© 2017 Deutscher Bundestag WD 3 - 3000 - 106/17 Anspruch auf einen Dolmetscher gegenüber Behörden Sachstand Wissenschaftliche Dienste Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab dem jeweiligen Fachbereich anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 3 - 3000 - 106/17 Seite 2 Anspruch auf einen Dolmetscher gegenüber Behörden Aktenzeichen: WD 3 - 3000 - 106/17 Abschluss der Arbeit: 17.05.2017 Fachbereich: WD 3: Verfassung und Verwaltung Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 3 - 3000 - 106/17 Seite 3 1. Fragestellung Der Sachstand thematisiert mögliche Ansprüche einer der deutschen Sprache unkundigen Person auf Inanspruchnahme eines Dolmetschers bzw. eines Übersetzers gegenüber Behörden. Dabei wird auch auf die Kostentragungspflicht eingegangen. 2. Allgemeine Ausführungen Nach § 23 Abs. 1 des Verwaltungsverfahrensgesetzes (VwVfG) ist die Amtssprache deutsch. Eine allgemeine Regelung über den Umgang der Behörden mit sprachunkundigen Personen existiert nicht. In § 23 Abs. 2 VwVfG ist lediglich der Umgang mit fremdsprachigen Dokumenten geregelt. Hergeleitet wird ein Anspruch auf Übersetzungen im Einzelfall aus dem Verfassungsrecht und allgemeinen Rechtsprinzipien. Ein genereller Anspruch auf kostenlose Übersetzungstätigkeiten besteht jedoch grundsätzlich nicht. Die Behörden wägen im Einzelfall ab, ob ein Dolmetscher oder Übersetzer hinzugezogen wird. Auch über die anfallenden Kosten wird im jeweiligen Einzelfall entschieden. Die nachfolgenden Ausführungen bilden die bundesrechtliche Rechtslage ab. In den Ländern besteht in aller Regel eine hierzu vergleichbare Rechtslage bzw. Verwaltungspraxis. 3. Übersetzung von Dokumenten Die Übersetzung von Dokumenten ist teilweise in § 23 Abs. 2 VwVfG geregelt. Danach muss ein Antragsteller, der in einer fremden Sprache Anträge stellt oder Eingaben, Belege, Urkunden oder sonstige Dokumente vorlegt, auf Verlangen der Behörde eine Übersetzung vorlegen. Kommt er dieser Aufforderung nicht nach, kann die Behörde eine eigene Übersetzung anfertigen lassen. Der Betroffene trägt die dabei anfallenden Kosten. Von dieser Grundregel werden aber Ausnahmen gemacht, wenn dies aus verfassungsrechtlichen oder völkerrechtlichen Gründen erforderlich ist. In diesen Fällen ist die Behörde verpflichtet, sich selbst eine Übersetzung zu besorgen und die erforderlichen Kosten zu tragen. 4. Anspruch auf mündliche Übersetzung durch einen Dolmetscher Einen Anspruch auf eine mündliche kostenfreie Übersetzung existiert in Deutschland nur im Asylverfahren . Nach § 17 des Asylgesetzes (AsylG) ist von Amts wegen ein Dolmetscher hinzuzuziehen, wenn ausreichende Deutschkenntnisse nicht vorliegen. Die Hinzuziehung des Dolmetschers erfolgt auf Kosten der Behörde. In allen anderen Verwaltungsverfahren wird im Einzelfall entschieden, ob die Hinzuziehung eines Dolmetschers erforderlich ist. Dabei wird vor allem abgewogen, ob das Verwaltungsverfahren im Interesse der betroffenen Person erfolgt oder nicht. Beantragt eine sprachunkundige Person eine Verwaltungsentscheidung, die allein ihren Interessen dient, so hat sie grundsätzlich auf ihre Kosten einen Dolmetscher hinzuzuziehen. Greift die Behörde hingegen in die Rechte einer sprachunkundigen Person ein, so muss sie in aller Regel auch einen Dolmetscher hinzuziehen. Unabhängig von diesen Fallkonstellationen muss eine Behörde immer einen Dolmetscher hinzuziehen , wenn anders ein faires und rechtsstaatliches Verwaltungsverfahren nicht durchgeführt werden kann, oder verfassungsrechtliche oder völkerrechtliche Gründe dies erfordern. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 3 - 3000 - 106/17 Seite 4 Entsprechend den oben aufgezeigten Vorgaben ist auch über die Kostentragungspflicht zu entscheiden . Die Dolmetscherkosten werden nach einer Abwägung im Einzelfall der sprachunkundigen Person auferlegt. Erfolgt das Verfahren vor allem im Interesse der betroffenen Person, trägt sie grundsätzlich auch die anfallenden Kosten. Steht das Verfahren hingegen im öffentlichen Interesse, trägt die Behörde grundsätzlich die Kosten. Dennoch ist auch bei der Kostentragung immer abzuwägen, ob im Einzelfall eine Kostentragung durch die Behörde erforderlich ist. Gründe hierfür können sich insbesondere aus verfassungsrechtlichen sowie völkerrechtlichen Erwägungen ergeben. ***