Die Vereinbarkeit einer Privatisierung der Deutschen Bahn AG mit Artikel 87 e Abs. 3 und 4 des Grundgesetzes - Ausarbeitung - © 2007 Deutscher Bundestag WD 3 - 106/07 Wissenschaftliche Dienste des Deutschen Bundestages Verfasser/in: Die Vereinbarkeit einer Privatisierung der Deutschen Bahn AG mit Artikel 87 e Abs. 3 und 4 des Grundgesetzes Ausarbeitung WD 3 - 106/07 Abschluss der Arbeit: 27.03.2007 Fachbereich WD 3: Verfassung und Verwaltung Telefon: + Ausarbeitungen und andere Informationsangebote der Wissenschaftlichen Dienste geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Die Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste sind dazu bestimmt, Mitglieder des Deutschen Bundestages bei der Wahrnehmung des Mandats zu unterstützen. Der Deutsche Bundestag behält sich die Rechte der Veröffentlichung und Verbreitung vor. Diese bedürfen der Zustimmung des Direktors beim Deutschen Bundestag. Inhaltsverzeichnis Seite 1. Einleitung 3 2. Vollständige Privatisierung der Deutschen Bahn AG 3 2.1. Eisenbahninfrastrukturunternehmen (EIU) 3 2.2. Eisenbahnverkehrsunternehmen (EVU) 4 2.3. Gewährleistungsverantwortung des Bundes nach Artikel 87 e Abs. 4 GG 4 2.3.1. Gewährleistungsverantwortung hinsichtlich des Schienennetzes 4 2.3.2. Gewährleistungsverantwortung hinsichtlich des Verkehrsangebotes 5 2.4. Spannungsverhältnis zwischen Artikel 87 e Abs. 3 S. 1 und Abs. 4 GG 6 2.5. Vereinbarkeit einer Führung der Deutschen Bahn AG als integriertes Unternehmen aus Netz und Verkehr mit Artikel 87 e GG 7 3. Privatisierungsmodelle für die Deutsche Bahn AG 7 3.1. Modelle des Primon- Gutachtens 7 3.2. Weitere Modelle 7 3.3. Eigentumssicherungsmodell 8 4. Vereinbarkeit des Eigentumssicherungsmodells mit Artikel 87 e GG 8 5. Literaturverzeichnis 10 - 3 - 1. Einleitung Für die Privatisierung der Deutschen Bahn AG wurden verschiedenste Modelle entwickelt . Welchen verfassungsrechtlichen Beschränkungen eine solche Privatisierung unterliegt, soll im Folgenden dargestellt werden. Im ersten Teil wird die Vereinbarkeit einer Privatisierung mit Artikel 87 e Abs. 3 und 4 Grundgesetz (GG) untersucht, im zweiten Teil am Beispiel des „Eigentumssicherungsmodells“ vertieft. 2. Vollständige Privatisierung der Deutschen Bahn AG Durch das Eisenbahnneuordnungsgesetz1 (ENeuOG) vom 27.12.1993 wurden die zuvor als Sondervermögen des Bundes geführten Bundeseisenbahnen (Deutsche Bundesbahn und Deutsche Reichsbahn) in ein Wirtschaftsunternehmen privatrechtlicher Form, die Deutsche Bahn AG (DB AG) umgewandelt.2 Bei der Begutachtung, ob eine vollständige Privatisierung der Deutsche Bahn AG gegen Artikel 87 e Abs. 3 S. 2 GG verstieße, ist wie folgt zu unterscheiden: Handelt es sich um ein Eisenbahninfrastrukturunternehmen des Bundes, sieht Artikel 87 e Abs. 3 GG Einschränkungen vor. Soll hingegen ein Eisenbahnverkehrsunternehmen des Bundes privatisiert werden, ist Art. 87 e Abs. 3 GG nicht anwendbar. 2.1. Eisenbahninfrastrukturunternehmen (EIU) Eisenbahninfrastrukturunternehmen des Bundes sind solche Unternehmen, denen der Bau, die Unterhaltung und das Betreiben der Schienenwege obliegen, Art. 87 e Abs. 3 S. 2 GG. „Bau“ umfasst den Neu- und Ausbau sowohl des Schienennetzes, als auch der schienenspezifischen Bestandteile (z.B. Signaltechnik)3. „Unterhaltung“ bedeutet, für die Funktionsfähigkeit des Schienennetzes Sorge zu tragen. Unter „Betreiben“ des Schienennetzes ist nicht die tatsächliche Beförderung der Fahrgäste oder Güter zu verstehen, vielmehr geht es um den Betrieb der Leit- und Sicherheitssysteme.4 Der Bund kann seine Anteile an einem solchen Infrastrukturunternehmen grundsätzlich an Private veräußern. Jedoch bedarf es dazu einerseits eines förmlichen Gesetzes, Art. 87 e Abs. 3 S. 3, 1. HS GG; andererseits muss bei einer solchen Veräußerung die Mehrheit der Anteile stets beim Bund verbleiben, Art. 87 e Abs. 3 S. 3, 2. HS GG. 1 BGBl. I, 2378. 2 Vgl. auch Gesetz über die Gründung einer Deutschen Bahn Aktiengesellschaft vom 27.12.1993, BGBl. I, 2386. 3 Gersdorf in: v. Mangoldt/Starck, Kommentar zum Grundgesetz, § 87 e Rn.55. 4 Schmidt- Aßmann in: DÖV 1994, S. 577 ff. (582). - 4 - Deswegen wäre eine vollständige Privatisierung der bestehenden Eisenbahninfrastrukturunternehmen des Bundes ohne eine Änderung des Grundgesetzes nach Art. 79 GG nicht möglich. Die Neugründung von Infrastrukturunternehmen durch Private oder auch juristische Personen des öffentlichen Rechts auf Landes- oder kommunaler Ebene schließt Artikel 87 e Abs. 3 GG allerdings nicht aus. Denn diese sind keine Eisenbahnen des Bundes, d.h. stehen nicht ganz oder mehrheitlich im Eigentum des Bundes5 und fallen damit nicht in den Anwendungsbereich des Art. 87 e Abs. 3 GG. 6 2.2. Eisenbahnverkehrsunternehmen (EVU) Für Unternehmen, von denen die eigentliche Verkehrsleistung erbracht wird (Eisenbahnverkehrsunternehmen des Bundes), gelten die Einschränkungen des Art. 87 e Abs. 3 GG hingegen nicht. Für die Privatisierung ist kein Gesetz erforderlich, der Bund kann seine Anteile vollständig oder mehrheitlich aufgeben. 7 Eine Verpflichtung des Bundes zur Privatisierung dieses Bereiches lässt sich aus dieser Berechtigung jedoch nicht ableiten. 8 2.3. Gewährleistungsverantwortung des Bundes nach Artikel 87 e Abs. 4 GG Nach Art. 87 e Abs. 4 GG muss der Bund gewährleisten, dass dem Wohl der Allgemeinheit , insbesondere den Verkehrsbedürfnissen, beim Ausbau und Erhalt des Schienennetzes der Eisenbahnen des Bundes, sowie bei deren Verkehrsangeboten, Rechnung getragen wird (sog. Gewährleistungsverantwortung). Ausgenommen von der Gewährleistungsverpflichtung des Bundes ist gem. Art. 87 e Abs. 4 S. 1, 2. HS GG der Schienenpersonennahverkehr , da dieser Bereich ausschließlich den Ländern zugewiesen wurde. 2.3.1. Gewährleistungsverantwortung hinsichtlich des Schienennetzes Die Gewährleistungsverantwortung erstreckt sich einerseits auf das Schienennetz. Wegen des Schienenwegevorbehalts9 des Artikel 87 e Abs. 3 S. 2, 3 GG besteht sie zeitlich unbegrenzt und kann nicht ohne weiteres entfallen. Der Bund muss deshalb das Schienennetz als solches erhalten10. Eine Bestandsgarantie für einzelne Strecken kann aus Art. 87 e Abs. 4 S. 1 GG zwar nicht abgleitet werden, 5 Art. 73 Nr. 6 a GG. 6 Uerpmann in: v. Münch/Kunig, Art. 87 e Rn.12. 7 Gersdorf in: v. Mangoldt/Starck, Art. 87 e Rn.58. 8 Wieland in: Dreier, Art. 87 e Rn.13. 9 D.h. der Bund kann ohne Änderung des Grundgesetzes nie das Mehrheitseigentum an den EIU verlieren (vgl. 2.1.). 10 Uerpmann in:v. Münch/Kunig, Art. 87 e Rn. 16 b. - 5 - jedoch wäre ein massiver oder kontinuierlichen Abbau des Schienennetzes in Hinblick auf die Gewährleistungsverantwortung des Bundes unzulässig. 11 Gleiches gilt für die Übertragung der Schienenwege in größerem Umfang an Dritte, was auch bereits aus Art. 87 e Abs. 3 S. 2 und 3 GG folgt. 2.3.2. Gewährleistungsverantwortung hinsichtlich des Verkehrsangebotes Für den Bund ergibt sich aus Art. 87 e Abs. 4 S. 1 GG auch die Verpflichtung, ein angemessenes Verkehrsangebot sicherzustellen. Die Veräußerung der Eisenbahnverkehrsunternehmen des Bundes an Private unterliegt jedoch nicht den Einschränkungen des Art. 87 e Abs. 3 S. 2, 3 GG, so dass die Situation eintreten kann, dass der Bund nicht mehr (alleiniger) Eigentümer der EVU ist. Ob in diesem Fall die Gewährleistungsverantwortung des Bundes endet oder weiterhin bestehen bleibt, ist höchstrichterlich noch nicht entschieden und in der Literatur umstritten. Es wird zum einen vertreten, dass bei einer vollständigen Veräußerung der EVU auch die Gewährleistungspflicht des Bundes entfällt.12 Absatz 4 S. 1 der Vorschrift gelte nur für die Verkehrsangebote der Eisenbahnen des Bundes. Nach einer vollständigen Veräußerung der EVU gäbe es keine Eisenbahnen mehr, die ganz oder mehrheitlich im Eigentum des Bundes stehen (vgl. Art. 73 Nr. 6a GG), sodass der Regelungszweck des Absatz 4 S. 1 GG für diesen Bereich entfalle. Der Bund sei jedoch verpflichtet, vor einer Anteilsveräußerung zu überprüfen, ob die Verkehrsangebote auch von den privaten Betreibern dauerhaft sichergestellt werden können. 13 Andere Stimmen leiten aus Art. 87 e Abs. 4 GG eine noch weitergehende Pflicht des Bundes ab. Auch wenn er das mehrheitliche Anteilseigentum aufgegeben habe, bestände seine Gewährleistungsverantwortung fort. Er hätte sogar die Pflicht, Unternehmensanteile zurückzuerwerben, wenn sich die Prognose, ausreichende Verkehrsangebote bestünden auch ohne Bundeseigentum, nicht erfüllt habe (Rückholpflicht).14 Dies erscheint jedoch problematisch, da sich eine solch umfassende Dauerverantwortung des Bundes im Gesetzgebungsverfahren gerade nicht durchsetzen konnte.15 Auch bei Wegfall der Gewährleistungsverantwortung nach Art. 87 e Abs. 4 S. 1 GG wäre der Bund wohl wegen seiner allgemeinen verfassungsrechtlichen Grundverantwortung für wichtige Infrastrukturdienstleistungen der Daseinsvorsorge verpflichtet, ein angemes- 11 Uerpmann in: v. Münch/Kunig, Art. 87 e Rn. 16 b. 12 Uerpmann in: v. Münch/Kunig, Art. 87 e Rn. 17. 13 Gersdorf in: v. Mangoldt/Starck, Art. 87 e Rn.59; Möstl in: Maunz/Dürig, Art. 87 e Rn. 108. 14 Wieland in: Dreier, Art. 87 e Rn.15. 15 Möstl in: Maunz/Dürig, Art. 87 e Rn. 109. - 6 - senes Verkehrsangebot sicherzustellen. 16 Jedoch ist diese vor allem aus dem Sozia lstaatsprinzip abgeleitete Verantwortung noch unbestimmter und schwerer zu konkretisieren als der insoweit vorrangige Gewährleistungsauftrag aus Absatz 4. 2.4. Spannungsverhältnis zwischen Artikel 87 e Abs. 3 S. 1 und Abs. 4 GG Artikel 87 e Abs. 3 S. 1 GG fordert, dass die Eisenbahnen des Bundes als Wirtschaftsunternehmen in privatrechtlicher Form geführt werden. Absatz 4 der Vorschrift formuliert die Gewährleistungsverantwortung des Bundes in diesem Bereich. Grundsätzlich schließen sich Privatwirtschaftlichkeit und Gewährleistungsauftrag nicht von vornherein gegenseitig aus. Allerdings stehen beide in einem potentiellen Spannungsverhältnis. Einerseits darf der Gewährleistungsauftrag die Grundentscheidung des Gesetzgebers für die Privatwirtschaftlichkeit nicht gänzlich entkräften, andererseits muss für den Bund auch die Möglichkeit bestehen, auf den privatwirtschaftlichen Markt einzuwirken, wenn beispielsweise ein angemessenes Verkehrsangebot nicht mehr gewährleistet ist.17 Der Bund könnte dann auf die Unternehmen einwirken, indem er ihnen im Gemeinwohlinteresse Pflichten auferlegt, die diese von sich aus nicht erfüllen. Vorstellbar ist beispielsweise , diese Pflichten konsensual zu vereinbaren oder aber einseitig- hoheitlich (z.B. durch Gesetz) bzw. einseitig- zivilrechtlich (durch Eigentümereinwirkung des Bundes auf seine Eisenbahnunternehmen) aufzuerlegen. Hier zeigt sich, dass der Gewährleistungsauftrag den Privatwirtschaftlichkeitsgrundsatz zwar nicht prinzipiell entkräftet, aber nicht ohne jegliche Wirkung auf ihn bleiben kann. 18 Deswegen ist jede Einwirkung auf die Unternehmen gleichzeitig eine Ergänzung und Modifikation des Privatwirtschaftlichkeitsgrundsatzes. Unzulässig wäre in diesem Zusammenhang, die den Bund treffende Daseinsvorsorge nach Art. 87 e Abs. 4 GG unmittelbar zu einer Unternehmensaufgabe zu machen. Denn sonst würde man durch die Hintertür doch wieder zu den Strukturen einer prinzipiellen Leistungsstaatlichkeit zurückkehren, deren Einschränkung bzw. Abschaffung gerade Ziel der Bahnreform ist. 16 Hermes, Staatliche Infrastrukturverantwortung, S. 353 ff.; Ronellenfitsch in: DÖV 1996, S. 1028 (1032). 17 Möstl in: Maunz/Dürig, Art. 87 e Rn. 85. 18 Möstl in: Maunz/Dürig, Art. 87 e Rn. 85. - 7 - 2.5. Vereinbarkeit einer Führung der Deutschen Bahn AG als integriertes Unternehmen aus Netz und Verkehr mit Artikel 87 e GG Für den Bund ergibt sich aus Artikel 87 e GG nicht die Pflicht, darauf einzuwirken, dass die Dienstleistungsbereiche Netz und Verkehr organisatorisch getrennt und unabhängig voneinander geführt werden müssen. Zwar unterscheidet Art. 87 e Abs. 3 zwischen Netz und Verkehr, eine Trennungspflicht kann daraus jedoch nicht abgeleitet werden. Die Formulierung in Abs. 3 S. 2 „soweit die Tätigkeit des Unternehmens den Bau, die Unterhaltung und das Betreiben von Schienenwegen umfasst“ legt die Möglichkeit eines integrierten Wirtschaftsunternehmens 19 sogar nahe.20 3. Privatisierungsmodelle für die Deutsche Bahn AG 3.1. Modelle des Primon- Gutachtens Im Auftrag der Bundesregierung untersucht das Gutachten „Privatisierungsvarianten der Deutschen Bahn AG mit und ohne Netz“ (sog. Primon- Gutachten) alternative Privatisierungsvarianten für die Deutsche Bahn AG. 21 Diese Varianten sind: - das Integrierte Modell („Vertragsmodell“), S. 261 ff. - das Eigentumsmodell, S. 300 ff. mit Gestaltungsvarianten, S. 338 ff. - das Finanzholding- Modell, S. 369 ff. sowie das - Getrennte Modell, S. 399 ff. 3.2. Weitere Modelle Am 25. September 2006 hat das Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung ein weiteres Modell für die Privatisierung der Deutsche Bahn AG vorgestellt: das so genannte „Eigentumssicherungsmodell“.22 In dem Entschließungsantrag der Fraktionen der CDU/CSU und SPD vom 21.11.2006 wird eine weitere Privatisierungsmöglichkeit aufgezeigt.23 Dieses Modell vereint Elemente des Integrierten Modells und des Eigentumsmodells. 19 D.h. Betrieb des Schienennetzes und anderer Unternehmensfelder im Verkehrsbereich. 20 Möstl in: Maunz/Dürig, Art. 87 e Rn. 128. 21 Abrufbar im Internet unter: http://www.bmvbs.de/Anlage/original_952625/Gutachten- Privatisierungsvarianten-der-Deutschen-Bahn-AG-mit-und-ohne-Netz-_Maerz-2006.pdf 22 BT- Drs. 16/3263, S. 1. 23 BT- Drs. 16/3493. - 8 - 3.3. Eigentumssicherungsmodell Bei diesem Modell überträgt die DB AG sämtliche Geschäftsanteile an den Eisenbahninfrastrukturunternehmen zu Sicherungszwecken auf den Bund. Der Bund wird so alleiniger zivilrechtlicher Eigentümer der EIU, wirtschaftliche Eigentümerin bleibt jedoch die DB AG. Sie ist deshalb auch weiterhin zur Bilanzierung der Anteile berechtigt. Durch die Übertragung des Sicherungseigentums an den Bund werden sämtliche finanzielle Forderungen des Bundes24, sowie vertragliche Ansprüche des Bundes aus der „Leistungs- und Finanzierungsvereinbarung“ („LuFV“)25 abgesichert. Das Sicherungseigentum soll zunächst während der gesamten Laufzeit der „LuFV“ beim Bund verble iben. Mit dieser Konstruktion hält sich der Bund die Möglichkeit offen, bei Wegfall der Sicherungsabrede (entweder durch Zeitablauf oder aufgrund von schwerwiegenden Vertragsverletzungen o.ä.) zeitlich unbeschränktes Eigentum an den EIU zu erwerben. Denkbar ist nach Ansicht der Bundesregierung aber auch, dass diese vertragliche Konstruktion nach Ablauf der „LuFV“ fortgeführt wird, wenn dies den Interessen des Bundes und der DB AG entspräche.26 Mit dem Eigentumssicherungsmodell soll der DB AG ermöglicht werden, Schienenverkehr und Infrastruktur in einer wirtschaftlichen Einheit zu betreiben und zu bilanzieren.27 4. Vereinbarkeit des Eigentumssicherungsmodells mit Artikel 87 e GG Beim Eigentumssicherungsmodell überträgt die DB AG ihre Anteile an den EIU zu Sicherungszwecken auf den Bund. Der Bund wird zwar durch die Sicherungsabrede schuldrechtlich gebunden, wird sachenrechtlich jedoch Eigentümer. Ein Unterschied zwischen Sicherungseigentum und Volleigentum besteht nicht. Der Bund wäre dann Alleineigentümer der EIU, sodass kein Verstoß gegen Art. 87 e Abs. 3 S. 2 und 3 GG vorläge. Auch Absatz 4 der Vorschrift stünde dem Eigentumssicherungsmodell grundsätzlich nicht entgegen. Der Bund könnte als Eigentümer der EIU seinen Gewährleistungsauftrag vollumfänglich wahrnehmen. Die Fraktion der FDP hat in ihrem Antrag, von einer Privatisierung auf der Grundlage des Eigentumssicherungsmodells Abstand zu nehmen28, die Verfassungswidrigkeit dieses Modells damit begründet, dass bei einer Teilprivatisierung die Mehrheitsverhältnisse 24 Z.B. Schadensersatzforderungen. 25 Abzuschließen zwischen dem Bund, den EIU und der DB AG. 26 BT- Drs. 16/3263, S. 2. 27 BT- Drs. 16/3263, S. 1. 28 BT- Drs. 16/4413. - 9 - in der Hauptversammlung der DB AG Holding zu Ungunsten des Bundes verändert würden . Zwar könne der Bund wegen der Mehrheit in der Hauptversammlung sämtliche Aktionäre in den Aufsichtsrat der DB AG wählen, jedoch würde der Kapitalmarkt nur eine begrenzte Anzahl von Aufsichtsratmitgliedern des Bundes akzeptieren. Das würde dazu führen, dass der Bund bei Beschlüssen des Aufsichtsrates nicht mehr zuverlässig seine Position durchsetzen könne. 29 Vornehmlich geht es hier jedoch um die Unvereinbarkeit des Eigentumssicherungsmodells mit einfachgesetzlichen Normen. Daraus muss nicht zwingend auch eine Unvereinbarkeit mit Artikel 87 e Abs. 3 und 4 GG folgen. 29 BT- Drs. 16/4413, S. 11. - 10 - 5. Literaturverzeichnis - Gersdorf, Hubertus, in: von Mangoldt, Hermann (Begr.); Klein, Friedrich; Starck, Christian (Hrsg.), Kommentar zum Grundgesetz, Band III, 5. Auflage 2005 - Hermes, Georg, Staatliche Infrastrukturverantwortung, 1998 - Möstl, Markus, in: Maunz, Theodor (Begr.); Dürig, Günter (Begr.), Kommentar zum Grundgesetz, Band VI, 2006 - Ronellenfitsch, Michael, Privatisierung und Regulierung des Eisenbahnwesens, in: Die Öffentliche Verwaltung 1996, S. 1028 ff. - Schmidt- Aßmann; Röhrl, Hans Ch., Grundpositionen des neuen Eisenbahnverfassungsrechts (Art. 87 e GG) in: Die Öffentliche Verwaltung, 1994, S.577 ff. - Uerpmann, Robert, in: von Münch, Ingo (Begr.); Kunig, Philip (Hrsg), Grundgesetz - Kommentar, Band III, 4./5. Auflage, 2003 - Wieland, Joachim, in: Dreier, Horst (Hrsg.), Grundgesetz Kommentar, Band III, 2000