© 2017 Deutscher Bundestag WD 3 - 3000 - 104/17 Die Rolle von Vertrauenspersonen bei Bundestagswahlen Sachstand Wissenschaftliche Dienste Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab dem jeweiligen Fachbereich anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 3 - 3000 - 104/17 Seite 2 Die Rolle von Vertrauenspersonen bei Bundestagswahlen Aktenzeichen: WD 3 - 3000 - 104/17 Abschluss der Arbeit: 10.05.2017 Fachbereich: WD 3: Verfassung und Verwaltung Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 3 - 3000 - 104/17 Seite 3 1. Fragestellung Der Sachstand thematisiert die Aufgaben, Rechte und Pflichten von Vertrauenspersonen bei der Aufstellung von Direktkandidaten und Landeslisten bei Bundestagswahlen. 2. Benennung von Vertrauenspersonen Nach § 22 Abs. 1 des Bundeswahlgesetzes (BWahlG) soll jeder Kreiswahlvorschlag eine Vertrauensperson und eine stellvertretende Vertrauensperson benennen. Nach § 27 Abs. 5 BWahlG i.V.m. § 22 BWahlG gilt dies auch bei der Aufstellung von Landeslisten. Enthält ein Wahlvorschlag keine Bezeichnung einer Vertrauensperson bzw. eines Stellvertreters, so gilt die Regelung des § 22 Abs. 1 S. 2 BWahlG. Demnach ist der Erstunterzeichner des Wahlvorschlags als Vertrauensperson und der Zweitunterzeichner als Stellvertreter anzusehen. Eine Abberufung der Vertrauensperson und ihres Stellvertreters ist nach § 22 Abs. 3 BWahlG durch schriftliche Erklärung der Mehrheit der Unterzeichner des Wahlvorschlags möglich. Die Regelungen über die Vertrauenspersonen gelten nach § 27 Abs. 5 BWahlG sowohl bei der Aufstellung von Kreiswahlvorschlägen als auch von Landeslisten. Wenn in den folgenden Ausführungen daher der „Wahlvorschlag“ oder der „Wahlleiter“ genannt werden, ist damit sowohl der jeweilige Kreiswahlvorschlag als auch die Landesliste bzw. der Kreiswahl- als auch der Landeswahlleiter gemeint. 3. Aufgaben und Pflichten Nach § 22 Abs. 2 BWahlG sind die Vertrauensperson bzw. ihr Stellvertreter allgemein berechtigt , gegenüber dem Wahlleiter verbindliche Erklärungen zum Wahlvorschlag abzugeben und entgegenzunehmen. Ihnen kommt daher eine umfassende Vertretungsmacht hinsichtlich des abgegebenen Wahlvorschlags zu. Diese Vertretungsmacht kann weder eingeschränkt werden, noch ist sie übertragbar.1 Sie beginnt mit der Abgabe des Wahlvorschlags an den jeweiligen Wahlleiter und endet allenfalls im Falle einer Rücknahme des Wahlvorschlags nach § 23 BWahlG oder durch Abberufung nach § 22 Abs. 3 BWahlG. Vom Zeitpunkt der Abgabe des Wahlvorschlags an besitzt der Wahlvorschlagsträger daher nur noch ein beschränktes Verfügungsrecht über seinen Wahlvorschlag .2 Eine zentrale Rolle kommt den Vertrauenspersonen im Falle einer Rücknahme nach § 23 BWahlG und Änderung nach § 24 BWahlG des Wahlvorschlags oder bei einer Beseitigung von Mängeln nach § 25 BWahlG zu. 1 Hahlen, in: Schreiber, 9. Aufl. 2013, § 22 BWahlG Rn. 2. 2 Vgl. Hahlen, in: Schreiber, 9. Aufl. 2013, § 22 BWahlG Rn. 3. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 3 - 3000 - 104/17 Seite 4 3.1. Zurücknahme des Wahlvorschlags nach § 23 BWahlG Nach § 23 BWahlG kann ein Wahlvorschlag zurückgenommen werden, solange nicht über seine Zulassung entschieden ist. Die Erklärung der Rücknahme erfolgt dabei durch eine gemeinsame schriftliche Erklärung der Vertrauensperson und der stellvertretenen Vertrauensperson. Diese schriftliche Erklärung ist nach § 54 Abs. 2 BWahlG persönlich und handschriftlich zu unterzeichnen und im Original der zuständigen Stelle zu übermitteln.3 3.2. Änderung des Wahlvorschlags nach § 24 BWahlG Ein Wahlvorschlag kann nach Ablauf der Einreichungsfrist (§ 19 BWahlG) geändert werden, wenn ein Bewerber stirbt oder die Wählbarkeit verliert, solange noch nicht über die Zulassung des Wahlvorschlags entschieden ist. Die Änderung erfolgt durch eine gemeinsame schriftliche Erklärung der Vertrauensperson und der stellvertretenden Vertrauensperson gegenüber dem Wahlleiter. Eines erneuten Aufstellungsverfahrens nach § 21 BWahlG bedarf es in diesem Falle nicht. Die schriftliche Erklärung muss den oben genannten Anforderungen des § 54 Abs. 2 BWahlG entsprechen.4 3.3. Beseitigung von Mängeln nach § 25 BWahlG Die Wahlvorschläge werden vom Wahlleiter unverzüglich nach Eingang geprüft. Finden sich dabei Mängel, so benachrichtigt er die Vertrauensperson mit der Aufforderung, die Mängel zu beseitigen. Der Vertrauensperson kommt demnach auch bei der Mängelbeseitigung die Rolle der zentralen Ansprechperson für den Wahlleiter zu. Nach § 25 Abs. 4 BWahlG kann die Vertrauensperson gegen Verfügungen des Wahlleiters den Kreiswahl- bzw. Landeswahlausschuss anrufen. *** 3 Hahlen, in: Schreiber, 9. Aufl. 2013, § 23 BWahlG Rn. 9. 4 Hahlen, in: Schreiber, 9. Aufl. 2013, § 24 BWahlG Rn. 3.