© 2016 Deutscher Bundestag WD 3 - 3000 - 111/16 Einwanderung nach Deutschland - Bestandsaufnahme der geltenden ausländerrechtlichen Regelungen Aktualisierte Fassung von WD 3 - 3000 - 010/15 Ausarbeitung Wissenschaftliche Dienste Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 111/16 Seite 2 Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. 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Völkerrechtliche, humanitäre oder politische Gründe 10 4.5. Familiäre Gründe 11 5. Ausblick 13 Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 111/16 Seite 4 Die nachfolgende Aktualisierung beschränkt sich auf die relevanten Änderungen des Asylgesetzes (AsylG) und des Aufenthaltsgesetzes (AufenthG) durch das Gesetz zur Neubestimmung des Bleiberechts und der Aufenthaltsbeendigung, durch das Asylverfahrensbeschleunigungsgesetz sowie durch das Gesetz zur Einführung beschleunigter Asylverfahren.1 Im Übrigen bleiben die Ausführungen unverändert. 1. Einleitung In der aktuellen politischen Diskussion ist erneut die Forderung nach der Schaffung eines Einwanderungsgesetzes gestellt worden. Vor diesem Hintergrund stellt sich die Frage, ob die geltenden Regelungen zur Einwanderung von Ausländern nach Deutschland nicht bereits ausreichen bzw. ob sie die – je nach politischer Ausrichtung unterschiedlichen – Erwartungen an ein Einwanderungsgesetz konzeptionell bereits erfüllen. Je nach politischer Vorstellung bedarf es in dieser Diskussion also einer Vergewisserung darüber, ob über Begriffe oder über Konzepte gestritten wird. Zu diesem Zweck soll eine – überblicksartige – Bestandsaufnahme der relevanten ausländerrechtlichen Regelungen zur Einwanderung nach Deutschland erfolgen. Die Frage, unter welchem Leitmotiv die ausländerrechtlichen Regelungen stehen, folgt nicht schon aus der Begriffswahl. So stehen die verschiedenen Begriffe der Migration, Zuwanderung, Zuzug und Einwanderung nicht für bestimmte – feststehende – Einwanderungskonzepte und können damit synonym gebraucht werden. Davon unabhängig sind den Begriffen jeweils unterschiedliche Konnotationen inhärent, die in der politischen Auseinandersetzung bedeutsam sind. In diesem Sinne bestehen Vorbehalte, Regelungen zur Einwanderung als Einwanderungsrecht oder Einwanderungsgesetz zu bezeichnen, da dieser Bezeichnung ggf. eine zu positive Haltung zur Einwanderung beigemessen werden könnte (Stichwort: Deutschland ist (k)ein Einwanderungsland ).2 Diese politischen Implikationen sollen für die vorliegende Ausarbeitung außen vor bleiben. Vielmehr wird hier der Begriff der Einwanderung in einem neutralen Sinn verwendet und als Oberbegriff für alle Arten des Aufenthalts von Ausländern in Deutschland, der mit dem Ziel oder der Möglichkeit eines dauernden Aufenthalts in Deutschland verbunden ist.3 1 Vgl. das Gesetz zur Neubestimmung des Bleiberechts und der Aufenthaltsbeendigung vom 27.07.2015, BGBl. I 2015, 1386, das Asylverfahrensbeschleunigungsgesetz vom 20.10.2015, BGBl. I 2015, 1722 sowie das Gesetz zur Einführung beschleunigter Asylverfahren vom 11.03.2016, BGBl. I 2016, 390. Die Änderungen des Asyl- und Aufenthaltsgesetzes durch das Gesetz zur Verbesserung der Unterbringung, Versorgung und Betreuung ausländischer Kinder und Jugendlicher vom 28.10.2015, BGBl. I 2015, 1802 und durch das Gesetz zur Verbesserung der Registrierung und des Datenaustausches zu aufenthalts- und asylrechtlichen Zwecken vom 02.02.2016, BGBl. I 2016. 130 berühren die in dieser Ausarbeitung behandelten Vorschriften nicht. 2 Zum „Signalwort >Einwanderung<“ Bast, Aufenthaltsrecht und Migrationssteuerung (2011), 6 f. 3 Regelungen zu Kurzaufenthalten in Deutschland bleiben im Folgenden daher unberücksichtigt. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 111/16 Seite 5 2. Freizügigkeits- und Aufenthaltsgesetz Das Einwanderungsrecht in Deutschland bestimmt sich nicht rein national, sondern ist in unionsund völkerrechtliche Rahmenbedingungen eingebunden.4 Einen besonders großen Einfluss auf das nationale Einwanderungsrecht übt das Unionsrecht aus, und zwar in zweifacher Hinsicht: Zum einen bestimmt es die (Ein)-Wanderung von Unionsbürgern (Art. 20 Abs. 1 AEUV) sowie ihrer drittstaatsangehörigen Familienangehörigen innerhalb des Unionsgebietes; darüber hinaus ist der Unionsgesetzgeber selbst Einwanderungsgesetzgeber, indem er über Kompetenzen zur Regelung von Einwanderung und Asyl verfügt, vgl. Art. 78 ff. AEUV.5 Die unionsrechtlichen Vorgaben prägen die Grundstruktur des nationalen Einwanderungsrechts. Die Unterscheidung zwischen (privilegierten) Unionsbürgern einerseits und Drittstaatsangehörigen andererseits ist grundlegend und kommt in der Trennung der jeweils anzuwendenden Gesetze zum Ausdruck. So bestimmt sich die Einwanderung der Unionsbürger nach dem Freizügigkeitsgesetz/EU (FreizügG/EU) und die Einwanderung der Drittstaatsangehörigen nach dem Aufenthaltsgesetz. Eine weitere Gruppe bilden diejenigen Drittstaatsangehörigen, die aus mit der EU assoziierten Staaten kommen und einen privilegierten Status haben. 3. Unionsbürger Nach Art. 21 Abs. 1 AEUV hat jeder Unionsbürger das Recht, sich im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten vorbehaltlich der in den Verträgen und in den Durchführungsvorschriften vorgesehenen Beschränkungen und Bedingungen frei zu bewegen und aufzuhalten. 3.1. Aufenthalt/Dauerhaufenhalt Das FreizügG/EU6 regelt den Aufenthalt und den Daueraufenthalt der Unionsbürger. Weitere Vorschriften über die Berechtigung zur Aufnahme einer abhängigen Beschäftigung oder einer selbständigen Tätigkeit sind nicht erforderlich, sondern folgen unmittelbar aus dem Unionsrecht (Arbeitnehmerfreizügigkeit, Niederlassungs- und Dienstleitungsfreiheit). In die im Rahmen des Asylverfahrensbeschleunigungsgesetzes eingeführte berufsbezogene Deutschsprachförderung nach § 45a AufenthG können EU-Bürger nach § 11 Abs. 1 S. 1 FreizügG/EU einbezogen werden. Aufenthaltsberechtigt sind die Unionsbürger nach § 2 Abs. 1 FreizügG/EU, wenn sie nach § 2 Abs. 2 FreizügG/EU freizügigkeitsberechtigt sind. Die Freizügigkeitsberechtigung folgt aus § 2 Abs. 2 FreizügG/EU und umfasst u.a.: – Nr. 1: Unionsbürger, die sich als Arbeitnehmer oder zur Berufsausbildung aufhalten wollen, 4 Die unions- und völkerrechtlichen Vorgaben beziehen sich vor allem auf menschenrechtliche Aspekte der Einwanderung . So ist beispielsweise bei der Frage der Asylgewährung u.a. die Genfer Flüchtlingskonvention zu beachten oder bei der Frage des Familiennachzuges u.a. die Europäische Menschenrechtskonvention. Ausführlich dazu Bast (Fn. 2), 167 ff. 5 Bast (Fn. 2), 140 ff. 6 Zur Entwicklung des Freizügigkeitsgesetzes Brinkmann, Zehn Jahre Freizügigkeitsgesetz, ZAR 2014, 13 ff. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 111/16 Seite 6 – Nr. 1a: Unionsbürger, die sich zur Arbeitsuche aufhalten, für bis zu sechs Monate und darüber hinaus nur, solange sie nachweisen können, dass sie weiterhin Arbeit suchen und begründete Aussicht haben, eingestellt zu werden, – Nr. 2: Unionsbürger, wenn sie zur Ausübung einer selbständigen Erwerbstätigkeit berechtigt sind (niedergelassene selbständige Erwerbstätige), – (…) – Nr. 5: nicht erwerbstätige Unionsbürger unter den Voraussetzungen des § 4, – (…) Hervorzuheben ist, dass nicht erwerbstätige Unionsbürger dann freizügigkeitsberechtigt sind, wenn sie über ausreichenden Krankenversicherungsschutz und ausreichende Existenzmittel verfügen, § 4 FreizügG/EU. Unter bestimmten Voraussetzungen, in der Regel nach fünfjährigem ständigen und rechtmäßigen Aufenthalt im Bundesgebiet, wandelt sich das Aufenthaltsrecht in ein Daueraufenthaltsrecht (§ 4a FreizügG/EU), das das Vorliegen der Freizügigkeitsberechtigung (§ 2 Abs. 2 FreizügG/EU) nicht mehr voraussetzt. 3.2. Familienangehörige Die (drittstaatsangehörigen) Familienangehörigen verfügen über kein originäres Freizügigkeitsrecht, aber sie partizipieren am Aufenthaltsstatus des Unionsbürgers.7 Nach § 3 FreizügG/EU können Familienangehörige (u.a. Ehegatten, Lebenspartner und Kinder, § 3 Abs. 2 FreizügG/EU) den Unionsbürger begleiten oder ihm nachziehen. Nach in der Regel fünfjährigem gemeinsamem Aufenthalt mit dem Unionsbürger steht ihnen – wie den Unionsbürgern – das Daueraufenthaltsrecht gemäß § 4a Abs. 1 S. 2 FreizügG/EU zu. Besondere Anforderungen an die soziale Integration bestehen gegenüber Familienangehörigen von Unionsbürgern nicht. § 11 Abs. 1 FreizügG/EU verweist nur auf die Anwendung des § 44 Abs. 4 AufenthG, der eine Teilnahme an einem Integrationskurs bei freien Kapazitäten zulässt, aber nicht zur Teilnahme verpflichtet. 3.3. Assoziationsrecht Einen den Unionsbürgern gleichgestellten oder angenäherten Status haben die Drittstaatsangehörigen , die aus Staaten kommen, die mit der EU ein Assoziationsabkommen abgeschlossen haben. So sind die Staatsangehörigen der EWR-Staaten (Island, Liechtenstein, Norwegen) sowie ihre Familienangehörigen nach § 12 FreizügG/EU den Unionsbürgern und ihren Familienangehörigen 7 Vgl. dazu auch die sog. Freizügigkeitsrichtlinie der EU, RL 2003/86/EU. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 111/16 Seite 7 aufenthaltsrechtlich gleichgestellt. Die Rechte anderer assoziierter Drittstaatsangehöriger folgen aus dem jeweiligen Assoziationsrecht.8 4. Drittstaatsangehörige 4.1. Aufenthaltszwecke und Aufenthaltstitel Die Regelungen des AufenthaltsG zur Einwanderung von Drittstaatsangehörigen lassen sich nach den aufenthaltsberechtigenden Zwecken sowie nach den zu erreichenden Aufenthaltstiteln ordnen. Das AufenthaltsG sieht im Einzelnen folgende Aufenthaltszwecke vor: – Ausbildung (§§ 16 f. AufenthG) – Erwerbstätigkeit (§§ 18 ff. AufenthG) – völkerrechtliche, humanitäre oder politische Gründe (§§ 22 ff. AufenthG) – familiäre Gründe (§§ 27 ff. AufenthG). Insoweit kann man von Arbeits-/Ausbildungs-, Flucht- und Familienmigration sprechen.9 Die Einteilung nach den Aufenthaltstiteln erfasst die Qualität des Aufenthaltsstatus. Bezüglich der Aufenthaltstitel ist zwischen befristeten Aufenthaltstiteln (Aufenthaltserlaubnis, § 7 AufenthG und Blaue Karte, § 19a AufenthG) und unbefristeten Aufenthaltstiteln (Niederlassungserlaubnis, § 9 AufenthG und Daueraufenthalt-EU, § 9a AufenthG) zu unterscheiden, wobei jeweils zu berücksichtigen ist, ob und inwieweit diese Aufenthaltstitel mit Folgerechten (Beschäftigungserlaubnis, Familiennachzug) verbunden sind. Besonders wichtig ist in diesem Zusammenhang, dass die befristeten Aufenthaltstitel keinen starren Charakter haben, sondern eine Entwicklung zu einem unbefristeten Aufenthaltsstatus zulassen. Die Regelungen des AufenthG enthalten damit verschiedene „Einwanderungschancen“, die letztlich in ein dauerndes und voraussetzungsloses Aufenthaltsrecht münden können.10 Voraussetzung für den Statuswechsel und letztlich für eine dauerhafte und voraussetzungslose Einwanderung ist das Gelingen der wirtschaftlichen und sozialen Integration . Das AufenthG knüpft dementsprechend die Verbesserung des Aufenthaltstitels daran, dass 8 Zum EU-Assoziationsrecht siehe Kurzidem, Aufenthaltsrecht nach EU-Assoziationsrecht, in: Kluth/Hund/Maaßen (Hrsg.), Zuwanderungsrecht (2008), § 7, 578 ff. Zu den Abkommen mit der Schweiz und der Türkei vgl. auch Wissenschaftliche Dienste des Deutschen Bundestages, Erläuterung der verschiedenen Aufenthaltstitel aus dem Aufenthaltsgesetz sowie weiterer Aufenthaltsrechte (WD 3 - 3000 - 251/14), 9. 9 Vgl. Bast (Fn. 2), 217. 10 Ausführlich zu den „gestuften Eröffnung von Einwanderungschancen“ Bast (Fn. 2), 220 ff. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 111/16 Seite 8 bestimmte Integrationserwartungen (z.B. Sprachkenntnisse, wirtschaftliche Unabhängigkeit) erfüllt werden, vgl. §§ 9 Abs. 2-4, 9a Abs. 2 AufenthG.11 Die konkreten Aufenthaltsvoraussetzungen sollen im Folgenden anhand der jeweiligen Aufenthaltszwecke dargestellt werden. Dabei werden die jeweils zu erlangenden Aufenthaltstitel einschließlich der Folgerechte berücksichtigt. 4.2. Ausbildung Nach § 16 AufenthG kann eine Aufenthaltserlaubnis zum Zweck des Studiums, zur Teilnahme an Sprachkursen und ausnahmsweise für den Schulbesuch erteilt werden. Die Aufenthaltserlaubnis ist ein befristeter Aufenthaltstitel (§ 7 Abs. 1 AufenthG) und wird im Fall des Studiums zunächst für ein oder höchstens zwei Jahre erteilt, § 16 Abs. 1 AufenthG. Die Möglichkeit zur Aufnahme einer – begrenzten – Beschäftigung (120 Tage pro Jahr) folgt aus den §§ 4 Abs. 2 S. 1, 16 Abs. 3 AufenthG. Der Aufenthaltsstatus endet aber nicht zwingend mit der Absolvierung des Studiums. Vielmehr besteht die Möglichkeit einer verlängerten Aufenthaltserlaubnis zur anschließenden Arbeitsplatzsuche, § 16 Abs. 4 AufenthG. Darin wird das „Eigeninteresse an der Erschließung einer Rekrutierungsreserve qualifizierter, in Deutschland ausgebildeter Arbeitnehmer“ gesehen.12 Gelingt die Anschlussbeschäftigung, kommt nach § 18b AufenthG ein dauerhafter Aufenthalt in Form der Niederlassungserlaubnis in Betracht. In ähnlicher Weise regelt § 17 AufenthG die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis zum Zweck der betrieblichen Aus- und Weiterbildung. Insoweit ist die Zustimmung der Bundesagentur für Arbeit erforderlich, § 17 Abs. 1 AufenthG.13 4.3. Erwerbstätigkeit Zur Aufnahme einer abhängigen oder selbständigen Erwerbstätigkeit können nach den §§ 18 ff. AufenthG befristete und unbefristete Aufenthaltserlaubnisse erteilt werden. Gesondert geregelt ist der Aufenthalt zu Forschungszwecken nach § 20 AufenthG, der strengen Anforderungen unterliegt, u.a., dass sich die Forschungseinrichtungen zur Übernahme der Lebenshaltungskosten bereit erklären, § 20 Abs. 1 Nr. 2a) AufenthG. Die Aufnahme einer selbständigen Erwerbstätigkeit setzt im Wesentlichen voraus, dass die Tätigkeit im wirtschaftlichen Interesse der Bundesrepublik liegt und finanziell durch Eigenkapital oder eine 11 Die Angebote zur Unterstützung der Integration sind in den §§ 43 ff. AufenthG geregelt und sind z.T. verpflichtend, § 44a AufenthG. Hervorzuheben ist die durch das Asylverfahrensbeschleunigungsgesetz eingeführte berufsbezogene Deutschsprachförderung nach § 45a AufenthG. 12 Hailbronner, Ausländerrecht (Loseblatt-Slg., Stand: 2013), Rn. 1 zu § 16 AufenthG (Herv. nicht im Original). 13 Eingehend zum Zustimmungserfordernis und zum Zustimmungsverfahren Breidenbach/Neundorf, Arbeitsmarktzugangsrechte von Drittstaatsangehörigen unter Berücksichtigung von Neuerungen in der Gesetzgebung und Rechtsprechung , ZAR 2014, 227 ff. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 111/16 Seite 9 Kreditzusage abgesichert ist, § 21 Abs. 1 AufenthG. Erleichterte Bedingungen gelten für qualifizierte Ausländer, § 20 Abs. 2a AufenthG. Die weiteren Aufenthaltstitel zur Aufnahme einer abhängigen Beschäftigung sind maßgeblich bestimmt durch die Qualifikation der Ausländer. Allgemein kann man sagen, je höher die Qualifikation , desto größer sind die Chancen auf den Erhalt eines unbefristeten Aufenthaltstitels. Nach § 19 AufenthG kann beispielsweise einem hoch qualifizierten Ausländer (Wissenschaftler oder Lehrpersonen in herausgehobener Position) in besonderen Fällen bereits bei der erstmaligen Erteilung eines Aufenthaltstitels eine Niederlassungserlaubnis, also ein unbefristeter Aufenthaltstitel gewährt werden, wenn die Integration und der Lebensunterhalt gesichert sind.14 Bei Fehlen einer qualifizierten Berufsausbildung darf andererseits eine Aufenthaltserlaubnis nur erteilt werden, wenn „dies durch zwischenstaatliche Vereinbarung bestimmt ist oder wenn auf Grund einer Rechtsverordnung nach § 42 die Erteilung der Zustimmung zu einer Aufenthaltserlaubnis für diese Beschäftigung zulässig ist“, § 18 Abs. 3 AufenthG.15 Qualifizierten Ausländern kann schon zur Arbeitsplatzsuche eine befristete Aufenthaltserlaubnis für bis zu sechs Monate erteilt werden, wenn der Lebensunterhalt gesichert ist, § 18c AufenthG. Dabei berechtigt die Aufenthaltserlaubnis nur zur Suche einer der Qualifikation entsprechenden Tätigkeit, aber nicht schon zur Erwerbstätigkeit selbst. Die (befristete) Aufenthaltserlaubnis zur Aufnahme der Erwerbstätigkeit setzt sodann voraus, dass die Bundesagentur für Arbeit der Ausländerbeschäftigung zustimmt.16 Vom Zustimmungserfordernis gibt es aber auch durch Rechtsverordnung bestimmte oder aus zwischenstaatlichen Vereinbarungen hervorgehende Ausnahmen, § 18 Abs. 2 AufenthG. Die Aufenthaltserlaubnis darf darüber hinaus nur erteilt werden, wenn ein konkretes Arbeitsplatzangebot vorliegt, § 18 Abs. 5 AufenthG. Die Bedeutung der Qualifikation für die Erteilung der Aufenthaltserlaubnis zeigt sich an zwei weiteren Fallgruppen. Zum einen kann die Qualifikation auch den sog. Geduldeten zu einem besseren Aufenthaltsstatus verhelfen. Geduldete verfügen nämlich nicht über einen Aufenthaltstitel , sondern befinden sich lediglich in der Aussetzung ihrer Abschiebung, § 60a AufenthG. Über eine Beschäftigungsaufnahme können qualifizierte Geduldete unter bestimmten Voraussetzungen, u.a. bei ausreichenden Deutschkenntnissen, eine Aufenthaltserlaubnis und damit einen befristeten Aufenthaltstitel erlangen, § 18a AufenthG. Darüber hinaus ist die Qualifikation bedeutsam für die Erteilung der Blauen Karte EU. Die Blaue Karte EU ist eine befristete Aufenthaltserlaubnis, die unter bestimmten Voraussetzungen qualifizierten Ausländern für zunächst vier Jahre gewährt wird, § 19a AufenthG.17 Die Voraussetzungen für die Erteilung der Blauen Karte sind einerseits strenger als 14 Vgl. Hailbronner, Ausländerrecht (Loseblatt-Slg., Stand: 2013), Rn. 1 ff. zu § 19 AufenthG. 15 Rechtsverordnung in diesem Sinn ist die Verordnung über die Beschäftigung von Ausländerinnen und Ausländern vom 6. Juni 2013 (BeschVO). 16 Zu beachten ist dabei, dass die Beschäftigung u.U. nur in einer nach der BeschVO zugelassenen Berufsgruppe erfolgen darf, § 18 Abs. 4 S. 1 AufenthG. Zur insoweit relevanten Ausgestaltung der BeschVO siehe Breidenbach/Neundorf (Fn. 13), 227, 234 ff. 17 Insoweit wurde die sog. Hochqualifizierten-Richtlinie der EU umgesetzt, RL 2009/50/EG. Siehe dazu auch Sußmann, in: Renner/Bergmann/Dienelt, Ausländerrecht (10. Auflage 2013), Rn. 4 ff. zu § 19a AufenthG. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 111/16 Seite 10 die Voraussetzungen für die Gewährung der Aufenthaltserlaubnis zum Zweck der Beschäftigung nach § 18 AufenthG, z.B. hinsichtlich der Aussicht auf ein bestimmtes Mindesteinkommen, § 19a Abs. 1 Nr. 3 AufenthG, andererseits liegt die Erteilung der Blauen Karte bei Vorliegen der Voraussetzungen – im Gegensatz zu § 18 AufenthG – nicht im Ermessen der Behörde (§ 19a Abs. 1: „…wird... erteilt...“). Zudem erleichtert die Blaue Karte den Zugang zum dauernden Aufenthalt; nach § 19a Abs. 6 AufenthG haben Inhaber einer Blauen Karte unter bestimmten Voraussetzungen schon nach 33 Monaten – und nicht wie bei den §§ 9, 9a AufenthG nach fünf Jahren – einen Anspruch auf Erteilung einer Niederlassungserlaubnis. 4.4. Völkerrechtliche, humanitäre oder politische Gründe Die §§ 22 ff. AufenthG regeln den Aufenthalt aus völkerrechtlichen, humanitären und politischen Gründen. Der in diesen Fällen durch Aufenthaltserlaubnis zunächst befristet gewährte Aufenthalt (längstens 3 Jahre, § 26 Abs. 1 AufenthG) mündet für Ausländer, die als Asylberechtigte oder anerkannte Flüchtlinge eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 1 oder 2, 1. Alt. AufenthG erhalten haben, schon nach drei Jahren und ohne weitere Integrationsanforderungen in einen dauernden Aufenthaltstitel (Niederlassungserlaubnis),18 es sei denn, das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge hat nach § 73 Abs. 2a AsylG mitgeteilt, dass die Voraussetzungen für den Widerruf oder die Rücknahme vorliegen, § 26 Abs. 3 S. 1 AufenthG. Im Übrigen kommt die Erteilung einer Niederlassungserlaubnis nach fünf Jahren in Betracht, § 26 Abs. 4 i.V.m. § 9 Abs. 2 S. 1 AufenthG. Mit dem Gesetz zur Neubestimmung des Bleiberechts und der Aufenthaltsbeendigung19 wurde das zuvor geltende Erfordernis einer siebenjährigen Aufenthaltserlaubnis aufgehoben.20 Von den aus völkerrechtlichen, humanitären und politischen Gründen aufenthaltsberechtigten Ausländern sind die Asylberechtigten, Flüchtlinge und subsidiär Schutzberechtigten hervorzuheben . Ihnen muss im Fall ihrer Anerkennung eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, § 25 Abs. 1 und 2 AufenthG. Diese Aufenthaltserlaubnis berechtigt zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit. Komplizierter gestalten sich der Aufenthaltsstatus und eine mögliche Beschäftigungsbefugnis bei den Asylbewerbern und bei den sog. Geduldeten. Asylbewerber haben den Aufenthaltsstatus der Aufenthaltsgestattung, § 55 Abs. 1 S. 1 AsylG, der keinen Aufenthaltstitel im Sinne des § 4 Abs. 1 AufenthG darstellt und demzufolge nach § 4 Abs. 3 AufenthG auch keine Beschäftigung zulässt. Abweichend hiervon regelt aber § 61 Abs. 2 AsylG, dass die Ausübung einer Beschäftigung erlaubt 18 Die bei der Verlängerung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 8 Abs. 3 AufenthG erforderliche Berücksichtigung der Integrationsbemühungen des Ausländers findet nach § 8 Abs. 4 AufenthG keine Anwendung auf asylrechtlich Schutzberechtigte (Asylberechtigte, Flüchtlinge oder subsidiär Schutzberechtigte), die eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 1, 2 oder 3 AufenthG erhalten haben, siehe auch Dienelt, in: Renner/Bergmann/Dienelt (Fn. 17), Rn. 19 zu § 26 AufenthG. 19 Siehe oben Fn. 1. 20 Vgl. dazu auch die Begründung des Gesetzentwurfs in BT-Drs. 18/4097, 46: „Die bisherige Regelung in Absatz 4, wonach die Inhaber sonstiger humanitärer Titel erst nach sieben Jahren eine Niederlassungserlaubnis erteilt bekommen können, wird aufgehoben. Es gelten künftig die allgemeinen Voraussetzungen nach § 9. Auch diese Personengruppe muss demnach in Zukunft nur noch fünf Jahre eine Aufenthaltserlaubnis besitzen, sondern die weiteren Voraussetzungen von § 9, insbesondere die Lebensunterhaltssicherung, vorliegen.“ Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 111/16 Seite 11 werden kann, und zwar nach drei Monaten gestattetem Aufenthalt im Bundesgebiet.21 Diese Frist wurde durch das Asylverfahrensbeschleunigungsgesetz zwar nicht unmittelbar verändert, doch wirkt sich hier die Pflicht zum Aufenthalt in einer Aufnahmeeinrichtung nach § 47 Abs. 1 AsylG aus. Ausländer, die einen Asylantrag bei einer Außenstelle des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge zu stellen haben, sind nach § 47 Abs. 1 AsylG verpflichtet, für einen bestimmten Zeitraum in der zuständigen Aufnahmeeinrichtung zu wohnen. Die bisher geltende Begrenzung des Aufenthalts in der Aufnahmeeinrichtung auf längstens drei Monate wurde durch das Asylverfahrensbeschleunigungsgesetz auf längstens sechs Monate ausgedehnt. Solange der Asylbewerber zum Aufenthalt in der Aufnahmeeinrichtung verpflichtet ist, ist die Ausübung einer Beschäftigung verboten, § 61 Abs. 1 AsylG. Damit kann der Zugang zur Erwerbstätigkeit für bis zu sechs Monate versperrt sein. Ausländer aus sicheren Herkunftsstaaten unterliegen nach den Neuregelungen durch das Asylverfahrensbeschleunigungsgesetz darüber hinaus einem Beschäftigungsverbot für die Dauer des Asylverfahrens (§ 61 Abs. 2 S. 4 AsylG) sowie für den Fall, dass sie nach Ablehnung des Asylantrags eine Duldung besitzen (§ 60a Abs. 6 Nr. 3 AufenthG). In diesem Zusammenhang ist aber auf die Verordnung zum Asylverfahrensbeschleunigungsgesetz hinzuweisen,22 die durch eine Änderung des § 26 Abs. 2 der Beschäftigungsverordnung zugunsten von Staatsangehörigen aus den Westbalkanstaaten eine legale Einreise nach Deutschland zum Zweck der Beschäftigung unter bestimmten Voraussetzungen eröffnet. Eine ähnliche Problematik trifft die geduldeten Ausländer. Auch sie verfügen über keinen Aufenthaltstitel nach § 4 Abs. 1 AufenthG, sondern werden in Aussetzung ihrer Abschiebung geduldet, § 60a AufenthG. Die Ausnahmen vom grundsätzlich fehlenden Zugang zum Arbeitsmarkt sind in der Beschäftigungsverordnung geregelt. Nach § 32 BeschVO kann Geduldeten die Beschäftigung gestattet werden; unter bestimmten näher geregelten Voraussetzungen ist dabei die Zustimmung der Bundesagentur für Arbeit entbehrlich.23 4.5. Familiäre Gründe Der Familiennachzug von Drittstaatsangehörigen ist in den §§ 27 ff. AufenthG geregelt. Beim Familiennachzug stellen sich insbesondere Fragen zu den Anforderungen an die familiäre Bindung, an die Art des Aufenthaltstitels des Ausländers, der zum Familiennachzug berechtigt, sowie die Möglichkeit des nachgezogenen Familienmitglieds, einen unabhängigen Aufenthaltstitel zu erlangen . Unproblematisch ist der Zugang zum Arbeitsmarkt. Nach § 27 Abs. 5 AufenthG berechtigen die zum Familiennachzug gewährten Aufenthaltstitel zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit. Nach § 27 Abs. 1a AufenthG wird ein Familiennachzug in den Fällen der sog. Scheinehe (Nr. 1) oder Zwangsehe (Nr. 2) nicht zugelassen. In den Fällen der Lebenspartnerschaft ist der Familiennachzug ausdrücklich möglich, § 27 Abs. 2 AufenthG. 21 Dabei wurde diese Frist mit dem Gesetz zur Einstufung weiterer Staaten als sichere Herkunftsstaaten und zur Erleichterung des Arbeitsmarktzugangs für Asylbewerber und geduldete Ausländer vom 31.10.2014, BGBl. I 2014, 1649 von neun Monaten auf drei Monate abgesenkt. 22 Verordnung zum Asylverfahrensbeschleunigungsgesetz vom 24.10.2015, BGBl. I 2014, 1789. 23 Vgl. Wissenschaftliche Dienste des Deutschen Bundestages, Erwerbstätigkeit von Drittstaatsangehörigen in der Bundesrepublik (WD 3 - 3000 - 003/15), 11 ff. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 111/16 Seite 12 Die weiteren Voraussetzungen des Familiennachzugs hängen davon ab, ob der Familiennachzug zu Deutschen oder zu Ausländern erfolgen soll. Der Familiennachzug zu deutschen Staatsangehörigen richtet sich nach § 28 AufenthG. Nach § 28 Abs. 2 AufenthG ist dem nachgezogenen Ausländer in der Regel nach drei Jahren eine Niederlassungserlaubnis, also ein unbefristeter Aufenthaltstitel zu erteilen, wenn die familiäre Lebensgemeinschaft fortbesteht, kein Ausweisungsgrund vorliegt und er über ausreichende Deutschkenntnisse verfügt. Der Familiennachzug zu Ausländern ist von der Art und der Dauer des Aufenthaltstitels des Ausländers abhängig. Grundsätzlich kommen alle befristeten und unbefristeten Aufenthaltstitel des Ausländers für den Familiennachzug in Betracht, § 29 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG (einschließlich der Aufenthaltserlaubnis eines Asylberechtigten). Nach dem Gesetz zur Einführung beschleunigter Asylverfahren wird der Familiennachzug zu subsidiär Schutzberechtigten im Sinne des § 4 AsylG allerdings für einen Zeitraum von zwei Jahren ausgesetzt. Die Regelung in § 104 Abs. 13 AufenthG sieht dazu vor, dass der Familiennachzug zu subsidiär Schutzberechtigten, die nach dem 17.3.2016 eine Aufenthaltserlaubnis erhalten haben, bis zum 16.3.2018 nicht gewährt wird. Die Aussetzung des Familiennachzugs zu subsidiär Schutzberechtigten umfasst auch den Nachzug von Eltern zu ihren minderjährigen unbegleiteten Kindern, denen die subsidiäre Schutzberechtigung gewährt wurde. Die Übergangsvorschrift des § 104 Abs. 13 AufenthG enthält allerdings einen ausdrücklichen Hinweis auf die Anwendbarkeit der §§ 22, 23 AufenthG, nach denen eine humanitäre Aufnahme von Familienangehörigen aus dem Ausland im Rahmen von Ermessensentscheidungen weiterhin möglich bleibt.24 Zu beachten sind ferner gesondert geregelte Ausnahmen, z.B. hinsichtlich „nur“ geduldeter Ausländer (§ 29 Abs. 3 S. 3 i.V.m. § 25 Abs. 5 AufenthG), die einen Familiennachzug ausschließen. Der Familiennachzug wird durch eine Aufenthaltserlaubnis gewährt, deren Befristungsdauer an die Dauer des Aufenthaltstitels des Ausländers gebunden ist, § 27 Abs. 4 AufenthG. Weiterhin setzt der Familiennachzug gewisse Integrationsanforderungen voraus. Grundsätzlich müssen sich Ehegatten auf einfache Art in deutscher Sprache verständigen können, § 30 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG; bei minderjährigen Kindern sind Sprachkenntnisse erst erforderlich, wenn sie zum Zeitpunkt des Familiennachzugs bereits das 16. Lebensjahr vollendet haben, § 32 Abs. 2 S. 1 AufenthG, und die Ausnahmen nach § 32 Abs. 2 S. 2 AufenthG nicht vorliegen. Die Erlangung eines eigenständigen Aufenthaltstitels richtet sich für Ehegatten nach § 31 AufenthG und für Kinder nach § 35 AufenthG. Die nachgezogenen Kinder von aufenthaltsberechtigten Ausländern können nach § 35 AufenthG eine Niederlassungserlaubnis (§ 9 AufenthG), also einen unbefristeten Aufenthaltstitel erhalten und unterliegen dabei gegenüber den grundsätzlichen Anforderungen aus § 9 Abs. 2 AufenthG – je nach Alter – erleichterten Voraussetzungen, vgl. § 35 Abs. 1 AufenthG. So müssen beispielsweise minderjährige Ausländer lediglich vorweisen, dass sie bis zur Vollendung des 16. Lebensjahres seit fünf Jahren im Besitz einer Aufenthaltserlaubnis waren. Die Ehegatten hingegen können einen eigenständigen dauerhaften Aufenthaltstitel (Niederlassungserlaubnis ) grundsätzlich nur erlangen, wenn sie die allgemeinen Voraussetzungen nach den §§ 5, 24 Die Gleichstellung des Familiennachzugs zu subsidiär Schutzberechtigten mit dem Familiennachzug zu Asylberechtigten und Flüchtlingen, die durch das Gesetz zur Neubestimmung des Bleiberechts und der Aufenthaltsbeendigung (Fn. 1) in § 29 Abs. 2 S. 2 AufenthG eingeführt wurde, kommt damit vorübergehend nicht mehr zur Anwendung. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 111/16 Seite 13 9 AufenthG erfüllen. Diese setzen insbesondere die Sicherung des Lebensunterhalts sowie ausreichende Deutschkenntnisse voraus.25 5. Ausblick Die Einwanderung der Unionsbürger und ihrer Familienangehörigen ist unionsrechtlich determiniert und enthält angesichts des Vorrangs des Unionsrechts nur begrenzte Räume für nationale Steuerung. So dürfte sich die Diskussion um mögliche konzeptionelle Änderungen des Einwanderungsrechts primär auf die Einwanderung von Drittstaatsangehörigen beziehen. Insofern wären Änderungen/ Konkretisierungen der Einwanderungsziele26 sowie der Instrumente der Einwanderungssteuerung denkbar. Für letztere dient nicht selten das sog. kanadische Punktesystem als Vorbild.27 So hat beispielsweise Österreich 2011 die sog. Rot-Weiß-Rot-Karte (RWR-Karte) eingeführt, die Elemente eines Punktesystems enthält.28 Unabhängig von den jeweils favorisierten Einwanderungszielen und -instrumenten sind auch bei den Regelungen zur Einwanderung von Drittstaatsangehörigen neben den verfassungsrechtlichen Vorgaben die unions- und völkerrechtlichen Rahmenbedingungen zu beachten. Ende der Bearbeitung 25 Hailbronner, Ausländerrecht (Loseblatt-Slg., Stand: 2011), Rn. 42 zu § 31 AufenthG. 26 Zum Fehlen konkreter Steuerungsziele (z.B. in Form von Quoten oder Immigrationsprofilen) im AufenthG vgl. Bast (Fn. 2), 32 f. 27 Vgl. Wissenschaftliche Dienste des Deutschen Bundestages, Das Punktesystem zur Bewertung von Zuwanderungsanträgen in Kanada (WD 3 - 3000 - 148/14). Siehe aber auch zur Einwanderung nach Australien und in die USA Wissenschaftliche Dienste des Deutschen Bundestages, Einwanderung und Asyl in den USA, Kanada und Australien (WD 3 - 3000 - 011/15). 28 Kreuzhuber, Arbeitsmigration nach Österreich - Eckpunkte und erste Erfahrungen zur Rot-Weiß-Karte, ZAR 2014, 13 ff., beschreibt die RWR-Karte als „Hybridmodell“, in dem humankapitalorientierte (Punktesystem) und arbeitgeberbezogene (Erfordernis Arbeitsplatzangebot) Steuerungselemente kombiniert werden“.