neben der in Artikel 4 GG geschützten Religionsfreiheit auch das Recht auf religionsunabhängigen Zugang zu öffentlichen Ämtern der Bewerberinnen auf eine Beamtenstelle berührt. Artikel 33 Abs. 3 GG ist ein grundrechtsgleiches, verfassungsbeschwerdefähiges Recht.48 Der Zugang zum öffentlichen Dienst kann nicht allein wegen der Zugehörigkeit zu einer Religionsgemeinschaft verweigert werden.49 Der Staat darf sich seinerseits nicht mit einer bestimmten Religionsgemeinschaft identifizieren.50 Das Bundesverfassungsgericht erkennt in Art. 4 Abs. 1, Art. 3 Abs. 3 S. 1, Art. 33 Abs. 3 GG sowie in Art. 136 Abs. 1 und 4 und Art. 137 Abs. 1 Weimarer Reichsverfassung in Verbindung mit Art. 140 GG eine Pflicht des Staates zur weltanschaulich - religiösen Neutralität an.51 Diese Pflicht betrifft auch den Beamten, da der Staat durch ihn handelt und er diesen repräsentiert.52 Insofern besteht ein Spannungsverhältnis zwischen der positiven Religionsfreiheit des Beamten, der Pflicht des Staates zur weltanschaulich-religiöser Neutralität und gegebenenfalls der negativen Religionsfreiheit Dritter, die in Kontakt mit dem Beamten treten.53 Dieses ist nach den Grundsätzen der praktischen Konkordanz zu lösen. Das Bundesverfassungsgericht hat im „Kopftuchurteil“ klargestellt, dass es Aufgabe des Gesetzgebers ist, dieses Spannungsverhältnis aufzulösen.54 Auch betont das Bundesverfassungsgericht, dass ein Verbot des Tragens religiöser Symbole einer ausdrücklichen gesetzlichen Regelung bedarf.55 Infolge dieser Entscheidung wurde in einer Reihe von Bundesländern das Tragen eines Kopftuches – und anderer religiöser Symbole – für den Be- 47 Vgl. Sicko, Das Kopftuch-Urteil des Bundesverfassungsgerichts und seine Umsetzung durch die Landesgesetzgeber , 2008, S. 55. 48 BVerfGE 79, 69 (75). 49 Mager in: von Münch/Kunig, Grundgesetzkommentar, Band 1, Artikel 4 Rn. 65 (S. 347). 50 BVerfGE 30, 415 (422); 93, 1 (17); 108, 282 (300). 51 BVerfGE 108, 282 (299 f.). 52 Detterbeck, „Der öffentliche Dienst als Medium der freien Selbstentfaltung? Der hessische Kopftuchstreit“ in: Recht als Medium der Staatlichkeit – Festschrift für Herbert Bethge, S. 161 (162). 53 So für den Bereich des Schulwesens: BVerfG 108, 282 [302]. 54 BVerfG 108, 282 (302). 55 BVerfGE 108, 282 (303, 311 ff.). Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 – 3000 – 112/10 Seite 13 reich des Schuldienstes verboten. Zum Teil wurde sogar ein solches Verbot für den gesamten Bereich des öffentlichen Dienstes umgesetzt.56 Ein Verbot des Tragens eines Kopftuchs für Angehörige der Bundesverwaltung bedürfte daher einer einfachgesetzlichen Regelung im Beamtenrecht. Bei der Abwägung zwischen den Grundrechten des Beamten und der Pflicht des Staates zu weltanschaulich-religiöser Neutralität und der gegebenenfalls zu berücksichtigenden Religionsfreiheit Dritter, die in Kontakt mit dem Beamten treten, ist zu beachten, dass diesen umso weniger Gewicht zukommen, je weniger Außenwirkung die Tätigkeit des Beamten aufweist.57 Der Bundesgesetzgeber ist verfassungsrechtlich zudem nicht befugt, die Religionsfreiheit der Beamten durch eine allgemein-abstrakte und undifferenziert die gesamte Bundesverwaltung betreffende Regelung einzuschränken, die ihre Rechtfertigung nicht in einer konkreten Gefahr für gleichrangige Verfassungsrechtsgüter findet, sondern lediglich der Abwehr unbestimmter abstrakter Gefahren dienen soll. Etwas anderes gilt auch nicht seit dem Inkrafttreten des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG).58 Nach § 24 Nr. 1 AGG findet das Gesetz zwar auch auf Beamte entsprechende Anwendung ; hierbei ist aber ihre besondere Rechtstellung zu berücksichtigen. Insofern kann sich nach obigen Ausführungen für Beamte auch in Bezug auf das AGG nichts anderes ergeben. 3.2.4.2. Tarifbeschäftigte im öffentlichen Dienst Da nicht nur Beamte in der Bundesverwaltung beschäftigt sind, stellt sich die Frage, ob und wie ein Kopftuchverbot für die Tarifbeschäftigten des öffentlichen Dienstes geregelt werden kann. Das BVerfG hatte im Kopftuch-Urteil59 nur das Beamtenrecht zu beurteilen, so dass seine Entscheidung das Arbeitsrecht des öffentlichen Dienstes nicht erfasst. Den maßgeblichen Urteilsgründen zu Folge ist davon auszugehen, dass auch bei Beschäftigten des öffentlichen Dienstes nur durch ein Gesetz das Tragen von religiösen Symbolen geregelt werden kann bzw. eine tarifvertragliche Vereinbarung hierzu getroffen werden muss. Ob der Gesetzgeber eine solche Regelung einfachgesetzlich schaffen kann,60 oder ob sie in Hinblick auf die Tarifautonomie aus Art. 9 Abs. 3 GG von den Tarifparteien tarifvertraglich vereinbart werden muss, ist umstritten.61 Wegen der Grundrechtsbindung des öffentlichen Arbeitsgebers muss eine solche Regelung unabhängig davon, ob sie per Gesetz, tarif – oder individualvertraglich bestimmt wurde mit der Reli- 56 Siehe oben 3.2.1. 57 Vgl. Mückl in: Bonner Kommentar, 135. Lfg. (2008), Artikel 4 Rn. 173. 58 Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz vom 14. August 2006 (BGBl. I S. 1897), zuletzt geändert durch Artikel 15 Absatz 66 des Gesetzes vom 5. Februar 2009 (BGBl. I S. 160). 59 BVerfGE 108, 282. 60 So Isensee, in: Handbuch des Verfassungsrechts, 2. Aufl. 1994, § 37, Rn. 79. 61 Adam, Das Urteil des Bundesverfassungsgericht im „Kopftuchstreit“ und seine Bedeutung für das Arbeitsrecht im öffentlichen Dienst, ZTR 2004, 450. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 – 3000 – 112/10 Seite 14 gionsfreiheit der Betroffenen vereinbar sein und eine Abwägung mit konkurrierende Grundrechten stattfinden.62 Zudem darf auch kein Verstoß gegen das AGG vorliegen. Auf die Beschäftigten im öffentlichen Dienst ist das AGG direkt anwendbar.63 Wird durch Gesetz, in Tarif- und Arbeitsverträgen oder in Betriebsanordnungen das Verbot des Tragens religiöser Kleidungsstücke ausgesprochen, so kann hierin eine mittelbare Benachteiligung aufgrund der Religion im Sinne der §§ 1, 3 Abs. 2 des AGG liegen.64 Gemäß § 8 Abs. 1 AGG ist eine unterschiedliche Behandlung wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes nur zulässig, wenn dieser Grund wegen der Art der auszuübenden Tätigkeit oder der Bedingungen ihrer Ausübung eine wesentliche und entscheidende berufliche Anforderung darstellt, sofern der Zweck rechtmäßig und die Anforderung angemessen ist. Allein die Befürchtung des Arbeitgebers jedoch, die Bekleidung könne abschreckend nach Außen wirken, ist nach Ansicht des Bundesarbeitsgerichtes kein rechtmäßiges Ziel im Sinne des Gesetzes .65 Ein pauschales Kopftuchverbot kommt für die Tarifbeschäftigten im öffentlichen Dienst somit nicht in Frage. Eine Untersagung des Kopftuches kommt aber möglicherweise nach Maßgabe des § 8 Abs. 1 AGG in Frage. 4. Zur Vereinbarkeit eines Burkaverbots mit dem deutschen Recht 4.1. Tragen einer Burka im öffentlichen Raum 4.1.1. Derzeitige Rechtslage Ebenso wie beim Kopftuch gibt es derzeit in der Bundesrepublik Deutschland keine Rechtsgrundlage , die das Tragen einer Burka im öffentlichen Raum generell verbietet. Lediglich bei öffentlichen Versammlungen im Sinne des Versammlungsgesetzes besteht gemäß § 17a Abs. 2 Nr. 1 VersG ein Vermummungsverbot. Unter Vermummung versteht man dabei eine Aufmachung zur Vereitelung der Identitätsfeststellung mittels Veränderung oder Verhüllung des Gesichts.66 Dass die Aufmachung die Identitätsfeststellung verhindert, begründet das Verbot jedoch noch nicht. Es muss hinzukommen, dass der Versammlungsteilnehmer sie auch verhindern will, dass die Aufmachung also dem Zweck dient, ein Wiedererkennen durch Zeugen oder auf Grund von Lichtbildern, Video- und Filmaufnahmen zu verhindern.67 Ob das Tragen einer Burka bei einer öffentlichen Versammlung verboten werden könnte, dürfte sich demnach als Einzelfallfrage darstellen. 62 Starck, in: Mangoldt/Klein/Starck, Kommentar zum Grundgesetz, 5. Auflage 2005, Artikel 1 Abs. 3 Rn. 227ff. 63 Brors, in Däubler/Bertzbach AGG, 1. Aufl. 2007,§ 24 Rn. 21. 64 ArbG Köln Urteil vom 6. März 2008, ZMV 2008, 221-222, Schleuser, in: AGG Kommentar, 2. Aufl. 2008, § 8 Rn. 48. 65 BAG, Urteil vom 10. Oktober 2002, Aktenzeichen 2 AZR 472/01, NJW 2003, 1685, 1687. 66 Kniesel/Poscher, in: Lisken/Denninger, Handbuch des Polizeirechts, 4. Auflage, 2007, Rn. 303. 67 Wache, in: Erbs/Kohlhaas, Strafrechtliche Nebengesetze, 169. Auflage 2008, Rn. 7. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 – 3000 – 112/10 Seite 15 4.1.2. Vereinbarkeit eines einfachgesetzlichen Burkaverbots mit dem Grundgesetz Auch ein einfachgesetzliches Verbot des Tragens der Burka im öffentlichen Raum müsste mit dem Grundgesetz vereinbar sein. 4.1.2.1. Schutz des Tragens einer Burka durch die Religionsfreiheit Ob das Tragen einer Burka von dem Grundrecht der Religionsfreiheit umfasst ist, hängt von ihrer Bedeutung für den islamischen Glauben ab. Die Burka ist ein Ganzkörperschleier, der als einziges Sichtfenster ein mit Stoff vergittertes Feld vor den Augen frei lässt. Sie wird vor allem von muslimischen Frauen in Pakistan, Indien und Afghanistan getragen.68 Die Verhüllung des Körpers hat seine Ursprünge zwar in vorislamischer Zeit,69 dennoch gilt die Verschleierung muslimischer Frauen weithin bei gläubigen Muslimen als direkt aus dem Koran ableitbar.70 Die religiöse Pflicht zur Verschleierung wird in den einzelnen islamischen Rechtschulen sowie islamischen Organisationen unterschiedlich bewertet, jedoch besteht Einigkeit darüber, dass eine gläubige Muslima die aus dem Koran ableitbaren Kleidungsvorschriften e inhalten muss.71 Es existieren sehr unterschiedliche Arten der Verschleierung in der islamischen Welt. Überwiegend wird ein bloßes Kopftuch getragen, welches das Haar ganz oder teilweise bedeckt .72 Wie weit die Verschleierung reicht, steht in starker Abhängigkeit zu den regionalen Traditionen und der Frömmigkeit der Frau.73 Die Rechtsprechung anerkennt, dass eine Verschleierung ein religiöses Bekenntnis sein kann und bejaht dies für das Kopftuch.74 Das Tragen einer Burka fällt damit in den Schutzbereich des Artikels 4 GG75, soweit die Trägerin dies als verbindlich von den Regeln ihrer Religion vorgeschrieben empfindet. Soweit die Burka aus anderen Motiven – etwa aufgrund äußeren Zwangs – getragen wird, unterfällt dies nicht dem Schutzbereich des Artikel 4 GG. 4.1.2.2. Eingriff in den Schutzbereich Das Tragen der Burka gehört zur grundrechtlich geschützten Religionsfreiheit. Ein Verbot des Tragens der Burka verwehrt die Ausübung dieser Freiheit und greift damit in deren Schutzbereich ein. 68 Harenberg Lexikon der Religionen, Dortmund 2002, S. 479; Der Brockhaus Religionen, 2. Auflage, Leipzig (u. a.) 2007, S. 111, Brockhaus der Religionen, 2. Aufl., S. 111. 69 Harenberg, Lexikon der Religionen, S. 542. 70 Oxford-Lexikon der Weltreligionen, 1999, S. 415. 71 Ausführlich in: Kinziger-Büchel, Der Kopftuchstreit in der deutschen Rechtsprechung und Gesetzgebung, Deutscher Anwalt Verlag 2009, S. 23-33. 72 Harenberg, Lexikon der Religionen, S. 542. 73 Harenberg, Lexikon der Religionen, S. 543. 74 BVerfGE 108, 282 (298 f.). 75 Siehe oben 3.1.2.3. zum Schutzbereich des Art. 4 GG. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 – 3000 – 112/10 Seite 16 4.1.2.3. Verfassungsrechtliche Rechtfertigung des Eingriffs Um nicht verfassungswidrig zu sein, bedarf ein Eingriff in die Religionsfreiheit der verfassungsrechtlichen Rechtfertigung (siehe oben, 3.1.2.4). Zu der durch Artikel 4 Abs. 1, 2 GG geschützten Religionsfreiheit gehört auch das Recht, keinem religiösen Bekenntnis anzuhängen und nicht zur Teilnahme an einer religiösen Handlung gezwungen zu werden.76 Möglicherweise gebietet die Gewährleistung der negativen Religionsfreiheit besonders intensive Formen der Religionsausübung in der Öffentlichkeit zu unterbinden. Das Tragen einer Burka ist ein starkes Bekenntnis zu den Kleidungsvorschriften des Islam. Allerdings hat in einer Gesellschaft, die unterschiedlichen Glaubensüberzeugungen Raum gibt, der Einzelne kein Recht darauf, von fremden Glaubensbekundungen verschont zu bleiben.77 Insofern gewährt die negative Religionsfreiheit weder das Recht die Bekenntnisäußerungen anderer zu verhindern, noch durch den Staat vor Konfrontationen mit religiösen Fakten geschützt zu werden .78 Es existiert kein Anspruch im öffentlichen Raum vor den religiösen Einflüssen der Umwelt abgeschirmt zu werden.79 Somit kommt die negative Religionsfreiheit als Rechtfertigung für das Verbot des Tragens der Burka in der Öffentlichkeit nicht in Betracht. Vereinzelte Stimmen verlangen, dass zum Schutz der Frauen ein Vollverschleierungsverbot ausgesprochen wird. Nach dieser Ansicht handele es sich bei der Vollverschleierung in erster Linie um einen Ausdruck der Unterdrückung der Frauen durch eine extrem patriarchalisch geprägte Form des Islams.80 Eine derartige Schutzpflicht des Staates, die unmittelbar in den privaten Lebensbereich der Betroffenen eingreift, verfassungsrechtlich zu begründen, ist problematisch. Artikel 3 Abs. 2 Satz 2 GG normiert ein Staatsziel, durch das Maßnahmen zur Angleichung der Lebensverhältnisse von Männern und Frauen ergriffen werden sollen.81 Die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung soll gefördert werden und auf die Beseitigung bestehender Nachteile hingewirkt werden. Damit wird der Gleichberechtigungssatz des Artikel 3 Abs. 1 GG ergänzt.82 Beide Regelungen zielen aber auf die Rechtsgleichheit zwischen den Geschlechtern. Der Staat erhält dadurch keinen Erziehungsauftrag für seine Bürger, der ihn legitimiert ein Verbot der Vollverschleierung auch gegen den Willen der betroffenen Frauen durchzusetzen. Das Tragen der Burka im öffentlichen Raum wird von Artikel 4 GG geschützt. Ebenso wie das Verbot des Tragens eines Kopftuchs, verstößt ein generelles Verbot der Burka im öffentlichen Raum gegen das Neutralitätsgebot des Grundgesetzes und lässt sich verfassungsrechtlich nicht 76 Starck, in: Mangoldt/Klein/Starck, Kommentar zum Grundgesetz, 5. Auflage 2005, Artikel 4 Rn. 23. 77 BVerfGE 108, 282 (302). 78 v. Campenhausen, Staatskirchenrecht 4. Auflage 2006, S. 65 f. 79 v. Campenhausen in: Isensee/Kirchhof, Handbuch des Staatsrechts, Band VI, 2. Aufl. 2001, § 136, Rn. 95. 80 Tören, Serkan, „Die Burka überschreitet eine Grenze“, Frankfurter Rundschau, http://www.fr-online.de/in_und_ausland/politik/aktuell/?em_cnt=2262040 [Stand 16. Februar 2010]. 81 Starck, in: Mangoldt/Klein/Starck, Kommentar zum Grundgesetz, 5. Auflage, Artikel 3 Abs.2 Rn. 311. 82 Starck, in: Mangoldt/Klein/Starck, Kommentar zum Grundgesetz, 5. Auflage, Artikel 3 Abs.2 Rn. 311. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 – 3000 – 112/10 Seite 17 rechtfertigen. Ein Verbot kommt nur im Einzelfall als Ergebnis einer Abwägung mit kollidierenden Verfassungsgütern in Betracht. 4.2. Tragen einer Burka bei der Ausübung eines öffentlichen Amtes Das Tragen einer Burka bei der Ausübung eines öffentlichen Amtes ist in den Bundesländern und in der Bundesverwaltung gesetzlich nicht eindeutig bzw. noch gar nicht geregelt. Alle rechtlichen Ausführungen zum Kopftuch gelten auch für das Tragen einer Burka (siehe oben, 3.2). Im Bezug auf das AGG ist im Falle des Tragens einer Burka von Tarifbeschäftigten im öffentlichen Dienst zu differenzieren: Zunächst stellt sich die Frage der Eignung für den konkreten Arbeitsplatz . Ist es z.B. aus Sicherheitsgründen nicht erlaubt eine Vollverschleierung zu tragen, so ist eine Arbeitnehmerin mit Burka nicht geeignet, diese berufliche Tätigkeit zu erbringen. In diesem Fall liegt keine Diskriminierung vor, da sie der Arbeitgeber dann wegen fehlender Eignung für die Tätigkeit und nicht wegen ihrer Religion schlechter stellt.83 Aber auch hier gilt, dass allein die Befürchtung des Arbeitgebers, die Bekleidung könne abschreckend nach Außen wirken kein rechtmäßiges Ziel im Sinne des Gesetzes ist (siehe oben, 3.2.4.2). Ein pauschales Burkaverbot kommt für die Tarifbeschäftigten im öffentlichen Dienst somit auch nicht in Frage. Die Burka kann aber ebenfalls unter Berücksichtigung der Maßgabe des § 8 Abs. 1 AGG untersagt werden. 4.3. Tragen einer Burka als Schülerin Grundsätzlich findet das Tragen einer Burka in der Schule dort seine Grenze, wo es die Aufrechterhaltung der Funktionsfähigkeit der Verfassungsinstitution „Schule“ und die Erfüllung des Bildungsauftrags im Sinne des Art. 7 Abs. 1 GG erforderlich macht. Im juristischen Schrifttum wird daher zum Teil angenommen, dass die mangels Identifizierbarkeit schulbetriebsstörende vollständige Verhüllung, also auch das Tragen einer Burka, unzulässig sei.84 Teilweise äußern sich die Landesschulgesetze in ihren „Erläuterungen“ zu der Frage, ob Schülerinnen in der Schule eine Burka tragen dürfen. So sieht etwa § 43 des Niedersächsischen Schulgesetzes eine „Auffangzuständigkeit“ der Schulleiterinnen und Schulleiter vor, die diesen umfassende Befugnisse sowohl in organisatorischen und administrativen als auch in pädagogischen Angelegenheiten einräumt. In Ziffer 3.3.8 der Erläuterungen zu § 43 des Niedersächsischen Schulgesetzes heißt es: „Schülerinnen können dagegen als Teil der Ausübung ihrer Religion ein Kopftuch tragen (Art. 4 Abs. 2 und 6 GG). Es könnte ihnen daher auch nicht untersagt werden, eine Burka oder einen Tschador zu tragen.“ Demgegenüber sehen die Erläuterungen zu § 23 Abs. 2 des baden-württembergischen Schulgesetzes vor, dass das Tragen einer das Gesicht verhüllenden Burka ggf. durch die Schulleitung verbo- 83 Brors, in Däubler/Bertzbach AGG, 1. Aufl. 2007,§ 8 Rn. 46-48. 84 Schmitt-Kammler, in: Sachs, Grundgesetz, 4. Auflage, 2007, Art. 7, Fn. 41 mit weiteren Nachweisen. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 – 3000 – 112/10 Seite 18 ten werden kann. Gleiches gilt für die Erläuterungen zum Weisungsrecht des § 17 der Schulordnung von Schleswig-Holstein. Hiernach kann das Tragen von Kleidung unterbunden werden, die den ordnungsgemäßen Schulbetrieb stört bzw. es einer Lehrkraft unmöglich macht, mit der Schülerin oder dem Schüler ein Unterrichtsgespräch zu führen. Hierbei wird explizit auf das Tragen einer Burka Bezug genommen. ( ) ( ) (