© 2017 Deutscher Bundestag WD 3 - 3000 - 107/17 Fragen zu IS-Rückkehrern Sachstand Wissenschaftliche Dienste Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab dem jeweiligen Fachbereich anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 3 - 3000 - 107/17 Seite 2 Fragen zu IS-Rückkehrern Aktenzeichen: WD 3 - 3000 - 107/17 Abschluss der Arbeit: 18.05.2017 Fachbereich: WD 3: Verfassung und Verwaltung Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 3 - 3000 - 107/17 Seite 3 1. Fragestellung Gefragt wird nach den Ausreisenden von Deutschland in die Region Syrien/Irak zur Unterstützung des „Islamischen Staats“ (IS-Ausreisende) sowie nach den Rückkehrern (IS-Rückkehrer). Konkret geht es um die Anzahl der ausgereisten und zurückgekehrten Personen und um das Konzept, das in Bezug auf die Behandlung von IS-Rückkehrern verfolgt wird. 2. IS-Ausreisende und IS-Rückkehrer Nach Angaben des Bundesamtes für Verfassungsschutz sollen seit dem Jahr 2013 bis April 2017 insgesamt 920 Personen von Deutschland aus in die Region Syrien/Irak gereist sein, um dort auf Seiten des IS an Kampfhandlungen teilzunehmen oder diese in sonstiger Weise zu unterstützen. Von den 920 IS-Ausreisenden sei etwa ein Drittel wieder nach Deutschland zurückgekehrt. 3. Behandlung von IS-Rückkehrern Die Behandlung von IS-Rückkehrern hängt zunächst davon ab, ob hinreichende Tatsachen vorliegen, die die Vornahme von Strafverfolgungs- und Gefahrenabwehrmaßnahmen aufgrund der einschlägigen Straf- und Sicherheitsgesetze rechtfertigen. Zu berücksichtigen ist dabei, dass im Rahmen der umfangreichen Anti-Terrorgesetzgebung u.a. die rechtlichen Grundlagen dafür geschaffen wurden, die Strafbarkeit auf Vorbereitungsmaßnahmen auszudehnen (z.B. Ausbildung im Terror -Camp), Überwachungsmaßnahmen auszuweiten (z.B. elektronische Aufenthaltsüberwachung) und den Datenaustausch auf nationaler, internationaler und EU-Ebene zu verbessern. Einen besonderen Bezug zur Problematik der IS-Ausreisenden und IS-Rückkehrer weisen diejenigen Neuregelungen auf, die an Reisebewegungen zur Unterstützung von terroristischen Vereinigungen anknüpfen. So kann bereits die Ausreise in einen anderen Staat zur Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat strafbar sein (§ 89a Abs. 2a Strafgesetzbuch). Darüber hinaus dienen die Änderungen des Personalausweisgesetzes dazu, die Ausreise zur Unterstützung terroristischer Vereinigungen durch Entzug des Personalausweises zu verhindern (§ 6a Personalausweisgesetz). Maßgeblich für die Behandlung von IS-Rückkehrern ist ferner, ob sie (auch) deutsche Staatsangehörige oder Ausländer sind. Soweit es sich bei den IS-Rückkehrern um Ausländer handelt, können aufenthaltsrechtliche Maßnahmen wie z.B. die Ausweisung, Abschiebungsanordnung oder Abschiebehaft greifen. Für deutsche IS-Kämpfer, die eine weitere ausländische Staatsangehörigkeit besitzen, wurde der Entzug der deutschen Staatsangehörigkeit diskutiert. Mit dem Entzug der deutschen Staatsangehörigkeit könnte man eine Wiedereinreise von IS-Kämpfern verhindern bzw. ihre Ausweisung anordnen. Die Überlegungen zum Entzug der deutschen Staatsangehörigkeit wurden allerdings nicht weiterverfolgt. In Bezug auf staatliche Aussteigerprogramme zur Deradikalisierung von Islamisten ist auf das vom Bundesamt für Verfassungsschutz betriebene Aussteigerprogramm „HATIF“ hinzuweisen. Wegen geringer Resonanz wurde es jedoch im Jahr 2014 eingestellt. Seitdem bietet auf Bundesebene allein das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge eine Beratung an („Beratungsstelle Radikalisierung“). Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 3 - 3000 - 107/17 Seite 4 Darüber hinaus verweist die Bundesregierung in einer Antwort auf eine parlamentarische Frage vom August 2016 (Bundestagsdrucksache 18/9402) darauf, dass sich IS-Abtrünnige vereinzelt an die deutschen Auslandsvertretungen in der Türkei wenden. Sofern der Bundesnachrichtendienst von einer solchen Kontaktaufnahme Kenntnis erlange, werde im jeweiligen konkreten Einzelfall die Möglichkeit und Zulässigkeit einer Befragung durch den Bundesnachrichtendienst mit dem Ziel der Informationsgewinnung über die Terrororganisation geprüft. Darüber hinaus prüfe die Bundesregierung die Möglichkeit, dass glaubwürdige Rückkehrer im Rahmen der Präventionsarbeit Gegendarstellungen über den IS abgeben. ***