© 2016 Deutscher Bundestag WD 3 - 3000 - 110/16 Erläuterung der verschiedenen Aufenthaltstitel aus dem Aufenthaltsgesetz sowie weiterer Aufenthaltsrechte Aktualisierung des Sachstandes WD 3 - 3000 - 251/14 Sachstand Wissenschaftliche Dienste Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. 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Aufenthaltsrechte außerhalb des AufenthG 8 Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 3 - 3000 - 110/16 Seite 4 1. Fragestellung Gefragt wird nach den unterschiedlichen Aufenthaltstiteln des Aufenthaltsgesetzes (AufenthG), deren Anwendungsbereichen sowie den Zuständigkeiten für deren Erlass. Ferner soll geklärt werden, ob es – abgesehen vom AufenthG – noch weitere Gesetze gibt, aus denen sich Aufenthaltsrechte ergeben können. Im Folgenden werden die im AufenthG geregelten Aufenthaltstitel erläutert, wobei zwischen befristeten Aufenthaltstiteln (Visum, Aufenthaltserlaubnis, Blaue Karte EU) sowie unbefristeten Aufenthaltstiteln (Niederlassungserlaubnis und Erlaubnis zum Daueraufenthalt-EU) zu differenzieren ist.1 Abschließend wird auf die Konstellationen eingegangen, in denen ein Aufenthaltsrecht nicht aus dem AufenthG folgt, sondern aufgrund anderer Rechtsquellen besteht. 2. Aufenthaltstitel im AufenthG 2.1. Befristete Aufenthaltstitel 2.1.1. Visum, § 6 AufenthG Ein Visum zählt gemäß § 4 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 AufenthG zu den Aufenthaltstiteln, gilt jedoch nur für kurze Aufenthalte in Deutschland. Es ist grundsätzlich Voraussetzung für die Einreise von Nicht-EU-Bürgern. Staatsangehörige bestimmter Staaten sind jedoch von der Visumpflicht befreit. Hinsichtlich der Visumpflicht im Einzelnen wird auf die detaillierte Auflistung des Auswärtigen Amtes zur Visumpflicht bzw. -freiheit bei Einreise in die Bundesrepublik Deutschland verwiesen.2 Grundsätzlich sind zwei Arten von Visa zu unterscheiden: Für kurzfristige Aufenthalte im Schengen- Gebiet von bis zu 90 Tagen je Zeitraum von 180 Tagen oder die Durchreise durch das Schengen- Gebiet kann nach den Bestimmungen des Visakodex ein Schengen-Visum erteilt werden, § 6 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG.3 Für längerfristige Aufenthalte ist gemäß § 6 Abs. 3 AufenthG ein Visum für das Bundesgebiet (nationales Visum) erforderlich.4 Die Erteilung richtet sich nach den für die Aufenthaltserlaubnis, die Blaue Karte EU, die Niederlassungserlaubnis und die Erlaubnis zum Daueraufenthalt-EU geltenden Vorschriften. Aus Art. 5 ff. Visakodex ergeben sich die Zuständigkeiten für die Erteilung eines Schengen-Visums. Grundsätzlich ist gemäß Art. 5 Abs. 1 Visakodex die diplomatische oder konsularische Vertretung 1 Die entsprechenden Ausführungen basieren unter anderem auf Ausarbeitungen des Bundesministeriums des Innern, abrufbar unter http://www.bmi.bund.de/SharedDocs/FAQs/DE/Themen/Migration/Auslaenderrecht/01.html, sowie des Bayerischen Staatsministeriums des Innern, für Bau und Verkehr bzw. des Verwaltungsservice Bayern, abrufbar unter https://www.stmi.bayern.de/suk/asylmigration/aufenthaltsrecht/index.php, zuletzt abgerufen am 1. April 2016. 2 Abrufbar unter http://www.auswaertiges-amt.de/DE/EinreiseUndAufenthalt/StaatenlisteVisumpflicht.html, zuletzt abgerufen am 1. April 2016. 3 Vertiefend hierzu Hailbronner, Ausländerrecht, Kommentar, 94. Aktualisierung 2016 (Kommentierung 93. Aktualisierung 2015), § 6 AufenthG Rn. 10 ff. 4 Hierzu Stahmann/Schild, in: Hofmann (Hrsg.), Ausländerrecht, Kommentar, 2. Aufl. 2016, § 6 AufenthG Rn. 84 ff. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 3 - 3000 - 110/16 Seite 5 desjenigen Mitgliedstaates zuständig, in welchem das Hauptreiseziel liegt. Gemäß §§ 14 Abs. 2, 71 Abs. 3 Nr. 2 AufenthG kann das Visum auch an der Grenze von der Bundespolizei erteilt werden, sofern es dem Betreffenden nicht möglich war, vorher ein Visum zu beantragen und ein dringender, unvorhersehbarer Einreisegrund vorliegt.5 Ein nationales Visum wird von den vom Auswärtigen Amt ermächtigten Auslandsvertretungen (Botschaft oder Konsulat) erteilt, § 71 Abs. 2 AufenthG. Ausnahme-Visa werden von der Bundespolizei erteilt, §§ 14 Abs. 2 und 71 Abs. 3 AufenthG.6 2.1.2. Aufenthaltserlaubnis, § 7 AufenthG Eine Aufenthaltserlaubnis ist ein Aufenthaltstitel, der nach § 7 AufenthG befristet zu den im AufenthG genannten Zwecken erteilt wird. Zu diesen Zwecken zählen insbesondere7: – der Aufenthalt zum Zwecke der Ausbildung (§§ 16 und 17 AufenthG), – der Aufenthalt zum Zwecke der Erwerbstätigkeit (§§ 18, 18a, 20, 21 AufenthG), – der Aufenthalt aus völkerrechtlichen, humanitären oder politischen Gründen (§§ 22-26, 104a, 104b AufenthG) sowie – der Aufenthalt aus familiären Gründen (§§ 27-36 AufenthG). Darüber hinaus können auch Ausländer bzw. ehemalige Deutsche, die nach Deutschland zurückkehren wollen (§§ 37 und 38 AufenthG) sowie Personen, die in einem anderen Mitgliedstaat der EU ein Daueraufenthaltsrecht besitzen (§ 38a AufenthG), eine Aufenthaltserlaubnis erhalten. Die Voraussetzungen für die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis unterscheiden sich je nach Zweck des Aufenthaltes.8 Die Aufenthaltserlaubnis wird – soweit nichts anderes bestimmt ist9 – auf Antrag (§ 81 AufenthG) von der zuständigen Ausländerbehörde erteilt (§ 71 Abs. 1 AufenthG). In bestimmten Fällen bedarf die Erteilung der Aufenthaltserlaubnis der Zustimmung der Bundesagentur für Arbeit, vgl. § 39 5 Siehe Hailbronner, Ausländerrecht, Kommentar, 94. Aktualisierung 2016 (Kommentierung 93. Aktualisierung 2015), § 6 AufenthG Rn. 25 ff. 6 Siehe zu den Beteiligungserfordernissen im Visaverfahren auch §§ 72 ff. AufenthG. 7 Siehe zu den einzelnen Anwendungsfällen auch die Broschüre des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge, Bildung und Beruf in Deutschland, 2013, abrufbar unter http://www.bamf.de/SharedDocs/Anlagen/DE/Publikationen /Broschueren/bildung-und-beruf-in-deutschland.pdf, zuletzt abgerufen am 1. April 2016 (Neuauflage ist angekündigt ). 8 Müller, in: Hofmann (Hrsg.), Ausländerrecht, Kommentar, 2. Aufl. 2016, § 7 AufenthG Rn. 7. 9 Eine Ausnahme vom Antragserfordernis ist bei der Geburt eines Kindes im Bundesgebiet gemäß § 33 S. 1 AufenthG vorgesehen. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 3 - 3000 - 110/16 Seite 6 AufenthG.10 Diese Abstimmung erfolgt rein intern, so dass sich der Betroffene nur an die Ausländerbehörde wenden muss. 2.1.3. Blaue Karte EU, § 19a AufenthG Die Blaue Karte EU i.S.d. § 19a AufenthG ist ein Aufenthaltstitel, der speziell für die Zuwanderung hochqualifizierter Nicht-EU-Bürger geschaffen wurde.11 Der Aufenthaltstitel bietet für Nicht- EU-Bürger mit akademischem oder gleichwertigem Qualifikationsniveau, die beabsichtigen, in Deutschland eine nichtselbstständige Beschäftigung aufzunehmen, einen erleichterten Zugang zum Arbeitsmarkt. Voraussetzung für die Erteilung einer Blauen Karte EU ist, dass der Betroffene einen deutschen Hochschulabschluss, einen anerkannten ausländischen Hochschulabschluss oder einen ausländischen Hochschulabschluss, der mit einem deutschen vergleichbar ist, besitzt und ihm eine Arbeitsstelle in Deutschland angeboten wurde, bei der der Betroffene ein bestimmtes Mindestgehalt erhält.12 Die Blaue Karte EU ist ein befristeter Aufenthaltstitel, der bei unbefristeten Arbeitsverhältnissen für höchstens vier Jahre ausgestellt wird, § 19a Abs. 3 AufenthG. Beträgt die Dauer des Arbeitsverhältnisses weniger als vier Jahre, so wird die Blaue Karte EU für die Dauer des Arbeitsverhältnisses zuzüglich drei Monate ausgestellt. In den ersten zwei Jahren der Beschäftigung benötigt der Inhaber der Blauen Karte EU gemäß § 19a Abs. 4 AufenthG für jeden Arbeitsplatzwechsel die Erlaubnis der Ausländerbehörde. Ein Inhaber einer Blauen Karte EU, der über 33 Monate einer entsprechend qualifizierten Beschäftigung nachgegangen ist und diesbezüglich Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung oder vergleichbare Leistungen nachweisen kann und über einfache Kenntnisse der deutschen Sprache verfügt, hat nach § 19a Abs. 6 AufenthG Anspruch auf Erteilung einer Niederlassungserlaubnis, sofern die Voraussetzungen des § 9 Abs. 2 S. 1 Nr. 2, 4-6, 8 und 9 AufenthG (u.a. gesicherter Lebensunterhalt, keine entgegenstehenden Gründe der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung) vorliegen. Diese Frist verkürzt sich auf 21 Monate, wenn der Betroffene ausreichende Deutschkenntnisse nachweisen kann. Die Blaue Karte EU ist bei der zuständigen Ausländerbehörde zu beantragen, §§ 81 Abs. 1, 71 Abs. 1 AufenthG. 10 Siehe hinsichtlich weiterer Beteiligungserfordernisse auch § 73 AufenthG. 11 Hierzu Hailbronner, Ausländerrecht, Kommentar, 94. Aktualisierung 2016 (Kommentierung 84. Aktualisierung 2014), § 19a AufenthG Rn. 1 ff. 12 Vertiefend zu den einzelnen Voraussetzungen Hailbronner, Ausländerrecht, Kommentar, 94. Aktualisierung 2016 (Kommentierung 84. Aktualisierung 2014), § 19a AufenthG Rn. 6 ff. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 3 - 3000 - 110/16 Seite 7 2.2. Unbefristete Aufenthaltstitel 2.2.1. Niederlassungserlaubnis, § 9 AufenthG Die Niederlassungserlaubnis gilt zeitlich und räumlich unbeschränkt und gehört damit zur höchsten Stufe der aufenthaltsrechtlichen Verfestigung eines Nicht-EU-Bürgers im Bundesgebiet.13 Sie berechtigt zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit (sowohl im Rahmen einer abhängigen Beschäftigung als auch als Selbstständiger) und darf außer in den im AufenthG geregelten Fällen nicht mit Auflagen oder Bedingungen versehen werden.14 Grundsätzlich besteht auf ihre Erteilung ein Rechtsanspruch.15 Die Einzelheiten der Erteilung einer Niederlassungserlaubnis sind in der Grundsatznorm des § 9 AufenthG geregelt. Zu den Voraussetzungen für die Erteilung einer Niederlassungserlaubnis zählen nach § 9 Abs. 2 AufenthG insbesondere, dass der Ausländer seit mindestens fünf Jahren die Aufenthaltserlaubnis besitzt, sein Lebensunterhalt gesichert ist, er über ausreichend Wohnraum verfügt, im Wesentlichen straffrei geblieben ist, Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung oder vergleichbare Aufwendungen geleistet hat und über ausreichende Kenntnisse der deutschen Sprache sowie über Grundkenntnisse der Rechts- und Gesellschaftsordnung und der Lebensverhältnisse im Bundesgebiet verfügt. Diese Grundsatznorm wird jedoch für bestimmte Anwendungsfälle von weiteren Normen im AufenthG modifiziert. So haben gemäß § 26 Abs. 3 AufenthG Asylberechtigte und anerkannte Flüchtlinge im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention nach drei Jahren einen Anspruch auf eine Niederlassungserlaubnis, wenn die Gründe für den erworbenen Status noch vorliegen.16 Im Übrigen kann einem Ausländer, der eine Aufenthaltserlaubnis aus völkerrechtlichen, humanitären oder politischen Gründen erhalten hat, nach § 26 Abs. 4 AufenthG eine Niederlassungserlaubnis im Wege des Ermessens erteilt werden, wenn die in § 9 Abs. 2 AufenthG genannten Voraussetzungen gegeben sind. Die Niederlassungserlaubnis ist bei der zuständigen Ausländerbehörde zu beantragen, §§ 81 Abs. 1, 71 Abs. 1 AufenthG. 2.2.2. Erlaubnis zum Daueraufenthalt-EU, § 9a AufenthG Bei der Erlaubnis zum Daueraufenthalt-EU (auch bezeichnet als Erlaubnis zum Daueraufenthalt-EG) handelt es sich ebenfalls um einen unbefristeten Aufenthaltstitel, den Nicht-EU-Bürger, die sich langfristig rechtmäßig in Deutschland aufhalten und sich sowohl wirtschaftlich als auch sozial integriert haben, erhalten können. 13 Huber, Aufenthaltsgesetz, Kommentar, 2010, § 9 Rn. 1. 14 Vgl. Hailbronner, Ausländerrecht, Kommentar, 94. Aktualisierung 2016 (Kommentierung 77. Aktualisierung 2012), § 9 AufenthG Rn. 2. 15 Siehe Dienelt, in: Bergmann/Dienelt (Hrsg.), Ausländerrecht, Kommentar, 11. Aufl. 2016, § 9 AufenthG Rn. 6. 16 Fränkel, in: Hofmann, Ausländerrecht, Kommentar, 2. Aufl. 2016, § 26 AufenthG Rn. 13. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 3 - 3000 - 110/16 Seite 8 Die Erlaubnis zum Daueraufenthalt-EU entspricht in vielen Punkten der Niederlassungserlaubnis17, bietet zum Teil jedoch auch weitergehende Rechte. So vermittelt die Erlaubnis zum Daueraufenthalt -EU einen besonderen Ausweisungsschutz, der dem von EU-Bürgern angenähert ist, und ermöglicht die Weiterwanderung in andere EU-Mitgliedstaaten.18 Die Erlaubnis wird gemäß § 9a Abs. 2 AufenthG erteilt, wenn der Ausländer sich seit mindestens fünf Jahren rechtmäßig in Deutschland aufhält, sein Unterhalt sowie derjenige seiner Angehörigen, für die er unterhaltspflichtig ist, durch feste und regelmäßige Einkünfte gesichert ist, er über ausreichende Kenntnisse der deutschen Sprache sowie über Grundkenntnisse der Rechts- und Gesellschaftsordnung und der Lebensverhältnisse im Bundesgebiet verfügt, grundsätzlich keine Gründe der öffentlichen Sicherheit und Ordnung entgegenstehen und der Ausländer über ausreichend Wohnraum verfügt. Personen in bestimmten Aufenthaltssituationen werden von § 9a Abs. 3 AufenthG von dem Recht auf Erteilung einer Erlaubnis zum Daueraufenthalt-EU ausgenommen.19 Maßgeblich ist dabei der Aufenthaltszweck. Dies betrifft unter anderem Aufenthalte aus humanitären Gründen (§ 9a Abs. 3 Nr. 1 AufenthG) sowie Aufenthalte zu Ausbildungszwecken (§ 9a Abs. 3 Nr. 4 AufenthG). Auch die Erlaubnis zum Daueraufenthalt-EU ist bei der zuständigen Ausländerbehörde zu beantragen , §§ 81 Abs. 1, 71 Abs. 1 AufenthG. 3. Aufenthaltsrechte außerhalb des AufenthG Ein Aufenthaltsrecht kann sich nicht nur aus dem AufenthG, sondern auch aus weiteren Rechtsquellen , beispielsweise aus dem Europarecht oder internationalen Abkommen, ergeben. Gemäß Art. 21 Abs. 1 Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union hat jeder EU-Bürger das Recht, sich im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten vorbehaltlich der in den Durchführungsvorschriften vorgesehenen Beschränkungen und Bedingungen frei zu bewegen und aufzuhalten. Dementsprechend findet nach § 1 Abs. 2 Nr. 1 AufenthG das AufenthG grundsätzlich keine Anwendung auf EU-Bürger und deren Familienangehörige. Für sie gilt das Gesetz über die allgemeine Freizügigkeit von Unionsbürgern (FreizügG/EU). Vom Anwendungsbereich des FreizügG/EU ebenfalls erfasst werden Staatsangehörige von Island, Liechtenstein und Norwegen, § 12 FreizügG/EU. Die Einreise und der Aufenthalt von Ausländern, auf die gemäß § 1 Abs. 2 Nr. 2 und 3 AufenthG das AufenthG keine Anwendung findet (dies betrifft insbesondere Mitglieder diplomatischer und konsularischer Vertretungen20), werden im Rahmen des Völkerrechts vom Auswärtigen Amt im 17 § 9a Abs. 1 S. 3 AufenthG: „Soweit dieses Gesetz nichts anderes regelt, ist die Erlaubnis zum Daueraufenthalt- EU der Niederlassungserlaubnis gleichgestellt.“ 18 Dienelt, in: Bergmann/Dienelt (Hrsg.), Ausländerrecht, Kommentar, 11. Aufl. 2016, § 9a AufenthG Rn. 26. 19 Siehe Müller, in: Hofmann (Hrsg.), Ausländerrecht, Kommentar, 2. Aufl. 2016, § 9a AufenthG Rn. 23 ff. 20 Vgl. auch das Wiener Übereinkommen über die diplomatischen Beziehungen (BGBl. 1964 II S. 957) bzw. das Wiener Übereinkommen über konsularische Beziehungen (BGBl. 1969 II S. 1585). Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 3 - 3000 - 110/16 Seite 9 Einvernehmen mit dem Bundesministerium des Innern durch besondere Bestimmungen geregelt.21 Die aufenthaltsrechtliche Behandlung von Diplomaten und anderen bevorrechtigten Personen in der Bundesrepublik Deutschland findet auf Grundlage eines Rundschreibens des Auswärtigen Amtes von 2008 statt.22 Dort finden sich unter anderem auch entsprechende Regelungen für Soldaten anderer Staaten.23 Sonderregelungen ergeben sich ferner aus dem Abkommen zwischen der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Schweizerischen Eidgenossenschaft andererseits über die Freizügigkeit vom 21. Juni 1999.24 Nach diesem Abkommen haben EU- Bürger und Staatsangehörige der Schweiz gegenseitig das Recht auf Einreise, Aufenthalt, Zugang zu einer Erwerbstätigkeit, Niederlassung als Selbstständige sowie ein Aufenthaltsrecht nach Beendigung ihrer Erwerbstätigkeit. Staatsangehörige der Schweiz sind dementsprechend gemäß § 28 Aufenthaltsverordnung (AufenthV) vom Erfordernis eines Aufenthaltstitels befreit.25 Auf Antrag wird ihnen eine deklaratorische Aufenthaltserlaubnis ausgestellt. Ebenfalls in aufenthaltsrechtlicher Hinsicht privilegiert sind türkische Arbeitnehmer und deren Familienangehörige. Deren besondere Rechtsstellung ergibt sich aus dem Assoziierungsabkommen der Europäischen Gemeinschaft mit der Türkei vom 12. September 196326 sowie dem Beschluss Nr. 1/80 des Assoziationsrates EWG-Türkei über die Entwicklung der Assoziation vom 19. September 1980 (ARB 1/80).27 Hat ein Betroffener nach Art. 6 Abs. 1, 1. Spiegelstrich oder Art. 7 ARB 1/80 eine Rechtsposition erworben, so ist sein Aufenthalt kraft Assoziationsrechts rechtmäßig, solange er die Voraussetzungen des Art. 6 Abs. 1 oder Art. 7 ARB 1/80 erfüllt.28 Die Aufenthaltserlaubnis , die dem Betroffenen in diesem Fall nach § 4 Abs. 5 AufenthG ausgestellt wird, hat damit rein deklaratorische Wirkung.29 Hinzuweisen ist schließlich auf die Regelungen der §§ 15 ff. AufenthV, die einen Überblick über die Fälle bieten, in denen Ausländer vom Erfordernis eines Aufenthaltstitels befreit sind. Ende der Bearbeitung 21 Allgemeine Verwaltungsvorschrift des Bundesministeriums des Innern zum AufenthG vom 26. Oktober 2009, Nr. 1.2.2.1. 22 Rundschreiben des Auswärtigen Amtes vom 19. September 2008 – 503-90-507.00, Zur Behandlung von Diplomaten und anderen bevorrechtigten Personen in der Bundesrepublik Deutschland, GMBl. 2008, S. 1154 ff. 23 Siehe hierzu auch Hailbronner, Ausländerrecht, Kommentar, 94. Aktualisierung 2016 (Kommentierung 57. Aktualisierung 2008), § 1 AufenthG Rn. 28 f. 24 BGBl. 2001 II S. 810 und BGBl. 2002 II S. 1692. 25 Siehe auch Hailbronner, Ausländerrecht, Kommentar, 94. Aktualisierung 2016 (Kommentierung 57. Aktualisierung 2008), § 1 AufenthG Rn. 32. 26 Vgl. BGBl. 1964 II S. 509. 27 Siehe den Auszug bei Hailbronner, Ausländerrecht, Kommentar, 94. Aktualisierung 2016, D 5.2. 28 Sußmann, in: Bergmann/Dienelt (Hrsg.), Ausländerrecht, Kommentar, 11. Aufl. 2016, § 4 AufenthG Rn. 99. 29 Vgl. Huber, Aufenthaltsgesetz, Kommentar, 2010, § 81 Rn. 2.